VwGH 86/17/0055

VwGH86/17/005529.3.1990

A gegen Landeshauptmann von Wien vom 11. Februar 1985, Zl. MA 62-III/179/84/Str, betreffend Übertretung der Preisauszeichnungspflicht nach dem Preisgesetz

Normen

VStG §9 Abs2;
VStG §9 Abs4 idF 1983/176;
VStG §9 Abs4;
VStG §9 Abs2;
VStG §9 Abs4 idF 1983/176;
VStG §9 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Straferkenntnis vom 10. Februar 1984 erkannte die Bundespolizeidirektion Wien den Beschwerdeführer für schuldig, er habe es als Verantwortlicher der Firma K-GmbH unterlassen, die Preise für im einzelnen bezeichnete zum Verkauf bereit gehaltene Sachgüter ersichtlich zu machen; er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs. 1, 2 und 3 des Preisgesetzes, BGBl. Nr. 260/1976 in der Fassung BGBl. Nr. 311/1982, begangen. Die Behörde verhängte über ihn eine Geldstrafe.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und machte unter anderem geltend, er sei, da die Gesellschaft m.b.H., deren alleiniger Geschäftsführer er sei, mehrere Filialen in und außerhalb von Wien betreibe, nicht in der Lage, diese Filialen selbst zu führen. Diese Aufgabe sei "bei jeder Filiale verantwortlich an eine Filialleiterin delegiert" worden. Für die Richtigkeit seiner Angaben bot er als Zeugen seine damalige Belegschaft dieser Filiale an, unter ihnen M als Filialleiterin.

1.2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. Februar 1985 wurde das erstinstanzliche Straferkenntnis in der Schuldfrage und im Auspruch über die Verpflichtung zum Kostenersatz mit der Maßgabe bestätigt, daß der erste Satz des Spruches zu lauten habe, der Beschwerdeführer habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma K-GmbH am 22. September 1983 unterlassen, am Kiosk in Wien 22 ... die Preise für ... Sachgüter ... ersichtlich zu machen, und dadurch

eine Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs. 1 des Preisgesetzes begangen. Die Strafe wurde auf S 1.200,--, im Falle der Uneinbringlichkeit auf 54 Stunden Arrest, herabgesetzt.

In der Begründung des Bescheides werden die Beweisergebnisse der Vernehmung von 5 Zeugen wiedergegeben. Darunter heißt es hinsichtlich der Angaben der Zeugin M, daß diese nichts Zweckdienliches enthalten hätten. Sohin stehe fest, daß es der Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der genannten Gesellschaft unterlassen habe, die Preise bestimmter Sachgüter ersichtlich zu machen.

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde habe dadurch, daß sie die Bestimmungen des § 9 Abs. 3 (richtig wohl: Abs. 2) und Abs. 4 VStG nicht bzw. unrichtig angewendet habe, den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Die Behörde habe überdies Verfahrensvorschriften verletzt, weil sie die angebotene Zeugin M überhaupt nicht in Richtung dieses Beweisthemas befragt habe.

Die belangte Behörde habe sich mit der Erklärung dieser Zeugin, von Mitte April bis November 1983 nicht am Stand gewesen zu sein und somit zur Sache keine Aussage machen zu können, zufrieden gegeben. Sie habe sich mit der Behauptung des Beschwerdeführers, er habe gemäß § 9 Abs. 3 (richtig wohl: Abs. 2) VStG für den Würstelstand in der T-Straße als einen bestimmten räumlich und sachlich abgegrenzten Bereich des vom Beschwerdeführer geleiteten Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten, nämlich die Zeugin M bestellt, nicht auseinandergesetzt. Die Zeugin sei nicht eimal befragt worden, ob sie mit ihrer Bestellung als Filialleiterin einverstanden gewesen sei. Es lägen die Tatbestandselemente des § 9 Abs 4 VStG vor, weil die Zeugin ihren Wohnsitz im Inland habe, strafrechtlich verfolgt werden könne, ihrer Bestellung zugestimmt und eine entsprechende Anordnungsbefugnis gehabt habe.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Im Beschwerdefall ist strittig, ob die strafrechtliche Verantwortung des Beschwerdeführers für die ihm angelastete Verwaltungsübertretung infolge der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten (in der Person der M) gemäß § 9 Abs. 2 und 4 VStG 1950 - in der Beschwerde wird zu Unrecht § 9 Abs. 3 leg. cit. zitiert - ausgeschlossen ist.

§ 9 Abs. 2 und 4 VStG 1950 lauten auszugsweise:

"(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt ... , aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

... (4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist."

 

2.2.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts hofes (vgl. die Erkenntnisse eines verstärkten Senates vom 16. Jänner 1987, Zlen. 86/18/0073 und 86/18/0077, Slg. N.F. Nr. 12375/A) wirkt die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten zwar erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der zum verantwortlichen Beauftragten bestellten Person nachgewiesen wird, und tritt erst mit dem Einlangen des Zustimmungsnachweises bei der Behörde ihr gegenüber der namhaft gemachte verantwortliche Beauftragte in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnorm an die Stelle des zur Vertretung nach außen Berufenen; der als Beschuldigter verfolgte, zur Vertretung nach außen Berufene kann sich aber dann auf einen an seiner Stelle verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Beauftragten berufen, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten eingelangt ist.

Von einem aus der Zeit vor der Begehung der Verwaltungsübertretung stammenden Zustimmungsnachweis kann nur dann gesprochen werden, wenn ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis schon vor der Begehung der Tat vorhanden war (etwa in Form einer entsprechenden Urkunde, aber auch einer Zeugenaussage etc.). Da dies auf ein erst nach diesem Zeitpunkt zustandegekommenes Beweisergebnis nicht zutrifft, genügt es zur Erbringung des vom Gesetzgeber geforderten Zustimmungsnachweises jedenfalls

nicht, wenn sich der - diesbezüglich beweispflichtige (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 1984, Zl. 84/10/0115 = ZfVB 1985/3/1135) - Beschuldigte auf die erst im Verwaltungsstrafverfahren abzulegende Zeugenaus sage des verantwortlichen Beauftragten beruft, mit der dessen Zustimmung zur Bestellung unter Beweis gestellt werden soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1988, Zl. 87/08/0306 = ZfVB 1989/2/580).

2.2. Diese Rechtslage verkennt der Beschwerdeführer, wenn er meint, durch eine erst im Verwaltungsstrafverfahren vorzunehmende zeugenschaftliche Vernehmung der zum verantwortlichen Beauftragten bestellten M den erforderlichen Zustimmungsnachweis erbringen zu können. Darüberhinaus hat der Beschwerdeführer jedoch niemals (auch nicht in seiner abschließenden Stellungnahme zu den Beweisergebnissen des Berufungsverfahrens) das Vorliegen eines aus der Zeit vor der ihm vorgeworfenen Straftat stammenden Zustimmungsnachweises behauptet. Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie das Ergebnis der Zeugenaussage der M als "nicht zweckdienlich" und somit auch für die Frage des Vorliegens eines entsprechenden Zustimmungsnachweises derselben zu ihrer behaupteten Bestellung zur verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 4 VStG 1950 (zumindest stillschweigend) als unbeachtlich betrachtete. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers wäre nämlich selbst dann kein tauglicher Zustimmungsnachweis erbracht gewesen, wenn die belangte Behörde die Zeugin ausdrücklich befragt und diese ausgesagt hätte, sie habe ihrer Bestellung zugestimmt.

Die belangte Behörde hat somit die in der Beschwerde allein relevierte Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für die in Rede stehende Filiale zu Recht verneint.

2.3. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem auzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. In der nicht im Postwege beim Verwaltungsgerichtshof am 26. Juni 1985 eingelangte Gegenschrift wurden die Pauschalsätze der am 22. Juni 1985 in Kraft getretenen Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985, für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand nicht ausgeschöpft. Der diesbezügliche Kostenersatz konnte daher nur im begehrten Ausmaß zugesprochen werden. Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst BGBl. Nr. 206/1989 kam daher nicht zur Anwendung.

2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte