VwGH 86/17/0026

VwGH86/17/002623.5.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Kramer, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Traumüller, in der Beschwerdesache des RL in G, vertreten durch Dr. Werner Posch, Rechtsanwalt in Gloggnitz, Hauptstraße 37, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 17. Dezember 1985, Zl. II/1-BE-359-5/1-85, betreffend Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe und betreffend Kanalbenützungsgebühr (Mitbeteiligte: Stadtgemeinde Gloggnitz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1976 §56 Abs4 idF 8200-1;
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §61 Abs1;
GdO NÖ 1973 §61 Abs4;
KanalG NÖ 1977 §12 Abs2;
KanalG NÖ 1977 §2 Abs1;
KanalG NÖ 1977 §3 Abs2;
KanalG NÖ 1977 §5 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Aufwandersatzmehrbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einer Liegenschaft in der mitbeteiligten Gemeinde. Auf der Liegenschaft befindet sich ein Gebäude, an welches eine Möbelausstellungshalle angebaut wurde. Nachdem die Baubehörde für diesen Anbau eine Teil-Benützungsbewilligung erlassen hatte, die in Rechtskraft erwachsen war, schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer mit Abgabenbescheid wegen Änderung der Bemessungsgrundlage durch den Anbau einerseits die Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe, andererseits die wegen des Anbaues neu berechnete Kanalbenützungsgebühr vor. Bei der Berechnung dieser Abgaben vermehrte die Abgabenbehörde erster Instanz die verbaute Fläche des Altbestandes um die Fläche des Neubaues, soweit für diesen eine Benützungsbewilligung vorlag, die höchstens zu berücksichtigende unverbaute Fläche blieb mit 500 m2 unverändert. Zur Ermittlung der Berechnungsfläche halbierte die Abgabenbehörde erster Instanz die Flächen der einzelnen Trakte des Altbestandes (Heiztrakt, Schauraum, Lagerraum) und des Anbaues (Möbelausstellungshalle) und multiplizierte jede dieser halbierten Flächen mit der um 1 erhöhten Zahl der von ihr als an die Kanalanlage angeschlossen angenommenen Geschoße; dabei ging sie davon aus, daß nur der Heiztrakt 1 angeschlossenes Geschoß habe, die übrigen Trakte jedoch keines, also: 0 angeschlossene Geschoße.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und machte darin geltend, bei dem Zubau handle es sich um ein zweites Gebäude. Von diesem würden die Dachabwässer in eigene Sickergruben abgeleitet, sonst habe die Halle keine Installationen. Außerdem sei die Liegenschaft nicht anschlußpflichtig, weil eine 50 m übersteigende Anschlußleitung erforderlich und die Ableitung in den öffentlichen Kanal ohne besondere technische Vorrichtungen nicht möglich wäre. Mit der schon bestehenden Baulichkeit werde es einen Zusammenhang des Zubaues nur insoweit geben, als mit der schon bestehenden Hauskanalleitung ein WC und eine Dusche zu verbinden seien. Diese Bauführung sei noch nicht beendet.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde wies die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid des Bürgermeisters.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Vorstellung; in ihr machte er geltend, der Gemeinderat hätte sich mit der vom Beschwerdeführer in der Berufung aufgeworfenen Frage analoger Anwendung des § 9 NÖ Kanalgesetz LGBl 8230-0 (in der Folge: KanalG) in Verbindung mit § 56 Abs. 4 NÖ Bauordnung 1976 LGBl. 8200-1 (in der Folge: BauO) auseinandersetzen müssen. Die Feststellung des Gemeinderates, die erforderliche Länge der Anschlußleitung überschreite 50 m nicht, sei unrichtig. In dieser Frage sei auch das Parteiengehör verletzt worden.

Die belangte Behörde gab der Vorstellung Folge, hob den Bescheid des Gemeinderates auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück. Bei dem von der Aufsichtsbehörde durchgeführten Lokalaugenschein habe festgestellt werden können, daß es sich bei der neu errichteten Ausstellungshalle um einen Zubau zum bereits bestehenden Gebäudekomplex handle, weil jene an diesen so angebaut sei, daß dem Neubau an einer Seite eine Abschlußwand fehlte, würde man sich den Altbestand wegdenken. Öffnungen im Neubau stellten die Verbindung zum Altbestand her. Da sich nur in dem als Heiztrakt bezeichneten und als gesondertes Gebäudes berechneten Bauwerk ein Kanalanschluß befinde, sei nur dieses Gebäude von der Abgabenbehörde der mitbeteiligten Gemeinde als angeschlossen berechnet worden. Es bestehe jedoch nur ein einziges Gebäude. Das Gesetz biete keine Möglichkeit, innerhalb eines einheitlichen Gebäudes eine funktionelle Aufteilung vorzunehmen. Ein Gebäude könne nicht in mehrere verbaute Flächen unterteilt und je nachdem, ob in einer ein Kanalanschluß vorhanden sei, der diese Fläche betreffende Gebäudeteil als angeschlossen und der andere als nicht angeschlossen bewertet werden. Nur bei mehreren selbständigen Gebäuden auf einer Liegenschaft sei die Anzahl der an den Kanal angeschlossenen Geschoße für jedes Gebäude gesondert zu berücksichtigen. Da die Gemeindeabgabenbehörden eine funktionelle Unterteilung eines Gebäudes in mehrere verbaute Flächen mit unterschiedlich hoher Anzahl der angeschlossenen Geschoße vorgenommen haben, hätten sie eine nicht dem Gesetz entsprechende Berechnungsmethode angewendet und dadurch Bestimmungen des materiellen Rechtes verletzt. Die Anwendung einer unrichtigen Berechnungsmethode stelle aber unabhängig davon, ob dadurch der Abgabenschuldner begünstigt oder benachteiligt werde, eine Rechtsverletzung dar, die zur Aufhebung des Bescheides habe führen müssen. Der Auffassung des Vorstellungswerbers, die gebührenrechtliche Beurteilung wäre davon abhängig zu machen, ob bei gesonderter Errichtung eines Gebäudes Gebührenpflicht bestünde oder nicht, habe nicht zugestimmt werden können. Maßgeblich sei nur der Zustand, der sich zum Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenschuld darstelle. Der Bescheid des Gemeinderates sei daher mit einer anderen als der vom Beschwerdeführer aufgezeigten Rechtswidrigkeit belastet.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die den angefochtenen Bescheid tragende Begründung und die darin ausgedrückte, im weiteren Verfahren bindende Rechtsansicht in seinem Recht darauf verletzt, daß der Bescheid der obersten Gemeindeinstanz durch die Vorstellungsbehörde nur aufgehoben werde, wenn durch ihn Rechte des Beschwerdeführers verletzt werden, und in seinem Recht darauf, daß ihm Ergänzungsabgabe zur Kanalanschlußabgabe sowie erhöhte Benützungsgebühr nicht vorgeschrieben werde. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Anschluß an die öffentliche Kanalanlage ist eine Kanaleinmündungsabgabe zu entrichten (§ 2 Abs. 1 KanalG). Gemäß § 2 Abs. 4 KanalG ist bei einer späteren Änderung der seinerzeit der Bemessung zu Grunde gelegten Berechnungsgrundlage (§ 3 Abs. 2) eine Ergänzungsabgabe zu der bereits entrichteten Kanaleinmündungsabgabe zu entrichten, wenn sich durch diese Änderung gegenüber dem ursprünglichen Bestand nach § 3 Abs. 6 eine höhere Abgabe ergibt. Die Höhe der Kanaleinmündungsabgabe ergibt sich laut § 3 Abs. 1 KanalG aus dem Produkt der Berechnungsfläche (Abs. 2) mit dem Einheitssatz (Abs. 3). Die Berechnungsfläche wird gemäß § 3 Abs. 2 KanalG in der Weise ermittelt, daß die Hälfte der verbauten Fläche mit der um 1 erhöhten Zahl der an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoße multipliziert und das Produkt um 15 v.H. der unverbauten Fläche vermehrt wird. Zur bebauten Fläche gehören nicht land- und forstwirtschaftliche Nebengebäude oder Teile von Gebäuden, die land- und forstwirtschaftlich genutzt werden, es sei denn, daß sie unmittelbar mit dem Kanalnetz verbunden sind. Die Ergänzungsabgabe ergibt sich gemäß § 3 Abs. 6 KanalG aus dem Differenzbetrag zwischen der Abgabe für den Bestand nach der Änderung und der Abgabe für den Bestand vor der Änderung, wobei beide Abgaben nach dem bei Entstehung der Abgabenschuld geltenden Einheitssatz zu berechnen sind. Gemäß § 5 Abs. 1 KanalG ist für die Benützung der öffentlichen Kanalanlagen eine Kanalbenützungsgebühr für jedes Jahr zu entrichten, wenn der Gemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen hat. Die Kanalbenützungsgebühr soll gemäß § 5 Abs. 2 KanalG wie die Kanaleinmündungsabgabe nach den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 bis 3 KanalG berechnet werden. Wenn der Beginn der Abgabepflicht während des Jahres eintritt, ist gemäß § 5 Abs. 3 KanalG die Gebühr für dieses Jahr nur in dem verhältnismäßigen Anteil der Jahresgebühr zu entrichten. Dasselbe gilt sinngemäß im Falle einer Veränderung der bisherigen Gebühr. Ist die Kanaleinmündungsabgabe (Ergänzungsabgabe) anläßlich einer Bauführung zu entrichten, so entsteht die Abgabenschuld mit Eintritt der Rechtskraft der Benützungsbewillung (§ 12 Abs. 1 KanalG). Die Abgabenschuld für die Kanalbenützungsgebühr entsteht mit dem Monatsersten des Monats, in dem erstmalig die Benützung des Kanals möglich ist (§ 12 Abs. 2 KanalG).

Das Kanalgesetz knüpft weder hinsichtlich der Kanaleinmündungsabgabe (Ergänzungsabgabe) noch hinsichtlich der Kanalbenützungsgebühr die Entstehung der Abgabenschuld an die Anschlußpflicht. Schon deshalb war der vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren erhobene Einwand, die Voraussetzungen für die Anschlußpflicht gemäß § 56 Abs. 4 Bau seien nicht erfüllt, unerheblich. Abgesehen davon ist darauf hinzuweisen, daß unter Anschlußleitung im Sinne des § 56 Abs. 4 BauO angesichts der Legaldefinition des § 12 Abs. 2 KanalG das Verbindungsstück zwischen Hauskanal und dem Straßenrohrstrang zu verstehen ist, wobei ersterer die Hausleitung bis zur Grenze der anschlußpflichtigen Liegenschaft umfaßt. Nur, wenn die Leitung zwischen Straßenrohrstrang und Grenze der anschlußpflichtigen Liegenschaft länger als 50 m ist, entfällt bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 56 Abs. 4 BauO die Anschlußpflicht.

Der Beschwerdeführer stellt die Ansicht der belangten Behörde, es handle sich bei der angebauten Ausstellungshalle nicht um ein selbständiges Gebäude, sondern um einen Zubau, zu Recht nicht in Frage. Die bauliche Gestaltung ist dafür entscheidend, ob ein einheitliches Bauwerk oder zwei selbständige Gebäude vorliegen (Verwaltungsgerichtshof 25. Juni 1976, Slg. 4997/F; 27. Mai 1983, Zl. 81/17/0208). Im Beschwerdefall besteht eine untrennbare bauliche Verbindung zwischen der neuen Ausstellungshalle und dem alten Baubestand in der Weise, daß der überwiegende Teil zweier Seitenwände der neuen Ausstellungshalle durch Außenmauern des Altbestandes gebildet wird und überdies eine Seitenwand zwei Öffnungen aufweist, sodaß die alte mit der neuen Ausstellungshalle eine funktionelle Einheit bildet. Bei diesen Gegebenheiten war es richtig, alten und neuen Baubestand als ein Gebäude zu betrachten.

Der Beschwerdeführer irrt, wenn er meint, der Zubau der Ausstellungshalle löse Ergänzungsabgabepflicht nicht aus, weil die zugebaute Halle selbst keinen Kanalanschluß habe, unter an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoße seien Räume zu verstehen, die mit der Kanalanlage in Verbindung stünden.

Ersteres ist deshalb unrichtig, weil die Ergänzungsabgabenschuld und die erhöhte Kanalbenützungsgebühr nicht durch den Kanalanschluß des betreffenden Zubaues ausgelöst werden, sondern durch die Änderung der Berechnungsgrundlage infolge Vergrößerung der Berechnungsfläche des Gebäudes, für welches wegen seines Anschlusses an die öffentliche Kanalanlage, gleich in welchem Teil desselben der Anschluß hergestellt ist, Abgabenpflicht besteht. Die zweite Ansicht des Beschwerdeführers ist falsch, weil die in einer Ebene gelegenen Räume eines Gebäudes ein Geschoß im Sinne des § 3 Abs. 2 KanalG bilden. Steht ein Geschoß in diesem Sinn mit der öffentlichen Kanalanlage solcher Art in Verbindung, daß auch nur an einer Stelle, gleich in welchem Raum, ein Rohr mündet, welches schließlich zur öffentlichen Kanalanlage führt, so handelt es sich um ein an die Kanalanlage angeschlossenes Geschoß. Mit der um 1 vermehrten Zahl solcher Geschoße ist die Hälfte der verbauten Fläche des Gebäudes zu multiplizieren, wobei es ohne Bedeutung ist, ob die Fläche des jeweiligen Geschoßes nur einen Teil der verbauten Fläche des Gebäudes ausmacht (Verwaltungsgerichtshof 25. Juni 1976, Slg. 4997/F).

Der in der Amtlichen Sammlung N. F. Nr. 4997/F der Wiedergabe der Entscheidung vorangestellte Rechtssatz läßt nicht erkennen, daß ein eigener Anschluß des Zubaus an das Kanalnetz Tatbestandsvoraussetzung für das Entstehen der Ergänzungsabgabepflicht und der Erhöhung der Kanalbenützungsgebühr ist. Für eine solche Auslegung des Gesetzes bietet auch der Inhalt des Erkenntnisses selbst keinen Anhaltspunkt.

Der Beschwerdeführer stellt unzulässigerweise den Begriff des an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoßes einem an die Kanalanlage angeschlossenen Zubau gleich. Für die Bildung des Multiplikators ist aber lediglich die Anzahl der angeschlossenen Geschoße maßgeblich und nicht der Anschluß jedes zum Geschoß gehörigen Raumes. Der Multiplikand wird durch die Hälfte der verbauten Fläche des Gebäudes gebildet. Das Gesetz geht ofensichtlich davon aus, daß die Hälfte der verbauten Fläche vervielfacht mit der um 1 erhöhten Anzahl der angeschlossenen Geschoße bei typisierender Betrachtung der zu erwartenden Fälle einen tauglichen Maßstab für den Entsorgungsnutzen darstellt, den ein Gebäude aus der öffentlichen Kanalanlage zieht; das Gesetz stellt also nicht auf die Anzahl der Verbindungsrohre zur Kanalanlage in einem Geschoß ab, sondern geht davon aus, daß sich der Entsorgungsnutzen des Gebäudes direkt proportional zur Größe der verbauten Fläche und zur Anzahl der angeschlossenen Geschoße verhält. Die Auslegung des Gesetzes durch die belangte Behörde widerspricht daher - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht dem Gesetzeszweck.

Dem Beschwerdeführer ist allerdings darin zu folgen, daß die belangte Behörde die Aufhebung des Berufungsbescheides des Gemeinderates auf eine den Gemeindebehörden unterlaufene Gesetzwidrigkeit gestützt hat, welche den Beschwerdeführer in seinen Rechten nicht verletzte, die also nur eine objektive Rechtswidrigkeit darstellte. Zu dieser Vorgangsweise ist der Vorstellungsbehörde durch Art. 119 a Abs. 5 B-VG und in dessen Konkretisierung durch § 61 Abs. 1 und 4 NÖ GO 1973 keine Befugnis eingeräumt.

Entgegen der in der Gegenschrift geäußerten Rechtsansicht der belangten Behörde stellt nicht jede Verletzung materiellen oder formellen Rechtes durch die Gemeindebehörden eine Verletzung von Rechten des Vorstellungswerbers dar. Die gegenteilige und offenbar von der belangten Behörde vertretene Ansicht liefe auf ein subjektives Recht des Vorstellungswerbers auf gesetzmäßige Führung der Verwaltung hinaus, welches nicht besteht (vgl. die in Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 2. Auflage, auf S. 320, zitierte Judikatur). Es ist wohl richtig, daß wirtschaftliche Überlegungen für die Frage des Vorliegens einer Verletzung subjektiver Rechte des Vorstellungswerbers nicht ausschlaggebend sind. Entscheidend ist, ob Rechte verletzt wurden, welche dem Vorstellungswerber eingeräumt sind. Dem Abgabepflichtigen ist aber weder ein Recht darauf eingeräumt, mit Abgaben belastet zu werden, noch ein solches, mit höheren Abgaben belastet zu werden. Die rechtlichen Interessen an einer Abgabenbelastung oder ihrer Erhöhung sind solche des Abgabengläubigers im öffentlichen Interesse, die von der Abgabenbehörde, hier also den Behörden der Gemeinde wahrzunehmen sind, von der Aufsichtsbehörde - das ist gemäß § 86 Abs. 1 NÖ GO 1973 die Bezirkshauptmannschaft - jedoch nur ausnahmsweise bei Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden in dem durch § 93 NÖ GO 1973 gezogenen engen Rahmen oder gemäß § 220 Abs. 5 lit. b NÖ AO 1977 bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 220 Abs. 1 bis 4 NÖ AO 1977 und des § 85 Abs. 3 NÖ GO 1973 sowie auf Grund einer Ermessensübung im Sinne des Gesetzes (§ 18 NÖ AO 1977). Die subjektiven Rechte des Beschwerdeführers, die zu verteidigen ihm der Rechtsbehelf der Vorstellung durch § 61 NÖ GO 1973 an die Hand gegeben ist, bestehen nur darin, bei Fehlen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zur Abgabenleistung oder zu einer überhöhten Abgabenleistung herangezogen zu werden. Ein darüber hinausgehendes subjektives Recht des Abgabenschuldners auf gesetzmäßige Abgabenfestsetzung besteht nicht.

Dadurch, daß die belangte Behörde auf Grund einer Vorstellung des Beschwerdeführers den Berufungsbescheid des Gemeinderates nur deshalb aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen hat, weil von deren Behörden die Ergänzungsabgabe zur Kanalanschlußabgabe und die Kanalbenützungsgebühr infolge unrichtiger Anwendung des § 3 Abs. 1 und 2 KanalG zu niedrig vorgeschrieben worden war, verletzte sie § 61 Abs. 1 und 4 NÖ GO 1973, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden mußte.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Die Eingabengebühr für die Beschwerde (drei Ausfertigungen) betrug nur S 360,--. Die Vorlage weiterer Beilagen als einer Ausfertigung des angefochtenen Bescheides war zur Rechtsdurchsetzung nicht erforderlich. Das betreffende Aufwandersatzmehrbegehren für Stempelgebühren (Eingabengebühr S 360,--, Beilagenstempel S 300,--) war abzuweisen.

Wien, am 23. Mai 1986

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