VwGH 86/16/0083

VwGH86/16/00834.9.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Närr und Mag. Meinl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Egger über die Beschwerde der M-OHG in S, vertreten durch Dr. Ernst Pallauf, Rechtsanwalt in Salzburg, Petersbrunnstraße 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 23. Jänner 1986, Zl. R-M 7/1-GA4-M/83, betreffend Einforderung von kraft Gesetzes entstandenen Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ZollG 1955 §174 Abs3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der beantragten Höhe von S 8.900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens waren in den Jahren 1976 bis 1978 auf Antrag der beschwerdeführenden Partei, die gegenüber der Zollbehörde jeweils als Verfügungsberechtigter und Warenempfänger im Sinne der §§ 51, 52 Abs. 2 lit. b des Zollgesetzes 1955, BGBl. Nr. 129 (ZollG), aufgetreten war, beim Zollamt Salzburg insgesamt 41 Sendungen Teppiche unterschiedlichen Ursprungs zum freien Verkehr durch Verzollung abgefertigt und eine Zollabrechnung nach § 80 Abs. 3 ZollG durchgeführt worden. Die auf die Teppiche entfallenden Eingangsabgaben waren der beschwerdeführenden Partei mit den bezughabenden und in Rechtskraft erwachsenen 42 Eingangsabgabenbescheiden zur Entrichtung vorgeschrieben worden.

In der Folge hatte das Zollamt Salzburg mit Bescheid vom 6. November 1980 ausgesprochen, daß für die "Firma" NM in den Jahren 1976 bis 1978 gemäß § 174 Abs. 3 lit. c in Verbindung mit § 3 Abs. 2 ZollG eine Eingangsabgabenschuld kraft Gesetzes entstanden sei und zwar

S

632.208,--

an Einfuhrumsatzsteuer und

S

6.556,--

an Außenhandelsförderungsbeitrag, was zuzüglich 2 % Säumniszuschlag in Höhe von

S

12.775,--,

insgesamt

S

651.539,--

ergebe.

   

Die Abgaben waren gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig festgesetzt worden. Nach der Begründung dieses Bescheides sei im Zuge finanzstrafrechtlicher Erhebungen festgestellt worden, daß in den oben angeführten Jahren Eingangsabgaben wegen teilweiser Unterfakturierung bzw. wegen Nichterklärung von Frachtkosten hinterzogen worden seien. Es sei daher hinsichtlich dieser unerhoben gebliebenen Eingangsabgaben die Abgabenschuld gemäß § 174 Abs. 3 lit. c in Verbindung mit § 3 Abs. 2 ZollG durch unrichtige Angaben in den Warenerklärungen mit der Ausfolgung der Waren vom Zollamt kraft Gesetzes entstanden. Die Berechnung der Eingangsabgaben sei aufgrund der einschlägigen abgabenrechtlichen Bestimmungen insbesondere des Zolltarifgesetzes, erfolgt. Die vorläufige Abgabenfestsetzung nach § 200 Abs. 1 BAO gründe sich darauf, daß zwar mit Sicherheit habe festgestellt werden können, daß Frachtkosten nicht erklärt worden seien, die Höhe der Kosten aber erst in langwierigen Erhebungen festgestellt werden könne.

Mit Bescheid des genannten Zollamtes vom 24. Juli 1981 wurde diese vorläufige Abgabenfestsetzung unter Berufung auf § 200 Abs. 2 BAO durch eine endgültige Festsetzung ersetzt und unter einem ausgesprochen, daß für die "Firma" NM in den Jahren 1976 bis 1978 die nachstehend angeführten unerhoben gebliebenen Eingangsabgaben kraft Gesetzes entstanden seien:

S

65.434,--

an Zoll,

S

1,108.917,--

an Einfuhrumsatzsteuer,

S

13.039,--

an Außenhandelsförderungsbeitrag, was zuzüglich

S

23.748,- -

an 2 % Säumniszuschlag

S

1,211.138,--

als Summe ergebe.

   

Begründend wurde ausgeführt, die Abgabenfestsetzung mit Bescheid vom 6. November 1980 sei vorläufig erfolgt, weil zwar mit Sicherheit habe festgestellt werden können, daß Frachtkosten nicht erklärt worden seien, die Höhe der Kosten aber erst in langwierigen Erhebungen festgestellt werden konnten. Da diese Ungewißheit nunmehr beseitigt sei, hätte gemäß § 200 Abs. 2 BAO eine endgültige Abgabenfestsetzung zu erfolgen. Im Zusammenhang mit finanzstrafrechtlichen Erhebungen sei, so führte die Abgabenbehörde erster Rechtsstufe im Zusammenhang weiter aus, festgestellt worden, daß in den Jahren 1976 bis 1978 Eingangsabgaben wegen teilweiser Unterfakturierung bzw. wegen Nichterklärung von Hinzurechnungskosten zu gering erhoben worden seien. Unter anderem seien bei neun näher bezeichneten Warenerklärungen mit Ursprungsland Iran verminderte Zollwerte mit einer Gesamtprozentsumme von 371,11 angegeben worden. Stelle man diese Summe den neun Warenerklärungen gegenüber, so ergebe sich eine durchschnittliche Unterfakturierung von 41,23 % pro Warenerklärung für Teppiche mit Ursprungsland Iran. Da bei Teppichen mit anderen Ursprungsländern lediglich Fracht-, Versicherungs-, Wasch- oder Provisionskosten in den Warenerklärungen nicht vollständig erklärt worden seien, sei die Abgabenbehörde in freier Beweiswürdigung gemäß § 167 BAO zur Ansicht gelangt, daß bei den restlichen 11 Warenerklärungen mit Ursprungsland Iran die Zollwerte ebenfalls zu niedrig erklärt worden seien. Als durchschnittlicher Zuschlagssatz sei der bei den neun Warenerklärungen sich ergebende Prozentsatz von 41,23 % als Berechnungsgrundlage herangezogen und von dieser Summe dann die Eingangsabgaben berechnet worden. Eigene Angaben seitens der beschwerdeführenden Partei in dieser Sache lägen nicht vor, weil auf diesbezügliche Fragen am 27. Juli 1981 die Aussage verweigert worden sei.

In der Folge wurde mit dem unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Zollamtes Salzburg vom 18. November 1981 unter Berufung auf § 181 Abs. 1 ZollG in Verbindung mit § 293 Abs. 1 BAO ausgesprochen, daß der Bescheid vom 24. Juli 1981 dahin gehend geändert werde, daß der Bescheidempfänger "NM-OHG, Ggasse 4, 5020 Salzburg" zu lauten habe.

In der gegen den Bescheid vom 24. Juli 1981 erhobenen umfangreichen Berufung, in der die beschwerdeführende Partei zu jeder Verzollung Stellung nahm, wurde die Eingangsabgabenschuld dem Grunde nach bestritten und im wesentlichen vorgebracht, der der Entscheidung zugrundeliegende Tatbestand der Unterfakturierung erweise sich als unrichtig, weil es sich bei den mit den Warenerklärungen übergebenen Rechnungen um Originalrechnungen des ausländischen Lieferers HT gehandelt habe. Die in den anläßlich der Hausdurchsuchung aufgefundenen, handschriftlich (in persischer Sprache) erstellten Originalrechnungen des genannten Lieferers ausgewiesenen Nebenkosten (ausländische Frachtkosten, Provisionen, Versicherungen, Waschkosten udgl.) die der in Streit gezogenen Abgabennachforderung zugrunde gelegt worden seien, seien von der beschwerdeführenden Partei nicht anerkannt worden. Im Falle tatsächlicher Zahlung solcher Beträge seien dieselben, um Schwierigkeiten in der Familie zu bereinigen, aus verwandtschaftlichen Rücksichten unter dem Titel der Unterstützung erfolgt. Neben der Einbeziehung dieser Nebenkosten in die Abgabenbemessungsgrundlage sei diese auch hinsichtlich der Beförderungskosten berichtigt worden. Dies sei rechtlich unzulässig, da die Beförderungskosten für fast alle in Frage stehenden Lieferungen in den schriftlichen Warenerklärungen und Erklärungen zur Ermittlung des Zollwertes im Einvernehmen mit den Abfertigungsbeamten des Zollamtes geschätzt worden seien. Die Ursache für diese schätzungsweise Ermittlung der Frachtkosten liege darin, daß zum Zeitpunkt der Verzollung die wesentlichen Rechnungen nicht vorhanden seien, sodaß man sich bei der Verzollung eben mit der schätzungsweisen Ermittlung der Frachtkosten behelfen müßte.

Dieser Vorgang sei grundsätzlich im Einvernehmen mit den Abfertigungsbeamten gewählt worden und die Schätzung der Frachtkosten sei aus den schriftlichen Warenerklärungen klar ersichtlich. Jedenfalls sei der Schluß des Zollamtes aus den im Bescheid vom 24. Juli 1981 näher bezeichneten neun Warenerklärungen, bei denen in Wahrheit keine Unterfakturierungen vorlägen, daß auch alle übrigen Verzollungen der Jahre 1976 bis 1978 aus Teheran unterfakturiert worden seien, unzutreffend. Die freie Beweiswürdigung nach § 167 BAO könne nicht soweit gehen, daß ohne jeglichen Hinweis auf Rechnungen, Schätzungen des Wertes der Warenimporte oder sonstige Unterlagen, willkürlich Zoll(Einfuhrumsatzsteuer-)grundlagen erhöht würden. Sämtliche in Frage stehenden Warenimporte seien durch Organe des Zollamtes rechnerisch und hinsichtlich der Angemessenheit der Preise überprüft worden. Es hätte bei diesen Warenimporten keine Beanstandungen gegeben. Sämtlichen Warenimporten lägen die Originalrechnungen des RM zugrunde. Die Erhöhung der Bemessungsgrundlage um 41,83 % sei zu Unrecht und ohne jegliche faktische Begründung erfolgt. Die freie Beweiswürdigung gemäß § 167 BAO beziehe sich auf bereits vorliegende Ergebnisse eines Ermittlungsverfahrens und lasse keineswegs zu, ein vermutetes Ergebnis noch nicht aufgenommener Beweise vorwegzunehmen. Für die in Frage stehenden Importe aus Teheran sei ein Ermittlungsverfahren bisher überhaupt nicht eingeleitet worden. Der allgemeine Hinweis, daß bei verschiedenen Teppichimporten aus Teheran eine Abgabenverkürzung vermutet werde, sei kein Beweis dafür, daß bei anderen Importen, für welche Hinweise auf eine Unterfakturierung nicht vorlägen bzw. im Rahmen des Verfahrens nicht vorgelegt werden konnten, eine Verkürzung der Bemessungsgrundlagen für die Eingangsabgaben erfolgt sei.

Die Finanzlandesdirektion für Salzburg gab der Berufung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. Jänner 1986 keine Folge. In der umfangreichen Begründung setzte sich die belangte Behörde mit dem Berufungsvorbringen der beschwerdeführenden Partei auseinander und kam im Ergebnis zur Auffassung, daß die beschwerdeführende Partei für die streitverfangenen, in den Jahren 1976 bis 1978 von verschiedenen Lieferern bezogenen handgeknüpften Teppiche bei deren Abfertigung zum freien Verkehr durch Verzollung einen geringeren Betrag, als den, welchen sie für den Bezug der Teppiche zu entrichten hatte, erklärt und auch bezahlt habe. Dazu habe sie sich unterfakturierter Rechnungen bedient, die sie teils selbst erstellt habe. Weiters habe die beschwerdeführende Partei verschiedene Kosten, wie Beförderungs-, Versicherungs- und Waschkosten sowie Provisionen in den Warenerklärungen bzw. Erklärungen zur Ermittlung des Zollwertes mit einem niedrigeren Betrag bzw. gar nicht erklärt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die beschwerdeführende Partei nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, daß die in Streit stehende Eingangsabgabenschuld mangels Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 174 Abs. 3 lit. c ZollG für sie nicht entstanden sei. In Ausführung des so aufzufassenden Beschwerdepunktes wendet die beschwerdeführende Partei im Beschwerdeschriftsatz bei jeder Verzollung ein, ihrer Ansicht nach sei im Beschwerdefall für die Handhabung der Bestimmung des § 174 Abs. 3 lit. c ZollG kein Raum.

Die Beschwerde ist begründet.

Gemäß dem zur Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides erhobenen § 174 Abs. 3 lit. c ZollG entsteht die Zollschuld kraft Gesetzes für den, der durch unrichtige oder unvollständige Angaben in der Warenerklärung oder in der Erklärung zur Ermittlung des Zollwertes oder in sonstigen Begleitpapieren bewirkt, daß eine zollpflichtige Ware zollfrei oder unter Festsetzung eines geringeren Zollbetrages vom Zollamt ausgefolgt wird, hinsichtlich des unerhoben gebliebenen Zollbetrages.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis Slg. N.F. Nr. 2655/F dargelegt hat, stellt die Rechtseinrichtung der Entstehung der Zollschuld kraft Gesetzes zufolge § 174 Abs. 3 lit. c ZollG einen rechtstechnischen Ersatz für die infolge einer unrichtigen Warenerklärung nicht zustande gekommene zollbehördliche Vorschreibung des vollen Zollbetrages nach dem § 174 Abs. 2 leg. cit. (den Fall der Entstehung der Zollschuld durch mündliche oder schriftliche Anordnung einen bestimmten Zollbetrag zu entrichten) dar.

Wie sich aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt, entsteht bei Zutreffen der Tatbestandvoraussetzungen die Zollschuld kraft Gesetzes - also ohne weiteren Rechtsakt - für jede "unrichtige" Warenerklärung (Eingangsabgabenbescheid). In allen diesen Fällen ist dem Zollschuldner allerdings trotzdem mit Bescheid Grund und Höhe der Zollschuld bekanntzugeben; die Heranziehung des Zollschuldners stellt aber in diesem Fall - weil der Bescheid nicht die Zollschuld zur Entstehung bringt, sondern nur der Durchsetzung einer bereits entstandenen und schon fälligen Abgabe dient - eine Einhebungsmaßnahme dar.

Dieses Rechtsinstitut bietet jedoch keine Rechtsgrundlage dafür, frühere, auf § 174 Abs. 2 ZolIG fußende bescheidmäßige Eingangsabgabenfestsetzungen in der Weise zu korrigieren, daß die nunmehr als dem Gesetz entsprechend erkannten Eingangsabgaben nicht mit dem gegenüber der früheren Festsetzung restlichen und kraft Gesetzes entstandenen Eingangsabgabenbetrag sondern - wie dies die Abgabenbehörde erster Rechtsstufe getan hat - insgesamt jeweils für ein Kalenderjahr vorgeschrieben werden.

Auf dem Gebiet der Eingangsabgaben ist jeder in Rechtskraft erwachsene Bescheid für sich zu behandeln und die kraft Gesetzes entstandene Zollschuld im Spruch des Bescheides zu der jeweils korrespondierenden Warenerklärung einzeln und nicht wie z.B. die Einkommensteuer (§ 39 Abs. 1 EStG) oder die Umsatzsteuer (§ 20 Abs. 1 UStG) für ein gesamtes Kalenderjahr festzusetzen.

Dazu kommt noch, daß in dem - wie oben dargestellt - eine Einhebungsmaßnahme darstellenden Bescheid vom 6. November 1980 - der nach einer bei den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegenden Aufstellung 14 Warenerklärungen betraf - die für die Kalenderjahre 1976 bis 1978 kraft Gesetzes entstandenen Eingangsabgaben mit der Begründung, es habe zwar mit Sicherheit festgestellt werden können, daß Frachtkosten nicht erklärt worden seien, die Höhe der Kosten könne aber erst in langwierigen Erhebungen festgestellt werden, gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig festgesetzt wurden.

Wie sich schon aus dem Wortlaut des § 200 Abs. 1 BAO, insbesondere aus dem Hinweis auf die "Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens" ergibt, ist das Rechtsinstitut der vorläufigen Abgabenfestsetzung nicht dazu bestimmt, der Behörde vorerst die Ermittlung der für die Abgabenfestsetzung maßgeblichen Tatsachen und rechtlichen Verhältnisse zu ersparen und sich vorbehaltlich der späteren Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens sogleich die Zolleinnahmen zu verschaffen. Ungeachtet des Umstandes, daß die seinerzeitige Anwendung des § 200 Abs. 1 BAO nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht der Rechtslage entsprach, mußte im vorliegenden Verfahren - da der diesbezügliche Ausspruch der Vorläufigkeit von der beschwerdeführenden Partei nicht angefochten worden war - die mit Bescheid vom 24. Juli 1981 erfolgte endgültige Festsetzung der Eingangsabgaben in Anwendung des § 200 Abs. 2 BAO an sich - allerdings nicht für die Kalenderjahre - als zulässig, ja geradezu notwendig angesehen werden, weil anderenfalls der seinerzeitige vorläufige Bescheid nach Ablauf der Verjährungsfrist (§ 207 Abs. 2 in Verbindung mit § 208 Abs. 1 lit. d BAO) endgültig unabänderlich geworden wäre.

Weiters hat gemäß § 93 Abs. 3 lit. a BAO der Bescheid u. a. eine Begründung zu enthalten, wenn ihm ein Anbringen zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird. Nun erschöpft sich die Begründung des von der belangten Behörde im Instanzenzuge bestätigten Bescheides des Zollamtes Salzburg vom 24. Juli 1981 in der Aussage, es sei im Zusammenhang mit finanzstrafrechtlichen Erhebungen festgestellt worden, daß in den Jahren von 1976 bis 1978 in neun Fällen Eingangsabgaben wegen teilweiser Unterfakturierung zu niedrig erhoben worden seien. In Hinsicht darauf sei die Abgabenbehörde erster Rechtsstufe in freier Beweiswürdigung gemäß § 167 BAO zur Ansicht gelangt, daß bei weiteren elf Warenerklärungen mit Ursprungsland Iran die Zollwerte ebenfalls zu niedrig erklärt worden seien.

Das Fehlen der notwendigen Begründung des erstinstanzlichen Bescheides bewirkt eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, weil dem Abgabepflichtigen vorenthalten wird, welchen Sachverhalt die Abgabenbehörde als erwiesen annimmt, auf welcher Grundlage dies geschieht und unter welchem Tatbestand die Subsumtion erfolgt. Abgesehen davon, daß einem solchen Verhalten durch einen nach § 245 Abs. 2 BAO möglichen - im Beschwerdefall aber nicht gestellten - Antrag auf Mitteilung der ganz oder teilweise fehlenden Begründung zu begegnen ist, kann dieser Mangel im ordentlichen Rechtsmittelverfahren noch saniert werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Mai 1956, Zl. 1007/55).

Dies ist aber im vorliegenden Beschwerdefall durch die vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Berufungsentscheidung nicht geschehen. Die belangte Behörde setzte sich im angefochtenen Bescheid überwiegend mit dem Berufungsvorbringen der beschwerdeführenden Partei zu den 42 Verzollungsfällen auseinander und führte z.B. folgendes aus:

"Das Vorbringen der Einschreiterin betreffend die Nachforderung zu WE-Nr. 600/15.379/01 vom 29. August 1977 wird durch die vorliegenden Aktenunterlagen nicht bestätigt. Dem Zollamt liegt nicht etwa nur ein Schreiben des RM darüber vor, daß er für seine Söhne N und H 100 Stück Balutsch-Teppiche eingekauft habe, sondern aus demselben Schreiben vom 18. Mai 1977 geht vielmehr auch hervor, daß er diese Teppiche an N und H abgegeben habe und daß der Preis 5500 Rial je qm betrage. Für eine Schätzung der Teppiche ist daher kein Raum vorhanden, weil eine solche nur dann zulässig ist, wenn die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann (§ 184 BAO)."

Die belangte Behörde wäre aber nach dem Gesetz, da dies die Abgabenbehörde erster Rechtsstufe unterlassen hat, verpflichtet gewesen, in der Begründung des angefochtenen Bescheides - wenn gleich unter Aufwand von Zeit und Mühe - darzulegen, welchen Sachverhalt sie bei jeder Verzollung ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, aus welchen Erwägungen sie zu der Ansicht gelangt ist, daß dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen sie die Tatbestandsvoraussetzungen des § 174 Abs. 3 lit. c ZollG in jedem der 42 Verzollungsfälle als gegeben angenommen hat.

Diesbezüglich fehlen im angefochtenen Bescheid entsprechende, für die Entstehung der Zollschuld kraft Gesetzes bedeutsame Feststellungen, Erörterungen und schlüssige Berechnungen, die eine ausreichende nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen der ihm obliegenden Prüfungspflicht zuließen. Diese gesetzlichen Erfordernisse eines zureichenden Abgabenbescheides können nicht durch allgemeine Hinweise auf den Inhalt von Verwaltungsakten bzw. auf die Berufungsausführungen der beschwerdeführenden Partei ersetzt werden.

Hindert die einem Bescheid beigegebene Begründung den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der inhaltlichen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, so haftet dem angefochtenen Bescheid ein wesentlicher Verfahrensmangel an (vgl. im Zusammenhang das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Juni 1964, Zl. 716/64).

Da die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung jedoch von einer nach Obgesagtem unzutreffenden Rechtsansicht ausging und die durch die Abgabenbehörde erster Rechtsstufe vorgenommene Abgabenfestsetzung für die Kalenderjahre 1976 bis 1978 bestätigte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat erfolgen.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz des Aufwandes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Wien, am 4. September 1986

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