VwGH 86/13/0116

VwGH86/13/01164.4.1990

N gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 30. Juni 1986, Zl. 6/1-1073/86, betreffend Einkommensteuer 1984

Normen

EStG 1972 §27 Abs1 Z4;
EStG 1972 §32 Z2;
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG 1972 §27 Abs1 Z4;
EStG 1972 §32 Z2;
EStG 1972 §4 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war als Rechtsanwalt tätig. Im Jahr 1975 stellte er diese Tätigkeit ein, bezog in den Folgejahren eine Pension und bemühte sich um die Einbringung offener Honorarforderungen aus seiner ehemaligen Tätigkeit.

Für das Jahr 1984 beantragte er die Berücksichtigung von "Vorleistungen" an einen ehemaligen Klienten namens H. im Ausmaß von S 223.171,-- als Werbungskosten bei seinen Pensionseinkünften. H. sei krankheitshalber arbeitsunfähig geworden und könne von seiner Pension (S 4.000,-- monatlich) nicht leben. Der Beschwerdeführer habe ihn daher bereits seit Jahren, insbesondere seit H. von seinem Onkel in Jugoslawien Grundstücke geerbt gehabt habe, mit finanziellen Mitteln unterstützt. Ein Teil dieser Mittel habe der Geltendmachung der Erbansprüche gedient.

Das Finanzamt versagte den geltend gemachten Beträgen die Anerkennung als Werbungskosten. Werbungskosten seien Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Unterstützungen eines ehemaligen Klienten seien keine Werbungskosten bei den Pensionsbezügen eines emeritierten Rechtsanwaltes.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Zwischen ihm und H. habe ein Vertrauensverhältnis bestanden, das trotz jahrelanger Unterstützungen seitens des Beschwerdeführers bis zum Ableben des H. im Jahr 1985 angedauert habe. H. habe ihm S 1,381.750,-- geschuldet. Diesbezüglich liege auch ein Schuldanerkenntnis vor. Die Zuwendungen an H. seien vom Beschwerdeführer bisher nie als Werbungskosten geltend gemacht worden. Im Jahr 1980 sei der Onkel des H. in Jugoslawien verstorben. H. habe das gesamte Vermögen des Onkels geerbt. Im Zusammenhang mit der Realisierung dieser Erbansprüche seien jedoch weitere Kosten, insbesondere solche für die Vertretung durch einen Anwalt sowie für Gerichtsgebühren in Jugoslawien angefallen. Die Möglichkeiten des Beschwerdeführers, H. weiterhin finanziell zu unterstützen, seien erschöpft gewesen. Andererseits habe ihm H. wiederholt zugesagt, die anerkannten Schulden darunter ca. S 500.000,-- für jahrelange anwaltliche Vertretungstätigkeit aus dem zu erwartenden Erbe zu bezahlen. In letzter Minute habe sich die Möglichkeit geboten, den zur Abwicklung der Erbschaftsangelegenheit erforderlichen Betrag von S 100.000,-- von einem anderen ehemaligen Klienten des Beschwerdeführers namens P. als Darlehen zur Verfügung gestellt zu erhalten. Voraussetzung dafür sei allerdings das Eingehen einer Wechselbürgschaft durch den Beschwerdeführer gewesen. In der Folge habe sich herausgestellt, daß der Wert des ererbten Vermögens "maßlos überschätzt" worden sei. An den Beschwerdeführer sei "aus dieser Summe kein einziger Heller ausbezahlt worden". Schließlich sei der Beschwerdeführer als Wechselbürge in Anspruch genommen worden und habe in dieser Eigenschaft S 110.900,-- (einschließlich Zinsen) an P. bezahlt. Da im Eingehen der Wechselbürgschaft der einzige Weg zu sehen gewesen sei, um die Forderungen des Beschwerdeführers gegenüber H. einbringlich zu machen, werde beantragt, den Betrag von S 110.900,-- als Werbungskosten anzuerkennen.

Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Grundsätzlich sei davon auszugehen, daß es nicht zu den beruflichen Obliegenheiten eines Rechtsanwaltes gehöre, in Not geratenen Klienten Gelder vorzustrecken. Ein derartiges Verhalten sei daher nicht durch den Betrieb veranlaßt. Im Beschwerdefall komme noch hinzu, daß der Beschwerdeführer seinen Klienten H. jahrelang "privat unterstützt" habe. Auch die "Leichtfertigkeit" bei Eingehen der Wechselverbindlichkeit, die darin bestanden habe, daß sich der Beschwerdeführer nicht vorher über den Wert des von H. erwarteten Erbes erkundigt hatte, spreche dafür, daß die Beweggründe für die Übernahme der Wechselbürgschaft privater Natur gewesen seien.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, daß sich der Beschwerdeführer, wie bereits seinem Berufungsbegehren zu entnehmen war, nur mehr durch die steuerliche Nichtberücksichtigung des Betrages von S 110.900,--, den er als Wechselverbindlichkeit an P. bezahlt hat, nicht jedoch auch der anderen, ursprünglich als Werbungskosten unter der Bezeichnung "Vorleistungen" geltend gemachten Zahlungen an H. beschwert erachtet. Weiters geht aus den Beschwerdeausführungen hervor, daß der Beschwerdeführer den an P. bezahlten Betrag als "Rettungsaufwand" zur Hereinbringung von Honorarforderungen aus der Zeit seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt, somit als nachträglichen betrieblich veranlaßten Aufwand ansieht. Die Geltendmachung des Aufwandes unter dem Titel Werbungskosten bei den Pensionseinkünften, die jedenfalls verfehlt war, weil einerseits der Aufwand keinesfalls dazu dienen konnte, die Pensionsbezüge des Beschwerdeführers zu erwerben, zu sichern oder zu erhalten, und andererseits gemäß § 2 Abs. 4 EStG Werbungskosten begrifflich nur bei den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 4 bis 7 leg. cit. in Betracht kommen, wird in der Beschwerde zu Recht nicht mehr aufrecht erhalten.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt allerdings die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß der Aufwand auch nicht als nachträgliche Betriebsausgabe beurteilt werden kann. Dies aus folgenden Erwägungen:

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Wie der Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, gehört es nicht zu den beruflichen Obliegenheiten eines Rechtsanwaltes, notleidende Klienten durch Gewährung von Krediten oder in ähnlicher Weise finanziell zu unterstützen. Nur wenn Geldbeträge in Ausübung des Berufes als Rechtsanwalt vorgestreckt werden (z.B. das Vorstrecken von Gerichts-, Zeugen- und Sachverständigengebühren), sind die vorgestreckten Beträge betriebliche Forderungen. Aufwendungen zur Einbringung solcher Forderungen bzw. das Uneinbringlichwerden solcher Forderungen stellen einen betrieblich veranlaßten Aufwand dar (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Mai 1981, Zl. 13/2535/80, und vom 15. Februar 1984, Zl. 83/13/0150). Hingegen sind Forderungen, die darauf zurückzuführen sind, daß ein Rechtsanwalt seinem Klienten Geldmittel für Aufwendungen vorstreckt, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Tätigkeit des Rechtsanwaltes erwachsen, als Kapitalforderungen im Sinne des § 27 Abs. 1 Z. 4 EStG anzusehen, deren allfällige Uneinbringlichkeit steuerlich ebensowenig Berücksichtigung findet wie der Verlust von anderem Privatvermögen und wie Aufwendungen zur "Rettung" von Privatvermögen, das vom Verlust bedroht ist.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren vorgebracht, seinen Klienten H. nicht nur in allen zivilrechtlichen und strafrechtlichen Angelegenheiten vertreten, sondern ihn auch jahrelang finanziell unterstützt zu haben, weil H. infolge Krankheit arbeitsunfähig geworden sei und von seiner "kärglichen Pension" nicht habe leben können. Die Höhe des Geldbetrages, den H. ihm insgesamt geschuldet habe, hat der Beschwerdeführer mit S 1,381.750,-- beziffert. Soweit es sich dabei um Forderungen des Beschwerdeführers gehandelt hat, denen nach seinem eigenen Vorbringen Darlehen mit Unterstützungscharakter an H. zugrundelagen, kommt eine Berücksichtigung von Aufwendungen zwecks Einbringung dieser Forderungen schon deswegen nicht in Betracht, weil auch die Uneinbringlichkeit solcher zum Privatvermögen gehörenden Forderungen - wie bereits gesagt - keine steuerliche Berücksichtigung finden würde.

Zu der Behauptung des Beschwerdeführers sein Klient H. habe ihm auch ca. S 500.000,-- an Honoraren für rechtsanwaltliche Tätigkeit geschuldet, ist folgendes zu sagen:

Es trifft zwar zu, daß Kosten für die Einbringung betrieblicher Forderungen Betriebsausgaben darstellen und daß dies auch für Einbringungsmaßnahmen gilt, die erst nach Beendigung der betrieblichen Tätigkeit gesetzt werden (§ 32 Z. 2 EStG). Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung solcher (nachträglicher) Betriebsausgaben ist jedoch, daß sie dem Steuerpflichtigen im unmittelbaren Zusammenhang mit den Einbringungsmaßnahmen erwachsen. Das ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der Gläubiger Aufwendungen tätigt, die in erster Linie dazu dienen, dem Schuldner zusätzliches Einkommen oder Vermögen zu verschaffen, das ihn in weiterer Folge in die Lage versetzt, seine Schulden zu begleichen. Derartige Aufwendungen mögen zwar noch in einem gewissen Kausalzusammenhang mit betrieblichen Interessen stehen; sie entfernen sich jedoch bereits soweit vom eigentlichen betrieblichen Geschehen, daß eine Berücksichtigung als Betriebsausgaben in der Regel nicht mehr in Betracht kommt.

Im Beschwerdefall ist überdies zu beachten, daß der Beschwerdeführer offensichtlich durch Jahre hindurch bemüht war, seinem Klienten H. aus privaten Beweggründen finanziell unter die Arme zu greifen. Wenn er dies schließlich auch getan hat, um H. bei Antritt einer Erbschaft behilflich zu sein, so können die vorher bestandenen privaten Beweggründe nicht deswegen zu Betriebsausgaben führen, weil von einer erhofften Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterstützten auch betriebliche Vorteile bzw. Vorteile zu erwarten waren, die im Zusammenhang mit einer bereits beendeten betrieblichen Tätigkeit standen.

Da die belangte Behörde somit zu Recht den Aufwendungen des Beschwerdeführers die Abzugsfähigkeit als nachträgliche Betriebsausgaben versagt hat, erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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