European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1986120212.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war in erster Ehe mit Oberleutnant AH verheiratet, der am 9. Juni 1940 gefallen ist. Nach ihm hatte die Beschwerdeführerin Anspruch auf Witwenversorgungsgenuß. Am 21. September 1946 verehelichte sie sich mit LK. In der Folge ruhte ihr Anspruch auf Witwenversorgungsgenuß, eine Abfertigung desselben wurde von der Beschwerdeführerin nicht beansprucht. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 26. März 1953 wurde ihr daher mitgeteilt, daß (nach Ablauf von drei Jahren) der Anspruch auf Abfertigung untergegangen sei, der Anspruch auf "normalmäßige Pension" für den Fall des abermaligen Witwenstandes aber gewahrt bleibe.
Am 10. Jänner 1986 verstarb der zweite Ehegatte der Beschwerdeführerin. Nach diesem bezieht sie von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten eine Witwenpension in der Höhe von monatlich brutto S 14.002,40.
Mit Bescheid des Bundesrechenamtes vom 20. Mai 1986 wurde festgestellt, daß der Versorgungsgenuß der Beschwerdeführerin nach ihrem ersten Gatten, Oberleutnant AH, gemäß § 21 Abs. 4 und 5 in Verbindung mit § 60 Abs. 1 und 3 des Pensionsgesetzes 1965 ab 1. Februar 1986 wieder auflebe und daß der Beschwerdeführerin ab diesem Zeitpunkt gemäß § 14 Abs. 1 und § 15 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 ein Witwenversorgungsgenuß in Höhe von monatlich brutto S 4.360,60 gebühre. Weiters wurde festgestellt, daß auf den Versorgungsgenuß gemäß § 21 Abs. 6 des Pensionsgesetzes 1965 der Betrag von monatlich brutto S 14.002,40 anzurechnen sei.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung stellte die Beschwerdeführerin das Begehren, ihr den Witwenversorgungsgenuß auszuzahlen oder den Anspruch abzufertigen.
Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Rechtsmittel der Beschwerdeführerin nicht Folge. In der Begründung des Bescheides legte sie dar, daß für eine nachträgliche Gewährung einer Abfertigung eine gesetzliche Grundlage fehle und daß die Witwenpension, die der Beschwerdeführerin auf Grund ihrer aufgelösten zweiten Ehe zufließe, gemäß § 21 Abs. 6 des Pensionsgesetzes 1965 - zwingend - auf den Witwenversorgungsgenuß nach ihrem ersten Gatten anzurechnen sei. Diese Anrechnung sei vom Bundesrechenamt richtig vorgenommen worden.
Die Beschwerdeführerin ficht diesen Bescheid mit der vorliegenden Beschwerde insoweit an, als darin festgestellt wird, daß auf den Versorgungsgenuß der Betrag von monatlich brutto S 14.002,40 anzurechnen sei. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der § 60 des am 1. Jänner 1966 in Kraft getretenen Pensionsgesetzes 1965 enthält Überleitungsbestimmungen für Leistungsempfänger nach den bisherigen pensionsrechtlichen Vorschriften. Nach Abs. 1 der angeführten Gesetzesstelle gebührt Personen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes Anspruch auf Pensionsversorgung (auch Unterhaltsbeitrag) nach den bisherigen pensionsrechtlichen Bestimmungen gehabt haben, Pensionsversorgung nach diesem Bundesgesetz, für die aber die im § 60 des Pensionsgesetzes 1965 angeführten besonderen Bestimmungen gelten.
Abs. 3 der angeführten Gesetzesstelle lautet:
"Für Witwen, deren Anspruch auf Versorgungsgenuß im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes ruht, gilt die Bestimmung des § 21 Abs. 5 mit der Maßgabe, daß das Wiederaufleben des Versorgungsanspruches mit der Auflösung oder Nichtigerklärung der letzten Ehe eintritt."
Die in der obigen Gesetzesstelle bezogene Bestimmung des § 21 Abs. 5 des Pensionsgesetzes 1965 besagt, daß das Wiederaufleben des Versorgungsanspruches mit der Auflösung oder Nichtigerklärung der letzten Ehe, frühestens jedoch fünf Jahre nach dem seinerzeitigen Erlöschen des Versorgungsanspruches, eintritt.
Nach § 21 Abs. 6 des Pensionsgesetzes 1965 sind auf den Versorgungsbezug, der wieder aufgelebt ist, die Einkünfte anzurechnen, die dem überlebenden Ehegatten auf Grund der aufgelösten oder für nichtig erklärten Ehe zufließen.
Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Witwenversorgungsgenuß nach AH ab der Wiederverehelichung zunächst geruht hat und mit dem Tod des zweiten Gatten der Beschwerdeführerin wieder aufgelebt ist.
Die Beschwerdeführerin erhebt gegen die auf der Grundlage des § 21 Abs. 6 des Pensionsgesetzes 1965 vorgenommene Anrechnung der Witwenpension nach dem zweiten Ehegatten der Beschwerdeführerin auf den wieder aufgelebten Versorgungsbezug zunächst den Einwand, daß die angeführte Bestimmung auf ihren Versorgungsanspruch nicht anzuwenden sei. Das Wiederaufleben von Witwenversorgungsansprüchen werde in der Sonderbestimmung des § 60 Abs. 3 des Pensionsgesetzes 1965 geregelt. Es handle sich dabei um eine "lex specialis", die § 60 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 vorgehe.
Dieser Auffassung vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. § 60 Abs. 3 des Pensionsgesetzes 1965 trifft lediglich eine Sonderregelung über den Zeitpunkt des Wiederauflebens des Anspruches auf Witwenversorgungsgenuß, im übrigen gelten bezüglich der Höhe und der Verwirklichung des Anspruches gemäß § 60 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 dessen Bestimmungen mit den besonders angeführten Abweichungen (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1973, Zl. 1354/72, Slg. N. F. Nr. 8511/A). Ein Ausschluß der Anwendbarkeit des § 21 Abs. 6 des Pensionsgesetzes 1965 kann dem Gesetz daher nicht entnommen werden.
Die Beschwerdeführerin wendet weiters ein, daß das seinerzeitige Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 26. März 1953, betreffend die Wahrung des Anspruches auf Witwenversorgung, ungeachtet der fehlenden Bescheidbezeichnung als Bescheid zu werten sei, an den die belangte Behörde weiterhin gebunden sei. Hilfsweise macht sie geltend, daß es einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstelle, wenn ihr die ihr zustehende Witwenversorgung durch Anwendung des § 21 Abs. 6 des Pensionsgesetzes 1965 praktisch entzogen würde.
Dazu ist zunächst zu sagen, daß im angefochtenen Bescheid der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Witwenversorgung dem Grunde nach nicht verneint wird. Die Anrechnung der Witwenpension auf den Versorgungsgenuß stellt in bezug auf die oben erwähnte Erledigung vom 26. März 1953 eine nachträgliche Änderung der Rechtslage dar, der auch dann Rechnung zu tragen war, wenn dieser Erledigung - was hier aber nicht entschieden zu werden braucht - Bescheidcharakter beizumessen wäre. Auch die Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben vermag gegenüber einer nachträglichen Änderung der Gesetzeslage nicht durchzuschlagen.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich auch der Ansicht der Beschwerdeführerin, daß die Anwendung der Anrechnungsbestimmung des § 21 Abs. 6 des Pensionsgesetzes 1965 zu einem verfassungswidrigen Ergebnis führen würde, nicht anzuschließen. Zur Frage des von der Beschwerdeführerin behaupteten Verstoßes des § 60 des Pensionsgesetzes 1965 gegen den Gleichheitsgrundsatz kann auf die zu dieser Bestimmung ergangenen Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes Slg. Nr. 5798 und Nr. 5799, beide vom 9. Oktober 1968, verwiesen werden. Eine Verletzung des Eigentumsrechtes kommt, da es sich um einen Anspruch öffentlichrechtlicher Natur handelt, nicht in Betracht.
Da die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides somit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 15. Februar 1988
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