Normen
AVG §1;
AVG §56;
HabsburgerG §5;
HabsburgerG §6;
MRK;
StV 1955 Art10 Z2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §1;
AVG §56;
HabsburgerG §5;
HabsburgerG §6;
MRK;
StV 1955 Art10 Z2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer richtete mit Eingabe vom 20. August 1985 an die Österreichische Bundesregierung, zu Handen des Bundeskanzlers und der Bundesminister für Finanzen, allenfalls für Soziale Verwaltung, den Antrag:
"1.) Die Bundesregierung möge feststellen:
a) die §§ 5 und 6 des Gesetzes vom 3. 4. 1919, StGBl. Nr. 209/1919, betreffend die Landesverweisung und die Übernahme des Hauses Habsburg-Lothringen in der Verfassung des B-VG vom 4. 7. 1963, BGBl. Nr. 172/1963;
b) der Art. 10 Abs. 2 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. Nr. 152/1955, soweit er sich auf die Übernahme des Vermögens des Hauses Habsburg-Lothringen durch die Republik Österreich bezieht;
sind durch das Inkrafttreten der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und des 1. Zusatzprotokolls, BGBl. Nr. 210/1958 und deren Erhebung in den Verfassungsrang durch B-VG vom 4. 3. 1964, mit den Bestimmungen des B-VG in der Fassung von 1929 über Staatsverträge abgeändert und ergänzt werden, BGBl. Nr. 59/1964, seit dem 25. September 1958 außer Kraft getreten, zumindest soweit es meine Person betrifft.
c) Durch die Auflösung des Kriegsgeschädigtenfonds durch das BG vom 21. 12. 1937, BGBl. Nr. 444/1937, ist die im § 7 des Gesetzes vom 3. 4. 1919, StGBl. Nr. 209/1919, in derzeit geltender Fassung, festgelegte Zweckwidmung des Reinerträgnisses des von der Republik Österreich übernommenen Vermögens weggefallen, und damit auch der in den §§ 5, 6 des zitierten Gesetzes verfügten Übernahme des Vermögens durch die Republik Österreich die Grundlage entzogen.
2.) Für den Fall, daß auf Grund der Vollzugsklausel des Habsburgergesetzes der Bundeskanzler und der Bundesminister für Finanzen in eventu auch der Bundesminister für Soziale Verwaltung kompetent wären, mögen diese die unter Punkt 1 lit. a, b und c angeführten Feststellungen treffen."
Zur Begründung dieses Antrages brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, ohne Erlassung des "Habsburgergesetzes", StBGl. Nr. 209/1919, stünde ihm nach dem Familienstatut vom 3. Februar 1839 als Mitglied des Hauses Habsburg-Lothringen ein Unterstützungsanspruch gegen den Familienversorgungsfonds der Familie zu. Er habe daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß die Enteignungsbestimmungen und sonstige diskriminierende Gesetzesstellen des "Habsburgergesetzes" durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Konvention der Menschenrechte (EMRK) und zum 1. Zusatzprotokoll zur EMRK aufgehoben seien. Der Zweck der (entschädigungslosen) Enteignung sei nach Auflösung des Kriegsopferverbandes durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 444/1937 weggefallen. Der Verfassungsrang des Habsburgergesetzes habe die Betroffenen vom 3. April 1919 bis 4. März 1964, dem Tag der rückwirkend zum 3. September 1959 erfolgten Erhebung der EMRK in den Verfassungsrang, der Möglichkeit beraubt, ihre Rechte gerichtlich geltend zu machen. Gemäß § 7 Abs. 2 des Habsburgergesetzes sei mit dem Vollzug dieses Gesetzes der Staatskanzler (Bundeskanzler), der Staatssekretär für Finanzen (Bundesminister für Finanzen) und der Staatssekretär für Soziale Verwaltung (Bundesminister für Soziale Verwaltung) betraut. Die Kompetenz des Bundesministers für Soziale Verwaltung sei durch die Aufhebung des Kriegsgeschädigtenfonds 1973 weggefallen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurück. Begründend wird ausgeführt, der Antrag ziele auf die bescheidmäßige Feststellung, daß bestimmte Rechtsvorschriften nicht mehr dem geltenden Rechtsbestand angehören. Soweit sich der Antrag auf behauptete Folgen beziehe, die durch die Auflösung des Kriegsbeschädigtenfonds bedingt seien, könnte er auch als Antrag auf Feststellung einer bestimmten Tatsache verstanden werden. Gegenstand eines Feststellungsbescheides könne nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich nur die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses sein, nicht aber die Feststellung von Tatsachen, sofern ein Gesetz nicht ausdrücklich eine solche Feststellung vorsehe. Darüber hinaus könnten Feststellungen über die Anwendbarkeit eines Gesetzes oder gesetzlicher Bestimmungen und ihrer Auslegung nicht, so wie dies vom Beschwerdeführer begehrt werde, Gegenstand eines bescheidmäßigen Abspruches sein. Die beantragte Feststellung betreffe nicht ein Recht oder ein Rechtsverhältnis des Beschwerdeführers, sondern begehre die Feststellung, ob Rechtsvorschriften dem geltenden Rechtsbestand angehörten oder nicht. Die verlangte Feststellung mache somit zum Gegenstand der Feststellung "eine Angelegenheit, die gar nicht zulässiger Gegenstand eines Feststellungsbescheides sein" könne. Die bescheidmäßige Feststellung von Tatsachen könne nach der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nur dann zulässig sein, wenn sie durch eine gesetzliche Vorschrift ausdrücklich vorgesehen sei. Eine solche Vorschrift gebe es im vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Dem Inhalt der Beschwerde nach erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf bescheidmäßige Feststellungen seines derzeit bestehenden Rechtsverhältnisses zur Republik Österreich verletzt. Durch die beantragten Feststellungen würde die Frage geklärt, ob die Republik Österreich zur Rückstellung des seinerzeit entzogenen Vermögens verpflichtet sei. Die regelmäßigen Einkünfte des seinerzeitigen Familienversorgungsfonds würden dem Beschwerdeführer bis heute vorenthalten.
Die belangte Behörde hat unter Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden sind die Verwaltungsbehörden befugt, Feststellungsbescheide nur im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit zu erlassen, wenn hiefür entweder eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung oder ein im privaten oder öffentlichen Interesse begründeter Anlaß vorliegt und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen. Feststellungsbescheide sind hingegen immer dann unzulässig, wenn die strittige Frage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verfahrens - etwa in einem gerichtlichen Verfahren - entschieden werden kann (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 1966, Zlen. 1421, 1422/65, Slg. N. F. Nr. 6978/A, vom 15. Dezember 1975, Zl. 901/75, Slg. N. F. Nr. 8946/A, vom 18. Oktober 1978, Zl. 65/78, Slg. N. F. Nr. 9662/A, und die dort angeführte Rechtsprechung; im gleichen Sinne Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 3. Auflage, S. 135 f, Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 505 ff).
Geht man von diesen Grundsätzen, wie sie in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelt wurden, aus, dann erweist sich, daß die belangte Behörde nicht rechtswidrig gehandelt hat, wenn sie den Feststellungsantrag des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid zurückgewiesen hat. Daß sich der geltend gemachte Feststellungsanspruch aus materiell-rechtlichen Vorschriften des Verwaltungsrechtes ableiten ließe, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht. Ebensowenig ist für den Gerichtshof eine gesetzliche Grundlage für den behaupteten Anspruch auf Erlassung eines Feststellungsbescheides erkennbar.
Die vom Beschwerdeführer beantragten Feststellungen beziehen sich nicht auf seine Rechte oder Rechtsverhältnisse, sondern haben ausschließlich Aussprüche über die Geltung bestimmter Normen zum Gegenstand. Derartige Aussprüche über das Außerkrafttreten von Normen, teils im Verfassungs-, teils im Gesetzesrang, fallen nicht in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden. Welche Vorschriften als geltendes Recht anzuwenden sind, ist vielmehr von den Behörden bei ihrer Sachentscheidung im Einzelfall zu prüfen und unterliegt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG der Rechtskontrolle des Verwaltungsgerichtshofes. Zur Feststellung des geltenden Rechtes ist der Rechtsbehelf des Antrages auf Erlassung eines Feststellungsbescheides daher unzulässig.
Soweit der Beschwerdeführer die beantragten Feststellungen als geeignetes Mittel zur Durchsetzung von vermögensrechtlichen Ansprüchen erachtet, ist ihm entgegenzuhalten, daß er selbst schon in seinem Antrag ausgeführt hat, die gesetzliche Schranke des Verfassungsranges des "Habsburgergesetzes" habe die Betroffenen bis zum 4. März 1964 der Möglichkeit, ihre Rechte gerichtlich geltend zu machen, beraubt, woraus zu schließen ist, daß seiner Meinung nach der gerichtlichen Geltendmachung der gegenständlichen Vermögensansprüche nichts mehr im Wege steht. Welche Vorschriften die Gerichte bei der allfälligen Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche des Beschwerdeführers anzuwenden haben, ist der Beurteilung dieser Gerichte vorbehalten. Daraus folgt, daß die Auffassung des Beschwerdeführers, die Erlassung der beantragten Feststellungsbescheide sei für ihn als Mittel der Rechtsverfolgung zulässig, rechtsirrig ist.
Noch viel weniger kann ein öffentliches Interesse an den vom Beschwerdeführer beantragten Feststellungen erkannt werden, weil das behauptete Bestehen privatrechtlicher Ansprüche gegen die Republik Österreich allein ein öffentliches Interesse an der Feststellung der rechtlichen Grundlagen solcher Ansprüche nicht begründen kann.
Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhang mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 27. April 1987
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