Normen
ASchG 1972 §27;
ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
AVG §66 Abs4;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a litc;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z2 impl;
VStG §44a Z3 impl;
ASchG 1972 §27;
ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
AVG §66 Abs4;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a litc;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z2 impl;
VStG §44a Z3 impl;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Verwaltung) Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 7. Juni 1984 wurde (unter anderem) ausgesprochen, der Beschwerdeführer habe als zur Vertretung nach außen Berufener der "X Warenhandel Ges.m.b.H." zu verantworten, dass diese in ihrer Betriebsanlage in Wien 21, S-gasse 1, die zum Schutz der Arbeitnehmer erlassenen Vorschriften am 21. Oktober 1983 insofern nicht eingehalten habe, als Druckgaspackungen wie z.B. Schuhsprays nicht auf unbrennbaren Regalen gelagert gewesen seien, und habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 27 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972 (im folgenden: ANSchG), in Verbindung mit Punkt 4 des Betriebsanlagenbescheides des Landeshauptmannes von Wien vom 16. Juni 1980, Zl. MA 63-B 415/78, begangen; gemäß § 31 Abs. 2 lit. p ANSchG werde eine Geldstrafe von S 1.000,-- verhängt.
Der Beschwerdeführer hat Berufung erhoben.
1.2. Mit Bescheid vom 7. März 1985 hat der Landeshauptmann von Wien den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses dahin gehend abgeändert, dass er wie folgt zu lauten habe:
Der Beschwerdeführer "hat es als satzungsgemäß zur Vertretung der X Warenhandels AG berufenes Organ zu verantworten, dass diese als Arbeitgeber in der Betriebsanlage Wien 21, S-gasse 1, die zum Schutz der Arbeitnehmer erlassenen Vorschriften am 21. Oktober 1983 insoferne nicht eingehalten hat, als Druckgaspackungen, und zwar Schuhsprays, nicht auf unbrennbaren Regalen gelagert waren. Er hat dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 31 Abs. 2 lit. p Arbeitnehmerschutzgesetz (ANSCHG), BGBl. 234/1972, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 27 Abs. 2 ANSCHG sowie Punkt 4 des Bescheides vom 16. Juni 1980, MA 63-B 415/78, begangen. Die hierauf entfallende Geldstrafe von S 1.000,-- , Ersatzarreststrafe zwei Tage, war gemäß § 31 Abs. 2 lit. p in Verbindung mit § 27 Abs. 2 ANSCHG zu verhängen.
........."
In der Begründung dieses Bescheides heißt es u.a., die Berufungsbehörde sei im Rahmen des § 66 Abs. 4 AVG 1950 zur Präzisierung und Abänderung des Tatvorwurfes sowie der übertretenen Norm und der Strafvorschrift ermächtigt gewesen.
1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, nicht nach den Bestimmungen des ANSchG bestraft zu werden.
1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1.1. In der Beschwerde wird geltend gemacht, dass die im erstinstanzlichen Straferkenntnis genannte "X Warenhandel Ges.m.b.H." im Tatzeitpunkt am Tatort keine Betriebsanlage unterhalten habe; diese werde vielmehr durch die seit 24. Oktober 1977 registrierte Firma "X Warenhandel Aktiengesellschaft" betrieben. Darauf habe der Beschwerdeführer in der Berufung hingewiesen. Nach § 44a lit. a VStG 1950 seien auch jene Umstände, die sich auf die Täterpersönlichkeit bezögen, zu präzisieren. Eine X Warenhandel Ges.m.b.H. sei tatsächlich eine Vorläuferin der X Warenhandel Aktiengesellschaft gewesen, eine Änderung und damit Sanierung der Bezeichnung, auf Grund welcher Unternehmenszugehörigkeit der Beschwerdeführer in Anspruch genommen worden sei, wäre allerdings nur innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist möglich gewesen.
2.1.2. § 66 Abs. 4 AVG 1950 ermächtigt die Berufungsbehörde nicht, die Person des Bestraften auszuwechseln; findet die Berufungsbehörde, dass sich die erste Instanz in der Person des Täters vergriffen hat, dann muss sie die vom Bestraften eingebrachte Berufung zum Anlass nehmen, das erstinstanzliche Straferkenntnis zu beheben und die Behörde der ersten Rechtsstufe anweisen, das Strafverfahren, sofern nicht inzwischen Verfolgungsverjährung eingetreten ist, gegen die von ihr als Täter erkannte Person einzuleiten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1968, Zl. 1044/67). Ein solches Vergreifen in der Person des Täters liegt im Beschwerdefall allerdings unbestrittenermaßen nicht vor. Die Behörde erster Instanz hat sich vielmehr ausschließlich in der Bezeichnung jener juristischen Person vergriffen, als deren vertretungsbefugtes Organ der Beschwerdeführer tätig geworden ist - sachverhaltsbezogen also der Aktiengesellschaft, deren Vorläuferin nach der eigenen Behauptung des Beschwerdeführers die Ges.m.b.H. war.
Hiezu ist nun auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof hinzuweisen, wonach die Berufungsbehörde berechtigt ist, im Verwaltungsstrafverfahren die Bestrafung des Beschuldigten mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass ihm die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. November 1969, Slg. N.F. Nr. 7680/A, und vom 28. September 1983, Zl. 81/01/0069 = ZfVB 1984/3/1203).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die Frage, ob der als Beschuldigter angesprochene Beschwerdeführer die Tat als das satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufene Organ der Ges.m.b.H. oder der gleichnamigen Aktiengesellschaft als Betreiberin der streitgegenständlichen Betriebsanlage zu verantworten hat, nicht Sachverhaltselement der zur Last gelegten Übertretung des ANSchG, sohin ein Merkmal, das auf die Vollständigkeit der Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG 1950 ohne Einfluss ist. Die behauptete Verfolgungsverjährung ist daher nicht eingetreten; ein Verstoß gegen § 66 Abs. 4 AVG 1950 liegt nicht vor.
2.2.1. In der Beschwerde wird ferner geltend gemacht, dass die im erstinstanzlichen Bescheid zitierten Bestimmungen des § 27 Abs. 2 ANSchG im Zusammenhalt mit einem Auflagenpunkt des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides nur Verhaltensnormen enthielten; diese könnten nicht Gegenstand einer verwaltungsstrafrechtlich zu ahndenden Verletzung sein. Erst durch § 31 Abs. 2 lit. p ANSchG werde ein Verstoß gegen die genannten Gebotsnormen zum Tatbild einer Verwaltungsübertretung im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950. Die letztere Norm sei bereits im Beschuldigten-Ladungsbescheid zu nennen; diese grundsätzliche Anforderung werde nur dadurch eingeschränkt, dass es sich im Lauf des Verfahrens herausstellen könne, dass die rechtliche Unterstellung geändert werden müsse. Gegenstand des Spruches müsse aber immer die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift sein. Auch aus diesen Überlegungen ergebe sich, dass keine rechtzeitige Verfolgungshandlung gesetzt worden sei.
2.2.2. Nach der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes bis zum Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. N. F. Nr. 11.525/A = ZfVB 1985/2/681, wurde durch die bloße Zitierung der Gebots- oder Verbotsnorm ohne Zitierung jener Norm im Spruch des Straferkenntnisses, die das gegen diese Norm verstoßende Verhalten zur Verwaltungsübertretung erklärt, die Vorschrift des § 44a lit. b VStG 1950 verletzt. An dieser Auffassung hat der Gerichtshof im genannten Erkenntnis nicht mehr festgehalten, sodass die Frage dahingestellt bleiben kann, ob die belangte Behörde auch nach Ablauf der im § 31 Abs. 2 VStG 1950 genannten Frist befugt war, die erstinstanzlich als verletzte Normen zitierten Bestimmungen durch die Hinzufügung des Zitates des § 31 Abs. 2 lit. p ANSchG im Berufungsbescheid zu ergänzen.
Die (bloße) Zitierung des § 27 Abs. 2 ANSchG in Verbindung mit dem Auflagenpunkt des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides in der rechtzeitigen ersten Verfolgungshandlung (ebenso wie im erstinstanzlichen Straferkenntnis) reiche - jedenfalls - aus, um den Lauf der Verjährungsfrist nach § 31 Abs. 2 VStG 1950 zu hindern.
2.3.1. Schließlich wird in der Beschwerde geltend gemacht, dass sowohl unter dem Gesichtspunkt des § 44a lit. b als auch jenem nach § 44a lit. c VStG 1950 die Bestimmung des § 9 Abs. 2 VStG 1950 in der seit dem 1. April 1983 geltenden Fassung im Spruch der Strafbescheide zu zitieren gewesen wäre.
2.3.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verlangt § 44a lit. a VStG 1950 eine Bezeichnung jener Merkmale, auf Grund deren eine Person die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 VStG trifft. Nicht erforderlich ist jedoch die Zitierung des § 9 leg. cit. (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1985, Zl. 83/04/0258 = ZfVB 1985/6/2313) .
Gleiches gilt unter dem Blickwinkel des § 44a lit. b VStG 1950 (vgl. das eben zitierte Erkenntnis und das Erkenntnis vom 6. Dezember 1983, Zl. 11/2465/80) sowie unter dem Gesichtspunkt des § 44a lit. c VStG (vgl. hiezu das zuletzt zitierte Erkenntnis vom 6. Dezember 1983 und jenes vom 28. Mai 1984, Zl. 82/10/0101, wonach die Zitierung des § 9 VStG unter dem Aspekt des § 44a lit. c VStG objektiv verfehlt wäre).
2.4. Aus diesen Erwägungen folgt, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid weder mit der ihr zum Vorwurf gemachten noch mit einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit belastet hat.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 26. Mai 1986
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