VwGH 86/07/0235

VwGH86/07/02355.12.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde der X Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, Schönaugasse 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 20. August 1986, Zl. 3-33 Ga 12-86/131, betreffend Vollstreckung wasserrechtlicher Anordnungen (mitbeteiligte Partei: G Aktiengesellschaft, vertreten durch Dr. Hannes Stampfer, Rechtsanwalt in Graz, Schmiedtorgasse 21), zu Recht erkannt:

Normen

Grundwasserschongebiet Graz-Andritz 1971 §5 Z4
VVG §10 Abs2 lita
WRG 1959 §34 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1986070235.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist zunächst auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. März 1974, Zl. 619/72, vom 18. Mai 1982, Zl. 82/07/0058, vom 15. Februar 1983, Zl. 82/07/0161, und vom 3. März 1987, Zl. 87/07/0037, zu verweisen.

Mit Bescheid vom 20. August 1986 gab der Landeshauptmann von Steiermark unter Spruchteil I gemäß §§ 73 und 8 AVG 1950 in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1 und 10 Abs. 1 VVG 1950 dem Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin auf Entscheidung in dem unter Spruchteil II bezeichneten Verwaltungsvollstreckungsverfahren

Folge. Unter Spruchteil II desselben Bescheides wurde gemäß §§ 1, 4 Abs. 1 und 10 VVG 1950 in Verbindung mit § 73 AVG 1950 der Antrag der Beschwerdeführerin auf Durchführung des Vollstreckungsverfahrens hinsichtlich der Anordnungen 14.) und 15.) des Bescheides dieser Behörde vom 10. Juli 1970, Zl. 3- 348 Ga 12/29-1970, die Beschwerdeführerin betreffend abgewiesen, von der Fortführung des Verwaltungsvollstreckungsverfahren hinsichtlich der Anordnungen 14.) und 15.) die Beschwerdeführerin betreffend abgesehen und seine Einstellung verfügt.

Begründend wurde folgendes ausgeführt: Der Landeshauptmann habe mit dem bezeichneten Bescheid aus 1970 für das Grazer Wasserwerk Andritz ein "Schutzgebiet III" festgelegt, in welchem sich auch die Betriebsanlagen der Beschwerdeführerin befänden; auf jene bezögen sich unter anderem die folgenden, im Schutzgebietsbescheid erteilten Auflagen bzw. Anordnungen:

"14.) Die Einstellplätze für Kraftfahrzeuge im Lagerplatz der Fa. X, früher K, und in der Glaserei AF sind mit betonierten Abstellplatten zu versehen.

15.) Im Bereiche des Lagerplatzes der Fa. X, früher K, sind Gegenstände, die mit Ölresten behaftet sind, und Gebinde, in denen sich noch Öle, Teere und andere schwer abbaubare Stoffe befinden, nur unter Dach und auf ölundurchlässigen Abstellplatten, die wannenförmig ausgebaut sind, zu lagern."

Im hierauf erlassenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 28. Dezember 1971, Zl. 83.778-I/1/71, sei darauf hingewiesen worden, daß die mitbeteiligte Partei im Verfahren dargelegt habe, die Kosten der Auflagen 14.) und 15.) würden sie (und demnach nicht die Beschwerdeführerin) belasten. Es sei weiters ausgeführt worden, dies könne bereits aus dem Wortlaut und Sinn der beiden Vorschreibungen herausgelesen werden; denn grundsätzlich richteten sich Schutzanordnungen nur mit Unterlassungen und Duldungen an Dritte, während aktive Handlungen dem geschützten Wasserberechtigten oblägen; es sei daher auch kein aktueller Entschädigungstitel der Beschwerdeführerin gegeben.

Weder in dem darüber ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Mai 1974, Zl. 619/72, noch in dem darauf folgenden Ersatzbescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 28. Mai 1974, Zl. 52.948/I/1/74, habe sich eine Änderung der somit rechtskräftig und entschädigungslos angeordneten Auflagen 14.) und 15.) ergeben.

Die darin angeordneten Maßnahmen seien allerdings in der Folge durch die Mitbeteiligte nicht verwirklicht worden.

Die Beschwerdeführerin habe hierauf versucht, durch die Wasserrechtsbehörde einen Auftrag gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 gegenüber der Mitbeteiligten als Wasserberechtigte zur Durchführung der Anordnungen 14.) und 15.) durchzusetzen.

Nach Ausschöpfung der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sei im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Februar 1983, Zl. 82/07/0161, festgestellt worden, daß die Beschwerdeführerin einen auf § 138 WRG 1959 gestützten Antrag zur Erreichung des von ihr angestrebten Zieles nicht benötigt habe, weil ein entsprechender Exekutionstitel gegen die Mitbeteiligte bereits durch die rechtskräftig und vollstreckbar formulierten Auflagen 14.) und 15.) im Bewilligungsbescheid geschaffen worden sei. Entsprechend diesem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes stehe es der Beschwerdeführerin als insofern aus dem Bewilligungsbescheid Berechtigter zu, die Vornahme der erforderlichen Vollstreckungsschritte zur Erfüllung dieser Auflagen bei den Behörden zu erwirken, was diese mit ihrem Antrag vom 10. August 1983 auch versucht habe.

Gemäß dem nach § 10 Abs. 1 VVG 1950 auch im Vollstreckungsverfahren anzuwendenden § 73 Abs. 1 AVG 1950 seien die Behörden verpflichtet, wenn in Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt sei - was hier zutreffe -, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 gehe auf das schriftliche Verlangen der Partei, der der Bescheid nicht innerhalb dieser Frist zugestellt worden sei, die Zuständigkeit zur Entscheidung an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über, die das Verlangen jedoch abzuweisen habe, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen sei.

Am 10. August 1983 sei der Antrag auf Einleitung und Durchführung des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens, welcher am 11. August 1983 beim Magistrat Graz als Vollstreckungsbehörde eingelangt sei, gestellt worden.

Mit Erlaß des Landeshauptmannes von Steiermark als Titelbehörde vom 8. September 1983 sei der Magistrat Graz als Vollstreckungsbehörde ersucht worden, neben einem Vollstreckungsverfahren zu den Anordnungen 14.) und 15.) auch hinsichtlich der für dieses Verfahren nicht relevanten Anordnung 13.) des Bescheides vom 10. Juli 1970 das Vollstreckungsverfahren einzuleiten.

Mit Schreiben vom 16. September 1983 habe der Magistrat Graz der Mitbeteiligten unter anderem hinsichtlich der verfahrensrelevanten Anordnungen 14.) und 15.) die Ersatzvornahme unter Einräumung einer angemessenen Frist angedroht.

Trotz der durchgeführten Ermittlungen hätten bei genauer Nachvollziehung des Aktenvorganges beim Magistrat Graz keine Umstände festgestellt werden können, aus welchen sich ein Mitverschulden der Beschwerdeführerin an der Verzögerung der Entscheidung oder gesetzliche bzw. unüberwindliche Hindernisse bis zum Einlangen des Devolutionsantrages am 13. August 1985 beim Landeshauptmann von Steiermark als Oberbehörde ableiten ließen.

Dies sei im Zuge einer Augenscheinsverhandlung am 26. Februar 1986 vom Vertreter des Magistrates Graz ohne Einwände zur Kenntnis genommen bzw. gleichfalls festgestellt worden. Die Zuständigkeit des Landeshauptmannes von Steiermark als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Vollstreckungsverfahren sei daher gegeben.

Gemäß § 4 Abs. 1 VVG 1950 könne, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen sei, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

Die Einleitung des Vollstreckungsverfahrens hinsichtlich der auf die Beschwerdeführerin bezogenen, bereits erwähnten Auflagen bzw. Anordnungen Nr. 14.) und 15.) sei auf Grund der von der Titelbehörde erteilten Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 8. September 1983 möglich. Die Vollstreckungsbehörde habe daher lediglich zu prüfen gehabt, ob ein mit dieser Bestätigung versehener Exekutionstitel vorliege; die Frage der Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Bescheides habe nicht mehr aufgeworfen werden können. Im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens komme die Durchführung eines förmlichen Ermittlungsverfahrens grundsätzlich nicht in Betracht. Nur ausnahmsweise habe eine gewisse Sachverhaltsermittlung, wie z.B. Schätzung der Kosten und des Umfanges einer Ersatzvornahme, zu erfolgen.

Nun sei im Zuge der amtswegigen Ermittlung der wahrscheinlichen Kosten einer etwaigen Ersatzvornahme von den Sachverständigen des Magistrates Graz festgestellt worden, daß die in den Punkten 14.) und 15.) des Bescheides vom 10. Juli 1970 bezeichneten Flächen zum Großteil nicht mehr als Einstellplätze für Kraftfahrzeuge verwendet würden, sondern mit Lager- und Bürogebäuden verbaut worden seien. Ferner sei im Zuge dieser Kostenschätzung festgestellt worden, daß die für die Lagerung von mit Ölresten behafteten Gegenständen verwendeten Flächen durch Verbauung mit Lager- und Auslieferungshallen, sowie wegen Fehlens solcher Gegenstände gänzlich wegfielen.

In der Kostenschätzung des Magistrates Graz vom 21. Mai 1985 sei darauf hingewiesen worden, daß die Flächenangaben auf einem rekonstruierten Beweisplan der Beschwerdeführerin beruhten und in Anbetracht der jetzigen Verbauung eine wirtschaftlich zumutbare und überdies sinnvolle Durchführung der Arbeiten in der im Bescheid zur Festsetzung des Schutzgebietes vorgeschriebenen Form tatsächlich nicht in Betracht komme, sodaß der fiktiven Kostenschätzung des Sachverständigen entsprechend seiner eigenen Feststellung bestenfalls theoretische Aussagekraft beigemessen werden könne.

Da allein eine von der verpflichteten Mitbeteiligten bestehende und behauptete etwaige Unmöglichkeit der Leistung nicht die Unzulässigkeit einer Vollstreckung durch Ersatzvornahme bewirke, weil diese Vollstreckungsform der Herstellung des bescheidmäßig aufgetragenen Zustandes im Wege des Verwaltungszwanges für alle jene Fälle diene, in denen der Verpflichtete nicht willens oder nicht in der Lage sei, die geschuldete, ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nach auch durch einen Dritten zu bewerkstelligenden Leistung zu erbringen, habe sich die im Devolutionsweg zuständig gewordene Behörde veranlaßt gesehen, ergänzend eigene Ermittlungen durch Einholung von gutachtlichen Äußerungen und Durchführung einer örtlichen Erhebung am 26. Februar 1986 durchzuführen.

In den unbestritten gebliebenen gutächtlichen Äußerungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen vom 3. und 26. Februar 1986 sei im Zuge der Aufnahme des Gesamtbestandes der Betriebsanlage der Beschwerdeführerin am betreffenden Standort festgestellt worden, daß auf dem gesamten Betriebsgelände keine gewässergefährdenden Stoffe, Gegenstände, die mit Ölresten behaftet seien, sowie Gebinde, in denen sich noch Öle, Teere und andere schwer abbaubare Stoffe befänden, gelagert würden. Im Lagerbereich habe auch kein Schuppen mit Einstellplätzen für Kraftfahrzeuge vorgefunden werden können. Diese Angaben seien vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bestätigt worden.

Ferner seien vom technischen Amtssachverständigen neben einer offensichtlichen Veränderung der Art der Betriebsführung im Vergleich zu den Unterlagen aus dem Jahre 1970 auf dem Betriebsgelände auch getätigte Bauführungen größeren Ausmaßes festgestellt worden.

Diese Äußerungen des technischen Amtssachverständigen seien klar und logisch aufgebaut und in sich widerspruchsfrei.

Eine Vollstreckung sei nach der herrschenden Judikatur unter anderem zulässig (soll offensichtlich heißen: unzulässig), wenn sich nach der Entstehung des Exekutionstitels die rechtlichen und/oder tatsächlichen Verhältnisse in einem wesentlichen Punkt geändert hätten und damit die objektiven Grenzen der Bescheidwirkungen andere geworden seien, was im vorliegenden Fall habe geprüft werden müssen. Die objektiven Grenzen ergäben sich daraus, daß mit dem Titelbescheid über eine bestimmte Verwaltungssache, nämlich die Festsetzung des Schutzgebietes III unter Bestimmung von Anordnungen, entschieden worden sei.

Ein anderer Sachverhalt sei seit der Erlassung eines Titelbescheides dann eingetreten, wenn ein wesentliches neues Sachverhaltselement auftrete und zwar so, daß auf der Grundlage des neuen Sachverhaltes ein im Spruch gleichlautender Titelbescheid nicht mehr erlassen werden könnte.

Anordnung 14.) des Titelbescheides bestimme, daß die Einstellplätze für Kraftfahrzeuge im Lagerplatz der Beschwerdeführerin mit betonierten Abstellplatten zu versehen seien. Bei den von der Vollstreckungsbehörde durchgeführten Ermittlungen habe jedoch kein Schuppen mit Einstellplätzen für Kraftfahrzeuge im gesamten Betriebsgelände vorgefunden werden können. Somit hätten sich die tatsächlichen Verhältnisse in diesem Punkt augenscheinlich wesentlich verändert; es würden diese Aussagen insbesondere von den Amtssachverständigen und vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin verifiziert.

Habe der Titelbescheid in Anordnung 15.) bestimmt, daß im Bereiche des Lagerplatzes der Beschwerdeführerin Gegenstände, die mit Ölresten behaftet seien, und Gebinde, in denen sich Öle, Teere und andere schwer abbaubare Stoffe befänden, nur unter Dach und auf ölundurchlässigen Abstellplatten, die wannenförmig ausgebildet seien, gelagert werden dürften, so sei unbestritten und augenscheinlich im Verfahren vor dem Magistrat Graz und der erkennenden Behörde festgestellt worden, daß einerseits umfangreiche Bauführungen getätigt und die Pkw-Parkplätze sowie die Lagerfläche, welche sich bis zur Industriebahn hin erstrecke, sowie der Boden der Halle VII a und des hergestellten Teiles der Halle VII b asphaltiert worden seien, sowie daß andererseits im gesamten Betriebsareal keine Stoffe und Materialien im Sinne der Anordnung 15.) hätten vorgefunden werden können.

Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Februar 1983, Zl. 82/07/0161, habe zwar festgestellt, daß ein entsprechender Exekutionstitel gegen die Mitbeteiligte bereits durch die rechtskräftig und vollstreckbar formulierten Auflagen 14.) und 15.) im Bewilligungsbescheid geschaffen worden sei. Doch habe sich der Sachverhalt insbesondere auf Grund der Feststellungen der Amtssachverständigen augenscheinlich und offenkundig so geändert, daß nicht mehr von einer Identität mit dem im Zuge der Festsetzung des Schutzgebietes III durchgeführten Verfahren ausgegangen werden könne.

Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, in welchem sämtliche Aussagen zum Gegenstand der Vollstreckung klar, glaubwürdig und widerspruchsfrei erfolgt seien, schließe auch aus, daß es sich im Gegenstand bloß um die Deutung eines schon beurteilten Sachverhaltes handle, da der neue Sachverhalt die Erlassung eines auf demselben Rechtsgrund beruhenden, mit dem Titelbescheid vom 10. Juli 1970 in seinen Anordnungen 14.) und 15.) gleichlautenden Bescheides zur Abwehr einer konkreten Gefährdung der Wasserversorgungsanlage ausschließe.

Gemäß § 34 Abs. 2 WRG 1959 sei mit Verordnung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 13. Oktober 1971, LGBl. Nr. 139/71, ein Grundwasserschongebiet zum Schutze des Grundwasserwerkes Graz-Andritz bestimmt worden. Die betroffene Betriebsanlage der Beschwerdeführerin liege seit diesem Zeitpunkt im engeren Schongebiet zum Schutze dieses Grundwasserwerkes. Gemäß § 5 der Verordnung bedürften im engeren Schongebiet neben nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen Bewilligungen oder Genehmigungen die Errichtung oder wesentliche Änderung von gewerblichen, industriellen oder sonstigen Anlagen, wenn hiedurch eine Verunreinigung des Grundwassers oder obertägiger Gewässer mit chemisch oder biologisch schwer abbaubaren Stoffen verursacht werden könne, sowie die Ablagerung von sonstigen Stoffen, die für das Grundwasser nachteilig seien, vor ihrer Durchführung einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde.

Nach glaubwürdigen Aussagen der Beschwerdeführerin und den Unterlagen der Wasserrechtsbehörde erfolge seit dem Jahre 1980 eine geänderte Betriebsführung, ohne Lagerung der in der Verordnung und im Titelbescheid bezeichneten, für das Grundwasser nachteiligen Stoffe. Dies bedeute, daß durch die Änderung der Rechtslage - durch die Erlassung der Verordnung - der Sachverhalt, welcher den Anordnungen 14.) und 15.) des Titelbescheides zugrundeliege, einer eigenen wasserrechtlichen Bewilligungspflicht unterworfen sei. Den aufrechten Bestand einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung oder wesentliche Änderung ihrer Betriebsanlage bzw. für die Ablagerung von Stoffen, die für das Grundwasser nachteilig seien, habe die Beschwerdeführerin in keiner Phase des Verfahrens behauptet, und es liege eine solche bei der Wasserrechtsbehörde auch nicht auf.

Der den Anordnungen 14.) und 15.) zugrundeliegende Sachverhalt wäre nunmehr auf Grund der neuen Rechtslage im Sinne der Verordnung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 13. Oktober 1971 zu beurteilen, sodaß bei dieser Rechtslage ein im Spruch gleichlautender Schutzgebietsbescheid nicht mehr erlassen werden könnte.

Die von der Beschwerdeführerin bekundete Absicht, den Handel mit Gegenständen der in Anordnung 15.) genannten Art so schnell als möglich wieder aufnehmen zu wollen, müsse somit ins Leere gehen und könnte erst nach Überwindung der rechtlichen Hindernisse, also nach Einholung einer wasserrechtlichen Bewilligung, durchgeführt werden. Daran vermöge auch das Vorliegen eines - von der Beschwerdeführerin beigebrachten - (baurechtlichen) Widmungsbescheides nichts zu ändern, da Verfahren aus diesem Rechtsbereich nicht ein wasserrechtliches Bewilligungsverfahren ersetzen könnten.

Die Ursache für die Änderung der Art der Betriebsanlage bzw. Betriebsführung zu beurteilen, sei der Vollstreckungsbehörde verwehrt. Im übrigen liege kein Anhaltspunkt dafür vor, daß die Änderung auf Grund rechtswirksamer Verfügungen der Wasserrechtsbehörde durchgeführt worden sei; auch seien im Verfahren zur Festsetzung des Schutzgebietes III auf Grund der Feststellung, daß keine Veränderung der Art oder des Umfanges der Nutzung der Grundstücke und Anlagen der Beschwerdeführerin, wie ihr dies auf Grund bestehender Rechte zustehe, erfolge, die Anordnungen 14.) und 15.) entschädigungslos festgesetzt worden.

Auf die von der Beschwerdeführerin im Vollstreckungsverfahren zum Teil vorgelegten und im übrigen angebotenen Unterlagen, auf die Aussage eines Zeugen und des von der erkennenden Behörde beigezogenen technischen Amtssachverständigen, daß auf Grund der vorgelegten Planunterlagen sowie der festgestellten tatsächlichen Örtlichkeiten bzw. des festgestellten Bestandes kein Bezug zwischen den dem Bescheid vom 10. Juli 1970 zugrundeliegenden Plänen sowie sonstigen Unterlagen und dem im Vollstreckungsverfahren vorgefundenen Bestand hergestellt werden könne, brauche nicht weiter eingegangen werden, da Art und Umfang der Ersatzvornahme nach dem vorhin Ausgeführten nicht mehr verfahrensrelevant seien. Auf Grund der wesentlichen Änderung der rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse seien die objektiven Grenzen der Bescheidwirkungen andere geworden, weshalb die Vollstreckung als unzulässig anzusehen und das Verfahren hinsichtlich der Anordnungen 14.) und 15.) des Titelbescheides betreffend die Beschwerdeführerin einzustellen gewesen sei.

Dieser Bescheid wird in seinem Spruchteil II mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Fortführung des Vollstreckungsverfahrens verletzt erachtet.

Die belangte Behörde und die Mitbeteiligte erstatteten Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragten.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist streitentscheidend, ob die Vollstreckung "unzulässig" im Sinne des § 10 Abs. 2 lit. a VVG 1950 ist, weil sich - wie von der belangten Behörde angenommen wurde, von der Beschwerdeführerin hingegen in Abrede gestellt wird - die Rechts- und Sachlage seit Erlassung des Titelbescheides wesentlich, das heißt so sehr geändert hat, daß nunmehr ein gleichlautender (Titel‑)Bescheid nicht mehr erlassen werden könnte (siehe dazu die Ausführungen und Judikaturangaben bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens3, 1987, S. 845 und 848).

Was zunächst die "Einstellplätze für Kraftfahrzeuge im Lagerplatz" der Beschwerdeführerin betrifft (Auflage 14.) des bezeichneten Bescheides aus 1970), hat die belangte Behörde eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse darin erblickt, daß, wie die Ermittlungen im Vollstreckungsverfahren gezeigt hätten, im Lagerbereich bzw. im gesamten Betriebsgelände "kein Schuppen mit Einstellplätzen für Kraftfahrzeuge vorgefunden werden" konnte. Damit wird zugleich an den im Bescheid vom 10. Juli 1970 wiedergegebenen Befund angeknüpft, in welchem "ein Schuppen für Kraftfahrzeuge" erwähnt ist, "dessen Bodenausbildung zum Schutze des Grundwassers verbessert werden müßte". Geht man davon aus, daß mit den in der Anordnung 14.) genannten Einstellplätzen im Jahr 1970 jene in besagtem Schuppen gemeint waren, hat sich der Sachverhalt, wenn es diesen Schuppen nun nicht mehr gibt, seither tatsächlich verändert. Dieses Sachverhaltsmoment ist jedoch nicht als wesentlich zu erkennen. Es ist nämlich nach der Formulierung der bezeichneten Vorschreibung des Schutzgebietsbescheides aus 1970 und dem in ihr ausgedrückten Schutzbedürfnis nicht anzunehmen, daß diese hätte unwirksam werden sollen, wenn das betroffene Unternehmen seine Einstellplätze an einen anderen Ort im selben Lagerbereich verlegt hätte. Daraus ergibt sich, daß es lediglich auf den 1970 gegebenen Bedarf (soweit dieser aufrecht geblieben ist) an Einstellplätzen - der sich seinerzeit aus der Größe jenes Schuppens ergab - sowie darauf anzukommen hatte, ob Einstellplätze im selben Lagerbereich vorhanden sind, die noch nicht "mit betonierten Abstellplatten" versehen wurden, aber mit solchen (technisch und rechtlich) ausgestattet werden können. Insofern werden noch Ermittlungen der Vollstreckungsbehörde erforderlich sein, für welche die Beschwerdeführerin eine verstärkte Mitwirkungspflicht trifft, und wobei auch auf baurechtliche Vorschriften Bedacht zu nehmen sein wird. Solche Ermittlungen sind im Beschwerdefall in Hinsicht auf die besagte Auflage 14.) unterblieben, weil die belangte Behörde verfrüht von der Annahme eines wesentlich geänderten Sachverhaltes ausgegangen ist. Es handelt sich daher ebensowenig um eine "Errichtung oder wesentliche Änderung" der diesbezüglichen Anlage der Beschwerdeführerin, welche somit von der Änderung der Rechtslage durch die im folgenden erwähnte Schongebietsverordnung - anders als die belangte Behörde meint - nicht betroffen wurde. Auch in bezug auf das allfällige Erfordernis einer wasserrechtlichen Bewilligung allein schon auf Grund des Wasserrechtsgesetzes ist im Beschwerdefall keine Änderung der Rechtslage eingetreten.

Ähnlich liegen die Verhältnisse, soweit das Vollstreckungsverfahren die Auflage 15.) im Bescheid vom 10. Juli 1970 betraf. Die belangte Behörde ist insofern auf Grund ihrer Ermittlungen zu dem Ergebnis gelangt, daß eine Lagerung der dort genannten Materialien infolge geänderter Betriebsführung bereits seit Jahren nicht mehr stattfindet. In der Beschwerde ist die Aufgabe des betreffenden, solche Lagerungen umfassenden Betriebsbereiches ausdrücklich bestätigt, freilich zugleich auch (in Übereinstimmung mit dem Vorbringen auf Verwaltungsebene) behauptet worden, daß die Auflassung infolge wasserrechtsbehördlicher Beanstandungen, also gezwungenermaßen erfolgt sei. Die Beschwerdeführerin zielt dabei darauf ab, durch Herstellung eines der Auflage 15.) entsprechenden Zustandes im Vollstreckungsweg die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Handels mit den betreffenden Waren zu schaffen (vgl. ihre Äußerung bei der Verhandlung vor der belangten Behörde am 26. Februar 1986). Die Frage einer notgedrungenen Aufgabe der in Rede stehenden Lagerungen ist nun im angefochtenen Bescheid zu Unrecht mit dem Bemerken unerörtert geblieben, die Vollstreckungsbehörde habe die Ursache für die eingetretene Änderung nicht zu beurteilen - obwohl dem noch hinzugefügt wurde, es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Änderung aufgrund "rechtswirksamer Verfügungen der Wasserrechtsbehörde" durchgeführt worden sei. Es trifft zwar zu, daß durch die Verordnung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 13. Oktober 1971, LGBl. Nr. 139, gemäß § 34 Abs. 2 WRG 1959 ein Grundwasserschongebiet zum Schutze des Grundwasserwerkes Graz-Andritz bestimmt wurde und in diesem unter anderem gemäß § 5 Z. 4 dieser Verordnung im engeren Schongebiet (zu dem das Betriebsgelände der Beschwerdeführerin gehört) die Ablagerung von sonstigen - das heißt nicht bereits vorher aufgezählten - Stoffen, die für das Grundwasser nachteilig sind, "vor ihrer Durchführung" (vgl. § 34 Abs. 2 WRG 1959) einer wasserrechtlichen Bewilligung bedarf. Der Neubeginn einer Lagerung mit Öl behafteter Stoffe im angegebenen Bereich wäre daher rechtens von einer wasserrechtlichen Bewilligung im Grunde der bezeichneten Schongebietsverordnung abhängig. Eine derartige Lagerung wurde indes im Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung bereits durchgeführt. Daß ein von dieser erfaßter Vorgang stetig sein müßte und jede Unterbrechung seiner "Durchführung" zu bedeuten hätte, daß die Fortsetzung der betreffenden Maßnahme nach der Verordnung bewilligungspflichtig wäre, sieht die Verordnung (oder das Wasserrechtsgesetz, auf dem sie beruht) nicht vor. Eine diese Bewilligungspflicht für den Fall der neuerlichen Setzung von Maßnahmen auslösende Unterbrechung wird jedenfalls - wie behauptetermaßen im Beschwerdefall - dann nicht vorliegen, wenn die betroffene Partei zum Abbruch der Tätigkeit infolge behördlicher Beanstandungen veranlaßt wurde; dabei mußten nicht erst, wie im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebracht, "rechtswirksame Verfügungen" der Behörde abgewartet werden, weil die Beschwerdeführerin schon wegen der Nichterfüllung der im Schutzgebietsbescheid vorgeschriebenen Auflage von der Berechtigung wasserrechtsbehördlicher Beanstandungen ausgehen und die entsprechenden Konsequenzen ziehen durfte, die bei der gegebenen Rechts- und Sachlage zumutbarerweise nur in der Unterlassung der Lagerung, nicht in der Erfüllung der Vorschreibung des Schutzgebietsbescheides bestehen konnten: denn zu dieser war bekanntlich die mitbeteiligte Partei verpflichtet.

Die Möglichkeit zur Fortsetzung der unterbrochenen Tätigkeit (in diesem Fall: der Lagerung bestimmter, für das Grundwasser nachteiliger Stoffe) darf allerdings gegenüber dem Stand der tatsächlichen Gegebenheiten zur Zeit der Erlassung des die Auflagen enthaltenden Schutzgebietsbescheides (in der Fassung des Rechtsmittelbescheides) nicht aus anderen Gründen (als wegen Beanstandungen durch die Wasserrechtsbehörde) weggefallen sein: es darf sich also auch der Sachverhalt nicht in wesentlicher Hinsicht geändert haben. Die dahin gehende Frage hat die belangte Behörde bereits aus den seither erfolgten baulichen Veränderungen auf dem Betriebsgelände bejaht. Dazu ist allerdings zu bemerken, daß sich das Ausmaß der Herstellungen nach Auflage 15.) in erster Linie aus dem Umfang des betreffenden Betriebsbereiches zur Zeit der Auflagenerteilung einerseits und den nunmehrigen Gegebenheiten auf dem Lagerplatz unter dem Gesichtspunkt der (tatsächlichen und rechtlichen) Eignung andererseits ergeben muß (wobei in Auflage 15. keine bestimmte Stelle örtlich festgelegt worden war und sich auch dem im Bescheid aus 1970 angeführten Befund nähere Angaben - außer dem vagen Hinweis auf die damalige Lage im "östlichen Teil" des Geländes - nicht entnehmen lassen). Die Erfüllung der Auflage ist jedenfalls nicht schon dann sinnlos geworden - wie dies im angefochtenen Bescheid unter Bezugnahme auf eine Kostenschätzung des Magistrates Graz angenommen wurde -, wenn eine genaue örtliche Entsprechung nicht mehr zu finden ist. Es fehlen daher auch insoweit erforderliche Feststellungen.

Zusammenfassend ergibt sich, daß bei dem gegebenen Stand der Ermittlungen die Einstellung des Vollsteckungsverfahrens nicht gerechtfertigt war, wodurch die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt wurde. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2,

Wien, am 5. Dezember 1989

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