VwGH 86/01/0186

VwGH86/01/018610.12.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Beran, über die Beschwerde des RM in S, vertreten durch Dr. Karl Puchmayr, Rechtsanwalt in Linz, Mozartstraße 3, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 24. Juli 1986, Zl. 12/01-6572/1- 1986, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §61 Abs2;
AVG §61 Abs3;
AVG §61 Abs4;
AVG §62 Abs3;
AVG §63 Abs5;
VStG §51 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am 5. Juni 1986 mündlich verkündeten Straferkenntnis erklärte die Bundespolizeidirektion Salzburg gemäß den §§ 20 lit. c und 26 Abs. 1 und 3 des Salzburger Veranstaltungsgesetzes drei im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Geldspielapparate für verfallen. Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 51 Abs. 3 VStG 1950 als verspätet eingebracht zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe weder im Anschluß an die Verkündung des Straferkenntnisses noch innerhalb der dafür bestimmten dreitägigen Frist eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides verlangt. Erst mit Eingabe vom 27. Juni 1986 habe der Beschwerdeführer Berufung gegen das Straferkenntnis erhoben. Diese sei, obwohl der Beschwerdeführer anwaltlich vertreten gewesen sei, vom Beschwerdeführer selbst verfaßt und unterschrieben worden. Da die ab der mündlichen Verkündung des Straferkenntnisses laufende zweiwöchige Berufungsfrist am 19. Juni 1986 abgelaufen sei, erweise sich die erst am 28. Juni 1986 zur Post gegebene Berufung als verspätet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die "wegen Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften" erhobene Beschwerde. In deren Ausführung macht der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, er sei bei der der mündlichen Verkündung des Straferkenntnisses vorausgegangenen mündlichen Verhandlung nicht anwaltlich vertreten gewesen und habe auf Grund der gegebenen Rechtsmittelbelehrung, nach Zustellung des Bescheides könne innerhalb von zwei Wochen schriftlich Berufung eingebracht werden, auf die Zustellung des Straferkenntnisses "gewartet". Eine Belehrung im Sinne des § 62 Abs. 3 AVG 1950 sei ihm nicht erteilt worden. Aus der Rechtsmittelbelehrung ergebe sich der Anspruch des Beschwerdeführers auf Zustellung eines schriftlichen Bescheides, weil eine unrichtige oder unvollständige Rechtsmittelbelehrung ihm nicht zum Nachteil ausgelegt werden könne. Er habe nie auf ein Rechtsmittel verzichtet, sodaß seine vorsorglich erhobene Berufung nicht verspätet sein könne. Abgesehen von der unvollständigen Rechtsmittelbelehrung mangle es dem mündlichen Straferkenntnis "mangels hinreichender Spezifikation" an vorgeschriebenen Formerfordernissen und sei dieser Bescheid auch deshalb rechtswidrig, weil mit ihm nicht alle Anträge des Beschwerdeführers erledigt worden seien.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß dem auf Grund des § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 62 Abs. 1 AVG 1950 können Bescheide, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, sowohl schriftlich als auch mündlich erlassen werden. Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist, wenn die Verkündung bei einer mündlichen Verhandlung erfolgt, der Inhalt und die Verkündung eines mündlichen Bescheides am Schlusse der Verhandlungsschrift, in anderen Fällen in einer besonderen Niederschrift zu beurkunden. Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides den bei der Verkündung nicht anwesenden und jenen Parteien zuzustellen, die spätestens drei Tage nach der Verkündung eine Ausfertigung verlangen; über dieses Recht ist die Partei bei Verkündung des mündlichen Bescheides zu belehren.

Gemäß dem ebenfalls im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 63 Abs. 5 AVG 1950 ist die Berufung von der Partei schriftlich oder telegrafisch binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Falle bloß mündlicher Verkündung mit dieser.

Im Beschwerdefall ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers, daß das in erster Instanz verkündete Straferkenntnis nur mündlich erlassen wurde. Der Beschwerdeführer macht auch nicht geltend, er hätte im Anschluß an die Verkündung des Erkenntnisses bzw. innerhalb der gesetzlichen Dreitagesfrist eine schriftliche Ausfertigung des Straferkenntnisses verlangt. Die somit bloß mündlich erfolgte Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses hatte zur Folge, daß die zweiwöchige Berufungsfrist bereits mit dem Tag der Verkündung des Straferkenntnisses zu laufen begann. Dies unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer nach Ablauf der Dreitagesfrist des § 62 Abs. 3 AVG 1950 einen Antrag auf Zustellung einer schriftlichen Bescheidausfertigung gestellt hatte bzw. ihm auf Grund dieses Verlangens eine Bescheidausfertigung zugestellt wurde (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 22. Dezember 1975, Slg. N. F. Nr. 8953/A).

Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, er habe auf Grund der im Formular über die Verkündung des Straferkenntnisses enthaltenen Rechtsmittelbelehrung, die auf die Zustellung des Straferkenntnisses abgestellt sei, auf eben diese Zustellung "gewartet", wobei ihm ein Anspruch auf Zustellung erwachsen sei, ist festzuhalten, daß ein Anspruch auf Zustellung eines mündlich verkündeten Bescheides nur im Fall eines rechtzeitig, d. h. innerhalb der dreitägigen Frist des § 62 Abs. 3 AVG 1950 gestellten Verlangens der Partei besteht. Selbst im Fall des Zutreffens der Behauptung, der Beschwerdeführer sei entgegen der ausdrücklichen Anordnung des § 62 Abs. 3 AVG 1950 nicht über sein Recht, eine schriftliche Bescheidausfertigung verlangen zu können, belehrt worden - dem widerspricht ein die Belehrung in dieser Hinsicht bescheinigender Aktenvermerk der Behörde erster Instanz - , könnte daraus mangels einer bezüglichen gesetzlichen Anordnung kein Anspruch des Beschwerdeführers abgeleitet werden, demzufolge einem verspätet gestellten Verlangen auf Bescheidzustellung entsprochen werden müßte (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 18. Februar 1957, Slg. N. F. Nr. 4278/A). Sohin kann aber auch aus der auf die Zustellung des Straferkenntnisses abgestellten Rechtsmittelbelehrung für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewonnen werden, weil einerseits eine derartige Zustellung nicht erfolgt ist und andererseits die kraft gesetzlicher Anordnung mit Verkündung des Straferkenntnisses in Lauf gesetzte Frist für die Einbringung eines Rechtsmittels im Zeitpunkt der Berufungserhebung bereits abgelaufen war.

Da die belangte Behörde zu Recht von der Verspätung der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung ausgegangen ist, erübrigte sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Wien, am 10. Dezember 1986

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