VwGH 86/01/0077

VwGH86/01/007716.12.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des LT in W, vertreten durch Dr. Lukas Kozak, Rechtsanwalt in Wien III, Landstraßer Hauptstraße 47-49, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 24. Februar 1986, Zl. SD 97/86, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs1
AVG §61
AVG §63 Abs1
AVG §71 Abs1 litb
AVG §71 Abs1 Z2
PaßG 1969 §25 Abs3
PaßG 1969 §28
ZustG §25 Abs1
ZustG §8 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1986010077.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 20. Dezember 1984 wies die Bundespolizeidirektion Wien den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines unbefristeten Sichtvermerkes ab. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 ZustellG durch öffentliche Bekanntmachung zugestellt. Am 23. Oktober 1985 beantragte der Beschwerdeführer mit der Begründung, die Zustellung sei mangelhaft und daher nicht gültig gewesen, bei der Erstbehörde die neuerliche Zustellung des Bescheides. Diesem Antrag gab die Bundespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom 22. November 1985 mit der Begründung keine Folge, daß ihr entgegen den Angaben des Beschwerdeführers vor Erlassung des Bescheides lediglich eine Anschrift bekannt gewesen sei und der Beschwerdeführer sich von dieser laut Auskunft des Zentralmeldeamtes der Bundespolizeidirektion Wien am 15. Oktober 1984 als obdachlos abgemeldet habe. Die Voraussetzungen für eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung seien daher gegeben gewesen. Gegen diesen Bescheid berief der Beschwerdeführer.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 63 Abs. 1 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Entscheidung über den Antrag auf Zustellung eines abweisenden Bescheides sei ein verfahrensrechtlicher Bescheid, der grundsätzlich denselben Vorschriften unterliege, die für den Instanzenzug in der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Angelegenheit maßgebend seien. Es handle sich bei der gegenständlichen Angelegenheit um die Entscheidung über die Erteilung bzw. Versagung eines Sichtvermerkes, weshalb der § 28 des Paßgesetzes anzuwenden sei; dieser sehe eine Berufung gegen die Versagung eines Sichtvermerkes aber nicht vor. Damit ergebe sich, daß auch gegen den in der Sache ergangenen verfahrensrechtlichen Bescheid eine Berufung nicht zulässig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten auf Neuzustellung des erstinstanzlichen Bescheides, auf Behandlung seines Zustellantrages als Wiedereinsetzungsantrag und auf Erhebung eines Rechtsmittels verletzt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 28 Paßgesetz bestimmt, daß gegen die Versagung oder Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes eine Berufung nicht zulässig ist.

Soweit sich die Beschwerde bemüht, eine Versäumung der Frist zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid darzutun bzw. der unteren Verwaltungsbehörde vorwerfen, den Antrag vom 23. Oktober 1985 nicht als Wiedereinsetzungantrag behandelt zu haben, muß ihr entgegnet werden, daß Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens lediglich die Prüfung der Frage bildet, ob der angefochtene Bescheid der belangten Behörde rechtmäßig ist oder nicht. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, ist der erstinstanzliche Bescheid über die Abweisung des Antrages auf Neuzustellung des Bescheides vom 20. Dezember 1984 ein verfahrensrechtlicher Bescheid gewesen. Dieser unterliegt nach der bereits von der belangten Behörde zutreffend zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshof (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1965, Slg. N.F. Nr. 6747/A mwN, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird; vgl. auch Walter-Mayer, Grundriß des Österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts4, Rz 513 mit weiteren Belegstellen) jenem Instanzenzug, der für die Hauptsache (das ist im vorliegenden Fall die Versagung eine Sichtvermerkes nach § 25 Abs. 3 Paßgesetz) maßgebend ist. Gemäß § 28 Paßgesetz ist aber eine Berufung nicht zulässig. Bei dieser Rechtslage ergibt sich, daß auch gegen die Abweisung der beantragten Neuzustellung des Bescheides über die Abweisung des Antrages auf Erteilung eines unbefristeten Sichtvermerkes eine Berufung nicht zulässig gewesen ist. Der angefochtene Bescheid, mit dem die Berufung des Beschwerdeführers zurückgewiesen wurde, kann somit nicht als rechtswidrig erkannt werden. Daran vermag auch nichts zu ändern, daß der Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 22. November 1985 eine falsche positive Rechtsmittelbelehrung enthalten hat. Eine solche kann bestenfalls dort, wo an sich ein Rechtsmittel zulässig ist, aber zufolge der falschen Belehrung einen Frist versäumt wird, einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen (vgl. Walter-Mayer, aaO Rz 423), keinesfalls aber dort, wo gesetzlich ein Rechtsmittel gar nicht zulässig ist, einen Instanzenzug eröffnen. Ob ein weiterer Rechtszug zulässig ist, bestimmen allein die Verwaltungsvorschriften (§ 63 Abs. 1 AVG; Walter-Mayer, aaO Rz 422).

Auf die Ausführungen zur persönlichen Situation des Beschwerdeführers brauchte im Hinblick auf den zu beurteilenden Inhalt des angefochtenen Bescheides nicht eingegangen zu werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 16. Dezember 1987

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