VwGH 85/16/0057

VwGH85/16/005717.10.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kowalski, über die Beschwerde des Dr. ES in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Waldeck, Rechtsanwalt in Wien I, Doblhoffgasse 7/12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 12. April 1985, Zl. GA 11-1074/3/84, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

GrEStG 1955 §10 Abs1;
GrEStG 1955 §11 Abs1;
GrEStG 1955 §11 Abs2 Z1;
GrEStG 1955 §10 Abs1;
GrEStG 1955 §11 Abs1;
GrEStG 1955 §11 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 2. bzw. 14. Juni 1982 erwarb der Beschwerdeführer von AM, geboren am 24. August JJJJ, und BM, geboren am 27. Jänner JJJJ, die Liegenschaft EZ. 1549, KG. X samt dem darauf befindlichen Haus und dem dazugehörigen Inventar. Ferner verzichteten die Verkäufer auf ihre Bestandrechte aus dem "Bestandvertrag mit dem Bundesstrombauamt namens der Donauhochwasserschutz-Konkurrenz" vom 28. Juli 1981 hinsichtlich der in Bestand gegebenen Teilflächen des Grundstückes 1298/1, KG. X, unter der Bedingung, daß diese Bestandrechte laut Vertrag vom 28. Juli 1981 an den Beschwerdeführer übertragen würden. Als "Entgelt für diesen Vertrag" wurde ein Betrag von S 800.000,-- vereinbart. Hievon sollte auf Grund und Boden ein Teilbetrag von S 550.000,--, auf das verkaufte Inventar ein Teilbetrag von S 50.000,--, und für den Verzicht auf die vorangeführten Bestandrechte, für den am Bestandgrundstück befindlichen Steg und für das Floß ein Betrag von S 200.000,-- entfallen. Dieser Vertrag war durch die Übertragung der Bestandrechte an den Käufer aufschiebend bedingt.

Mit Bescheid vom 21. Juni 1982 setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien für den oben angeführten Erwerbsvorgang gegenüber dem Beschwerdeführer, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von S 750.000,--, 8 % Grunderwerbsteuer im Betrag von S 60.000,-- fest.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin machte er geltend, der Grunderwerbsteuer hätte nur ein Betrag von S 550.000,-

-, nicht jedoch auch der Teilkaufpreis von S 200.000,-- unterzogen werden dürfen, da ein Floß und ein Steg eine bewegliche Sache seien und Rechte ebenfalls als bewegliche Sachen gälten. Im Zuge des Berufungsverfahrens brachte der Beschwerdeführer weiters vor, die in Bestand gegebene Uferparzelle mit Floß und Steg sei von der verkauften Liegenschaft durch einen öffentlichen Weg getrennt. Floß und Steg befänden sich vor der in Bestand genommenen Uferparzelle auf dem Wasser; sie stellten kein Zubehör zur verkauften Liegenschaft dar. Ihr Wert könne mit rund S 30.000,-- angenommen werden. Von der gekauften Liegenschaft, die durch einen öffentlichen Weg von der gepachteten Uferparzelle getrennt sei, sei ein direkter Zugang zur Alten Donau nur über diese Parzelle möglich. Der Beschwerdeführer hätte die Liegenschaft nicht gekauft, wenn nicht auch die Bestandrechte an dieser Uferparzelle übertragen worden wären.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. April 1985 gab die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland der Berufung teilweise Folge und änderte den Bescheid dahin ab, daß die Grunderwerbsteuer, ausgehend von einer Gegenleistung in Höhe von S 720.000,--, mit S 57.600,-- festgesetzt wurde. Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 Z. 1 GrEStG aus, als sonstige Leistung im Sinne der zuletzt genannten Bestimmung sei jede Leistung anzusehen, deren Erbringung in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes stehe. Dieser wirtschaftliche Zusammenhang sei hier aber gegeben. Denn, wie im Kaufvertrag ausgeführt, habe der Beschwerdeführer den Erwerb des Grundstückes vom Abschluß eines Bestandvertrages mit dem Bundesstromamt abhängig gemacht und für den Verzicht der Verkäufer auf dieses Bestandrecht ein Entgelt geleistet. Dieses Entgelt stelle daher einen Teil der grunderwerbsteuerpflichtigen Gegenleistung dar. Hingegen sei das für das Floß und den Steg geleistete Entgelt im Betrag von S 30.000,-- aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem Inhalt seines gesamten Vorbringens erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, daß ein Teilbetrag von S 170.000,-- in die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer nicht einbezogen werde. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 GrEStG - die Fälle der Absätze 2 und 3 dieser Gesetzesstelle liegen nicht vor - ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Nach der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Nach Absatz 2 Z. 1 dieser Gesetzesstelle gehören zur Gegenleistung Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes dem Verkäufer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt.

Gegenleistung im Sinne dieser Bestimmung ist die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, daß er das Grundstück erhält. Leistungen, die der Erwerber nicht für den Erwerb des Grundstückes, sondern für andere Leistungen des Veräußerers erbringt, gehören nicht zur Bemessungsgrundlage, dies allerdings nur dann, wenn solche Gegenleistungen mit dem Grundstück in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Steht hingegen die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder, wie auch gesagt wurde, "inneren" Zusammenhang mit der Erwerbung des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des Gesetzes anzusehen. Bei der Beurteilung dieses Zusammenhanges ist vom wahren wirtschaftlichen Gehalt des Erwerbsvorganges auszugehen. Leistungen, die der Erwerber dem Veräußerer erbringt, um aus der zu erwerbenden Sache eine für ihn möglichst vorteilhafte Nutzung zu erzielen, gehören demnach zur Gegenleistung (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 10. Mai 1984, Zlen. 82/16/0121; 0122, und vom 27. Juni 1984, Zl. 84/16/0077, sowie die dort ausführlich wiedergegebene weitere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Die Rechtsansicht der belangten Behörde, im Beschwerdefall liege ein solch unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Erwerb des Grundstückes und dem für den Verzicht auf die Bestandrechte an Teilflächen des Grundstückes 1298/1 zugunsten des Beschwerdeführers zugesagten Teilbetrag vor, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden. Daß der Beschwerdeführer diese Teilleistung an die Veräußerer erbrachte, um aus der zu erwerbenden Sache eine für ihn möglichst vorteilhafte Nutzung zu erzielen, liegt auf der Hand. Der Beschwerdeführer hat selbst vorgebracht, daß von der gekauften Liegenschaft ein direkter Zugang zur Alten Donau nur über die gepachtete Uferparzelle möglich ist und daß er die Liegenschaft nicht gekauft hätte, wenn nicht auch die Bestandrechte an dieser Uferparzelle übertragen worden wären. Angesichts dieses vom Beschwerdeführer selbst zugestandenen unmittelbaren Zusammenhanges zwischen dem Erwerb des Grundstückes und der Bestandrechte ist es ohne Bedeutung, ob, wie der Beschwerdeführer meint, die Bestandrechte an der Uferparzelle einerseits und das Eigentum an dem verkauften Grundstück andererseits auch unabhängig voneinander bestehen könnten und einen jeweils eigenständigen Wert repräsentieren. Es stellt daher entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht keinen Verfahrensmangel dar, wenn die belangte Behörde über diese Frage keine Feststellungen traf.

An der zutreffenden rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes durch die belangte Behörde ändern auch die in der Beschwerde ausführlich dargestellten Beispiele nichts, in denen der Beschwerdeführer jeweils von anders gelagerten Fällen ausgeht. Ebensowenig zielführend ist der Hinweis des Beschwerdeführers auf die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1982, Zl. 82/16/0170 (Slg. Nr. 5793/F), und vom 20. Jänner 1983, Zl. 82/16/0139. Damals hat der Verwaltungsgerichtshof nämlich nur dargetan, daß Leistungen des Erwerbers eines Grundstückes für die Einräumung von Wegerechten an anderen Grundflächen nicht zur Gegenleistung beim Kauf gehören (vgl. auch das Erkenntnis vom 31. Jänner 1985, Zlen. 82/16/0156, 0157). Jene Fälle sind mit dem vorliegenden Beschwerdefall nicht zu vergleichen, weil es sich hier nicht um die Einräumung von Rechten an einem Veräußerer gehörigen anderen Grundstück, sondern um die faktische Übertragung bereits existenter Bestandrechte durch bedingten Verzicht zugunsten des Erwerbers handelt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Hinsichtlich der oben erwähnten, nicht in der Amtlichen Sammlung seiner Erkenntnisse und Beschlüsse veröffentlichten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes wird an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.

Wien, am 17. Oktober 1985

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