VwGH 85/14/0090

VwGH85/14/009026.9.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Tobola, über die Beschwerde des RF in L, vertreten durch DDr. Günter Peyrl, Rechtsanwalt in Freistadt, Salzgasse 2, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat) vom 17. April 1985, Zl. 2/1/3‑Bk/Z‑1985, betreffend Einkommensteuer 1978, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §24 Abs4
EStG 1972 §37 Abs1
StruktVG 1969 §8 Abs3 Satz2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1985140090.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat mit 1. November 1978 sein als Einzelunternehmen geführtes Transportunternehmen gemäß Art. III StruktVG in eine GmbH eingebracht, sich jedoch das ursprünglich dem Transportunternehmen dienende Liegenschaftsvermögen zurückbehalten und der GmbH im Wege eines Bestandsvertrages zur Verfügung gestellt. Unbestrittenermaßen entstanden dem Beschwerdeführer durch diese Vorgänge ein Veräußerungsgewinn, und zwar hinsichtlich des Liegenschaftsvermögens ein Entnahmegewinn, hinsichtlich der Einbringung des Unternehmens in die GmbH jedoch ein Einbringungsgewinn, deren im Zuge einer Betriebsprüfung festgestellte Höhe unbekämpft blieb. In dem aufgrund der Ergebnisse der Betriebsprüfung erlassenen und im Instanzenzug durch den nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid bestätigten neuen Einkommensteuerbescheid für 1978 wurde entgegen dem Begehren des Beschwerdeführers der Freibetrag gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1972 von S 100.000,-- nicht zur Gänze und allein von Entnahmegewinn - der zum Hälftesteuersatz gemäß § 37 Abs. 1 leg. cit. versteuert wurde - in Abzug gebracht, sondern im Verhältnis der erwähnten Veräußerungsgewinnanteile jeweils von diesen, also zum Teil auch von dem zum Viertelsteuersatz nach § 8 Abs. 3 zweiter Satz StruktVG in der für das Streitjahr geltenden Fassung versteuerten Einbringungsgewinn.

Der Beschwerdeführer erachtet sich, wie den Beschwerdeausführungen in ihrer Gesamtheit zu entnehmen ist, durch diesen Bescheid der belangten Behörde in seinem Recht darauf verletzt, daß der erwähnte Freibetrag zur Gänze nur vom Entnahmegewinn in Abzug gebracht wird. Er behauptet inhaltliche Rechtwidrigkeit und beantragt deshalb, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Begründung der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, der Gesetzgeber habe durch die die Begünstigung des Veräußerungsgewinnes laut dem Einkommensteuergesetz 1972 übersteigende Begünstigung durch das Strukturverbesserungsgesetz eine zusätzliche Begünstigung ohne jedwede Einschränkungen schaffen wollen. Diese sei daher zu gewähren und deshalb der Freibetrag nach der „expliciten Absicht des Gesetzgebers“ in voller Höhe von dem dem Hälftesteuersatz unterliegenden Veräußerungsgewinn (Entnahmegewinn) in Abzug zu bringen.

Dieser Rechtsansicht des Beschwerdeführers vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen.

Wie der Beschwerdeführer richtig erkennt, handelt es sich auch bei dem sogenannten Einbringungsgewinn um einen Veräußerungsgewinn, für den allerdings aufgrund der für das Streitjahr geltenden Fassung des Strukturverbesserungsgesetzes ein über das Maß des § 37 Abs. 1 EStG 1972 hinausgehend begünstigter Steuersatz gilt. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, daß für diese Art des Veräußerungsgewinnes (Einbringungsgewinn) die in § 24 EStG 1972 vorgesehenen Regeln nicht zur Anwendung zu kommen hätten. Es gilt daher § 24 Abs. 4 EStG 1972, wonach der Veräußerungsgewinn nur insoweit steuerpflichtig ist, als er bei der Veräußerung des ganzen Betriebes (Abs. 1 Z. 1) den Betrag von S 100.000,-- und bei Veräußerungen eines Teilbetriebes oder eines Anteiles am Betreibsvermögen (Abs. 1 Z. 1 und 2) den entsprechenden Teil von S 100.000,-- übersteigt. Als Veräußerung gilt gemäß § 24 Abs. 3 leg. cit. auch die Aufgabe des Betriebes. Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebes veräußert, so sind die Veräußerungserlöse anzusetzen. Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.

Bei § 24 Abs. 4 EStG 1972 handelt es sich nun nicht um eine Tarifbestimmung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Juni 1983, Zl. 83/13/0024), sondern um eine Steuerbefreiung. Die unterschiedlichen Tarifsätze des § 37 Abs. 1 EStG 1972 einerseits und des § 8 Abs. 3 zweiter Satz StruktVG in der für das Streitjahr geltenden Fassung andererseits haben daher überhaupt erst auf den den Freibetrag übersteigenden Veräußerungsgewinn Anwendung zu finden. Daraus folgt, daß auch der sogenannte Einbringungsgewinn dem begünstigten (Viertel-)Steuersatz nur insoweit unterliegt, als dieser den Freibetrag übersteigt. Einbringungs- und Entnahmegewinn stellen zusammen den Veräußerungsgewinn dar, von dem der Freibetrag in Abzug zu bringen ist. Erst auf die nach diesem Abzug verbliebenen Anteile sind die unterschiedlichen Steuersätze anzuwenden. Eine gegenteilige „explicite Absicht des Gesetzgebers“ ist nicht feststellbar.

Verbleibt nach Berücksichtigung des Freibetrages noch ein zu versteuernder Veräußerungsgewinn, so unterliegt der auf den Einbringungsgewinn entfallende Teil dem Viertelsteuersatz. Die besondere Begünstigung hinsichtlich des Steuersatzes durch das Strukturverbesserungsgesetz geht daher entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht verloren.

Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den Freibetrag von S 100.000,-- nicht nur (zur Gänze) vom Entnahmegewinn in Abzug brachte.

Im Hinblick auf den Beschwerdepunkt war vom Verwaltungsgerichtshof nicht weiter zu prüfen, ob der von der belangten Behörde gewählte Aufteilungsschlüssel dem Gesetz entspricht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 26. September 1985

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