VwGH 85/14/0030

VwGH85/14/003026.9.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Tobola, über die Beschwerde des SS in K, vertreten durch Dr. Anton Waltl, Rechtsanwalt in Zell am See, Dr. Franz Rehrl-Straße 1, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 28. Dezember 1984, Zl. 42-GA 3-H/1984, betreffend Lohnsteuer 1982, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §34

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1985140030.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen."

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer begehrte für das Jahr 1982 die Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen für sechs Kinder (uneheliche Kinder und Kinder aus einer geschiedenen Ehe) in Höhe von S 75.100,-- als außergewöhnliche Belastung. In diesem Betrag war auch ein Rückstand aus vorangegangenen Jahren in Höhe von S 28.700,-- enthalten, den das Finanzamt mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannte.

Gegen den entsprechenden Bescheid wandte der Beschwerdeführer mit Berufung ein, die Rückstände seien nicht auf freiwilliges oder vorsätzliches Verhalten, sondern auf seine mangelnde Leistungsfähigkeit in bezug auf die vorgeschriebenen Alimente zurückzuführen, wobei er sich auch auf die Zeit vor der Eheschließung mit seiner jetzigen Ehefrau IS bezog. Weiters hätten öfterer Stellenwechsel, Krankheit und Arbeitslosigkeit - z.B. im Jahre 1980 - das Einkommen des Beschwerdeführers beeinträchtigt. Da er als Fernfahrer stets unterwegs sei, habe er über Lohnpfändungen alles ihm Zumutbare bezahlt. Er habe daher auf die Entstehung der Rückstände bei den einzelnen Kindern keinen Einfluß gehabt.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung zeigte das Finanzamt auf, daß nach seinen Erhebungen der Kindesvater im Falle der Verringerung seines Einkommens eine entsprechende Anpassung der Unterhaltsbeiträge begehren könne. Der Beschwerdeführer habe aber weder eine solche Anpassung begehrt noch die festgesetzten Unterhaltsleistungen erbracht. Er habe daher mit der nicht zwangsläufigen Folge rechnen müssen, die aufgelaufenen Rückstände eines Tages nachzuzahlen. Die willkürliche zeitliche Verschiebung von Unterhaltsleistungen bedeute übrigens einen Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts.

Dem hielt der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz entgegen, daß eine Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge keinesfalls den Normalfall bilde, sondern nach seinen Erfahrungen nur in Extremfällen geschehe. Außerdem sei der Beschwerdeführer zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen in der festgesetzten Höhe aus sittlichen Gründen verpflichtet. Wenn ein Steuerpflichtiger bei der Unterhaltszahlung aus triftigen Gründen, wie sie der Beschwerdeführer in der Berufung angeführt habe, säumig geblieben sei, bewirke die Unterhaltsnachzahlung im Jahre der Zahlung eine außergewöhnliche Belastung.

Auch die belangte Behörde gab der Berufung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. In der Bescheidbegründung verwies sie auf die seit dem Bundesgesetz über die Neuordnung des Kindschaftsrechts, BGBl. Nr. 403/77, bestehende zivilrechtliche Regelung der Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber Kindern und legte weiters dar, daß die fraglichen Unterhaltsnachzahlungen nicht zwangsläufig im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1972 angefallen wären. Tatsächliche Gründe seien solche, die in der Person des Steuerpflichtigen ihre Ursache hätten und lägen im Beschwerdefall nicht vor. Sittliche Gründe würden vor allem zwischen Familienmitgliedern eine Rolle spielen, die gegenseitig nicht unterhaltspflichtig seien, nicht aber hinsichtlich eines Personenkreises, innerhalb dessen ohnehin eine rechtliche Verpflichtung bestehe. Rechtliche Gründe seien nur solche, die sich als rechtlich erzwingbar erwiesen, d. h., die Unterhaltsleistung wäre im Beschwerdefall nur den "angemessenen Lebensverhältnissen" entsprechend durchsetzbar gewesen. Die Rechtsverbindlichkeit eines Aufwandes dürfe aber nicht freiwillig herbeigeführt werden, also nicht durch das Verhalten des Steuerpflichtigen ausgelöst werden, weil sonst das Merkmal der Zwangsläufigkeit jederzeit geschaffen werden könnte und damit zu einem nicht gerechtfertigten steuerlichen Ergebnis führen würde. Nachdem der Beschwerdeführer nichts unternommen habe, um die Unterhaltsleistungen herabsetzen zu lassen, die seiner Meinung nach in bezug auf seine seinerzeitigen Einkünfte seine Leistungsfähigkeit bei weitem überschritten hätten, habe er ein Verhalten an den Tag gelegt, das völlig freiwillig einen Zustand (Zahlungsverpflichtungen) verursacht habe, mit dessen Folgen (Rückstände) der Beschwerdeführer habe rechnen müssen und denen daher das Merkmal der Zwangsläufigkeit mangle.

Die belangte Behörde hielt im angefochtenen Bescheid weiters fest, daß ein so häufiger Stellenwechsel, wie ihn der Beschwerdeführer vorgenommen habe, selbst im Transportgewerbe unüblich sei, und daß es der Beschwerdeführer zu vertreten habe, wenn er im Falle der Krankheit oder Arbeitslosigkeit kein Krankengeld bzw. keine Arbeitslosenunterstützung erhalten habe.

Die Willkür in der Höhe der Zahlungen sei, wie der angefochtene Bescheid fortfährt, gerade im Jahre 1980 besonders deutlich zu sehen - dieses Jahr führe der Beschwerdeführer selbst als Beispiel an -, weil in diesem Jahr die Zahlungen in keinem entsprechenden Verhältnis zum Einkommen stünden.

Wären doch in diesem Jahr bei einem Netto-Jahreseinkommen von S 123.869,-- nur S 23.100,-- zurückgezahlt worden, was allein in diesem Jahr zu einem Rückstand von S 33.300,-- geführt habe. Hingegen habe der Beschwerdeführer im Jahre 1981 bei einem Netto-Jahreseinkommen von S 98.562,-- einen Betrag von S 75.600,-- zurückgezahlt. Ähnlich verhalte es sich, wenn man die Jahre 1978 und 1979 vergleiche, wo bei annährend gleichem Jahreseinkommen die Rückzahlungsbeträge gleich um S 37.000,-- verschieden seien.

Die Unterhaltsleistungen im Wege von Lohnpfändungen bezeichnete die belangte Behörde als ungeeignet, der Unterhaltsverpflichtung nachzukommen. Es entstünden nicht nur unnötige Kosten, sondern auch vermeidbare Rückstände, insbesondere, wenn der Zahlungsverpflichtete häufig den Arbeitsplatz wechsle, und zwar jeweils kurz nach Einlangen des Exekutionsbeschlusses beim Arbeitgeber, wie dies z.B. im Jahre 1980 gleich zweimal geschehen sei. Wenn sich der Beschwerdeführer schon auf sittliche Gründe berufe, wäre es doch sinnvoller gewesen, seine Unterhaltsverpflichtungen regelmäßig per Dauerauftrag zu begleichen. Es seien jedenfalls in keinem Jahr die tatsächlich möglichen Pfändungen vorgenommen worden, die dem Beschwerdeführer lediglich das Existenzminimum belassen hätten, weil bei Unterhaltsleistungen die Beschränkungen des § 5 Lohnpfändungsgesetz nicht anzuwenden seien.

Alles in allem fehle den Aufwendungen in Höhe von S 28.700,-- das Merkmal der Zwangsläufigkeit. Habe es doch der Beschwerdeführer verabsäumt, aufgrund der von ihm behaupteten Überschreitung seiner seinerzeitigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eine entsprechende Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtungen "zu betreiben". Bei einer der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechenden Unterhaltsfestsetzung hätte der Beschwerdeführer seinen Verpflichtungen laufend nachkommen können. Ein Zahlungsrückstand sei daher nicht zwangsläufig entstanden.

Außerdem entbehre die Behauptung, die Rückstände resultierten aus Jahren einer wirtschaftlichen Notlage, jeder Grundlage, wenn man bedenke, daß - wie erwähnt - allein im Jahre 1980, also in einem Jahr, in dem die Erfüllung der Unterhaltsverpflichtungen möglich gewesen wäre, ein Rückstand von S 33.300,-- entstanden sei. Auch diese Tatsache beweise, daß der Rückstand von S 28.700,--

mit Ende des Jahres 1981 nicht auf Zwangsläufigkeit beruhe.

Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Voraussetzung für die Berücksichtigung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung ist gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1972 unter anderem, daß die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwächst. Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen nach Abs. 3 der Gesetzesstelle dann zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Unterhaltsleistungen an uneheliche Kinder und Kinder aus einer geschiedenen Ehe, wie sie im Beschwerdefall in Streit stehen, hat der Steuerpflichtige regelmäßig aus rechtlichen Gründen zu erbringen (siehe auch unten die Punkte 3.5 und 3.6). Die Leistung eines Unterhalts aus rechtlichen Gründen bewirkt allein aber noch keine außergewöhnliche Belastung. Vielmehr muß sich der Steuerpflichtige der Unterhaltsleistung (Belastung) auch aus rechtlichen Gründen nicht entziehen können. Ein Steuerpflichtiger aber, der die Herabsetzung einer auf rechtlichen Gründen beruhenden Verpflichtung auf ein geringeres Maß herbeiführen kann, kann sich der Leistung im Umfang der rechtlich möglichen Herabsetzung durchaus entziehen.

2. Auf der in Punkt 1. dargestellten Überlegung beruht die tragende Begründung des angefochtenen Bescheides. Sie geht dahin, daß der Beschwerdeführer den strittigen Unterhaltsrückstand vermeiden hätte können, wenn er in Vorjahren um eine Herabsetzung seiner Unterhaltsleistungen (Unterhaltsverpflichtung) eingekommen wäre. Diese Begründung veranlaßte das Berufungsvorbringen, Rückstandsursache wäre unter anderem, daß die Alimentationsverpflichtung in der Zeit vor der Eheschließung mit IS die Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers in bezug auf seine Einkünfte bei weitem überschritten hätte, daß weiters - z.B. im Jahre 1980 - Krankheit und Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers zu geringeren Verdiensten und als Folge dessen zu Unterhaltsrückständen geführt hätten, bzw., daß es zu den Rückständen weder vorsätzlich noch freiwillig, sondern allein aus der mangelnden Leistungsfähigkeit in bezug auf die

vorgeschriebenen Alimente gekommen sei.

In Anbetracht dieses Vorbringens läßt die Begründung des angefochtenen Bescheides keine Rechtswidrigkeit erkennen. Ist doch in Rechnung zu stellen, daß die Eltern gemäß § 140 Abs. 1 ABGB (in Verbindung mit § 166 ABGB) zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes nach ihren Kräften beizutragen haben. Schon nach dem Gesetz kommt also der Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Elternteiles entscheidende Bedeutung zu. Nichts anderes besagt die Rechtsprechung der Zivilgerichte (siehe z.B. EFSlg. Nr. 35.259, 35.263, 40.057 und 40.069). Sie billigt dem Vater das gleiche Recht auf Befriedigung seiner existenznotwendigen Bedürfnisse zu, wie dem Kind (Kapfer-Dittrich-Tades, ABGB31, § 140 ABGB, Allgemeines, E 6). Die Befriedigung existenznotwendiger Bedürfnisse des Vaters geht den Durchschnittsbedürfnissen seiner Kinder vor (Kapfer-Dittrich-Tades, a.a.O., E 7, sowie EFSlg. Nr. 35.267). Das Kind soll sowohl an den besseren, als auch den unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen des Vaters teilhaben (Kapfer-Dittrich-Tades, a.a.O., E 8, sowie EFSlg. Nr. 35.273 und 37.659). Aus dieser Sicht rechtfertigen wesentliche (im Sinne der "Anspannungstheorie" unverschuldete) Einkommenseinbußen des Vaters eine Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung (Kapfer-Dittrich-Tades, a.a.O., Geänderte Verhältnisse, E 8, sowie EFSlg. Nr. 35.785, 38.135, 38,136, 40.615 und 43.136).

3. Die Beschwerdeeinwände vermögen das tragende Begründungselement des angefochtenen Bescheides nicht zu entkräften:

3.1. Der Vorwurf der Aktenwidrigkeit, den die Beschwerde gegen die belangte Behörde im Zusammenhang mit der Frage der Herabsetzbarkeit der Unterhaltsleistungen erhebt, trifft den Beschwerdeführer selbst. Entgegen seiner Behauptung ist nämlich den Akten des Verwaltungsverfahrens nicht zu entnehmen, er hätte bereits ausgeführt, daß er sich sehr wohl um eine Herabsetzung bemüht habe, weil er sich mit dem Jugendamt in Verbindung gesetzt und die Auskunft erhalten hätte, eine Herabsetzung sei aufgrund der ohnedies geringen Unterhaltsbeträge nicht möglich. Aus den Akten des Verwaltungsverfahrens geht vielmehr allein hervor, daß bereits das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung (aufgrund einer dem Beschwerdeführer bekannten Auskunft des Jugendamtes) in Erwiderung auf das Berufungsvorbringen die seinerzeitigen. Herabsetzbarkeit der Unterhaltsleistungen ins Treffen geführt und der Beschwerdeführer dem im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz lediglich (undifferenziert) die Behauptung entgegengestellt hatte, eine Herabsetzung der Unterhaltsleistungen erfolge nach seinen Erfahrungen nur in Extremfällen.

3.2. Der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte die Aussichten eines Antrages auf Herabsetzung der Unterhaltsleistungen anhand des Einkommens des Beschwerdeführers und anhand der Judikatur der Pflegschaftsgerichte feststellen müssen, ist entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer in der Berufung seine Leistungsfähigkeit übersteigende Unterhaltslasten geltend gemacht hatte, wobei er sich unter anderem auch auf nicht näher genannte Zeiträume (vor der Eheschließung mit IS) bezog. Diesem Vorbringen durfte das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung ohne weiteres im Sinne des Gesetzes und der Rechtsprechung der Zivilgerichte (siehe Punkt 2.) sowie der damit im Einklang stehenden Auskunft des Jugendamtes die mögliche Anpassung von Unterhaltsleistungen an die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten entgegenhalten. Es wäre nun Sache des Beschwerdeführers gewesen, schon im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und nicht erst in der Beschwerde aufzuzeigen, daß trotz der von ihm selbst behaupteten Überspannung der Leistungsfähigkeit keine Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtungen in Betracht gekommen wäre. Dazu wäre der Beschwerdeführer umso mehr verhalten gewesen, als aus einer schon im Verwaltungsverfahren und nunmehr auch mit der Beschwerde vorgelegten Aufstellung des Beschwerdeführers über seine Einkommensverhältnisse und Unterhaltsleistungen hervorgeht, daß sich seine Nettoeinkünfte im Jahre 1980 (S 123.869,--) gegenüber 1979 (S 178.872,--) um rund 30 % und im Jahre 1981 (S 98.562,--) gegenüber 1979 um rund 45 % verringerten. Nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte rechtfertigen aber schon Einkommensminderungen von 8 bzw. 10 % eine Neubemessung der Unterhaltsverpflichtung (EFSlg. Nr. 35.785 und 43.136). Daß er beim Pflegschaftsgericht keinen Antrag auf Unterhaltsherabsetzung stellte, gesteht der Beschwerdeführer in der Beschwerde ausdrücklich zu.

Die im Verwaltungsverfahren nicht ins Spiel gebrachte "Prozentmethode", anhand welcher der Beschwerdeführer nunmehr in der Beschwerde aufzuzeigen versucht, daß seine Unterhaltsverpflichtungen keinesfalls herabgesetzt hätten werden können, verhilft der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg, weil sie in keiner Weise die in der Berufung ins Treffen geführten Zeiträume vor der Eheschließung mit IS berücksichtigt. Abgesehen davon übersieht der Beschwerdeführer, daß die Zivilgerichte die "Prozentmethode" (Berechnung des Unterhaltes nach einem Prozentsatz des Nettoeinkommens des Unterhaltsverpflichteten) keineswegs starr anwenden und dem Gesetz (§ 140 ABGB) entsprechend auch anderen Gesichtspunkten Rechnung tragen (siehe z.B. EFSlg. Nr. 37.670, 37.676, 40.082 und 42.665). Die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Prozentmethode legen übrigens den Schluß nahe, daß die Gerichte auch im Beschwerdefall die Unterhaltsverpflichtungen nicht nur nach der "Prozentmethode" bemessen haben, da sonst - wie ja die Beschwerde selbst aufzeigt - für die Jahre 1978 bis 1980 höhere Leistungsverpflichtungen festgesetzt hätten werden müssen. Nur der Vollständigkeit halber sei hier noch festgehalten, daß die Beschwerde bei der Anwendung der "Prozentmethode" für 1982 von sechs Kindern ausgeht, die der "Prozentmethode" zugrunde gelegte Beilage zur Beschwerde hingegen nur von fünf Kindern.

Bezüglich des in der Beschwerde ebenfalls erwähnten Durchschnittsbedarfes der Kinder wird nochmals auf Punkt 2. hingewiesen.

3.3. Die vom Beschwerdeführer erwähnten Publikation einer Rechtsmeinung des Bundesministeriums für Finanzen im "ARD- Betriebsdienst" über die Nachzahlung von Alimentationsleistungen behandelt nicht die Frage der Zwangsläufigkeit rückständiger Unterhaltsleistungen unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung. Gleiches gilt für die Anmerkung 2572/3 im "ARD-Betriebsdienst" sowie für das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 1977, Zl. 1190/76, auf welchen Belegstellen sich der Beschwerdeführer ebenfalls beruft.

3.4. Der Beschwerdeführer erblickt darin, daß das Finanzamt Unterhaltsrückstandszahlungen früher (1979 und 1981) als außergewöhnliche Belastungen anerkannte, für das Streitjahr 1982 jedoch nicht mehr, eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Dieser Grundsatz wird jedoch allein dadurch, daß die Abgabenbehörde von einer bisher (in Vorjahren) vertretenen Rechtsmeinung abrückt, nicht verletzt.

3.5. Der Beschwerdeführer meint weiters, tatsächliche Gründe hätten ihn zu den fraglichen Rückstandsnachzahlungen verhalten. Demgegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem eine Unterhaltsverpflichtung betreffenden Erkenntnis vom 23. Oktober 1953, Zl. 2868/53, Slg. Nr. 836/F - von dem abzugehen er keinen Anlaß sieht - ausgeführt, unter tatsächlichen Gründen könnten, wie die Gegenüberstellung im Gesetz zu den rechtlichen und sittlichen Gründen zeigt, nur solche verstanden werden, die den Steuerpflichtigen unmittelbar selbst betreffen, während rechtliche oder sittliche Gründe aus dem Verhältnis des Steuerpflichtigen zu anderen Personen entspringen. Die Unterhaltspflicht als Leistungsgrund entspringt aber geradezu typisch dem Verhältnis des Steuerpflichtigen zu anderen Personen, nämlich den Unterhaltsberechtigten.

3.6. Nach der Lage des Beschwerdefalles bestanden, anders als der Beschwerdeführer meint, auch keine über rechtliche Gründe hinausgehenden sittlichen Gründe zu Unterhaltsleistungen, da nach den für die Beurteilung sittlicher Pflichten maßgebenden allgemeinen Ansichten denjenigen, der sich durch ein rechtliches Leistungsgebot wirtschaftlich überfordert sieht, auch kein sittliches Gebot zu einer den eigenen Lebensunterhalt wesentlich beeinträchtigenden Leistung trifft (siehe Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 34 Abs. 3 EStG 1972, Tz 5). Abgesehen davon verhalten auch sittliche Gründe den Steuerpflichtigen dazu, den Unterhaltsbedürfnissen der Unterhaltsberechtigten rechtzeitig und nicht verspätet Rechnung zu tragen.

3.7. Aus der Sicht des Gleichheitsgrundsatzes zeigt der Beschwerdeführer auf, Betriebsausgaben und Sonderausgaben könnten auf mehrere Jahre verteilt geltend gemacht werden, und es wäre daher sachlich nicht begründbar, wenn im konkreten Fall einer außergewöhnlichen Belastung die Verschiebung von Zahlungen zu einem Verlust von steuerlichen Begünstigungen führen würde.

Dazu ist zunächst zu bemerken, daß - wie dies der Beschwerdeführer auf Seite 6 der Beschwerde auch richtig erkennt - das "Hauptargument" der belangten Behörde in Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren dahin geht, er hätte sich überhöhten Unterhaltsleistungen und (als Folge dessen) auch den Unterhaltsrückstandszahlungen durchaus entziehen können. Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber auch nicht die Auffassung, der Steuerpflichtige könne - bei sonstiger Verfassungswidrigkeit - das Jahr der Geltendmachung einer außergewöhnlichen Belastung durch entsprechende zeitliche Lagerung der Zahlungen selbst bestimmen. Dem steht das Wesen des § 34 EStG 1972 entgegen. Diese Gesetzesstelle bildet nämlich zufolge ihrer Einreihung in den Abschnitt III des Einkommensteuergesetzes eine Tarifvorschrift und ist dafür gedacht, die progressive Einkommensteuerbelastung des betreffenden Jahres zu mildern. Sie ist weiters nach ihrem Inhalt als eine von zahlreichen Einschränkungen getragene Ausnahmebestimmung gestaltet, und unter anderem entscheidend vom Begriff der Zwangsläufigkeit geprägt. Diesem Wesen der außergewöhnlichen Belastung wird nur eine Auslegung des Gesetzes gerecht, derzufolge die als

außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigenden Aufwendungen nicht nur zwangsläufig anfallen, sondern auch in dem Jahr, dessen progressive Einkommensteuerbelastung gemildert werden soll, zwangsläufig geleistet (gezahlt) werden müssen. Es ergibt sich daraus keine unsachliche Differenzierung gegenüber den nicht den gleichartigen Erwägungen getragenen Begriffen der Betriebsausgaben und Sonderausgaben.

3.8. Die Unterhaltsleistungen, die der Beschwerdeführer zu erbringen hatte, wurden nach dessen eigenen Angaben nur durch Lohnpfändungen hereingebracht. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, daß diese Art der "Bezahlung" zu vermeidbaren Rückständen führte. Dies bestätigt deutlich die vom Beschwerdeführer selbst vorgelegte Aufstellung über seine Einkommensverhältnisse und seine Unterhaltsleistungen, derzufolge die Rückstände trotz der vom Beschwerdeführer für optimal erachteten, bewußt angestrebten Unterhaltszahlung im Exekutionsweg in einer Reihe von Jahren anwuchsen.

3.9. Letztlich kann auch die Verfahrensrüge gegen jene Ausführungen im angefochtenen Bescheid, die sich mit dem öfteren Arbeitsplatzwechsel durch den Beschwerdeführer befassen, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Behörde selbst dann, wenn man in diesem Punkt einen Verfahrensmangel unterstellen wollte, zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können.

4. Abgesehen davon sind die üblichen Unterhaltskosten für Kinder, am Maßstab des gleichen Familienstandes gemessen, nicht außergewöhnlich. Dies gilt auch für uneheliche Kinder und für Kinder aus geschiedener Ehe (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 16. März 1983, Zl. 81/13/0201).

5. Der angefochtene Bescheid läßt sohin keine Rechtswidrigkeit erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.

Wien, am 26. September 1985

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