VwGH 85/13/0196

VwGH85/13/019622.2.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Wimmer, über die Beschwerde des G‑Fonds in Wien, vertreten durch Dr. Gerhard Kornek, Rechtsanwalt in Wien IX, Ferstelgasse 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 8. Oktober 1985, Zl. GA 5‑2245/82, betreffend Nachforderung von Lohnsteuer im Haftungsweg für den Zeitraum 1. Jänner 1977 bis 31. Dezember 1980, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §67
EStG 1972 §67 Abs3
EStG 1972 §67 Abs6
VwGG §21 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1985130196.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der beschwerdeführende Fonds ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Im Zuge einer Lohnsteuerprüfung für den Zeitraum 1. Jänner 1977 bis 31. Dezember 1980 wurde festgestellt, daß zwei Geschäftsführer als Abfertigung je 24 Monatsbezüge erhalten hatten, die zur Gänze gemäß § 67 Abs. 3 EStG versteuert worden waren. Mit der Begründung, daß die Dienst- und Besoldungsordnung der Körperschaft (nach mindestens 25 Dienstjahren) nur Abfertigungen im Ausmaß von 12 Monatsbezügen vorsehe, wurde die darüber hinausgehende Abfertigung gemäß § 67 Abs. 6 EStG versteuert, wobei auf ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate der feste Steuersatz von 6 % gemäß § 67 Abs. 1 EStG und auf den Rest der Lohnsteuertarif (monatlicher Lohnzahlungszeitraum) angewendet wurde. Die sich daraus ergebende Nachforderung an Lohnsteuer im Ausmaß von S 596.642,‑‑ wurde dem Beschwerdeführer mit Haftungsbescheid vorgeschrieben.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Grundlage für die Gewährung der „doppelten Abfertigung“ für die Geschäftsführer seien Sonderverträge vom 19. Oktober 1965 gewesen, durch die „die früheren Dienstverträge mit den Abänderungen bzw. Ergänzungen anläßlich der Wiederverlautbarung der Dienst- und Besoldungsordnung am 1. Oktober 1965 mit dem geltenden Wortlaut zusammengefaßt wurden“. Die Sonderverträge seien deshalb notwendig gewesen, weil die Dienst- und Besoldungsordnung zwar generell die Dienstverhältnisse für alle Angestellten der Körperschaft regle, jedoch für die Geschäftsführer nur unzureichende Bestimmungen enthalte. In den Sonderverträgen seien insbesondere Regelungen hinsichtlich der Bezüge, der Bezugsfortzahlung, des Urlaubsausmaßes, der Gewährung eines Ruhegenusses sowie der Abfertigung getroffen worden. Die doppelte Abfertigung im Ausmaß von insgesamt 24 Monatsbezügen gebühre allerdings nur dann, wenn die Lösung des Dienstverhältnisses seitens der Körperschaft ohne direkte Überleitung in ein anderes Dienstverhältnis erfolge. Soweit jedoch in den Sonderverträgen nicht andere Regelungen getroffen würden, kämen die Bestimmungen der Dienst- und Besoldungsordnung zur Anwendung. Da die Sonderverträge ihre Rechtswirksamkeit durch Genehmigung der Obmännerkonferenz erlangt hätten, wie die Dienst- und Besoldungsordnung selbst, seien sie als Bestandteil der Dienst-und Besoldungsordnung anzusehen, sodaß die gesamte Abfertigung nach § 67 Abs. 3 EStG zu versteuern gewesen sei.

In der Folge erklärte einer der beiden (ehemaligen) Geschäftsführer dem Finanzamt seinen Beitritt zur Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 257 BAO.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung. Die beiden individuell gestalteten Sonderverträge könnten nicht als Bestandteil der Dienst- und Besoldungsordnung der Körperschaft angesehen werden. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die Sonderverträge ebenso wie die Dienst- und Besoldungsordnung selbst von der Obmännerkonferenz genehmigt worden seien. Aufgabe einer Dienst- und Besoldungsordnung sei es, lohngestaltende Vorschriften für einen größeren Kreis von Dienstnehmern zu erlassen. Ein weiteres Indiz dafür, die Sonderverträge nicht als Teil der Dienst- und Besoldungsordnung des Beschwerdeführers zu beurteilen, sei darin zu erblicken, daß die Sonderverträge aus dem Jahr 1965 stammten und nicht in die 1978 beschlossene Dienst- und Besoldungsordnung des Beschwerdeführers aufgenommen worden seien.

Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Der Spruch der Berufungsentscheidung geht auf den Beitritt des ehemaligen Geschäftsführers zur Berufung nicht ein; der Bescheid ist ausschließlich an den Beschwerdeführer gerichtet.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird als „mitbeteiligte Partei auf Seiten der Beschwerdeführerin“ der ehemalige Geschäftsführer des Beschwerdeführers Dr. FH angeführt. Weder der Beschwerdeschriftsatz noch die Vollmacht des einschreitenden Rechtsanwaltes weist eine Unterschrift des Dr. FH auf. Es genügt daher darauf hinzuweisen, daß gemäß § 21 Abs. 1 VwGG als Mitbeteiligte nur eine Person in Betracht kommt, die durch den Erfolg der Anfechtung des Verwaltungsaktes in ihren rechtlichen Interessen berührt wird. Da die rechtlichen Interessen des Dr. FH nur durch einen Mißerfolg der Anfechtung des Verwaltungsaktes berührt wären, kam er als Mitbeteiligter nicht in Betracht (vgl. auch Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 165).

Was die Beschwerde selbst betrifft, so ist folgendes zu sagen:

Der Beschwerdeführer vertritt zunächst den Standpunkt, daß die Sonderverträge mit den beiden Geschäftsführern Bestandteil der Dienst- und Besoldungsordnung seien. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, daß das Verwaltungsverfahren keinen ausreichenden Anhaltspunkt für eine derartige rechtliche Beurteilung ergeben hat. Unbestritten ist, daß mit beiden Geschäftsführern je ein eigener, als Dienstvertrag bezeichneter Sondervertrag abgeschlossen wurde, der individuell und unterschiedlich auf die persönlichen Verhältnisse der beiden Geschäftsführer abgestellt ist. So wird z.B. der Monatsbezug des Geschäftsführers FH in der Höhe des einem Bundesbeamten der Dienstklasse IX, Stufe 5, zustehenden Gehaltes zuzüglich einer monatlichen Aufwandsentschädigung von S 900,-- 14 x jährlich festgesetzt, während der Monatsbezug des Geschäftsführers Sch in Höhe des einem Bundesbeamten der Dienstklasse IX, Stufe 6, zustehenden Gehaltes bemessen ist, zuzüglich einer monatlichen Aufwandsentschädigung von S 1.100,-- 14 x jährlich. Die Sonderverträge unterscheiden sich weiters durch individuell geregelte Vordienstzeitenanrechnungen sowie dadurch, daß dem Geschäftsführer Sch ein Dienstwagen samt Lenker zur Verfügung gestellt wird, während sich eine derartige Regelung im Sondervertrag mit dem Geschäftsführer FH nicht findet. Schon diese individuelle und unterschiedliche Gestaltung der Sonderverträge zeigt deutlich, daß es sich dabei nicht um Bestandteile einer Dienst- und Besoldungsordnung handeln kann, deren Wesen es ist, daß sie die dienst- und besoldungsrechtlichen Belange einer Mehrheit von Arbeitnehmern bzw. abstrakt und losgelöst von der Person des einzelnen Arbeitnehmers regelt. Der Umstand, daß Sonderverträge in gleicher Weise, wie eine Dienst- und Besoldungsordnung der Genehmigung durch bestimmte Organe bedarf, vermag an dieser rechtlichen Beurteilung nichts zu ändern. Die belangte Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, daß die in den Sonderverträgen der beiden Geschäftsführer abweichend von der Dienst- und Besoldungsordnung des Beschwerdeführers enthaltene Regelung betreffend die Gewährung einer erhöhten Abfertigung im Ausmaß von 24 Monatsbezügen (anstatt einer solchen im Ausmaß von nur 12 Monatsbezügen) nicht Bestandteil der Dienst- und Besoldungsordnung des Beschwerdeführers war. Soweit daher die Abfertigung das Ausmaß von 12 laufenden Monatsbezügen überstieg, war sie nicht mehr gemäß § 67 Abs. 3 EStG, sondern gemäß § 67 Abs. 6 leg.cit. zu versteuern.

Dem Beschwerdeführer ist aber auch nicht zuzustimmen, wenn er meint, daß selbst im Rahmen des § 67 Abs. 6 EStG eine andere Steuerberechnung geboten gewesen wäre, als von der belangten Behörde vorgenommen. Die maßgebenden Bestimmungen des § 67 Abs. 6 EStG lauten:

„..... Über das Ausmaß des ersten Satzes hinaus sind freiwillige Abfertigungen bei einer nachgewiesenen Dienstzeit von ... 25 Jahren bis zur Höhe von ... 12/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate mit den Steuersätzen des Abs. 1 zu versteuern;...... Während dieser Dienstzeit bereits erhaltene Abfertigungen im Sinne des Abs. 3 oder gemäß den Bestimmungen dieses Absatzes sowie bestehende Ansprüche auf Abfertigungen im Sinne des Abs. 3 kürzen das steuerlich begünstigte Ausmaß.

...... Soweit die Grenzen des ersten und zweiten Satzes überschritten werden, sind solche sonstige Bezüge wie ein laufender Bezug nach dem Lohnsteuertarif der Besteuerung zu unterziehen; hiebei ist ein monatlicher Lohnzahlungszeitraum zu unterstellen. ......“

Dieser Bestimmung ist deutlich zu entnehmen, daß der Gesetzgeber insoweit eine Kumulierung der Begünstigung des § 67 Abs. 3 und jener des § 67 Abs. 6 EStG vermeiden wollte, als er ausdrücklich angeordnet hat, daß das nach § 67 Abs. 6 zweiter Satz begünstigte Abfertigungsausmaß um bereits erhaltene Abfertigungen oder um Abfertigungsansprüche im Sinne des § 67 Abs. 3 EStG zu kürzen ist (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 13. September 1988, Zl. 87/14/0146). Diese Kürzungsvorschrift, die der Beschwerdeführer in seiner Argumentation völlig übersieht, führte im Beschwerdefall zu folgender Berechnung:

 

Geschäftsführer FH

Geschäftsführer Sch

Abfertigung insgesamt

S 1,596.252,--

S 1,402.418,--

davon begünstigt nach § 67 Abs. 3

S 812,124,--

S 756,409,--

begünstigt nach § 67 Abs. 6 erster Satz

S 172.512,--

S 152.230,--

 

S 611.616,--

S 493.779,--

Kürzung nach § 67 Abs. 6 dritter Satz

S 984.636,--

S 908.639,--

   

 

Da der Kürzungsbetrag nach § 67 Abs. 6 dritter Satz EStG höher war als der verbleibende Abfertigungsbetrag, kam für diesen die Anwendung des § 67 Abs. 1 leg.cit. nicht mehr in Betracht. Vielmehr hatte die Besteuerung nach dem Lohnsteuertarif zu erfolgen, wobei ein monatlicher Lohnzahlungszeitraum zu unterstellen war.

Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 22. Februar 1989

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