VwGH 85/10/0147

VwGH85/10/014717.3.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsident Dr. Petrik und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Stoll, Dr. Zeizinger und Dr. Waldner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Egger, über die Beschwerde des KK in P, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 13. August 1985, Zl. Agrar-450.003-9409-I/Mö- 1985, betreffend eine naturschutzbehördliche Feststellung, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG OÖ 1964 §1 Abs2;
NatSchG OÖ 1982 §41 Abs1;
NatSchG OÖ 1982 §5 Abs1 Satz1;
NatSchG OÖ 1982 §5 Abs1;
ROG OÖ 1972 §15 Abs1;
ROG OÖ 1972 §15 Abs11;
ROG OÖ 1972 §2 Abs2;
ROG OÖ 1972 §2 Abs4;
ROG OÖ 1972 §21 Abs5;
SeenNatSchV OÖ 1965;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1985100147.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. August 1985 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung, daß durch die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grst. Nr. nn1, KG. Z, solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden, unter Berufung auf § 5 Abs. 1 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 (LGBl. Nr. 80, im folgenden kurz: NSchG 1982) abgewiesen.

Nach Darstellung des Berufungsvorbringens führte die belangte Behörde in der Begründung dieses Bescheides aus, im Verlaufe des Ermittlungsverfahrens habe der Landesbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz im wesentlichen folgendes Gutachten erstattet:

"Der gegenständliche Bauplatz befindet sich auf einer sanft geneigten Wiese westlich der bestehenden Bebauung an der ehemaligen Bundesstraße. Diese Flächen, die ehemals das Seeufer gebildet haben, sind stark durchnäßt, von einzelnen Gehölzgruppen durchsetzt und von künstlichen oder natürlichen Wassergräben durchzogen. Sie sind mit Ausnahme der Bebauung im oberen Randbereich vollkommen unbebaut und bilden den Hintergrund für den unmittelbaren Uferbereich mit dem öffentlichen Badeplatz des Landes Oberösterreich.

Das vorgesehene Wohnhaus hat die Abmessungen von 9,50 x 8,00 m und eine Firsthöhe von ca. 6 m. Außerdem ist ein Nebengebäude mit Garage vorgesehen. Das Haus soll ca. 60 m unterhalb der zeilenartigen Bebauung am oberen Rand der Wiesenfläche errichtet werden, von einem nördlich vorbeiführenden, offenen und natürlichen Wassergraben ist das Objekt ca. 20 m entfernt und von diesem durch einen vorgesehenen Umkehrplatz einer Erschließungsstraße getrennt. Das Haus würde somit im nördlichsten Randbereich der projektierten Siedlung liegen, die Erschließungsstraße müßte in voller Länge für dieses eine Haus errichtet werden und würde zweifellos allein genügen, einen maßgeblichen Eingriff in das Landschaftsbild zu bewirken. Aus oben Angeführtem ergibt sich zwingend, daß das gegenständliche Vorhaben in sehr isolierter Lage als Fremdkörper in einer ansonsten weitgehend ungestörten naturnah gestalteten Landschaft angesehen werden muß. Von der Gestaltung her ist dazu festzustellen, daß diese mit der oberhalb in größerer Entfernung bestehenden Bebauung nicht harmoniert und auch in dieser Hinsicht einen starken Kontrast zum Bestand darstellen würde."

Die oben zitierten Ausführungen des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz seien schlüssig. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes, mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden; weiters könne Ausführungen eines Amtssachverständigen jedenfalls nicht allein mit laienhaften Äußerungen in wirksamer Weise entgegengetreten werden. Die Frage, ob das beabsichtigte Bauvorhaben sowie die damit verbundenen Folgeeinrichtungen einen maßgeblichen Eingriff in das Landschaftsbild bewirken würden, habe der Landesbeauftragte zweifelsfrei und eindeutig bejaht. Es stehe somit fest, daß das projektierte Bauvorhaben in einer äußerst isolierten Lage einen Fremdkörper in der ansonsten weitgehend ungestörten, naturnah gestalteten Landschaft darstelle. Das Vorhaben sei auch mit der oberhalb in größerer Entfernung bestehenden Bebauung nicht in Einklang zu bringen und würde auch in dieser Hinsicht einen starken Kontrast zum Bestand darstellen. Der Ansicht des Beschwerdeführers, daß das gegenständliche Gebiet im Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesen und eine Verbauung als mit den Grundsätzen des Naturschutzgesetzes (Naturschutzgebiet Z-see) für vereinbar erklärt worden sei, sei entgegenzuhalten, daß diese Zustimmung zur Baulandwidmung nur unter dem Gesichtspunkt erfolgt sei, daß die geplanten Bauvorhaben (11 "Eigentumswohnungen", nach der Aktenlage richtig wohl: Wohnhäuser) an "Einheimische" verkauft würden und somit das Erfordernis des dringenden Wohnraumbedarfes gegeben sei. Dieser Nachweis habe vom Bauträger (Gesellschaft für Wirtschaftliches Wohnungseigentum) bis dato nicht erbracht werden können. Mit Bescheid der Naturschutzbehörde erster Instanz vom 9. Juli 1985 sei der Antrag der genannten Gesellschaft gemäß § 5 Abs. 1 NSchG 1982 abgewiesen worden, da diese den Nachweis für einen zu befriedigenden "örtlichen" Wohnraumbedarf nicht zu erbringen vermocht habe, der als einziger in diesem Fall geeignet gewesen wäre, das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes zu überwiegen. Das gegenständliche Bauvorhaben des Beschwerdeführers würde somit in vollkommen isolierter Lage in einem ansonsten fast unberührten Grünlandbereich ohne Zufahrt errichtet werden. Die schon erwähnte Erschließungsstraße müßte infolgedessen in voller Länge für nur ein Haus errichtet werden. Unzweifelhaft würde damit ein maßgeblicher Eingriff in das Landschaftsbild gegeben sein. Es sei somit bei der von § 5 NSchG 1982 vorgeschriebenen Interessenabwägung zu prüfen gewesen, in welchem Verhältnis dieser als erwiesen angenommene, maßgeblich störende Eingriff in das Landschaftsbild zu dem vorgebrachten Interesse des Beschwerdeführers stehe. Dabei müsse berücksichtigt werden, daß das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz sehr hoch zu werten sei. Insbesondere im Bereich des gegenständlichen Bauvorhabens (500 m Seeuferschutzzone) genieße das Landschaftsbild einen umfassenden Schutz. Es stelle daher eine vorrangige Aufgabe dar, den Seeuferbereich in seiner ursprünglichen Erscheinungsform und Schönheit zu erhalten, insbesondere im konkreten Fall, da der Z-see als Naturschutzgebiet ausgewiesen sei. Bei der vorgeschriebenen Interessenabwägung stünden sich nun einerseits das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes und andererseits das private Interesse des Beschwerdeführers (Benutzung des geplanten Objektes als Wochenendhaus) gegenüber. Da im gegenständlichen Fall kein dringender "örtlicher" Wohnraumbedarf gegeben sei, habe die Interessenabwägung eindeutig zugunsten des ersteren Interesses ausfallen müssen. Das vorgebrachte Interesse des Beschwerdeführers sei sohin nicht geeignet gewesen, das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes zu "überwiegen". Die beantragte positive naturschutzbehördliche Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 NSchG 1982 habe aus den oben angeführten Erwägungen nicht getroffen werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg sei festgestellt, daß der Z- oder I-see zwar unter Berufung auf § 2 des Oberösterreichischen Naturschutzgesetzes 1964 (LGBl. Nr. 58, im folgenden kurz: NSchG 1964) mit Verordnung vom 25. Jänner 1965, LGBl. Nr. 9 (Seen-Naturschutzgebietverordnung), zum Naturschutzgebiet erklärt wurde (vgl. die vorläufige Weitergeltung dieser Verordnung aufgrund des § 41 Abs. 1 NSchG 1982 im Gesetzesrang), womit allerdings ein Bereich über die Wasserfläche hinaus nicht erfaßt wird.

Gemäß § 5 Abs. 1 erster und zweiter Satz NSchG 1982 ist jeder Eingriff in das Landschaftsbild an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von 500 m landeinwärts verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, daß solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden. Vor Erlassung eines solchen Feststellungsbescheides hat die Behörde das Gutachten eines Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz (§ 32 Abs. 1) einzuholen.

Die Vorschrift des ersten Satzes des § 5 Abs. 1 NSchG 1982 entspricht jener des § 1 Abs. 2 (erster und zweiter Satz) NSchG 1964 (vgl. dazu den Bericht des Ausschusses für volkswirtschaftliche Angelegenheiten des o.ö. Landtages betreffend das NSchG 1982, Blg. 190/1982, XXII. GP., S. 3). Zu § 1 Abs. 2 NSchG 1964 hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom 31. Mai 1979, Slg. Nr. 9859/A, die Rechtsansicht vertreten, diese Bestimmung verbiete nicht jede Veränderung der Natur im Seeuferbereich; vielmehr sei entscheidend, ob die Maßnahme zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgebend verändere. Nur dann stelle sie einen Eingriff in das Landschaftsbild im Sinne des § 1 Abs. 2 leg. cit. dar. Weiters hat der Gerichtshof etwa im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 28. Juni 1976, Zl. 246/76 (auszugsweise wiedergegeben in Slg. Nr. 9097/A) zum Ausdruck gebracht, daß es für die Bejahung eines derartigen Eingriffes nicht darauf ankommt, ob dieser auch ein "störender" Eingriff ist und es auch nicht entscheidend ist, von welchem Punkt aus das den Eingriff darstellende Objekt einsehbar bzw. nicht einsehbar ist und ob es nur aus der Nähe oder auch aus weiterer Entfernung wahrgenommen werden kann.

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung vermag der Verwaltungsgerichtshof die auf die erwähnte gutächtliche Äußerung des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz gestützte Ansicht der belangten Behörde, das in Rede stehende Projekt stelle einen Eingriff im Sinne des § 5 Abs. 1 erster Satz NSchG 1982 dar, nicht als rechtswidrig zu erkennen:

Es kann dahingestellt bleiben, ob die vom Beschwerdeführer bezogenen Äußerungen des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz vom 18. März 1983 und 16. Februar 1984 für oder gegen die "Bebauung der F-gründe" (das Grundstück des Beschwerdeführers gehört zu diesen) sprechen, da diese Äußerungen jedenfalls vor Einleitung des gegenständlichen Verfahrens abgegeben wurden (sich daher auch nicht in den Verwaltungsakten befinden), und die belangte Behörde allein gehalten war, die Schlüssigkeit der im Verfahren abgegebenen Gutachten zu prüfen. Zu Recht verweist die belangte Behörde in der Gegenschrift darauf, daß der Landesbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz in beiden im Verfahren abgegebenen Gutachten (vom 19. Oktober 1984 und vom 14. Februar 1985) nur dann keinen maßgeblichen Eingriff in das Landschaftsbild erwartet habe, wenn auch die südlich vom Grundstück des Beschwerdeführers gelegenen, anschließenden Grundstücke bebaut würden. Der Beschwerdeführer verkennt die Rechtslage, wenn er vermeint, die belangte Behörde hätte die beabsichtigte Verbauung der in unmittelbarer Nähe gelegenen Grundstücke, wofür die entsprechenden naturschutzbehördlichen "Bewilligungen" bereits beantragt worden seien, mitzuberücksichtigen gehabt, würde dies doch bedeuten, daß eine Prognose über den Ausgang dieser Verfahren entscheidungswesentlich für das Projekt des Beschwerdeführers wäre, wofür das Gesetz keine Grundlage bietet.

Was die vom erwähnten Amtssachverständigen zur Stützung seiner Ansicht herangezogene isolierte Lage des vom Beschwerdeführer geplanten Projektes anlangt, bringt der Beschwerdeführer vor, sein Grundstück grenze "im Osten unmittelbar an das bebaute Ortsgebiet der Gemeinde Z" an, was die belangte Behörde zu berücksichtigen gehabt hätte. Diesem Vorbringen, welches im übrigen in der Aktenlage (vgl. den sogar dagegen sprechenden Projektsplan samt einem "Anbotsplan" des erwähnten Bauträgers) keine Stütze findet, steht allerdings das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot entgegen; es ist daher nicht näher darauf einzugehen.

Ausgehend von der Bejahung eines Eingriffes im Sinne des § 5 Abs. 1 erster Satz NSchG 1982 hatte die belangte Behörde die in dieser Gesetzesstelle vorgesehene Abwägung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Landschaftsbildes mit "allen anderen" Interessen vorzunehmen (vgl. Erkenntnis vom 22. Juni 1977, Slg. Nr. 9357/A, zu § 1 Abs. 2 NSchG 1964). Der Verwaltungsgerichtshof teilt zunächst die in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebrachte Ansicht der belangten Behörde, daß das soeben erwähnte öffentliche Interesse - und zwar in bezug auf jeden See - sehr hoch einzuschätzen ist (vgl. dazu den bereits erwähnten Ausschußbericht, a.a.O.; "So wie Grund und Boden nicht vermehrbar ist, so ist insbesondere auch jede Bebauung der Seeufer ein nicht wieder gutzumachender Verlust des Erholungswertes der Seeuferlandschaft für die Zukunft. Wegen der besonderen Schönheit der unberührten Seeuferlandschaft kommt hier dem Schutz des Landschaftsbildes eine überragende Bedeutung zu"). Zusätzlich trug die belangte Behörde bei der Veranschlagung dieses öffentlichen Interesses dem Umstand Rechnung, daß der Z-see - wie oben ausgeführt - zum Naturschutzgebiet erklärt wurde. Im Hinblick auf den Schutzzweck von Naturschutzgebieten (vgl. § 17 Abs. 1 NSchG 1982) ist dieser Gedanke an sich nicht schlechthin von der Hand zu weisen, ist es doch denkbar, daß eine an und für sich gegebene Beeinflussung des Landschaftsbildes im nach § 5 Abs. 1 NSchG 1982 geschützten Uferbereich durch jeden See (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 5. März 1964, Slg. Nr. 6261/A) eine bedeutendere Ausprägung durch einen See erfährt, der außerdem zum Naturschutzgebiet erklärt wurde. Allerdings fehlen im angefochtenen Bescheid nähere Ausführungen in dieser Hinsicht. Dieser Begründungsmangel wird jedoch - vgl. die unten stehenden Ausführungen - durch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit in den Hintergrund gedrängt.

Bezüglich der gegenüberzustellenden "allen anderen" Interessen vermag der Verwaltungsgerichtshof zunächst die Ansicht des Beschwerdeführers nicht zu teilen, die belangte Behörde hätte hiebei auch ein "öffentliches" Interesse des Bauträgers zu berücksichtigen gehabt, weil die im naturschutzbehördlichen Verfahren eingetretenen Verzögerungen diesem Unternehmen im Rahmen seiner Planung erhebliche finanzielle Einbußen beschert hätten, was sogar zu "Entlassungen" von Mitarbeitern geführt habe. Ein öffentliches Interesse deshalb zu bejahen, weil der Bauträger im Rahmen seiner Planung etwas vorwegnimmt - nämlich die erforderliche naturschutzbehördliche Feststellung -, kann nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 NSchG 1982 gelegen sein.

Allerdings ist dem Beschwerdeführer mit seinem Hinweis, für die "F-gründe" (und sohin auch für das Grundstück des Beschwerdeführers) liege ein rechtswirksamer Flächenwidmungsplan mit der Widmung "Bauland" vor (für das Bestehen eines "Bebauungsplanes" im Sinne des § 19 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1972 in der Fassung der Novelle 15/1977 und der Kdm. 14/1973, im folgenden kurz ROG, bietet die Aktenlage keinen Anhaltspunkt; die belangte Behörde bestreitet in der Gegenschrift das Vorliegen eines solchen), im Ergebnis Erfolg beschieden:

Der Verwaltungsgerichtshof kann zwar die Ansicht des Beschwerdeführers - sollte sein Vorbringen so zu verstehen sein - nicht teilen, daß die Mitberücksichtigung von Naturschutzinteressen im Rahmen der durch die Landesregierung erteilten Genehmigung des gegenständlichen Flächenwidmungsplanes (vgl. § 21 Abs. 5 bis 8 ROG, die entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers in Hinsicht auf den im § 5 Abs. 1 NSchG 1982 normierten Schutz des "Landschaftsbildes" nicht in § 2 Abs. 4 ROG, welcher die Sicherung oder Wiederherstellung eines ausgewogenen "Haushaltes der Natur" zum Gegenstand hat, sondern in § 2 Abs. 2 ROG "Berücksichtigung der Auswirkungen auf andere Sachbereiche" seine Rechtsgrundlage hat; der Hinweis auf § 15 Abs. 11 ROG geht fehl, weil es sich beim geschützten Bereich des § 5 Abs. 1 erster Satz NSchG 1982 um keine festgelegte "Planung" handelt) in jedem Fall die Interessenabwägung zu Gunsten eines Projektes ausgehen lassen müsse. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom 26. November 1976, Zl. 1808/76) hat nämlich ein Feststellungsbescheid (nach § 1 Abs. 2 NSchG 1964, nunmehr § 5 Abs. 1 erster Satz NSchG 1982) auf einen konkreten Eingriff abzustellen. Die Genehmigung des Flächenwidmungsplanes (als einer Verordnung - vgl. § 15 Abs. 1 ROG - sohin einer generellen Norm), aufgrund welcher die Bebauung auch unter Berücksichtigung von Naturschutzinteressen grundsätzlich als zulässig erklärt wurde, vermag schon ihrer Rechtsnatur nach künftige konkrete Projekte vom Standpunkt des Landschaftsbildschutzes nicht abschließend zu berücksichtigen. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt daher (weiterhin) die Auffassung, daß auch für Flächen, für welche die Widmung "Bauland" festgesetzt ist, eine Feststellung der Naturschutzbehörde im Sinne des § 5 Abs. 1 erster Satz NSchG 1982 erforderlich ist (vgl. zum § 1 Abs. 2 NSchG 1964 das zitierte hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1977, Slg. Nr. 9357/A). In diesem Zusammenhang sei allerdings erwähnt, daß die von der belangten Behörde angegebene Begründung für die vom naturschutzrechtlichen Standpunkt als zulässig erachtete Erlassung des erwähnten Flächenwidmungsplanes, dies sei aus Gründen des dringenden Bedarfes an Wohnraum für die "einheimische Bevölkerung" geschehen, dem Verwaltungsgerichtshof schon deshalb nicht nachvollziehbar ist, weil ihm ein Rechtsbegriff der "einheimischen" Bevölkerung fremd ist.

Die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ergibt sich jedoch aus folgendem: Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem bereits zitierten Erkenntnis vom 22. Juni 1977, Slg. Nr. 9357/A, aber auch im Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 1418/76 (= Slg. Nr. 9358/A, nur Rechtssatz), zur vergleichbaren Regelung des § 1 Abs. 2 NSchG 1964 die Rechtsansicht vertreten, daß bei Bestehen einer Baulandwidmung (bzw. eines rechtswirksamen Raumordnungsplanes) eine dieser Widmung (bzw. diesem Raumordnungsplan) entsprechende Bebauung der Liegenschaft als im öffentlichen und nicht bloß im privaten Interesse der Bauwerber gelegen zu beurteilen ist. Die belangte Behörde hat daher im vorliegenden Beschwerdefall die Rechtslage verkannt, indem sie trotz Bestehens einer Baulandwidmung von vornherein (vgl. den folgenden Satz) davon ausging, das Interesse des Beschwerdeführers an der Bebauung seiner Liegenschaft sei (bloß) ein "privates", und dieses dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes gegenüberstellte. Dieses öffentliche Interesse an der Bebauung der Liegenschaft des Beschwerdeführers wäre (ungeachtet einer baubehördlichen Entscheidung) vom naturschutzrechtlichen Standpunkt wohl zu verneinen gewesen, wenn das Projekt der Widmung widerspricht (worauf der Hinweis der belangten Behörde auf das Fehlen eines dringenden "örtlichen Wohnraumbedarfes" abzielen könnte). Allerdings fehlen diesbezügliche Erörterungen im angefochtenen Bescheid, insbesondere in Hinsicht auf eine allfällige Konkretisierung (gesonderte Ausweisung) der Baulandwidmung gemäß der Bestimmung des § 16 Abs. 2 ROG.

Es vermag zwar das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes das Interesse an einer privaten Bauführung, selbst wenn diese der Verwirklichung des örtlichen Raumordnungsplanes der Gemeinde dient (und daher auch im öffentlichen Interesse gelegen ist), zu überwiegen (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1977, Slg. Nr. 9357/A), was jedoch nicht immer zutreffen kann, andernfalls die von der Behörde vorzunehmende Interessenabwägung in einem derartigen Fall nicht erforderlich wäre. Um "alle anderen Interessen", welche dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes gegenüberzustellen sind, entsprechend zu bewerten, bedarf es allerdings der Einordnung in "private" und "öffentliche" (was, wie der vorliegende Fall zeigt, zusammentreffen kann), weil einem öffentlichen Interesse im Regelfall größeres Gewicht zukommt als einem (bloß) privaten. Es ist daher nicht auszuschließen, daß die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, hätte sie nicht - in Verkennung der Rechtslage - das an der Bebauung der Liegenschaft gelegene Interesse von vornherein nur als ein privates angesehen. Welches Gewicht dem bezeichneten öffentlichen Interesse an der Bebauung einer derartigen Liegenschaft zukommt, wird allerdings im Sinne der obigen Darlegungen vom beabsichtigten konkreten Eingriff, sohin vom Projekt, abhängig sein.

Eine weitere Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides ist darin zu erblicken, daß die belangte Behörde die Ansicht vertrat, die beantragte positive naturschutzbehördliche Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 NSchG habe nicht getroffen werden können, weil das Interesse des Beschwerdeführers nicht geeignet gewesen sei, das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes zu "überwiegen": Eine für den Beschwerdeführer günstige Feststellung kam nämlich schon dann in Betracht, wenn die bei der Interessenabwägung dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes gegenüberzustellenden "alle anderen Interessen" jenem zumindest gleichwertig sind (vgl. dazu das zitierte hg. Erkenntnis vom 26. November 1976, Zl. 1808/76).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 17. März 1986

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