VwGH 85/07/0266

VwGH85/07/026611.3.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Pinter, über die Beschwerde der PS in K, vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in Dornbirn, Schulgasse 7/3, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 3. Juli 1985, Zl. 710.676/03-OAS/85, betreffend landwirtschaftliches Bringungsrecht (mitbeteiligte Partei: EN, H), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §16;
AVG §47;
AVG §16;
AVG §47;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.

1.1. Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Bregenz (ABB) vom 27. September 1975 wurde auf Antrag der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Partei (mP) gemäß §§ 1, 2 und 4 Güter- und Seilwegegesetz - GSG, Vorarlberger LGBl. Nr. 25/1963, zugunsten der Grundstücke 864, 866, 869, 871 und 73, je KG X (alle im Eigentum der mP), das landwirtschaftliche Bringungsrecht eingeräumt, landwirtschaftliche Erzeugnisse und die zur Bewirtschaftung erforderlichen Düngemittel über das im Eigentum der nunmehrigen Beschwerdeführerin stehende Grundstück 876, KG X, unter einer Reihe von näher bezeichneten Bedingungen abzutransportieren bzw. heranzuschaffen (Spruchpunkt II.). Gemäß Spruchpunkt III. wurde die Festlegung einer Entschädigung einem Nachtragsbescheid vorbehalten. (Im Spruchpunkt I. wurde festgestellt, daß das begehrte Bringungsrecht unter die Bestimmung über die Einräumung landwirtschaftlicher Bringungsrechte fällt.)

1.2. Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wies der Landesagrarsenat beim Amt der Vorarlberger Landesregierung (LAS) mit Bescheid vom 29. Juni 1977 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 1 Agrarverfahrensgesetz 1950 ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Dieser Bescheid des LAS ist in Rechtskraft erwachsen.

2.1. Im Zuge der Verhandlungen über die Festsetzung einer Entschädigung für die Einräumung des besagten Bringungsrechtes nahm die ABB am 11. August 1982 im Beisein des Ehegatten der Beschwerdeführerin und der mP eine Begehung an Ort und Stelle vor. Aus diesem Anlaß erklärte die mP laut Aktenvermerk vom 11. August 1982, daß sie bereit sei, die durch die Ausübung des Fahrrechtes entstandenen zwei tiefen Spurrinnen aufzufüllen und zu befestigen, sodaß einerseits ein weiteres Einsinken bei einer späteren Benützung nicht mehr möglich sei und anderseits ohne Schaden für Maschinen über dieses Fahrrecht "hinüber gewirtschaftet" werden könne.

2.2. Nach Einholung einer Stellungnahme der Güterwegeabteilung, zu welcher der Beschwerdeführerin Gelegenheit geboten wurde, sich zu äußern, erließ die ABB unter dem Datum 8. Juli 1983 einen Bescheid, mit welchem dem Mitbeteiligten als Eigentümer der durch das Bringungsrecht berechtigten Grundstücke gemäß § 6 GSG die Verpflichtung auferlegt wurde, die beiden vorhandenen Spurrillen mit Kies auszufüllen und darauf als Abdeckung eine Schicht von ca. 10 cm Beton aufzubringen, und zwar etwa niveaugleich mit dem angrenzenden Gelände, sodaß eine ungehinderte Bewirtschaftung über diese Fahrspuren hinweg auf dem belasteten Grundstück (im Eigentum der Beschwerdeführerin) erfolgen könne, wobei diese Maßnahmen binnen zwei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides auszuführen seien (soweit es die Witterungsverhältnisse erlaubten).

2.3. Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin änderte der LAS nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Bescheid vom 5. November 1984 den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit den §§ 1 und 4 Abs. 4 GSG dahingehend ab, daß vom Eigentümer der berechtigten Grundstücke (der mP) die Trasse des eingeräumten Bringungsrechtes über das Grundstück 876 der Beschwerdeführerin derart zu befestigen sei, daß in einer Breite von 3 m Feinasphalt niveaugleich aufgebracht werde.

2.4. Der auch gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gab der Oberste Agrarsenat (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 3. Juli 1985 zum Teil statt und änderte den Bescheid des LAS vom 5. November 1984 dahingehend ab, daß der Spruch wie folgt zu lauten habe:

"Der angefochtene Bescheid wird dahin abgeändert, daß vom Eigentümer der berechtigten Liegenschaften Gp. 864, 866, 869, 871 und Bp. 73, KG. X (EN), die Trasse des mit Bescheid des Landesagrarsenates vom 29. Juni 1977, Zl. LAS-1903/76, eingeräumten Bringungsrechtes über die Gp. 876, KG. X (PS), derart zu befestigen ist, daß in einer Breite von 3 m eine Kiestragschichte von mindestens 30 cm Stärke einzubauen und darauf eine mit dem anschließenden Gelände niveaugleich 6 cm starke und 2,5 m breite Schwarzdecke aufzubringen ist; die Bankette von je 0,25 m Breite sind mit Humus abzudecken. Das vom Grundstück 869 längs des Weges abfließende Wasser ist durch eine einfache Querrinne (Wasserspule) in den bestehenden Schacht auf diesem Grundstück abzuleiten. Diese Arbeiten sind bis 31. Oktober 1985 auszuführen. Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen."

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und Bejahung ihrer Zuständigkeit im Grunde des § 7 Abs. 2 Z. 5 Agrarbehördengesetz 1950 folgendes aus: Im Hinblick auf den in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des LAS vom 21. Juni 1977 (vgl. I. 1.2.) sei auf die Frage der Einräumung des Bringungsrechtes im gegebenen Trassenverlauf nicht mehr einzugehen gewesen. Zu prüfen sei nur mehr gewesen, ob die mit dem Bescheid des LAS vom 5. November 1984 verfügte Erweiterung des Bringungsrechtes dahin, daß die Trasse befestigt werden könne, im Einklang mit den bestehenden Vorschriften erfolgt sei.

Diese Frage sei zu bejahen. Auch der Oberste Agrarsenat sehe die Notwendigkeit, die durch die Benützung der eingeräumten Bringungstrasse entstandenen Spurrinnen insoweit zu sanieren, daß sie einerseits nicht die Benützung der Trasse, anderseits aber auch nicht die über die Trasse hinweggehende Bewirtschaftung des belasteten Grundstückes behinderten. Er sei auch der Auffassung, daß die niveaugleiche Aufbringung von Feinasphalt, wie sie die Beschwerdeführerin begehrt habe, denselben Zweck erfülle wie die Befestigung der Trasse mit Beton. Für die ordnungsgemäße Ausübung des Bringungsrechtes genüge zweifellos eine Asphaltdecke in der Breite von 2,5 m. Um eine Beschädigung dieser Trasse zu vermeiden, sei aber nach Auffassung der belangten Behörde der Einbau einer 3 m breiten Kiestragschichte von mindestens 30 cm Stärke erforderlich. Um eine über das notwendige Ausmaß hinausgehende Beeinträchtigung des dienenden Grundstückes zu vermeiden, seien die Banketteile von je 25 cm mit Humus zu überdecken, sodaß letzten Endes die Belastung nur mit einer Fahrbreite von 2,5 m auftrete. Das Argument der Beschwerdeführerin, daß über den befestigten Weg zusätzlich Wasser vom oberliegenden Grundstück 869 ablaufen könne, sei nicht von der Hand zu weisen. Nach Meinung der belangten Behörde genüge es allerdings, dieses Wasser durch eine einfache Querrinne (Wasserspule) in den auf dem Grundstück 869 bestehenden Schacht abzuleiten. Auch dem weiteren Vorwurf der Beschwerdeführerin, es sei keine Leistungsfrist festgesetzt worden, sei Rechnung zu tragen gewesen. Im Hinblick auf die Witterungsbedingungen sei eine Leistungsfrist bis Ende Oktober 1985 vorzusehen gewesen; die Beschwerdeführerin habe sich damit einverstanden erklärt. Die Behörde erster Instanz werde unverzüglich nach Erlassung dieses Bescheides über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Festsetzung einer Entschädigung zu verhandeln und zu entscheiden haben.

3. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht darauf verletzt, daß über den Entschädigungsantrag entschieden und das Bringungsrecht nicht zu ihrem Nachteil erweitert bzw. abgeändert werde. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin habe die mP am 11. August 1982 keinen Antrag gestellt, es möge ihr gestattet werden, die Schäden im Bereich des Bringungsrechtes zu sanieren; es habe sich die mP anläßlich der Begehung lediglich bereit erklärt, die Spurrinnen aufzufüllen und zu befestigen. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, daß der Vertreter der mP bei der Berufungsverhandlung vor dem LAS (am 6. September 1984) erklärt habe, es sei bereits im Sommer 1982 seitens des Mitbeteiligten ein derartiger Antrag gestellt worden. Da somit ein entsprechender Antrag fehle, hätte die belangte Behörde das Bringungsrecht nicht abändern dürfen. Im Zusammenhang damit bringt die Beschwerdeführerin weiters vor, daß über die am 11. August 1982 stattgefundene Verhandlung rechtswidrigerweise keine Niederschrift aufgenommen worden sei. Wäre dies geschehen, so ergäbe sich, daß nur die Entschädigungsfrage, nicht jedoch ein Antrag der mP Gegenstand des Verfahrens gewesen sei.

1.2. Es ist der Beschwerdeführerin einzuräumen, daß es zweifellos angezeigt gewesen wäre, über die von der ABB anberaumte und am 11. August 1982 in Anwesenheit des Ehegatten der Beschwerdeführerin und des Mitbeteiligten durchgeführte Begehung eine Niederschrift im Sinne des § 14 AVG 1950 aufzunehmen. Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, daß auch ein - wie im vorliegenden Fall - von einem Behördenorgan allein und formlos abgefaßter Aktenvermerk (§ 16 AVG 1950) eine öffentliche Urkunde darstellt, die gemäß § 47 AVG 1950 in Verbindung mit § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit des darin bezeugten Vorganges oder der darin bezeugten Tatsache für sich hat. Im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde auch nur den Versuch des - zulässigen - Gegenbeweises der Unrichtigkeit des im nach der Aktenlage vom Leiter der ABB abgefaßten und gefertigten Aktenvermerk vom 11. August 1982 beurkundeten Vorganges unternommen hat, hegt der Gerichtshof (gleich dem LAS und der belangten Behörde) keine Bedenken, von der Richtigkeit und Vollständigkeit dieses Aktenvermerkes auszugehen.

Wenngleich in den betreffenden Passagen dieser Beurkundung nicht von "Antrag" oder "Ansuchen" der mP die Rede ist, so besteht für den VwGH (wie vor ihm für die Agrarbehörden zweiter und dritter Instanz) unter Bedachtnahme auf den Gesamtzusammenhang des vom Behördenorgan beurkundeten Geschehens anläßlich der Begehung an Ort und Stelle kein Zweifel daran, daß die von der mP erklärte Bereitschaft zur Sanierung des Bringungsweges als Begehren zur Befestigung des Weges und damit als Antrag auf (nähere) Bestimmung von Art, Inhalt und Umfang des mit Bescheid des LAS vom 29. Juni 1977 (rechtskräftig) offenbar in Form eines unbefestigten Weges eingeräumten Bringungsrechtes zu werten war. Die ABB hat demnach zutreffenderweise - der Umstand, daß der besagte Antrag im Zuge von Entschädigungsverhandlungen gestellt wurde, vermag daran nichts zu ändern - der Sache nach über Art, Inhalt und Umfang des Bringungsrechtes im Grunde des § 4 Abs. 4 GSG (die rechtsirrige spruchmäßige Bezugnahme auf § 6 GSG steht dem nicht hinderlich entgegen) entschieden. Es entspricht sohin der Rechtslage, wenn der LAS und schließlich die belangte Behörde - entgegen der von der Beschwerde offenbar vertretenen Meinung - von der Zuständigkeit der Erstinstanz zu der von ihr getroffenen Sachentscheidung ausgegangen sind.

Die insoweit behauptete Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor.

Daraus folgt ohne weiteres auch die Unhaltbarkeit des Vorwurfes der Beschwerdeführerin, sie sei durch den bekämpften Bescheid in dem Recht auf Entscheidung über ihren Entschädigungsantrag verletzt worden: Da die Frage der Einräumung einer Entschädigung an die Beschwerdeführerin nicht Thema des Abspruches des angefochtenen Bescheides war, kommt eine Beeinträchtigung der Rechtssphäre der Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht nicht in Betracht.

2.1. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin habe die belangte Behörde das seinerzeit eingeräumte Bringungsrecht deshalb gesetzwidrig abgeändert, weil sie den Grundsatz, daß fremde Liegenschaften in möglichst geringem Maße in Anspruch zu nehmen seien, außer acht gelassen habe. Im seinerzeitigen "Einräumungsbescheid" sei eine Breite des Weges nicht festgelegt worden. Die mP habe das Bringungsrecht - unwidersprochen bisher lediglich in einer Breite von 2,30 m ausgeübt. Die Beschwerdeführerin habe sich gegen jede Verbreiterung über 2,40 m hinaus ausgesprochen. Im angefochtenen Bescheid fehle jede Begründung dafür, weshalb eine 3 m breite Kiestragschicht und eine 2,50 m breite Asphaltdecke notwendig sei. Hätte die belangte Behörde diesbezüglich Erhebungen durchgeführt und wären Sachverständige eingeschaltet worden, so wäre zum Vorschein gekommen, daß mit einer Breite von 2,40 m hinsichtlich Kiestragschicht und Asphaltdecke das Auslangen gefunden hätte werden können. Auf Grund eines mangelhaften Verfahrens sei daher die Beschwerdeführerin verpflichtet, mehr Grund als notwendig für die Befestigung des Bringungsrechtes zur Verfügung zu stellen. Hinsichtlich der Wasserabflußverhältnisse habe die Beschwerdeführerin bei der Verhandlung am 29. Mai 1985 vorgeschlagen, oberhalb des Weges Betonschalen einzulegen, damit die Abfuhr des Wassers in den bestehenden Schacht gesichert werde. Ohne hiezu genaue Erhebungen durchzuführen und ohne Sachverständige beizuziehen, habe die belangte Behörde entschieden, daß das Wasser lediglich durch eine einfache Querrinne in den Schacht abgeleitet werden müsse. Unüberprüfbar habe die belangte Behörde diese Maßnahme damit begründet, dies würde genügen. Ob dies der Fall sei, hätte aber unter Beiziehung eines Sachverständigen, der Befund und Gutachten zu erstatteten gehabt hätte, geklärt werden müssen. Dies sei nicht geschehen, daher sei auch in dieser Beziehung das Verfahren mit einem wesentlichen Mangel behaftet.

2.2. Die belangte Behörde hat sich in der Begründung ihres Bescheides in Ansehung der "Bestimmung von Art, Inhalt und Umfang" des Bringungsrechtes (§ 4 Abs. 4 GSG) darauf beschränkt auszuführen, daß für die ordnungsgemäße Ausübung des Bringungsrechtes "zweifellos eine Asphaltdecke in der Breite von 2,5 m (genüge)", und daß zur Vermeidung einer Beschädigung der Trasse "nach Auffassung des Obersten Agrarsenates der Einbau einer 3 m breiten Kiestragschichte von mindestens 30 cm Stärke erforderlich (sei)". In bezug auf die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Beeinträchtigung ihres Grundstückes durch vom oberliegenden Grundstück 869 der mP über den befestigten Weg abfließendes Wasser wurde in der Bescheidbegründung lediglich bemerkt, daß es nach Meinung des Obersten Agrarsenates genüge, dieses Wasser durch eine einfache Querrinne (Wasserspule) in den bestehenden Schacht abzuleiten.

Diese Begründung läßt nicht erkennen, auf welchem Weg die belangte Behörde zu der von ihr vertretenen Auffassung in Hinsicht auf die spruchmäßig festgelegte, als "genügend" bzw. als "erforderlich" angesehene Ausgestaltung der Befestigung des in Rede stehenden Bringungsweges gekommen ist. Es findet sich im angefochtenen Bescheid weder eine Auseinandersetzung mit dem in der Berufung vom 20. November 1984 enthaltenen (und in der Beschwerde wiederholten) Vorbringen, daß die mP seit der Einräumung des Bringungsrechtes im Jahre 1977 - eine Breite sei damals nicht festgelegt worden - das Bringungsrecht nur in einer Breite von 2,30 m ausgeübt habe, noch mit der vom Vertreter der Beschwerdeführerin anläßlich des von der belangten Behörde am 29. Mai 1985 durchgeführten Ortsaugenscheines geäußerten Ansicht, es würde eine Breite von 2,40 m in jeder Hinsicht ausreichen. Gleiches gilt für die in der Verhandlungsschrift vom 29. Mai 1985 festgehaltene Auffassung des Vertreters der Beschwerdeführerin, es bedürfe zur Ableitung des Wassers in den Schacht der Anlegung von Betonschalen. Diese Unterlassung einer argumentativen Befassung mit für den Abspruch durch die belangte Behörde relevantem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren sowie das Fehlen eines Hinweises darauf, auf welche Weise die belangte Behörde zu den den Spruch ihres Bescheides in fachlicher Hinsicht tragenden Schlußfolgerungen gelangt ist, hindern einerseits die Beschwerdeführerin an der zweckentsprechenden Verfolgung ihrer Rechte und anderseits den Gerichtshof an der Nachprüfung des bekämpften Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit in Hinsicht auf § 4 Abs. 4 GSG, demzufolge bei der Bestimmung von Art, Inhalt und Umfang eines Bringungsrechtes vom Bedarf der Liegenschaft, für die das Bringungsrecht eingeräumt werden soll, nach Maßgabe ihrer gegenwärtigen oder glaubhaft gemachten geplanten Bewirtschaftungsart und u.a. von dem Grundsatz auszugehen ist, daß fremde Liegenschaften in möglichst geringem Maße in Anspruch genommen werden.

2.3. Die im gegebenen Zusammenhang von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vorgetragenen Überlegungen, wonach die von der Beschwerdeführerin vermißte Beiziehung eines Sachverständigen ohnehin erfolgt sei, und zwar in der Form, daß das in agrartechnischen Angelegenheiten erfahrene Mitglied der belangten Behörde bei der örtlichen Erhebung am 29. Mai 1985 anwesend gewesen und dessen fachtechnisches Wissen in den angefochtenen Bescheid eingeflossen sei, können an den aufgezeigten Verfahrensmängeln nichts ändern: Abgesehen davon, daß die Nachholung der unterlassenen Begründung in der Gegenschrift die insoweit bestehende Mangelhaftigkeit der bekämpften Entscheidung nicht zu beheben vermag, übersieht die belangte Behörde, daß das von ihr behauptete Einfließen des Sachverstandes des besagten Senatsmitgliedes in ihre Entscheidung nach dem Inhalt der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Akten nicht nachvollziehbar ist. Die Verhandlungsschrift über die am 29. Mai 1985 durch Abgeordnete der belangten Behörde an Ort und Stelle vorgenommenen ergänzenden Erhebungen enthält zwar eine Wiedergabe der (entgegengesetzten) Standpunkte der am Verfahren beteiligten Parteien, jedoch keinerlei Aussagen eines - laut Teilnehmerverzeichnis anwesend gewesenen - "in agrartechnischen Angelegenheiten erfahrenen Beamten des höheren Ministerialdienstes im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft" (§ 6 Abs. 2 Z. 4 Agrarbehördengesetz 1950). Da es an einem Befund und den daraus gezogenen Schlüssen durch das besagte Mitglied der belangten Behörde fehlt und auch in der Begründung des bekämpften Bescheides auf fachliche Aussagen dieses Mitgliedes nicht Bezug genommen wurde, ist weder für die Beschwerdeführerin noch für den Gerichtshof erkennbar, ob und bejahendenfalls in welcher Weise das fachtechnische Wissen dieses Mitgliedes in die Entscheidung der belangten Behörde tatsächlich Eingang gefunden hat. Von da her gesehen ist es auch verfehlt, von der Beschwerdeführerin ein "auf wissenschaftlicher Grundlage erstelltes Gutachten" zur Untermauerung ihres Standpunktes zu verlangen, bestand doch für sie mangels Vorliegens einer die (erstmals) in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebrachten fachlichen Schlußfolgerungen der belangten Behörde stützenden Sachverständigenäußerung kein Anlaß zu einer derartigen Vorgangsweise.

3. Da nach dem Gesagten die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einer anderen Entscheidung hätte kommen können, war der in Beschwerde gezogene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des Antrages (§ 59 Abs. 1 VwGG) - auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 11. März 1986

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