VwGH 85/05/0099

VwGH85/05/009915.10.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissär Dr. Forster, über die Beschwerde des Dipl. Ing. RM und der AM in L, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 15. April 1985, Zl. BauR‑5056/3‑1985 Gu/Schu, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4
BauO OÖ 1976 §60 Abs1
BauO OÖ 1976 §60 Abs2
BauO OÖ 1976 §60 Abs4
BauRallg
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1985050099.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, als der Vorstellung der Beschwerdeführer gegen die Punkte 8) und 9) des Bescheides des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 14. November 1984 keine Folge gegeben worden ist; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 9.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 14. November 1984 wurde den Beschwerdeführern unter Berufung auf § 60 Abs. 2 der Oberösterreichischen Bauordnung 1976 vorgeschrieben, innerhalb einer bestimmten Frist am Bauobjekt Linz, O Straße 58, nachstehende Sicherungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahmen durchzuführen:

„1) Die schadhafte Dacheindeckung des Hauptgebäudes einschließlich der angefaulten Latten ist zur Gänze abzutragen und zu erneuern.

2) Die Giebelsaumbleche, Saumrinnen, Saumbleche und sonstige Blecheinfassungen im Bereich des Hauptgebäudes sind zu erneuern.

3) Der teilweise entfernte Dachbinder im Bereich des Dachgeschosses ist in der ursprünglichen Konstruktion wieder zu erneuern bzw. zu ergänzen. Sollte eine Instandsetzung an der ursprünglichen Stelle nicht möglich sein, so ist die Binder-konstruktion so zu verschieben, daß zum Rauchfang ein lichter Abstand von mind. 10 cm gegeben ist.

4) Die direkt an den Rauchfang anlaufenden Sparren sind auszuwechseln, wobei auch hier zum Rauchfang ein lichter Abstand von ca. 10 cm einzuhalten ist.

5) Der auf der Dachgeschoßdecke lagernde Schutt ist zu entfernen.

6) Die Dacheindeckungen bei den beiden Hofgebäuden sind so instandzusetzen, daß eine Dichtheit gegen eindringende Niederschlagswässer gewährleistet ist.

7) Der nicht mehr ausreichend am Mauerwerksgrund haftende Fassadenverputz ist beim Haupt- und den Nebenobjekten abzuschlagen.

8) Alle schadhaften Fenster, auch die an der ostseitigen Feuermauer, sind zu erneuern und in punkto Gliederung und Sprossenteilung dem Bestand anzugleichen.

9) Der gesamte Fassadenverputz beim Haupt- und den Nebenobjekten ist fachgerecht instandzusetzen bzw. zu erneuern. Nach Abschluß dieser Arbeiten sind alle Flächen einheitlich farblich zu gestalten. In bezug auf die farbliche Gestaltung ist das Einvernehmen mit dem Magistrat Linz, Planungsamt, Abt. Altstadterhaltung, herzustellen. Die vorhandenen Gestaltungs- und Gliederungselemente der Fassade sind zu erhalten. Im Zuge der Fassadeninstandsetzung sind alle Blechabdeckungen bei den Gesimsen und die Sohlbankbleche bei den Fenstern instandzusetzen und zu streichen bzw. erneuern.

10) Die schadhafte Abdeckung des alten Rauchfanges ist zu erneuern.“

Der dagegen eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 15. April 1985 mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß die Beschwerdeführer durch diesen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt seien.

Entsprechend der Begründung ihres Bescheides ging die Aufsichtsbehörde davon aus, es stehe unbestritten fest, daß die Dacheindeckung des Hauptgebäudes, die Giebelsaumbleche, Saumrinnen, Saumbleche und sonstigen Blecheinfassungen im Bereich des Hauptgebäudes schadhaft seien, die Dachbinder im Bereich des Dachgeschosses teilweise entfernt worden seien, die Dacheindeckungen an den beiden Nebengebäuden, der Fassadenputz am Hauptgebäude und an den Nebengebäuden sowie die Fenster teilweise schadhaft bzw. erneuerungsbedürftig seien. Die Beschwerdeführer hätten sich nur gegen das Ausmaß der vorgeschriebenen Instandsetzungsmaßnahmen gewandt bzw. im Einzelfall das Vorliegen eines Baugebrechens im Sinne des § 60 der Oberösterreichischen Bauordnung bestritten. Dazu werde festgestellt, daß im Gutachten des Amtssachverständigen des Magistrates Linz anläßlich der Augenscheinsverhandlung am 5. März 1984 bzw. dessen Stellungnahme zum Berufungsvorbringen vom 11. September 1984 schlüssig ausgeführt worden sei, daß die Dachkonstruktion des Bauobjektes durch Umbaumaßnahmen im Dachgeschoßbereich, durch Errichtung eines Rauchfanges und Entfernung einer Binderkonstruktion so weit verändert worden sei, daß bereits Durchbiegungen an den Pfetten aufgetreten seien. Weiters sei die aus Rhombuseternitplatten bestehende Eindeckung des Hauptdaches an vielen Stellen undicht. Die Eternitplatten seien insgesamt mürbe und undicht. Auch die Befestigung - die teilweise nur mit Drähten erfolgt sei - sei durchgerostet und lose. Aus diesem Grunde seien schon einzelne Eternitplatten abgerutscht und auf das Gehsteig- bzw. Hofniveau abgefallen. Insgesamt müsse daher die Dacheindeckung als abgedient und erneuerungsbedürftig betrachtet werden. Infolge dieses Gutachtens sei es nicht denkunmöglich, daß durch herabfallende Eternitplatten - umso mehr, als dies bereits geschehen sei - Menschen gefährdet werden. Zudem könne bei dem schlechten Allgemeinzustand der Dacheindeckung und den festgestellten Schäden im Bereich der Dachlatten und -pfetten nicht ausgeschlossen werden, daß das Dach durch besondere Belastungen, wie etwa Schneedruck, einstürze und somit Personen gefährdet werden. Das gleiche gelte für die Dacheindeckung der beiden Nebengebäude, deren Eindeckung ebenfalls schadhaft und undicht sei. Durch die schon dauernde Durchfeuchtung könne eine Beeinträchtigung der Standfestigkeit sowohl der Dach- als auch der Deckenkonstruktion erfolgen und damit bei einem eventuellen Einsturz eine Gefährdung von Personen eintreten. Dies umso mehr, als die Nebengebäude Lagerzwecken dienten und damit ständig von Personen betreten werden. In diesem Zusammenhang werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1969, Zl. 341/68, verwiesen, wonach ein Baugebrechen immer schon dann vorliege, wenn mit dem Eintritt eines das Leben oder die Gesundheit gefährdenden Zustandes nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften gerechnet werden müsse; sei es, daß dieser Zustand unmittelbar bevorstehe oder mit dem Eintritt in kürzerer oder längerer Zeit gerechnet werden müsse. Dies könne im gegenständlichen Fall keineswegs ausgeschlossen werden, umso mehr, als vom Hauptgebäude sogar schon Eternitplatten auf das Gehsteig- bzw. Hofniveau abgefallen seien. Die Baubehörde habe daher zu Recht angenommen, daß hier ein Baugebrechen im Sinne des § 60 der Oberösterreichischen Bauordnung vorliege. Da das Vorliegen eines Baugebrechens bejaht worden sei, seien auch die entsprechenden Instandsetzungs- bzw. Sicherungsmaßnahmen vorzuschreiben gewesen. Unter Berufung auf das Sachverständigengutachten sei die Baubehörde weiters zu dem Schluß gekommen, daß beim Hauptgebäude eine gänzliche Abtragung der schadhaften Dacheindeckung und der angefaulten Dachlatten sowie die Erneuerung die einzig mögliche, aber auch erforderliche Maßnahme sei, um eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder körperliche Sicherheit von Menschen auszuschließen. Eine Teilerneuerung der Dacheindeckung wäre daher unter Hinweis auf die Verwaltungsgerichtshof‑Entscheidung keineswegs zweckmäßig gewesen, da dann die latente Gefahr dauernd weiter bestanden hätte. Bei den Nebengebäuden sei ohnehin nur eine entsprechende Instandsetzung vorgeschrieben worden. Demnach sei den Beschwerdeführern, da eine Instandsetzung des Daches beim Hauptgebäude auf verschiedene Art und Weise nicht möglich sei, auch nicht Gelegenheit zu geben gewesen, innerhalb angemessener Frist mitzuteilen, wie sie die Instandsetzung durchzuführen beabsichtigten. Die Beschwerdeführer würden hier offenbar verwechseln, daß der Instandsetzungsauftrag, wie auch der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck bringe (vgl. Erkenntnis vom 16. November 1970, Zl. 609/69), im wesentlichen nur bedeute, daß die festgestellten Bauordnungswidrigkeiten im Sinne des baupolizeilichen Auftrages zu beseitigen seien, die Art der Schadensbehebung dem Eigentümer aber grundsätzlich freistehe. Es sei somit lediglich die erforderliche Maßnahme fixiert worden; hinsichtlich der Art verbleibe dem Eigentümer jedoch ein Ermessensspielraum. In diesem Zusammenhang dürfe auch darauf hingewiesen werden, daß die Verpflichtung zur Beseitigung von Baugebrechen - auch ohne baupolizeilichen Auftrag - schon kraft Gesetzes (Bauordnung) entstehe. Soweit dies die Erneuerung der Giebelsaumbleche, Saumrinnen, Saumbleche und sonstige Blecheinfassungen sowie des Fassadenverputzes am Haupt- und Nebengebäude, die Rauchfangabdeckung und die Fenster betreffe, dürfe im wesentlichen - soweit dies das Vorliegen eines Baugebrechens betreffe - auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Zum Fassadenverputz sei grundsätzlich festzustellen, daß ein Baugebrechen schon dann vorliege, wenn Teile desselben abzufallen drohen, sodaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen gegeben sei. Auch der Verwaltungsgerichtshof sei in seinem Erkenntnis vom 23. Juni 1981, Zl. 81/05/0056, 0057, zu dem Ergebnis gekommen, daß bei herabfallenden Verputzteilen, die zu einer Körperverletzung führen könnten, das Vorliegen eines Baugebrechens zu bejahen sei. Zur detaillierten Beschreibung des Baugebrechens, insbesondere des Fassadenverputzes, dürfe weiters auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1968, Zl. 1850/67, verwiesen werden, wonach es sich bei einem schadhaften Verputz ebenso wie bei einer schadhaften Dacheindeckung um Baugebrechen handle, bei welchen die Umschreibung des Schadens niemals in allen Einzelheiten möglich sei. Bauaufträge, die die Beseitigung solcher Baugebrechen zum Gegenstand haben, seien so zu verstehen, daß jene Schäden zu beheben seien, „die auch ein Sachkundiger“ (gemeint: Sachunkundiger ?) als solche erkennen könne. In diesem Sinne sei auch die Formulierung des Instandsetzungsauftrages zu verstehen, wenn darin von der fachgerechten Instandsetzung des gesamten Fassadenverputzes beim Haupt- und den Nebengebäuden die Rede sei. Die vorgeschriebene Erneuerung aller Blechabdeckungen sei unter Hinweis auf die Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 11. September 1984 im Zusammenhang mit der Instandsetzung des Fassadenverputzes ebenfalls erforderlich, da ohne die letztere Maßnahme keinesfalls eine Instandsetzung in einen guten, der Bauordnung entsprechenden Zustand gewährleistet wäre. Im Zuge einer Fassadeninstandsetzung sei es unerläßlich, daß auch die schadhaften Verblechungen bei den Fenstern und sonstigen Gesimsen instandgesetzt werden, da sonst die Fassade durch Witterungseinflüsse sofort wieder beeinträchtigt würde. Außerdem komme es durch schadhafte Verblechungen zu einer Durchfeuchtung der Außenmauern, durch welche sowohl der Isolierwert als auch der Bestand dieser Wände Nachteile erleide. Das gleiche gelte auch für die Instandsetzung bzw. Erneuerung der Fenster. Der Auftrag der Baubehörde beschränke sich insofern auf das erforderliche Ausmaß, als nur vorgeschrieben werde, daß der gesamte Fassadenverputz fachgerecht instandzusetzen bzw. zu erneuern sei. Dies komme keinesfalls einer gänzlichen Erneuerung gleich, sondern betreffe, wie auch der Verwaltungsgerichtshof erkannt habe, daher eine entsprechende Konkretisierung des Auftrages nicht möglich sei, lediglich die schadhaften Teile. Dies treffe auch für die Fenster zu. Soweit eine Mangelhaftigkeit des Gutachtens vom 11. September 1984 gerügt werde, sei darauf hinzuweisen, daß es sich hier um eine ergänzende Stellungnahme zum Gutachten vom 3. Mai 1984 handle. In diesem Gutachten sei jedoch eine ausreichende befundmäßige Beschreibung der Bauteile des Hauses und der aufgetretenen Schäden erfolgt. Da es sich somit um kein neues Gutachten handle und weiters auch das am 3. Mai 1984 anläßlich der Verhandlung an Ort und Stelle abgegebene Gutachten als ausreichend zu betrachten sei, sei das Vorstellungsbegehren unbegründet. Zu Punkt 5. des erstinstanzlichen Bescheides (Räumung des Dachgeschosses) werde darauf hingewiesen, daß der jeweilige Eigentümer das Bauobjekt vertrete und der Baubehörde gegenüber für die Erhaltung des bauordnungsgemäßen Zustandes verantwortlich sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 9. Dezember 1969, Zl. 688/68) verpflichte ein baupolizeilicher Auftrag alle Miteigentümer. Die Leistung sei ihnen nicht zu bestimmten Teilen sondern als Ganzes auferlegt. Stehe eine Liegenschaft im Eigentum mehrerer Personen, so sei jeder Miteigentümer verpflichtet, alle tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und seiner Instandhaltungspflicht nachzukommen. Die Entscheidung der Behörde erster Instanz, auch den Beschwerdeführern die Räumung des Dachgeschosses vorzuschreiben, sei daher richtig gewesen. Wenn nun dazu vorgebracht werde, daß diesem Auftrag inzwischen entsprochen worden sei und dieser Auftrag daher in der Berufungsentscheidung nicht mehr hätte ergehen dürfen, so sei dazu festzustellen, daß die Berufungsbehörde die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung zu berücksichtigen habe. Zufolge der Einwendungen der Beschwerdeführer habe die Berufungsbehörde jedoch keinesfalls annehmen können, daß dem Auftrag in diesem Punkt bereits entsprochen worden sei. Es sei eher das Gegenteil anzunehmen gewesen, da in der Berufung vorgebracht worden sei, daß gegen die Miteigentümer ein bezirksgerichtliches Verfahren eingeleitet worden sei, da sie trotz mehrmaliger Aufforderungen den Schutt noch nicht beseitigt hätten. Die Bergungsbehörde habe daher mit Recht annehmen müssen, daß diesem Punkt noch nicht entsprochen worden sei, weshalb auch ihre Entscheidung richtig gewesen sei. Die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Begründungsmängel seien insgesamt unbegründet, da sie zum Teil nur den Bescheid erster Instanz betreffen, in der Berufungsentscheidung jedoch eine ausreichende Begründung gegeben sei, letztlich aber zum Teil überhaupt unrichtig seien. Die Berufungsbehörde habe sich in ihrer Entscheidung auf die vom Amtssachverständigen am 3. Mai 1984 während der Augenscheinsverhandlung festgestellten Mängel bzw. ergänzend eingeholte Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 11. September 1984 gestützt, in der diese Mängel noch näher präzisiert worden seien. Die Begründung der Berufungsbehörde sei daher in allen Punkten ausreichend. Alles in allem habe festgestellt werden können, daß die Sicherungs- und Instandsetzungsmaßnahmen zu Recht aufgetragen worden seien und durch das Verfahren Rechte der Beschwerdeführer nicht verletzt worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erwogen hat:

Gemäß § 60 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1976 liegt ein Baugebrechen vor, wenn sich der Zustand einer baulichen Anlage so verschlechtert hat, daß eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit, die Hygiene oder die körperliche Sicherheit von Menschen oder für fremde Sachwerte entsteht, daß das Orts- oder Landschaftsbild verunstaltet wird oder daß schädliche Umwelteinwirkungen entstehen, gleichgültig, worauf die Verschlechterung zurückzuführen ist. Zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat die Baubehörde, wenn sie vom Vorliegen eines Baugebrechens Kenntnis erlangt, die allenfalls erforderlichen Sicherungsmaßnahmen (einschließlich der Räumung von Bauten oder Bauteilen) anzuordnen und dem Eigentümer unter Gewährung einer angemessenen Frist die Behebung des festgestellten Baugebrechens durch Instandsetzung (falls erforderlich, auch durch andere als bisher verwendete Materialien und Konstruktionen) oder, wenn eine Instandsetzung nicht mehr möglich ist, die Abtragung aufzutragen.

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides weisen die Beschwerdeführer erneut daraufhin, daß sich die baubehördlichen Instandsetzungsaufträge auf das erforderliche Ausmaß zu beschränken haben, und meinen, daß dies hinsichtlich des Auftrages zur gänzlichen Abtragung und Erneuerung der schadhaften Dacheindeckung des Hauptgebäudes einschließlich der angefaulten Latten, der Giebelsaumbleche, Saumrinnen, Saumbleche und sonstige Blecheinfassungen im Bereich des Hauptgebäudes, bezüglich der Anordnung der Wiederanbringung der Dachbinder im Bereich des Dachgeschosses sowie hinsichtlich der vorgeschriebenen Auswechslung der direkt an den Rauchfang anlaufenden Sparren nicht zutreffe.

Gemäß Punkt 1) des durch den Berufungsbescheid insoweit aufrecht erhaltenen erstinstanzlichen Bescheides wurde den Beschwerdeführern aufgetragen, „die schadhafte Dacheindeckung des Hauptgebäudes einschließlich der angefaulten Latten zur Gänze abzutragen und zu erneuern“. Diese Vorschreibung erfolgte aufgrund der beim Ortsaugenschein vom 3. Mai 1984 getroffenen Feststellung des Amtssachverständigen, wonach die Dacheindeckung als abgedient und sohin als erneuerungsbedürftig zu beurteilen sei, da Feuchtigkeit bei Niederschlägen nicht nur im Bereich der gebrochenen oder fehlenden Eternitplatten eindringe, sondern auch durch die Porösität der Platten Feuchtigkeit auf die Dachlattung und die Sparren einwirke. Dieser Feststellung sind die Beschwerdeführer im Zuge dieser Verhandlung im wesentlichen lediglich mit der Behauptung entgegengetreten, daß von einer Gefahr im Verzuge für Leib und Leben im Sinne des § 60 der Oberösterreichischen Bauordnung dicht gesprochen werden könne. Sie haben jedoch nicht in Abrede gestellt, daß die noch nicht gebrochenen Eternitplatten derart porös sind, daß auch in diesem Bereich Feuchtigkeit auf die Dachlattung und die Sparren eintritt, weshalb die Behörde berechtigterweise den Auftrag zur gänzlichen Abtragung und Erneuerung der schadhaften Dacheindeckung erteilt hat. Im übrigen liegt ein Baugebrechen im Sinne des § 60 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1976 im Falle des Zustandes eines Gebäudes vor, der dadurch gekennzeichnet ist, daß es nach dem durch eine sachverständige Person voraussehbaren Ablauf der Dinge früher oder später zu einem Schaden am Leben oder an der Gesundheit von Menschen führen muß (vgl. in diesem Sinne das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1967, Zl. 818/67). Es kommt daher im gegebenen Zusammenhang entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht darauf an, ob durch ein undichtes Dach nur langfristig gesehen Schäden an der Holzkonstruktion entstehen. Der in Rede stehende Punkt des baupolizeilichen Auftrages hatte sich demnach nicht auf die Auswechslung „einzelner Eternitplättchen“ oder die Beseitigung „einzelner“ Roststellen an Befestigungsdrähten“ derselben zu beschränken. Im Zusammenhang mit dem Auftrag zur Erneuerung der Giebelsaumbleche, Saumrinnen, Saumbleche und sonstigen Blecheinfassungen im Bereich des Hauptgebäudes ist festzuhalten, daß der Amtssachverständige anläßlich des erwähnten Augenscheines - unwidersprochen - festgestellt hat, die Blecheinfassungen der Rauchfänge, die Saumbleche sowie auch die Hängerinnen und Saumrinnen im Hauptgebäude und an den beiden neuen Gebäuden seien bis auf geringfügige Bereiche schadhaft und ebenfalls erneuerungsbedürftig. Ferner wurde in der Äußerung des Amtssachverständigen vom 11. September 1984 ausgeführt, daß sich der Zustand der Giebelsaumbleche, Saumrinnen und Saumbleche des Hauptgebäudes so verschlechtert habe, daß eine Gefährdung von Personen gegeben erscheine und eine Erneuerung unumgänglich sei. Auch dieser Feststellung sind die Beschwerdeführer in tatsächlicher Hinsicht nicht entgegengetreten, weshalb der Gerichtshof auch in bezug auf den unter Punkt 2. erteilten Auftrag keine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit zu erkennen vermag. Im übrigen haben die Beschwerdeführer nicht dargetan und ist auch für den Gerichtshof nicht zu erkennen, inwieweit sich die Behörde bei den Vorschreibungen, die Dachbinder im Bereich des Dachgeschosses wieder anzubringen und die an den Rauchfang anlaufenden Sparren auszuwechseln, nicht auf das erforderliche Ausmaß beschränkt hätte.

In der Folge behaupten die Beschwerdeführer eine Verletzung der Vorschrift des § 60 Abs. 4 der Oberösterreichischen Bauordnung 1976 mit der Begründung, die Behörde hätte ihnen im Hinblick auf das Ausmaß der erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen im Bereich des Daches im Sinne dieser Bestimmung Gelegenheit geben müssen, innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist mitzuteilen, wie sie die Instandsetzung durchzuführen beabsichtigen. Dies sei jedoch unterblieben.

Bei diesem Vorbringen übersehen die Beschwerdeführer, daß die erwähnte Vorschrift nur dann anzuwenden ist, wenn die Behebung der Baugebrechen durch Instandsetzung auf verschiedene Art und Weise möglich ist, wovon deshalb nicht die Rede sein kann, weil die belangte Behörde auf Grund des schon dargestellten Ermittlungsergebnisses - ohne eine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG relevante Verletzung von Verfahrensvorschriften - von der Notwendigkeit auszugehen hatte, im Sinne des Punktes 1) des erteilten Auftrages die „schadhafte Dacheindeckung ...... zur Gänze .... zu erneuern“. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführer ist die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die in Rede stehende Bestimmung der Bauordnung eingegangen, weil sie ausdrücklich erwähnt hat, daß den Beschwerdeführern nicht Gelegenheit zu geben war, innerhalb angemessener Frist mitzuteilen, wie sie die Instandsetzung durchzuführen beabsichtigen, da eine Instandsetzung des Daches am Hauptgebäude auf verschiedene Art und Weise nicht möglich sei. Dieser Auftrag ist auch nicht etwa unter dem von den Beschwerdeführern relevierten Gesichtspunkt rechtswidrig, das ihnen „keinerlei Ermessensspielraum“ eingeräumt worden sei, da ihnen, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend ausgeführt hat, die Art und Weise der Dacherneuerung insoferne freigehalten worden ist, als das Material für die Dacheindeckung von den Beschwerdeführern selbst gewählt werden kann.

Unter Bezugnahme auf Punkt 5) des gegenständlichen baupolizeilichen Auftrages („der auf der Dachgeschoßdecke liegende Schutt ist zu entfernen“) bringen die Beschwerdeführer vor, daß dieser Schutt inzwischen von den Miteigentümern entfernt worden sei, weshalb der diesbezügliche Auftrag gegenstandslos geworden sei. Die belangte Behörde habe übersehen, daß die Berufungsbehörde aufgrund der ihr im Verwaltungsverfahren obliegenden Pflichten zur amtswegigen Feststellung des Sachverhaltes zu einer Überprüfung verpflichtet gewesen wäre, inwieweit den erteilten Aufträgen mittlerweise entsprochen worden sei. Die diesbezügliche Unterlassung hätte die belangte Aufsichtsbehörde aufzugreifen gehabt, weshalb der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei.

Mit diesem Vorbringen vermögen die Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil in der Herstellung eines Zustandes, der einem erlassenen, im Instanzenzug angefochtenen baupolizeilichen Auftrag entspricht, keine von der Berufungsbehörde zu beachtende Änderung des maßgebenden Sachverhaltes zu erblicken ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. April 1956, Slg. N. F. Nr. 4040/A).

Auch die bisher noch nicht behandelten, der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gewidmeten Beschwerdeausführungen zu folgenden Punkten sind nicht begründet: Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer wurde das Ausmaß der Schäden des gegenständlichen Hauses entsprechend der ausführlichen Darstellung in der am 3. Mai 1984 aufgenommenen Niederschrift über das Ergebnis des Augenscheines festgehalten, wobei die Beschwerdeführer den diesbezüglichen Ausführungen des Sachverständigen im Zuge der Verhandlung in tatsächlicher Hinsicht nicht entgegengetreten sind. Bezüglich der Giebelsaumbleche, Saumbleche und Saumrinnen hat der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 11. September 1984, wie schon erwähnt, festgestellt, deren Zustand habe sich so verschlechtert, daß eine Gefährdung von Personen gegeben erscheine und eine Erneuerung unumgänglich sei. Bei dieser Sachlage bestand für die belangte Behörde keine Verpflichtung, die Behauptung der Beschwerdeführer, wonach die Giebelsaumbleche, Saumbleche und Saumrinnen, je nach dem, ob sie sich auf der Wetterseite oder der geschützten Seite des Hauses befinden, einen unterschiedlichen Zustand aufweisen, zum Anlaß ergänzender diesbezüglicher Ermittlungen zu nehmen, zumal sich aus der Behauptung der Beschwerdeführer nicht zwangsläufig ergibt, daß ein allenfalls unterschiedlicher Zustand dieser Bleche gegen die Notwendigkeit der Erneuerung derselben spricht.

Ungeachtet dessen ist der angefochtene Bescheid jedoch insoweit rechtswidrig, als der Vorstellung der Beschwerdeführer gegen den in Rede stehenden Berufungsbescheid hinsichtlich der Punkte 8) und 9) keine Folge gegeben worden ist.

Der unter Punkt 8) erteilte Auftrag, „alle schadhaften Fenster .... zu erneuern“, läßt die Möglichkeit außer acht, die schadhaft gewordenen Fenster gegebenenfalls lediglich instandzusetzen, wenn sich eine Erneuerung derselben unter Bedachtnahme auf den Sinn der Vorschrift des § 60 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1976 noch nicht als erforderlich erweist. (In der Begründung des angefochtenen Bescheides ist ausdrücklich die Rede davon, daß die Fenster „teilweise schadhaft bzw. erneuerungsbedürftig“ sind.) Ferner ist die Behörde auf Grund dieser Bestimmung nicht berechtigt, dem Eigentümer einer Baulichkeit den Auftrag zu erteilen, die Fenster „in punkten Gliederung und Sprossenteilung dem Bestand anzugleichen“. Diesbezügliche Änderungen könnten unter dem Gesichtspunkt einer Störung des Ortsbildes Gegenstand eines Baubewilligungsverfahrens sein (vgl. § 41 Abs. 1 lit. d leg. cit.).

Auch für den unter Punkt 9) erteilten Auftrag, „in bezug auf die farbliche Gestaltung das Einvernehmen mit dem Magistrat der Stadt Linz, Planungsamt, Abt. Altstadterhaltung, das Einvernehmen herzustellen“, fehlt die gesetzliche Deckung. Abgesehen davon darf die Erteilung eines baupolizeilichen Auftrages nicht von einem formlosen „Einvernehmen“ mit einer Dienststelle des Magistrates abhängig gemacht werden. Da die belangte Aufsichtsbehörde diese Rechtswidrigkeiten des Berufungsbescheides nicht aufgegriffen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid insoweit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu dessen teilweiser Aufhebung führen mußte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 15. Oktober 1985

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