VwGH 84/17/0137

VwGH84/17/013714.7.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde der Gemeinde Engerwitzdorf, vertreten durch DDr. Heinz Mück, Rechtsanwalt in Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 8. Juni 1984, Zl. Gem-6662/2-1984-Gt, betreffend Vorschreibung einer Wasseranschlußgebühr (mitbeteiligte Partei: KS in E), zu Recht erkannt:

Normen

InteressentenbeiträgeG OÖ 1958 §1 Abs1 litb idF 1973/057;
WassergebührenO Engerwitzdorf §2 Abs2;
InteressentenbeiträgeG OÖ 1958 §1 Abs1 litb idF 1973/057;
WassergebührenO Engerwitzdorf §2 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 22. September 1983 schrieb der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde der mitbeteiligten Partei für den Anschluß ihres Grundstückes an die Wasserversorgungsanlage der Gemeinde eine Wasserleitungsanschlußgebühr in der Höhe von S 31.125,-- vor. Der Vorschreibung lag eine Bemessungsgrundlage von 249 m2 zugrunde, von der 35 m2 auf eine Garage entfielen.

Die Mitbeteiligte erhob gegen die Einbeziehung der Garagenfläche von 35 m2, welche sich mit S 4.375,-- auf die Gebühr niederschlug, mit der Begründung Berufung, daß es sich um eine freistehende Garage handle, welche über keinen Wasserleitungsanschluß verfüge. Den übrigen Betrag von S 26.750,-- erkenne sie an.

1.2. Mit Bescheid vom 30. Dezember 1983, ausgefertigt auf Grund des Beschlusses vom 7. November 1983, gab der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde der Berufung keine Folge. In der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Engerwitzdorf vom 24. Oktober 1980, mit der eine Wassergebührenordnung für die öffentliche Wasserversorgungsanlage Engerwitzdorf erlassen wird (im folgenden: WasserGebO 1980), sei ausdrücklich die Miteinbeziehung aller freistehenden Garagen in die Bemessungsgrundlage vorgesehen.

Die mitbeteiligte Partei erhob Vorstellung.

1.3. Mit Bescheid vom 8. Juni 1984 gab die Oberösterreichische Landesregierung dieser Vorstellung Folge, hob den Bescheid des Gemeinderates auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Gemeinde. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, die Gemeinde habe nicht beachtet, daß § 2 Abs. 2 vierter Satz WasserGebO 1980 nur subsidiär in Verbindung mit dem ersten Absatz des § 2 Abs. 1 (gemeint wohl: § 2 Abs. 2 erster Satz) zum Tragen kommen könne, nämlich nur für Bauwerke, die einen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluß an die öffentliche Wasserversorgungsanlage aufwiesen. Um aber eine Garage, die selbst keinen Anschluß aufweise, in die Bemessungsgrundlage einbeziehen zu können, müsse diese mit dem gebührenpflichtigen Hauptgebäude eine Einheit darstellen (Hinweis auf das zum Steiermärkischen Kanalabgabengesetz ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1973, Zl. 1184/72). Durch einen lediglich aus optischen Gründen errichteten Bogen, welcher ansonsten keine bauliche oder statische Funktion erfülle, werde das Haus der Mitbeteiligten mit der in einem Abstand von 1,5 m davon errichteten Doppelgarage nicht zu einer baulichen Einheit verbunden. Die Garage sei daher auch nicht mittelbar (durch das Wohngebäude) an die Wasserversorgungsanlage angeschlossen.

1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde der Gemeinde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Gemeinde erachtet sich in ihrem Recht auf Einhebung einer Wasserleitungsanschlußgebühr unter Einbeziehung der Garagenfläche in die Bemessungsgrundlage als verletzt. In der Begründung der Beschwerde heißt es, es liege eine eingeschoßige Bebauung vor, sodaß schon aus diesem Grund die Quadratmeteranzahl der bebauten Grundfläche - also auch einschließlich der bebauten Garagengrundfläche - in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sei. Aber selbst wenn man auf einen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluß bzw. eine mehrgeschoßige Bebauung abstelle, gelte auch in diesem Falle die eindeutige Sondernorm des § 2 Abs. 2 vierter Satz WasserGebO 1980, wonach jedenfalls am Objekt angebaute sowie freistehende Garagen immer in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien. Es komme nicht darauf an, ob die Garagen über einen unmittelbaren oder mittelbaren Wasseranschluß verfügten. Darüber hinaus wäre im Beschwerdefall durch den Torbogen eine unmittelbare Verbindung der Garage mit dem Hauptgebäude gegeben, zumindest aber ein mittelbarer Anschluß.

Es wäre sinn- und zweckwidrig, Garagen, die unmittelbar im Hauptgebäude oder als Kellergaragen benützt würden, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, während angebaute oder freistehende, unmittelbar neben dem Hauptgebäude befindliche Garagen ausgenommen sein sollten, obwohl sie den gleichen Wasserbedarf hervorriefen.

1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 1 des Interessentenbeiträgegesetzes 1958, LGBl. für Oberösterreich Nr. 28 (in der Folge: IBG 1958), in der Fassung LGBl. Nr. 57/1973, lautet auszugsweise:

"(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung folgende Interessentenbeiträge von Grundstückseigentümern und Anrainern (derzeit § 13 Abs. 1 Z. 15 des Finanzausgleichsgesetzes 1973, BGBl. Nr. 445/1972) zu erheben:

  1. a) …..
  2. b) den Beitrag zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage

    - Wasserleitungs-Anschlußgebühr;

    c) …..

    ……

(2) Die Interessentenbeiträge sind auf die einzelnen leistungspflichtigen Grundstückseigentümer oder Anrainer jeweils nach einem einheitlichen objektiven Teilungsschlüssel aufzuteilen.

Als Teilungsschlüssel kommen insbesondere in Betracht: der Einheitswert, die Grundstücksgröße, die Länge des anrainenden Grundstückes, der Anteil des Nutzens an der den Beitrag begründenden Gemeindeeinrichtung oder -anlage oder der Anteil des durch diese beseitigten Nachteils.

……"

§ 2 der WasserGebO 1980 der beschwerdeführenden Gemeinde Engerwitzdorf regelt das Ausmaß der Wasserleitungsanschlußgebühr, die gemäß § 1 der Verordnung für den Anschluß von Grundstücken an die gemeindeeigene, gemeinnützige, öffentliche Wasserversorgungsanlage Engerwitzdorf erhoben wird. § 2 Abs. 2 WasserGebO 1980 lautet:

"(2) Die Bemessungsgrundlage bildet bei eingeschoßiger Bebauung die Quadratmeteranzahl der bebauten Grundfläche (einschließlich Außenmauern), bei mehrgeschoßiger Bebauung die Summe der bebauten Fläche der einzelnen Geschoße jener Bauwerke, die einen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluß an die öffentliche Wasserversorgungsanlage aufweisen. Bei der Berechnung ist auf die volle Quadratmeteranzahl der einzelnen Geschoße abzurunden. Dach- und Kellergeschoße werden nur in jenem Ausmaß berücksichtigt, als sie für Wohn-, Geschäfts- oder Betriebszwecke bzw. als Kellergaragen benützbar ausgebaut sind. An Objekte angebaute oder freistehende Garagen werden in die Bemessungsgrundlage einbezogen. Für vorhandene Schwimm- und Heißluftbäder (Saunas) wird das Flächenausmaß einschließlich Mauerwerk des gesamten Raumes berechnet."

2.2. Nach § 2 Abs. 2 erster Satz WasserGebO 1980 bildet bei eingeschoßiger Bebauung die bebaute Grundfläche jener Bauwerke, die einen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluß an die öffentliche Wasserversorgungsanlage haben, die Bemessungsgrundlage. Bei mehrgeschoßiger Bebauung ist dies die Summe der "bebauten Fläche" der einzelnen Geschoße. Gemäß § 2 Abs. 2 vierter Satz WasserGebO 1980 werden an Objekte angebaute sowie freistehende Garagen in die Bemessungsgrundlage einbezogen. Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung kommt es dabei nicht auf den unmittelbaren oder mittelbaren Anschluß an die Wasserversorgungsanlage an. Letzterenfalls erwiese sich der vierte Satz lediglich als eine wiederholende Klarstellung eines Inhaltes, der im ersten Satz des § 2 Abs. 2 WasserGebO 1980 ohnedies bereits enthalten ist, besteht doch kein Zweifel daran, daß Garagen Bauwerke im Sinne der Verordnung sind. Daß der Verordnungsgeber aber Überflüssiges normiert hätte, darf im Zweifel nicht unterstellt werden. Es kann daher der Rechtsauffassung der belangten Gemeindeaufsichtsbehörde, die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt und die in der Gegenschrift noch klarer zum Ausdruck gebracht wird, nicht gefolgt werden, daß der in Rede stehende § 2 Abs. 2 vierter Satz der Verordnung nur eine Klarstellung, eine normlose Wiederholung, darstelle.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der anzuwendenden Verordnungsstelle sind beim Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß dieses Beschwerdefalles nicht entstanden, denn auch bei Kellergaragen ist nicht darauf abgestellt, daß das Kellergeschoß oder die Garage einen Wasseranschluß oder gar einen Wasserauslaß hat, es wird vielmehr der Umstand, daß ein Raum als Garage benützbar ausgebaut ist, als ein Indiz für einen (zusätzlichen) Wasserverbrauch gewertet. Dies aber entspricht durchaus der Lebenserfahrung und trifft auch für angebaute und freistehende Garagen zu.

2.3. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Gemeindeaufsichtsbehörde die Einbeziehung der Garage der mitbeteiligten Partei in die Bemessungsgrundlage für die Wasseranschlußgebühr zu Unrecht als rechtswidrig beurteilt und den die Berufung der mitbeteiligten Partei abweisenden Bescheid des Gemeinderates vom 30. Dezember 1983 zu Unrecht aufgehoben hat. Sie hat die beschwerdeführende Gemeinde dadurch in ihren Rechten (Art. 119a Abs. 9 B-VG) verletzt.

Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 und 2 VwGG in Verbindung Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Stempelgebührenersatz konnte der beschwerdeführenden Gemeinde nicht zugesprochen werden, da Gebietskörperschaften im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungsbereiches auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gebührenbefreit sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. April 1969, Slg. N. F. Nr. 7554/A, und vom 22. Dezember 1972, Zl. 75/71).

Wien, am 14. Juli 1989

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