VwGH 84/14/0178

VwGH84/14/017819.3.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schöller, über die Beschwerde des EG in Z, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg, Berufungssenat, vom 13. September 1984, Zl. 67-GA3BK-DWe/1984, betreffend Einkommensteuer 1980, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §24;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1984140178.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer unterhielt seinerzeit in der Bundesrepublik Deutschland ein gewerbliches Unternehmen (in der Folge kurz "deutsches Unternehmen" genannt), das er nach eigenen Angaben im Sommer des Jahres 1978 einstellte. Unter Hinweis auf nachträgliche Betriebsausgaben aus diesem Unternehmen begehrte er für das Streitjahr 1980, in dem er im Inland Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielte, eine Verlustveranlagung gemäß § 41 Abs. 2 Z. 2 EStG 1972. Diesem Begehren trug die belangte Behörde mit der im Instanzenzug ergangenen Berufungsentscheidung vom 28. April 1983, Zl. 113-GA3BK-DWe/1982, nicht Rechnung. Der Verwaltungsgerichtshof hob jedoch diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 6. März 1984, Zl. 83/14/0107, (im folgenden als "Vorerkenntnis" bezeichnet) - auf dessen ausführliche Sachverhaltsdarstellung verwiesen sei - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Hiefür war maßgeblich, daß der Gerichtshof zwar die Auffassung der belangten Behörde teilte, daß einem allfälligen Verlust aus dem deutschen Unternehmen nur im Wege des "negativen Progressionsvorbehaltes" Rechnung getragen werden könne, nicht aber deren Rechtsmeinung, dieser Verlust bedürfe auch einer Feststellung durch die deutschen Abgabenbehörden. Dieser Verlust war laut Vorerkenntnis vielmehr von der österreichischen Abgabenbehörde eigenständig - nach österreichischem und nicht nach deutschem Steuerrecht - und ohne irgendeine Bindung an Verwaltungsakte deutscher Abgabenbehörden zu ermitteln und der (österreichischen) Abgabenbemessung (unter negativem Progressionsvorbehalt) zugrunde zu legen.

Der Grundsatz, daß die österreichische Abgabenbehörde eigenständig vorzugehen hatte und an Verwaltungsakte deutscher Abgabenbehörden nicht gebunden war, galt nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes auch für die Lösung der in der aufgehobenen Berufungsentscheidung ebenfalls angeschnittenen "Vorfrage", ob die im Streitjahr 1980 geltend gemachten Betriebsausgaben nicht schon in früheren Jahren Berücksichtigung fanden (bei den Schätzungen des deutschen Finanzamtes). Die österreichische Abgabenbehörde hatte nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes eigene Sachverhaltsfeststellungen darüber zu treffen, ob nicht den strittigen Aufwendungen nach österreichischem Recht in einem gedachten Abgabenverfahren für Vorjahre schon in einem der Vorjahre (und nicht erst im Streitjahr) Rechnung zu tragen war. Es wäre also der Beschwerdeführer dem Vorerkenntnis zufolge aufzufordern gewesen, der österreichischen Abgabenbehörde für jene Jahre, für die eine frühere Zurechnung der als nachträgliche Betriebsausgaben geltend gemachten deutschen Steuern und der Telefongebühren in Betracht kam, alle Unterlagen vorzulegen, die eine Ermittlung des Betriebsergebnisses des deutschen Betriebes ermöglichen. Hätte der Beschwerdeführer der österreichischen Abgabenbehörde so wie der deutschen Abgabenbehörde keine Unterlagen (Steuererklärungen) vorgelegt oder nur mangelhafte Unterlagen im Sinne des § 184 Abs. 3 BAO, so hätte auch die österreichische Abgabenbehörde für die fraglichen Vorjahre mit einer gedachten Schätzung des Betriebsergebnisses vorgehen können. Dies hätte, sofern eine solche Schätzungsmethode ein annähernd richtiges Ergebnis verbürgte, auch eine Globalschätzung sein können, bei der alle die Zeit bis zur Gewerbeabmeldung betreffenden Aufwendungen berücksichtigt werden, auch wenn sie erst später zu Zahlungen führen.

Sind die Betriebsergebnisse, wie der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis weiters aufzeigte, nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleiches zu ermitteln, so können Steuern und Gebühren nur jenem Jahr zugerechnet werden, in dem der Aufwand (die Schuld) entstanden ist; die Zahlung wäre ohne Belang.

Sollten die Betriebsergebnisse aber durch Einnahmen-Ausgabenrechnung zu ermitteln sein und weiters eine schrittweise Abwicklung des deutschen Betriebes stattgefunden haben, so könnten im Streitjahr mit der Zahlung der betrieblichen Steuern und Gebühren nachträgliche Betriebsausgaben (negative Einkünfte gemäß § 32 Z. 2 EStG 1972) erwachsen sein. Zur schrittweisen Abwicklung verwies der Verwaltungsgerichtshof auf Hofstätter-Reichel, Kommentar zum EStG 1972, § 24 Tz. 31. Eine schrittweise Abwicklung des deutschen Betriebes in der Zeit vor der amtswegigen Abmeldung im September 1978 war im Beschwerdefall nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes keineswegs auszuschließen, zumal der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen hatte, daß er sich bereits 1976 "in statu cridae" befunden habe.

Fest stand aber laut Vorerkenntnis auch, daß der deutsche Betrieb des Beschwerdeführers nach seiner Abmeldung im September 1978 nicht mehr existierte. Mangels eines Betriebes konnte der Beschwerdeführer auch kein Betriebsvermögen mehr erwerben, und zwar auch kein negatives in Form von Betriebsschulden. Es bildeten daher auch die laut erster Beschwerde erst nach Gewerbeabmeldung aufgenommenen Kredite keine Betriebsschuld und die dafür aufgewendeten Kreditkosten (Zinsen) keine Betriebsausgaben. Der Verwaltungsgerichtshof führte in diesem Zusammenhang sein Erkenntnis vom 14. März 1978, Zl. 2818/77, Slg. Nr. 5240/F, an.

Im fortgesetzten Verwaltungsverfahren ersuchte sodann das Finanzamt den Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf das Vorerkenntnis, alle Unterlagen vorzulegen, die eine Ermittlung des Betriebsergebnisses des deutschen Betriebes für die Jahre 1976 bis 1978 ermöglichten, und die genauen Umstände und den zeitlichen Ablauf der Betriebsaufgabe darzulegen.

Der Beschwerdeführer teilte hiezu mit, daß in Ermangelung jedweder Unterlagen eine Ermittlung des Ergebnisses des Betriebes für die Jahre 1976 bis 1978 unmöglich sei. Aus diesem Grund sei auch eine Schätzung gemäß § 184 Abs. 3 BAO unmöglich, weil auch eine Schätzung auf irgendwelchen Unterlagen beruhen müsse, damit ein annähernd richtiges Ergebnis herauskomme. Der deutsche Betrieb sei nicht schrittweise abgewickelt worden, sondern "wie eine Kerze" erloschen. Nach einem Urteil des (deutschen) Bundesfinanzhofes aus dem Jahre 1980 seien nachträgliche Betriebsausgaben auch gezahlte Betriebssteuern, wenn bei der Gewinnermittlung auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe eine Schlußbilanz nicht erstellt worden und dies nicht zur Erlangung ungerechtfertigter Steuervorteile geschehen sei.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers abermals keine Folge. Begründend führte sie aus, durch das Vorerkenntnis sei bereits klargestellt, daß für den nach der Gewerbeabmeldung aufgenommenen Kredit keine Kosten abgesetzt werden könnten. Strittig sei daher nur mehr, ob und inwieweit betriebliche Steuern und Telefongebühren abgesetzt werden könnten. Auf Grund der ausdrücklichen Mitteilung des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers im fortgesetzten Verwaltungsverfahren stehe nunmehr fest, daß bei dessen deutschem Betrieb keine schrittweise Abwicklung erfolgt sei. Werde aber die betriebliche Tätigkeit durch Betriebsaufgabe beendet, sei zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe ein Betriebsvermögensvergleich vorzunehmen. Dieser wäre nach dem Vorerkenntnis in einem gedachten Abgabenverfahren nach österreichischem Recht durchzuführen, und zwar für das Jahr, in welchem die Betriebsaufgabe erfolgt sei, nämlich 1978. Dabei sei zu prüfen, ob den in Rede stehenden Aufwendungen bei der Durchführung des Betriebsvermögensvergleiches zum Zeitpunkt der Aufgabe des deutschen Betriebes im Jahre 1978 schon Rechnung zu tragen sei und somit eine Berücksichtigung der genannten Ausgaben im Wege des negativen Progressionsvorbehaltes bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 1980 auszuschließen wäre. Dies sei nun in der Tat der Fall, weil die geltend gemachten Betriebssteuern und Telefongebühren bei diesem Betriebsvermögensvergleich durch Einstellung einer Passivpost zu berücksichtigen gewesen wären. Das vom Beschwerdeführer zitierte Urteil des Bundesfinanzhofes schlage nicht durch, da nach dem Vorerkenntnis die österreichische Abgabenbehörde für das Jahr der Betriebsaufgabe (1978) einen gedachten Betriebsvermögensvergleich nach österreichischem Recht durchzuführen habe.

Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den auch im fortgesetzten Verwaltungsverfahren durch einen Steuerberater vertretenen Beschwerdeführer konnte auf Grund der Ausführungen des Vorerkenntnisses und des dort zitierten Schrifttums (Hofstätter-Reichel, aaO) kein Zweifel bestehen, daß die als nachträgliche Betriebsausgaben geltend gemachten Betriebssteuern und Gebühren nach der Lage des Beschwerdefalles (im Wege des negativen Progressionsvorbehaltes) nur Berücksichtigung finden konnten, wenn eine schrittweise Abwicklung des deutschen Betriebes stattfand. Der Beschwerdeführer (sein steuerlicher Vertreter) ist auch in Erledigung des unter Bezugnahme auf das Vorerkenntnis ergangenen Vorhaltes des Finanzamtes betreffend die genauen Umstände und den zeitlichen Ablauf der Betriebsaufgabe auf die Frage der schrittweisen Abwicklung des deutschen Betriebes eingegangen. Wenn auch der der schrittweisen Abwicklung gegenübergestellte Vergleich mit der "erlöschenden Kerze" eher verwirrt denn klargestellt, ist doch die Aussage in der Vorhaltsbeantwortung zur Frage der schrittweisen Abwicklung selbst eindeutig:

"Von einer schrittweisen Abwicklung des Betriebes in der Bundesrepublik Deutschland kann keine Rede sein."

Der Verwaltungsgerichtshof vermag in Anbetracht dieser Äußerung die Annahme der belangten Behörde, es sei keine schrittweise Abwicklung des deutschen Betriebes, sondern anläßlich der Einstellung im Jahre 1978 eine Betriebsaufgabe erfolgt - eine Betriebsveräußerung stand nie zur Diskussion -, nicht als rechtswidrig zu erkennen. In dieser Auffassung bestärkt den Verwaltungsgerichtshof sein Erkenntnis vom 1. März 1983, Zl. 82/14/0187, das zwar den Vater des Beschwerdeführers betrifft, aber doch einen bedeutsamen Bezug zum Beschwerdefall enthält und auf das der Beschwerdeführer selbst in der nunmehr zu beurteilenden Beschwerde hinwies. Im Vorerkenntnis hatte nämlich der Verwaltungsgerichtshof das Vorbringen des Beschwerdeführers in dem diesem Erkenntnis vorangegangenen Verwaltungsverfahren, er habe sich seit 1976 "in statu cridae" befunden, als mögliches Indiz für eine schrittweise Abwicklung des deutschen Unternehmens (ab 1976) gewertet. Aus dem Erkenntnis Zl. 82/14/0187 geht aber hervor, daß der Beschwerdeführer 1976 noch einen namhaften Kredit unter anderem zur Fortführung (Erweiterung) des deutschen Betriebes aufgenommen hatte. Im übrigen werden auch in der vorliegenden Beschwerde (wenn auch vergebliche) Sanierungsversuche bezüglich des 1976 "in statu cridae" befindlichen Unternehmen erwähnt.

Ist nun aber von einer Betriebsaufgabe im Jahre 1978 auszugehen, so ist schon für dieses Jahr ein Aufgabegewinn zu ermitteln, und zwar nach den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 EStG 1972. Dies ergibt sich aus § 24 Abs. 2 und 3 EStG 1972 zwingend und unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe eine Schlußbilanz erstellte oder nicht. In diesen Betriebsvermögensvergleich sind auch Betriebsschulden wie z. B. Schulden für Betriebssteuern einzubeziehen, auch wenn sie erst später gezahlt werden (siehe nochmals das Vorerkenntnis). Weiters war bei dem (gedachten) Betriebsvermögensvergleich auch auf die am 2. November 1976 eingegangene und durch Bürgschaft der Eltern des Beschwerdeführers besicherte Schuld Bedacht zu nehmen, soweit sie bei Betriebsaufgabe noch offen war, so daß spätere Schuldabstattungen an wen immer schon aus diesem Grund zu keinen Betriebsausgaben führen konnten. Daß die im Zusammenhang mit dieser Schuld als nachträgliche Betriebsausgabe geltend gemachte "Refundierung Kreditrate" eine Zinsenzahlung darstellen oder enthalten soll, wird erstmals in der Beschwerde angedeutet, über die der Verwaltungsgerichtshof nunmehr abzusprechen hat, so daß dieses Vorbringen unter das Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG fällt. Das diesbezügliche Vorbringen läßt sich übrigens nur schwer mit jenen Beschwerdeausführungen in Einklang bringen, in denen von einem "bezahlten Bankdarlehen" bzw. der Refundierung einer vom Vater des Beschwerdeführers geleisteten "Kreditrate" die Rede ist. Selbst wenn man aber keinen Verstoß gegen das Neuerungsverbot annehmen wollte, wäre damit für den Beschwerdeführer aus den Erwägungen, die der Verwaltungsgerichtshof in der ihm bereits mit dem Vorerkenntnis bekanntgegebenen Entscheidung vom 14. März 1978, Zl. 2818/77, Slg. Nr. 5240/F, anstellte, rechtlich nichts zu gewinnen.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 19. März 1985

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