VwGH 84/10/0128

VwGH84/10/012816.7.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Stoll als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth, in der Beschwerdesache des E Z in G, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, Mozartstraße 1, gegen die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich betreffend Verletzung der Pflicht zur Entscheidung über eine Berufung in einer Verwaltungsstrafsache nach Art. IX Abs. 1 Z. 2 EGVG 1950 , den Beschluss gefasst:

  

Normen

B-VG Art132;
VStG §31 Abs3;
VStG §45 Abs1 litc;
VStG §45 Abs1 Z3 impl;
VwGG §27;
B-VG Art132;
VStG §31 Abs3;
VStG §45 Abs1 litc;
VStG §45 Abs1 Z3 impl;
VwGG §27;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

  

Begründung

Der Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (in der Folge: belangte Behörde) vom 30. Juni 1980, Zl. St-79/80, mit welchem der Beschwerdeführer im Instanzenzug u. a. schuldig erkannt worden war, am 13. Februar 1980 an näher bezeichnetem Ort in Linz die Verwaltungsübertretung laut Art. IX Abs. 1 Z. 2 EGVG 1950 begangen zu haben - über ihn war deshalb eine Geldstrafe verhängt, die Ersatzarreststrafe war festgesetzt und die Kosten beider Instanzen waren ihm vorgeschrieben worden -, wurde insofern durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 1982, Zl. 10/2843/80, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Mit der Begründung, die belangte Behörde habe ungeachtet dieses Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes bis zum heutigen Tagen keine neuerliche Entscheidung über seine Berufung gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz in dieser Sache vom 30. Juni 1982, Zl. St-79/80 (richtig wohl: vom 2. Mai 1980, Zl. St-137/80-Sti) erlassen, erhebt der Beschwerdeführer die von ihm am 26. Juni 1984 zur Post gegebene und am folgenden Tag beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG.

Die Beschwerde ist nicht zulässig:

Sind seit dem Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat, drei Jahre verstrichen, so darf gemäß § 31 Abs. 3 VStG 1950 ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt und eine verhängte Strafe nicht mehr vollstreckt werden. Aus dieser Bestimmung folgt, daß nach Ablauf der genannten Frist auch kein das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigender Berufungsbescheid ergehen darf (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1977, Slg. N. F. Nr. 9447/A). Die Berufungsbehörde hat in einem solchen Fall daher nur mehr die Befugnis, die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 lit. c VStG 1950 wegen eingetretener Strafbarkeitsverjährung zu verfügen.

Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG kann gemäß § 27 VwGG 1965 erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 25. Mai 1979, Slg. N.F. Nr. 9851/A, festgestellt, daß der Berufungswerber auch in einem Verwaltungsstrafverfahren einen Rechtsanspruch auf Erlassung eines Berufungsbescheides hat, dem auf seiten der Berufungsbehörde deren Entscheidungspflicht gegenübersteht.

Sobald jedoch Strafbarkeitsverjährung eingetreten ist, trifft die Berufungsbehörde diese Pflicht zur Entscheidung, wie sich aus dem zuerst zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1977 folgern läßt, nicht mehr, weil ihr eine Entscheidung darüber, ob der Berufungswerber die strafbare Handlung begangen hat und er deshalb zu bestrafen ist - dies wäre die aufgrund einer fristgerechten und zulässigen Berufung gegen ein Straferkenntnis vor der Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 zur Entscheidung stehende "Sache" -, nicht mehr zukommt; sie darf nämlich nur mehr die Einstellung des Strafverfahrens verfügen. Diesbezüglich trifft die Behörde jedoch eine Entscheidungspflicht nicht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. September 1983, Zlen. 83/04/0125, 0252). Ein subjektives Recht auf Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens steht dem Beschuldigten grundsätzlich nicht zu. Für Ausnahmen von diesem Grundsatz bietet der Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt.

Da die Verwaltungsübertretung gemäß Art. IX Abs. 1 Z. 2 EGVG, sollte sie vom Beschwerdeführer begangen worden sein, nach dem im Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 2. Mai 1980 dem Beschwerdeführer gemachten Vorwurf jedenfalls bereits am 13. Februar 1980 um 4.20 Uhr abgeschlossen gewesen wäre, stand der Bestrafung seit 14. Februar 1983 die Strafbarkeitsverjährung entgegen. Der Berufungsbehörde kam nach dem oben Gesagten folglich ab diesem Zeitpunkt die Befugnis und damit auch die Pflicht zur Entscheidung in der Sache nicht mehr zu. Sie durfte das Verwaltungsstrafverfahren nur mehr wegen Strafbarkeitsverjährung einstellen. Diesbezüglich traf sie jedoch gegenüber dem Beschwerdeführer keine Entscheidungspflicht.

Wegen Fehlens der vom Beschwerdeführer behaupteten Entscheidungspflicht ist eine Säumnisbeschwerde daher unzulässig. Sie mußte gemäß § 34 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen werden.

Wien, am 16. Juli 1984

  

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