Normen
AVG §37;
FlVfLG OÖ 1979 §20 Abs4;
FlVfLG OÖ 1979 §20 Abs6;
AVG §37;
FlVfLG OÖ 1979 §20 Abs4;
FlVfLG OÖ 1979 §20 Abs6;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 9.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Hinsichtlich des Sachverhaltes wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1984, Zl. 84/07/0040, verwiesen, mit dem der Bescheid des LAS beim Amt der OÖ. Landesregierung (der belangten Behörde) vom 15. Dezember 1983 betreffend die Abweisung eines Antrages der Beschwerdeführer auf Übergang der Entscheidungspflicht in Ansehung zweier Entschädigungsanträge wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden war. Der Gerichtshof hatte in diesem Erkenntnis zum Ausdruck gebracht, daß die Beschwerdeführer im Rahmen des Zusammenlegungsverfahrens eine abgesonderte Entscheidung über ihre Entschädigungsbegehren angestrebt hätten. Jede Partei des Verwaltungsverfahrens habe Anspruch auf Erlassung eines Bescheides, wenn ein Antrag offen sei, und zwar auch - bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen - auf Erlassung eines Zurückweisungs-Bescheides (vgl. Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A). Mangels Vorliegens eines Anhaltspunktes dafür, daß das Nichtentscheiden der Agrarbehörde erster Instanz über die beiden Entschädigungsanträge nicht ausschließlich auf ein Verschulden dieser Behörde zurückzuführen sei, habe die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführer auf Übergang der Entscheidungspflicht nicht abweisen dürfen; dies selbst dann nicht, wenn die Entscheidung - falls man vom Rechtsstandpunkt der belangten Behörde ausginge - nur in einer Zurückweisung der Entschädigungsbegehren habe bestehen können.
2. In dem auf Grund dieses aufhebenden Erkenntnisses fortgesetzten Verfahren gab die belangte Behörde mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom 18. Oktober 1984 gemäß §§ 1 und 2 Abs. 2 Agrarverfahrensgesetz 1950 sowie § 73 AVG 1950 dem Antrag der Beschwerdeführer auf Übergang der Entscheidungspflicht Folge und wies gleichzeitig deren Entschädigungsanträge vom 26. November 1980 und vom 19. Februar 1982 in Anwendung des § 21 Abs. 2 lit. e OÖ Flurverfassungs-Landesgesetz 1979, LGBl. Nr. 73 (in der Folge: FLG), als unzulässig zurück.
Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des bisherigen die in Rede stehenden Entschädigungsanträge betreffenden Verfahrensverlaufes zunächst aus, sie habe, da die Agrarbezirksbehörde über diese Anträge innerhalb der im § 73 Abs. 1 AVG 1950 bezeichneten Frist einen Bescheid nicht erlassen habe und dies zufolge des Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisses Zl. 84/07/0040 ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen sei, als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde in der Sache selbst zu entscheiden.
Nach Zitierung des § 20 Abs. 4 FLG (einschließlich einer sinngemäßen Wiedergabe der Gesetzesmaterialien hiezu), des § 20 Abs. 6 und des § 21 Abs. 2 lit. e leg. cit. kam sie zu dem Ergebnis, es sei aus folgenden Gründen sachlich geboten, über die Entschädigungsanträge der Beschwerdeführer im Zusammenlegungsplan (und nicht abgesondert vor dessen Erlassung) abzusprechen:
Abstrahiere man die Argumente, mit denen die Beschwerdeführer ihren Entschädigungsanspruch begründen, so ergebe sich, daß sie die ihnen vorläufig zugeteilte Grundabfindung als nicht gleichwertigen Ersatz für die einbezogenen Altgrundstücke ansähen. Damit würden sie aber, zumindest indirekt, die Gesetzmäßigkeit ihrer Grundabfindung bestreiten, und zwar insbesondere in bezug auf das Postulat der Abfindung mit Grundstücken von tunlichst gleicher Beschaffenheit (§ 19 Abs. 1 FLG) und auf die im § 19 Abs. 7 FLG normierten Grundsätze (hinsichtlich des Betriebserfolges, der Art und Einrichtung des Betriebes etc.). Diese Fragen könnten aber derzeit noch nicht beantwortet werden, weil der Zusammenlegungsplan noch nicht erlassen worden sei. Es wäre ein unzulässiger Vorgriff auf die nächste Stufe des Verfahrens, wenn die belangte Behörde im gegenständlichen Verfahren bereits auf Fragen, welche die Gesetzmäßigkeit der Grundabfindung berührten, einginge. Erst der Zusammenlegungsplan erlaube eine umfassende Beurteilung aller Neuordnungsmaßnahmen und deren Konsequenzen sowie einen Vergleich der Zusammenlegungsvorteile einzelner Parteien. In diesem Zusammenhang sei auch zu bedenken, daß die Grundabfindung einer Partei eine Einheit bilde. Mit diesem Grundsatz unvereinbar seien Überlegungen, die nur Teilaspekte der Neuordnung (z.B. den Vernässungsgrad einzelner Alt- und Neugrundstücke) herausgriffen und sonstige Umstände (z.B. die Verbesserung der Grundstückskonfiguration) außer acht ließen. Im Fall einer materiellen Entscheidung über die Entschädigungsanträge der Beschwerdeführer noch vor Erlassung des Zusammenlegungsplanes bestünde die Gefahr der sachlichen Unrichtigkeit (da noch nicht alle Neuordnungsmaßnahmen umfassend beurteilt werden könnten) und der Verletzung von Rechten der Zusammenlegungsgemeinschaft (gegen die sich ja die Entschädigungsanträge richteten). Bei dem gegebenen Sachverhalt halte es die belangte Behörde allerdings für gerechtfertigt, daß auch die Beschwerdeführer bis zur Erlassung des Zuammenlegungsplanes der Zusammenlegungsgemeinschaft keine Aufwendungen für gemeinsame Anlagen erbrächten. In verfahrensökonomischer Hinsicht sei von Bedeutung, daß die Beschwerdeführer weitere Entschädigungsanträge für die Wirtschaftsjahre 1982 etc. sowie die Beibringung eines Privatgutachtens angekündigt hätten. Die Behörde erster Instanz habe Erhebungen zur Beweissicherung (durch einen landwirtschaftlichen Amtssachverständigen) durchgeführt und auch schon ein Amtsgutachten eingeholt. Das diesbezügliche Ermittlungsverfahren sei fortzusetzen. Als Kernfrage werde im weiteren Verfahren zu beantworten sein, inwieweit die ordnungsgemäße Bewirtschaftung von Teilen der Grundabfindung der Beschwerdeführer noch nicht oder nur erheblich erschwert möglich (gewesen) sei. Hiebei müsse auf die abstrakte Bewirtschaftungsmöglichkeit abgestellt werden; konkrete Dispositionen des Bewirtschafters (hinsichtlich der Art der angebauten Frucht, der Anbauzeit, der Erntezeit etc.) könnten keinesfalls als schadenerhöhende Momente berücksichtigt werden. Im übrigen werde die Erstinstanz angewiesen, den Zusammenlegungsplan zum frühest möglichen Zeitpunkt zu erlassen.
3. Die Beschwerdeführer erachten sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Erhalt einer Entschädigung nach den Bestimmungen des § 20 FLG verletzt. Sie behaupten Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und begehren deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 20 Abs. 4 FLG hat die Zusammenlegungsgemeinschaft dem Übernehmer einer Grundabfindung die Nachteile auszugleichen, die dieser dadurch erleidet, daß die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Grundabfindung oder einzelner Teile derselben noch nicht oder nur erheblich erschwert möglich ist.
Nach Abs. 6 dieses Paragraphen erfolgt die Festsetzung von Entschädigungen gemäß den Abs. 4 und 5 über Antrag, der bei sonstigem Verlust des Anspruches innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes bei der Agrarbehörde einzubringen ist.
Zufolge des § 21 Abs. 2 leg. cit. hat der Zusammenlegungsplan jedenfalls zu enthalten (lit. e) die erforderlichen Verfügungen gemäß dem - hier allein interessierenden - § 20, und zwar soweit, als ihre Erlassung im Zusammenlegungsplan sachlich geboten ist.
2.1. Unter dem Titel inhaltlicher Rechtswidrigkeit rügen die Beschwerdeführer - so ist ihr bezügliches Beschwerdevorbringen wohl zu verstehen -, daß die belangte Behörde ihre Entschädigungsanträge nur unter dem Gesichtspunkt des § 20 Abs. 4 FLG, nicht jedoch auch unter dem der Abs. 1 und 5 dieses Paragraphen geprüft habe.
2.2. Dazu ist den Beschwerdeführen entgegenzuhalten, daß sie weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet haben, es träfen sie die angeblichen Nachteile "im Vergleich zu den übrigen Eigentümern schwerer". Schon im Hinblick darauf bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, § 20 Abs. 1 FLG in ihre Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. Was die vermeintliche Nichtberücksichtigung des § 20 Abs. 5 leg. cit. anlangt, so hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid keineswegs die Ansicht vertreten, es könnte ein Nachteilsausgleich gemäß § 20 Abs. 4 leg. cit. dem Übernehmer einer vorläufigen Grundabfindung nicht zugesprochen werden. Da auch nach den Ausführungen der Beschwerde § 20 Abs. 5 FLG, soweit im vorliegenden Fall von Belang, nicht mehr zum Ausdruckt bringt, als daß mit "Grundabfindung" auch die vorläufig übernommene Grundabfindung gemeint ist, mithin auch vor Erlassung des Zusammenlegungsplanes die Zuerkennung einer Entschädigung im Sinne des § 20 Abs. 4 FLG denkbar und zulässig ist, besteht insoweit zwischen den Beschwerdeführern und der belangten Behörde kein Auffassungsunterschied. Von da her gesehen bewirkt das Fehlen einer ausdrücklichen Bezugnahme auf § 20 Abs. 5 FLG im angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit.
3.1. Die belangte Behörde hat ihre den angefochtenen Zurückweisungs-Bescheid tragende Rechtsansicht, wonach es im Sinne des § 21 Abs. 2 lit. e FLG sachlich geboten sei, über die besagten Entschädigungsanträge (erst) im Zusammenlegungsplan abzusprechen, damit begründet, daß die Beschwerdeführer, indem sie die ihnen vorläufig zugeteilte Grundabfindung als nicht gleichwertigen Ersatz für die einbezogenen Altgrundstücke betrachteten, zumindest indirekt die Gesetzmäßigkeit ihrer Grundabfindung bestritten hätten, eine Behandlung dieser Frage aber vor Erlassung des Zusammenlegungsplanes nicht möglich sei, da erst dieser eine umfassende Beurteilung aller Neuordnungsmaßnahmen und deren Konsequenzen sowie einen Vergleich der Zusammenlegungsvorteile einzelner Parteien erlaube.
3.2. Die Beschwerdeführer haben zwar in ihren beiden bei der Agrarbehörde erster Instanz gestellten Anträgen vom 26. November 1980 und vom 19. Februar 1982 eine Gegenüberstellung ihres Altbestandes mit der ihnen im Rahmen der vorläufigen Übernahme zugewiesenen Grundabfindung insoweit vorgenommen, als sie vorbrachten, ein bestimmtes Ausmaß dränagierter Flächen verloren und dafür ein bestimmtes Ausmaß nicht dränagierter Flächen erhalten zu haben - ein Vorbringen, das für sich allein betrachtet die im Wege eines Devolutionsantrages der Beschwerdeführer zur Entscheidung über die beiden Anträge vom 26. November 1980 und vom 19. Februar 1982 zuständig gewordene belangte Behörde vertretbarerweise zu der Annahme führen konnte, die Beschwerdeführer hätten die Gesetzmäßigkeit der Abfindung, insbesondere in Ansehung der Abfindungsregel der Zuteilung von Grundstücken tunlichst gleicher Beschaffenheit (§ 19 Abs. 1 FLG), bekämpft. Allerdings ist dabei zu beachten, daß die beiden Begehren ausdrücklich als "Antrag auf Feststellung von Entschädigungen" bzw. "Antrag auf Festsetzung einer Entschädigung" bezeichnet waren, und die Beschwerdeführer darin darauf hinwiesen, daß die ihnen vorläufig zugewiesenen nicht dränagierten Grundflächen nicht, jedenfalls nicht unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, bewirtschaftet werden könnten, wodurch sie einen Schaden (Nachteil) erlitten. Diese Ausführungen wurden im Antrag vom 19. Februar 1982 noch durch die ausdrückliche Bezugnahme auf die Bestimmung des § 20 Abs. 4 FLG und die dort "zitierten Nachteile" verbunden mit der Behauptung, daß die Zahlungspflicht (der Zusammenlegungsgemeinschaft) mit Eintritt dieser Nachteile gegeben sei, untermauert.
3.3. Angesichts dieses - in seiner Gesamtheit betrachtet nicht eindeutigen Vorbringens mußten bei der belangten Behörde Zweifel darüber aufkommen, welches Anliegen mit den beschwerdegegenständlichen Anträgen tatsächlich verfolgt wird. Es bedurfte demnach einer diesbezüglichen Klarstellung. Zu einer solchen war die belangte Behörde im Grunde des § 37 AVG 1950 durch Herbeiführen einer entsprechenden Parteienerklärung verpflichtet (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1984, Slg. Nr. 11.625/A, und die dort angeführte Rechtsprechung). Dies umso mehr, als die Aktenlage für die belangte Behörde durchaus den Schluß zuließ, die Beschwerdeführer hätten sich mit ihrer Behauptung der Unmöglichkeit oder nur erheblich erschwerten Möglichkeit der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung einzelner Teile ihrer Grundabfindung (auch) auf den Umstand bezogen, daß zum damaligen Zeitpunkt (Wirtschaftsjahre 1980 und 1981) die im Rahmen des Planes der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen vorgesehene Entwässerung einer Teilfläche des Abfindungsgrundstückes VA 4 noch nicht fertiggestellt war (vgl. auch den zweifelsfrei in diese Richtung zielenden Hinweis in der vorliegenden Beschwerde). Da mithin der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben ist, war die belangte Behörde nicht in der Lage, abschließend zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für eine die Anträge der Beschwerdeführer vom 26. November 1980 und vom 19. Februar 1982 zurückweisende Entscheidung vorliegen.
4. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid - ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A
Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 11. Februar 1986
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