Normen
WRG 1959 §100 Abs2;
WRG 1959 §100 Abs2;
Spruch:
1.) Der Antrag der Beschwerdeführerin, das Speicherkraftwerksprojekt Dorfertal-Matrei (Projektsvariante 1974/3) gemäß § 100 Abs. 2 WRG 1959 zum bevorzugten Wasserbau zu erklären, wird abgewiesen.
2.) Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren sowie der Antrag der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin in Hinblick auf § 55 Abs. 2 VwGG den Ersatz der Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, werden abgewiesen.
Begründung
Die Studiengesellschaft T-Gesellschaft m. b. H. als Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin stellte am 14. März 1978 unter Anschluß der Projektsunterlagen beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (der belangten Behörde) den Antrag, das Speicherkraftwerksprojekt Dorfertal-Matrei in der Ausbauvariante 1974/3 gemäß § 100 Abs. 2 WRG 1959 zum bevorzugten Wasserbau zu erklären. Die vorgeschlagene Projektsvariante 1974/3 weise die geringste eingezogene Wasserfracht mit dem höchsten spezifischen Arbeitswert auf und sei auf Grund der einfachen Anlagenverhältnisse vom ökologischen, technischen und wirtschaftlichen Standpunkt aus als optimale Lösung anzusehen. Die Projektsabwicklung des Kernstückes dieser Kraftwerksanlage, des Jahresspeichers Dorfertal mit der Sperre Dabaklamm, sei bereits eingeleitet, das Sperrenprojekt werde bereits von der Staubeckenkommission behandelt. Der geplante Bau dieses Speicherkraftwerkes sei nicht nur für die regionale Osttiroler Entwicklung von großer Bedeutung, sondern stehe auch im Interesse des Landes Tirol und der gesamtösterreichischen Elektrizitätswirtschaft, da dieses Vorhaben der Energievorratshaltung und der Erzeugung wertvoller Spitzenenergie diene. Bei einer Ausbauleistung von 900 MW im Kraftwerk Matrei würden jährlich 814 GWh (davon 65 % im Winter) erzeugt, was einen wertvollen Beitrag heimischer Energie zur österreichischen Elektrizitätsversorgung darstelle. Auch wasserwirtschaftlich gesehen sei das Projekt der Beschwerdeführerin von Vorteil, weil durch die vergleichmäßigte Wasserabgabe über das Jahr eine Verringerung der Hochwassergefahr im Sommer und eine Niedrigwassererhöhung im Winter in der Isel eintreten werde. Für den Abtransport der Energie stehe die 380 kV-Leitung Lienz-Kaprun bereits seit Ende 1977 zur Verfügung, sodaß keine weiteren Hochspannungs-Leitungsbauten erforderlich sein würden.
Der Projektsbeschreibung ist zu entnehmen, daß das Projekt die Errichtung eines Großspeichers im Dorfertal mit einem Nutzinhalt von 235 Mio m3 vorsieht, der durch eine 220 m hohe Gewölbemauer im Bereich der Dabaklamm geschaffen werden soll. Die Füllung dieses Speichers werde durch zusätzlichen Zufluß über ein umfangreiches Bachableitungssystem von der Gößnitz bis zum Umbaltal auch in Trockenjahren gesichert. Eine Übersicht über die einzelnen geplanten Bachfassungen, deren Anteil am gesamten Nutzwasserdargebot im Regeljahr und über deren geographische Situierung ist dem dieser Entscheidung angeschlossenen Übersichtsplan (Seite 4) und der nachfolgenden Zusammenstellung zu entnehmen:
BACHFASSUNG | hm3 | % | |
1) | Obere Isel (Umbal) | 68,7 | 15,2 |
2) | Maurerbach einschließlich Malhambach | 37,9 | 8,4 |
3) | Islitz (Prägartner Dorferbach) | 51,9 | 11,3 |
4) | Timmelbach | 17,6 | 3,9 |
5) | Froßnitz- und Michlbach | 44,9 | 9,9 |
6) | Innergeschlöß (Gschlöß- und Schlatenbach | 63,9 | 14,1 |
Summe BEILEITUNG WEST | 284,2 | 62,8 | |
7) | Größnitzbach | 31,0 | 6,9 |
8) | Lesachbach einschließlich Ralfbach | 18,4 | 4,1 |
9) | Ködnitzbach | 10,7 | 2,4 |
10) | Nebenbäche Ködnitz (Peischlach, Folp emoa, Berger) | 12,2 | 2,7 |
11) | Teischnitzbach | 14,7 | 3,2 |
Summe BEILEITUNG OST | 87,0 | 19,3 | |
Steinerbach | 12,5 | 2,8 | |
Dorfertal | 68,5 | 15,1 | |
GESAMT-SUMME | 452m2 | 100 |
Die Abarbeitung des Wassers ist über eine mittlere Rohfallhöhe von 800 m nach Matrei geplant, wo ein Unterbecken mit etwa 3 Mio m3 Nutzinhalt die Vergleichmäßigung der Wasserrückgabe an die Isel und einen zusätzlichen Pumpbetrieb gestatten soll. In dem neben weiteren Projektsunterlagen der belangten Behörde übermittelten technischen Bericht sind noch Ausführungen über die Anlageteile im einzelnen, über geologische Fragen und über die Baudurchführung und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft und auf die natürlichen Gegebenheiten in Osttirol enthalten.
Am 12. September 1978 ließ die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin diesem Antrag den weiteren Antrag folgen, ihr für das Projekt "Dorfertal-Matrei" nach der vorgelegten Variante 1974/3 die wasserrechtliche Bewilligung zu erteilen.
Über beide Anträge wurde bisher nicht entschieden.
Am 12. März 1984 brachte die Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgerichtshof die vorliegende Säumnisbeschwerde mit dem Antrag ein, das wasserrechtliche Rahmenprojekt für die Errichtung eines Speicherkraftwerkes Dorfertal-Matrei Variante 1974/3 gemäß § 100 Abs. 2 WRG 1959 zum bevorzugten Wasserbau laut dem Antrag vom 14. März 1978 und den diesem Antrag beigegebenen Projektsunterlagen zu erklären.
Das teils von der belangten Behörde, teils vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführte Verfahren nahm im wesentlichen folgenden Verlauf:
A) Verfahren vor der belangten Behörde (in der Klammer jeweils die verkürzte Aktenzahl gemäß den von der belangten Behörde vorgelegten Akten):
5. Juni 1978 (03/78): Ablehnende Stellungnahme des Amtes der Kärntner Landesregierung zur geplanten Ableitung des einen wesentlichen Bestandteil eines Vollnaturschutzgebietes bildenden Gößnitzbaches
6. Juni 1978 (03/78): Zustimmung der Staubeckenkommission zum Sperrenprojekt Dabaklamm unter bestimmten Auflagen
21. Februar 1979 (01/79): 1. Nachreichung der Beschwerdeführerin betreffend Vorlage eines Gutachtens zur Abschätzung der Technikfolgen des Projektes (Institut für Innovationsforschung der Universität Innsbruck, Prof. H) und einer Untersuchung des energiewirtschaftlichen Nutzens der Errichtung des Speicherkraftwerkes Osttirol (Institut für Energiewirtschaft der Technischen Universität Wien, Prof. B)
März 1979 (02/79): Einlangen und Verteilung des ökologischen Gutachtens zum wasserwirtschaftlichen Rahmenplan für das Iselgebiet, im Auftrag der belangten Behörde erstellt von insgesamt 13 Fachprofessoren, zu welchem in der Folge zahlreiche Stellungnahmen bei der belangten Behörde eingelangt sind
18. April 1979 (13/79): Besprechung beim Amt der Tiroler Landesregierung
11. Mai 1979 (30/79): Sitzung der Bezirksraumordnungskommission (Bezirkshauptmannschaft Lienz), bei der u.a. auch die Frage des naturgeschützten Gößnitzbaches erörtert wurde
23. Mai 1979 (32/79): Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz
15. Juni 1979 (35/79): Stellungnahme der Gemeinde Heiligenblut 22. Juni 1979 (37/79): Stellungnahme des Bundesministeriums
für Handel, Gewerbe und Industrie
25. Juni 1979 (39/79): Stellungnahme der Kärntner Landesregierung
28. Juni 1979 (44/79): Stellungnahme des Bundeskanzleramtes, Sektion IV
3. und 4. Juli 1979 (36/79): Gemeinde-Information in Lienz 3. Juli 1979 (47/79): Stellungnahme der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Kärnten
8. Juli 1979 (49/79): Stellungnahme der Bundeswirtschaftskammer 12. Juli 1979 (51/79): Stellungnahme der Bezirkslandwirtschaftskammer Lienz
17. Juli 1979 (59/79): Stellungnahme der Nationalparkkommission Hohe Tauern
20. Juli 1979 (53/79): 2. Nachreichung der Beschwerdeführerin betreffend Stellungnahme zum ökologischen Gutachten unter Anschluß eines Gutachtens über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Kraftwerksprojektes (Institut für Innovationsforschung der Universität Innsbruck, Prof. H)
26. Juli 1979 (65/79): Stellungnahme des Österreichischen Alpenvereins
31. Juli 1979 (64/79): Stellungnahme der Vereinigung Österreichischer Industrieller
21. August 1979 (71/79): 3. Nachreichung der Beschwerdeführerin (Variantenvergleich)
25. September 1979 (73/79): Ergänzende Stellungnahme des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie
18. Oktober 1979 (78/79): 4. Nachreichung der Beschwerdeführerin betreffend Vorlage einer Detailstudie des Institutes für Unternehmensführung der Universität Innsbruck, Prof. H, betreffend die Planungsregion Kals - Matrei - Prägraten - Virgen (vier Hefte: 1. Modelle zum Management regionaler Projekte,
- 2. Projekt Speicherkraftwerk - Die Projektvarianten im Vergleich,
- 3. Nationalpark und Erschließungsprojekte, 4. Regionale Projekte und kommunale Haushalte)
11. Februar 1980 (08/80): 5. Nachreichung der Beschwerdeführerin betreffend allfällige Einbeziehung des Schwarzach- und des Debantbaches
17. März 1980 (10/80): Stellungnahme der österrreichischen Gesellschaft für Natur- und Umweltschutz gegen die Einbeziehung zusätzlicher Ableitungen in der Schobergruppe und im obersten Defreggental
24. und 25. Juni 1980 (17/80): Die Staubeckenkommission nimmt zur Kenntnis, daß sich in Hinblick auf die neuen Erfahrungen bei den Talsperren Schlegeis und Kölnbrein die Bauherren der Sperren Zillergründl und Dabaklamm bereit erklärt haben, eine Überarbeitung der Projekte vorzunehmen und diese zeitgerecht der Staubeckenkommission zur Behandlung vorzulegen.
1981 (02/81, 05/81, 07/81, 09/81, 10/81, 12/81):
Stellungnahmen zur Einbeziehung des Schwarzach- bzw. Debantbaches, darunter positive der Verbundgesellschaft und des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie, sowie negative der Handelskammer Tirol und der Gemeinden St. Jakob und Nußdorf-Debant
11. Dezember 1981 (11/81): Mitteilung der Staubeckenkommission betreffend die Sperre Dabaklamm (die angekündigte Überarbeitung des Sperrenprojektes steht jedoch noch aus)
15. Februar 1982 (02/82): Stellungnahme des Landeshauptmannes von Tirol, in der im wesentlichen die Projektsvariante 1974/3 befürwortet, die Einbeziehung der Schwarzach und des Arvenbaches im Defreggental sowie des Debantbaches hingegen abgelehnt, die Möglichkeit der Errichtung des Nationalparks Hohe Tauern gefordert, eine naturschutzrechtliche Stellungnahme jedoch nicht abgegeben wurde
18. Februar 1982 (05/82 und 12/82): Besprechung im Parlament zwischen Vertretern des Bundes, der Länder und der Österreichischen Gesellschaft für Natur- und Umweltschutz
22. März 1982 (09/82): Gespräch zwischen dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft und dem Landeshauptmann von Tirol in Innsbruck über die weitere Vorgangsweise
3. Juni 1982 (20/82): Amtsbesprechung in Matrei, in der erneut Fragen der Wirtschaftlichkeit des Kraftwerksprojektes sowie seine Auswirkungen auf den geplanten Nationalpark und auf gegebene Naturschönheiten erörtert wurden; zur Tiroler Forderung, eine Beileitung der Oberen Isel (Umbalfälle) solle unterbleiben, erklärte die Beschwerdeführerin, diesfalls könne sie den Kraftwerksbau nicht betreiben, die Variante 1974/3 sei auf 814 Mio kWh ausgelegt
23. Juni 1982 (25/82): Ergänzende schriftliche Stellungnahme der Beschwerdeführerin zu den Ergebnissen der Besprechung vom 3. Juni 1982 in Matrei
26. Juni 1982 (26/82): "Nationalparkgipfel" in Heiligenblut 9. August 1982 (38/82): Stellungnahme der Beschwerdeführerin
zum Stand der Verhältnisse hinsichtlich des Sperrenbauwerks Dabaklamm
10. September 1982 (41/82): Gespräche der belangten Behörde mit dem Landeshauptmann von Tirol über die nach wie vor ungeklärten naturschutzrechtlichen Fragen
8. Oktober 1982 (46/80): Stellungnahme der Beschwerdeführerin zur Frage der Beileitung des Gößnitzbaches
27. Oktober 1982 (49/82): Stellungnahme der Beschwerdeführerin zur Überarbeitung des Sperrenbauwerks Dabaklamm
25. Jänner 1983 (06/83): Schreiben des Landeshauptmannes von Tirol an die belangte Behörde, wonach die Frage einer naturschutzrechtlichen Bewilligung erst nach Erteilung der Bevorzugungserklärung beantwortet werden könne; dazu Antwort der belangten Behörde, wonach die naturschutzrechtliche Entscheidung eine Vorfrage für das vorliegende wasserrechtliche Verfahren darstelle (zur weiteren Diskussion dieser Frage vgl. auch 12/83 und 15/83)
30. Juni 1982 (24/83): Gespräch zwischen Vertretern des Bundes und des Landes Tirol, bei welchem vereinbart wurde, den zuständigen Stellen der Energiewirtschaft den Auftrag zu geben, die Unterlagen für die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Variante 1974/3 und anderer Varianten vorzulegen und durch Experten prüfen zu lassen
August 1983 (22/83 und 23/83): Vorlage "ergänzender Untersuchungen" der Tauernkraftwerke AG im Auftrag der Beschwerdeführerin mit den auf der Basis des Einreichprojektes 1974/3 aufgebauten Variantenstudien 1982/1, 1982/2, 1982/2a, 1982/3, 1982/4, 1982/5 und 1982/6 mit dem Ergebnis, daß die Variante 1974/3 die klarste Gesamtkonzeption darstelle; dieses Einreichprojekt sei keinesfalls als maximale Variante zu bezeichnen, sondern könne technisch-wirtschaftlich und ökologisch als optimal angesehen werden
27. September 1983 (22/83): Bescheid der belangten Behörde, mit welchem diese im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie gemäß § 52 Abs. 2 AVG 1950 die Energieverwertungsagentur (EVA) mit der Erstattung eines Gutachtens über die Wirtschaftlichkeit der in Frage kommenden Varianten des Kraftwerksprojektes Dorfertal-Matrei beauftragte, insbesondere darüber, ob es wirtschaftlich vertretbare Alternativen zur Variante 1974/3 gebe
18. Jänner 1984 (08/84): Mitteilung der Beschwerdeführerin an die belangte Behörde, wonach sie mit Schreiben vom 18. August 1983 an das Amt der Tiroler Landesregierung wegen der naturschutzbehördlichen Beurteilung ihres Projektes herangetreten sei
9. März 1984 (12/84): Schreiben der Beschwerdeführerin an die belangte Behörde, mit welchem die Einbringung der Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Hintanhaltung weiterer Verzögerungen mitgeteilt wurde 11. April 1984 (18/84):
Schreiben der Beschwerdeführerin an die belangte Behörde, in welchem darauf hingewiesen wird, daß die zur Vornahme von Entscheidungen nach den §§ 5 und 6 des Tiroler Naturschutzgesetzes zuständige Behörde erst dann einschreiten könne, wenn ein konkreter Antrag auf Genehmigung vorliege; dieser könne aber erst im Rahmen des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens gestellt werden
7. September 1984 (41/84): Vorlage des Wirtschaftlichkeitsgutachtens der EVA mit nachstehenden wesentlichen Ergebnissen:
1. Der Rohenergieträger Wasser erreicht den höchsten Nutzwert, deshalb solle im Bereich der elektrischen Energieversorgung die Substitution fossiler Energie durch Wasserkraft erfolgen.
2. Die Einreichvariante 1974/3 (mit Gößnitz und Oberer Isel) sei die wirtschaftlich günstigste Lösung.
3. Die Variante ohne Gößnitz und Obere Isel sei eindeutig unwirtschaftlich.
4. Die Variante ohne Gößnitz (aber mit Einzug der Oberen Isel und hoher Dotation) liege an der Wirtschaftlichkeitsgrenze (bei der diesbezüglichen Variante 1982/6 würde die wasserwirtschaftlich nutzbare Wasserfracht von 421 Mio m3, die 758 GWh erbringen würde, auf 358 Mio m3 mit nur 646 GWh reduziert, wobei bei gleichen Investitionskosten von 11.269 Mio S die spezifischen Kosten von 14,86 S/kWh auf 17,45 S/kWh ansteigen würden, vgl. S. 79 des Gutachtens der EVA).
5. Neue Varianten unter Beileitung zusätzlicher Bäche stießen auf folgende Schwierigkeiten:
a) Die Einbeziehung der Nebenbäche des Tauernbaches und der Isel würde zusätzlich ökologische und landschaftsästhetische Beeinträchtigungen nach sich ziehen, ohne ein wirtschaftliches Ergebnis zu bringen.
b) Der Einzug von Debantbach, Schwarzach und Trojeralmbach bringe zusätzlich ökologische und landschaftsästhetische Beeinträchtigungen.
c) Eine Variante ohne Gößnitz, mit weitgehender Schonung der Oberen Isel (51 % des natürlichen Abflusses) und Beileitung von Petersbach, Staniskabach und Leibnitzbach lasse einen positiven volkswirtschaftlichen Erfolg erwarten, doch ergäben sich auch hier Einwände aus der Sicht des Naturschutzes (Naturdenkmal Schleierwasserfall am Staniskabach) und aus wirtschaftlichen Erwägungen (Reduzierung der Erzeugung des Kalserbachkraftwerks).
d) Sollte auch die nur teilweise Nutzung der Oberen Isel nicht akzeptabel erscheinen, bliebe als gerade noch wirtschaftlich nur eine Variante mit Nutzung des Schwarzach und Arvenbachtales sowie des Trojeralmbaches (siehe dazu jedoch oben b).
13. September 1984 (42/84): Vorlage einer "nationalparkfreundlichen" Kraftwerksvariante 84/AV durch den Österreichischen Alpenverein
5. Oktober 1984 (45/84): Erste Stellungnahme der Beschwerdeführerin zum Wirtschaftlichkeitsgutachten der EVA:
1974/3 bleibt die günstigste Projektsvariante
B) Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (in der
Klammer jeweils die Ordnungsnummer des Verwaltungsgerichtshof-Aktes):
12. März 1984 (ON. 1): Säumnisbeschwerde
24. April 1984 (ON. 3): Gegenschrift der belangten Behörde,
wonach die "bislang ungeklärte sachliche Problematik eine rechtlich einwandfreie Sachentscheidung bisher nicht ermöglicht" habe
28. Mai 1984 (ON. 4): Äußerung der Beschwerdeführerin zur Gegenschrift, in welcher im wesentlichen folgender Standpunkt vertreten wird:
1. Das Projekt eines Nationalparks Hohe Tauern könne dem Antrag der Beschwerdeführerin nicht entgegenstehen, weil die zu seiner Schaffung erforderlichen Landesgesetze noch fehlten.
2. Die Frage der Wirtschaftlichkeit sei im Bevorzugungsverfahren (§ 100 Abs. 2 WRG 1959) nicht zu prüfen, weil diesem Verfahren noch kein konkretisierter verhandlungsreifer Projektplan zugrunde liege, es handle sich vorerst nur um die Herbeiführung einer objektiven verfahrensrechtlichen Bevorzugung.
3. Die belangte Behörde habe ihre Entscheidungspflicht gröblich verletzt, da sie schon mehr als sechs Jahre untätig gewesen sei, obwohl für die Bevorzugungserklärung weder Fragen des Naturschutzes noch Fragen der Wirtschaftlichkeit des eingereichten Projektes oder allfälliger Varianten, die die Behörde durch Sachverständige ausarbeiten zu müssen glaube, zu behandeln seien.
4. Das Kraftwerksprojekt diene der Volkswirtschaft in einem außerordentlichen Maße (Sicherung von Arbeitsplätzen, wirtschaftliche Impulse für eine "labile" Region, verkehrsmäßige Erschließung, Gewinnung sauberer Energie, Speichervorteil und Hochwasserschutz).
19. Oktober 1984 (ON. 7): Äußerung der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 3 VwGG 1965 in der Fassung nach Art. I Z. 13 des Bundesgesetzes vom 26. Juni 1984, BGBl. Nr. 298/1984, mit Fristverlängerungsantrag unter Bedachtnahme auf das zwischenzeitig eingelangte Gutachten der EVA, zu dem noch Stellungnahmen einzuholen seien
31. Oktober 1984 (ON. 8): Abweisung des Fristverlängerungsantrages durch den Verwaltungsgerichtshof, Aufträge zur ergänzenden Aktenvorlage durch die belangte Behörde bzw. zur Bekanntgabe durch die Beschwerdeführerin, auf welche der bisher erarbeiteten Projektsvarianten sich nun ihr Antrag auf Bevorzugungserklärung für das weitere Verfahren beziehe
23. November 1984 (ON. 13): Mitteilung der Beschwerdeführerin, wonach sie auch nach Vorliegen des Gutachtens der EVA von ihrem ursprünglichen Antrag auf Bevorzugungserklärung (Projektsvariante 1974/3) nicht abgehen wolle, sondern weiterhin beantrage, diese Variante zum bevorzugten Wasserbau zu erklären
30. November 1984 (ON. 14): Vorlage des Energieberichtes und Energiekonzeptes 1984 der österreichischen Bundesregierung durch das Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes
31. Dezember 1984 (ON. 15): Ergänzende Stellungnahme der Beschwerdeführerin zum Gutachten der EVA, dessen richtige Interpretation ergebe, daß volkswirtschaftlich vertretbar einzig und allein die von der Beschwerdeführerin vorgelegte und beantragte Projektsvariante 1974/3 sei
10. Juni 1985 (ON. 22): Mitteilung eines Schreibens der Staubeckenkommission durch die belangte Behörde, wonach die bisherige Beschlußfassung dieser Kommission mit Rücksicht auf die von der Beschwerdeführerin für notwendig gehaltene Anpassung des Projektes an den derzeitigen Stand der Wissenschaft und Technik keine Geltung mehr habe, daß nach Auffassung der Staubeckenkommission aber weiterhin in der Dabaklamm eine große Talsperre für ausführbar angesehen werde
20. Juni 1985 (ON. 24): Vorlage der Materialien zum Kärntner Naturschutzgesetz durch das Amt der Kärntner Landesregierung
20. Juni 1985 (ON. 25): Vorlage von Unterlagen zur bescheidmäßigen Erklärung des Gößnitzfalles zum Naturdenkmal durch das Amt der Kärntner Landesregierung
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.
Gemäß § 27 VwGG kann Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden kann, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Da im Beschwerdefall diese Voraussetzungen unzweifelhaft gegeben sind und die belangte Behörde den versäumten Bescheid auch innerhalb der ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eröffneten Frist nicht nachgeholt hat, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung über den vorliegenden Antrag, das Kraftwerksprojekt Dorfertal-Matrei (Variante 1974/3) gemäß § 100 Ab s. 2 WRG 1959 zum bevorzugten Wasserbau zu erklären, von der dafür nach dieser Gesetzesstelle zuständigen belangten Behörde auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.
Nach § 100 Abs. 2 WRG 1959 kann das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft Wasserbauten aller Art, deren beschleunigte Ausführung im besonderen Interesse der österreichischen Volkswirtschaft gelegen ist, als bevorzugte Wasserbauten erklären. Für diese ist mit Ausnahme des Entschädigungsverfahrens (§ 114 Abs. 1) das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft in erster Instanz zuständig.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, im Beschwerdefall von der bisherigen Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zum bevorzugten Wasserbau abzugehen, wonach gegen § 100 Abs. 2 WRG 1959 keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl. dazu Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 1971, Slg. 6477), und mit der Erklärung eines Wasserbaues als bevorzugt noch nicht in die Rechte jener Personen eingegriffen wird, die durch den Wasserbau berührt werden (vgl . dazu Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 1971, Slg. 6478, vom 6. März 1972, Slg. 6665, und zuletzt vom 5. Oktober 1985, Zlen. B 5/85-27, B 16, 17/85-17, sowie Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1981, Zl. 81/07/0047). Einzige Partei des Verfahrens vor der belangten Behörde ebenso wie des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof war demnach die antragstellende Beschwerdeführerin (§ 102 Abs. 1 lit. a WRG 1959).
Die Beschwerdeführerin erblickt die der belangten Behörde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgeworfene Säumnis ausschließlich darin, daß über den bereits im Jahre 1979 gestellten und seither unverändert aufrechterhaltenen Antrag, die Projektsvariante 1974/3 zum bevorzugten Wasserbau zu erklären, bisher keine Entscheidung gefällt worden ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher nur dieses Projekt, nicht aber die anderen im Zuge des Verfahrens ausgearbeiteten Studien und Varianten auf seine Eignung zu prüfen, zum bevorzugten Wasserbau erklärt zu werden, weshalb im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof und letzthin im vorliegenden Erkenntnis weitere Variantenvergleiche zu unterbleiben hatten.
Das im § 100 Abs. 2 WRG 1959 als Voraussetzung der Erklärung eines wasserbaulichen Vorhabens zum bevorzugten Wasserbau normierte besondere Interesse der österreichischen Volkswirtschaft muß dahin verstanden werden, daß nicht jedes volkswirtschaftliche Interesse schlechthin als derartiges besonderes Interesse anzusehen ist, sondern daß es sich hiebei vorwiegend um solche Interessen handeln muß, denen zu dienen das Vorhaben bestimmt ist (vgl. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 1971, Slg. 6477). Allerdings können diese Interessen nicht isoliert für sich allein gesehen, sondern müssen auch mit solchen Interessen der österreichischen Volkswirtschaft in Beziehung gebracht werden, die durch die Verwirklichung des Vorhabens - ohne daß dieses ihnen zu dienen geeignet ist - tangiert werden. Eine Prüfung der im verwaltungsbehördlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahmen der zum gegenständlichen Antrag auf Erklärung des Vorhabens als bevorzugter Wasserbau und zum ökologischen Gutachten gehörten öffentlichen Stellen und Interessensvertretungen ergibt, daß als besondere für die Verwirklichung des Vorhabens sprechende volkswirtschaftliche Interessen die nachstehenden angesehen wurden:
Ausnutzung der auf Dauer zur Verfügung stehenden, sich ständig erneuernden und emissionsfreien Wasserkraft
Verringerung der Einfuhr von Energie aus dem Ausland Verminderung der Auslandsabhängigkeit und Stärkung der Eigenversorgung mit elektrischem Strom
Entlastung des Handelsbilanzdefizites
Substitution der fossilen Träger von Rohenergie durch
Wasserkraft
Stärkung der Wirtschaftskraft der Gemeinden im Einzugsbereich
des Speicherkraftwerkes
Schaffung von Arbeitsplätzen.
Auf das Interesse der österreichischen Volkswirtschaft an der Verwirklichung des Vorhabens aus all diesen oder zumindest aus einigen dieser angeführten Gründe haben im verwaltungsbehördlichen Verfahren insbesondere das Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie, das Bundeskanzleramt (Sektion IV), das Land Tirol, die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, die Vereinigung Österreichischer Industrieller, die Handelskammer Tirol, die Ingenieurkammer Tirol, das Baubezirksamt Lienz und die Österreichische Elektrizitätswirtschafts AG (Verbundgesellschaft) hingewiesen.
Demgegenüber haben sich das Bundesland Kärnten, die Kärntner Landwirtschaftskammer, die Gemeinde Heiligenblut und die Nationalparkkommission insbesondere wegen der vorgesehenen Ableitung des Gößnitzbaches innerhalb des nach den Bestimmungen des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 2/1952, zum Vollnaturschutzgebiet erklärten Gebietes der Schobergruppe und der dadurch bewirkten Beeinträchtigung des zum Naturdenkmal erklärten Gößnitzfalles sowie des damit verbundenen Entfalles des letzten Zubringers des durch Bachableitungen ohnedies in seiner Wasserführung bereits weitgehend geschmälerten Möllflusses gegen das Kraftwerksprojekt ausgesprochen. Diese Bedenken hinsichtlich der Beileitung des Gößnitzbaches wurden auch von der dem Vorhaben ansonsten positiv gegenüberstehenden Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft geteilt. Darüber hinaus hat die Nationalparkkommission deshalb das Vorhaben abgelehnt, da bei der vorgesehenen Ableitung der Gschlößbäche im gesamten vom Vorhaben erfaßten Gebiet kein Gletscherbach unberührt bliebe. Weiters wurde in einer Reihe von Eingaben auf die besondere Naturschönheit der durch die vorgesehene Ableitung der Isel wesentlich berührten Umbalfälle und deren Bedeutung für den geplanten Nationalpark Hohe Tauern hingewiesen. Die Bezirkslandwirtschaftskammer Lienz hat insbesondere auf die mit der Verwirklichung des Vorhabens zwangsläufig verbundenen Verluste landwirtschaftlich genutzter Flächen auf Dauer vornehmlich in dem bei jeder Projektsvariante der landwirtschaftlichen Nutzung fast völlig verlorengehenden Dorfertal und auf Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Ersatzgrundstücken sowie bei der Rekultivierung von in der Bauzeit in Anspruch genommenen Flächen hingewiesen.
Eine Prüfung der durch das Vorhaben berührten volkswirtschaftlichen Interessen ergibt, daß wohl solche Interessen, insbesondere infrastruktureller Art, für die Verwirklichung des Vorhabens sprechen, diesen allerdings gravierende Bedenken in Ansehung derjenigen volkswirtschaftliche Interessen entgegenstehen, denen das Vorhaben nicht dient. So ist bei der vorgesehenen Ableitung des Gößnitzbaches zu befürchten, daß es auf Grund der dann eintretenden wesentlichen Verringerung der ohnedies derzeit bereits durch sonstige Bachableitungen stark geschmälerten Wasserführung der Möll zu auch die volkswirtschaftlichen Interessen an geordneten Abwasserverhältnissen und an der Aufrechterhaltung der Gewässergüte berührenden Mißständen kommen würde (ökologisches Gutachten zum wasserwirtschaftlichen Rahmenplan für das Iselgebiet, Osttirol, zusammenfassende Begutachtung, S. 45 ff).
Wenn auch die Erfahrung bei anderen Speicherkraftwerken keine ins Gewicht fallenden Einbußen auf dem Sektor des Fremdenverkehrs erkennen läßt, so muß im Fall der Verwirklichung des gegenständlichen Vorhabens doch auch in Betracht gezogen werden, daß die teilweise oder gänzliche Ableitung von bisher größtenteils gänzlich unberührten Gletscherbächen eine negative Komponente für den Fremdenverkehr darstellt. Dies trifft in noch viel stärkerem Maße auf die bei der beantragten - wie übrigens bei jeder anderen in Erwägung gezogenen - Ausführungsvariante vorgesehene Verwendung des Kalser Dorfertales als zentraler Speichersee des Kraftwerkes zu. Durch die Errichtung der 220 m hohen Staumauer am Beginn der den Ausgang des Dorfertales bildenden Dabaklamm würde bereits allein durch den beherrschenden Anblick des Sperrenbauwerkes in offenkundiger Weise die Naturschönheit dieser Klamm erheblich beeinträchtigt werden. Hinzu käme, daß durch die wesentliche Minderung der Wasserführung des in der Dabaklamm fließenden Dorferbaches bzw. die gänzliche Trockenlegung dieses Bachbereiches der Klamm viele der ihren landschaftlichen Reiz ausmachenden Elemente genommen würden. Ganz besonders ins Gewicht fallend und nicht nur den Interessen des Fremdenverkehrs abträglich muß aber der durch den Aufstau bedingte Wegfall des Talbodens und des unteren Bereiches der Talhänge des Dorfertales selbst gewertet werden, weil dadurch ein bisher mit Ausnahme der ortsüblichen Almwirtschaft unberührtes, in seinem Formenschatz mustergültiges eiszeitliches Gletschertal verdeckt (S. 22 des zuvor angeführten Gutachtens) und so dieser Bereich der weiteren almwirtschaftlichen Nutzung entzogen würde. Daß auch dies weder dem volkswirtschaftlichen Interesse des Fremdenverkehrs noch der ebenfalls im Interesse der Volkswirtschaft liegenden Aufrechterhaltung bäuerlicher Wirtschaftsformen in Berggebieten dient, liegt auf der Hand.
Soweit trotz derartiger Bedenken auf Grund der im Verfahren über bevorzugte Wasserbauten gebotenen Einschränkung der Beurteilung auf das besondere volkswirtschaftliche Interesse dieses für das Vorhaben spricht, ist das Vorliegen des als weitere Voraussetzung für die Erklärung als bevorzugter Wasserbau normierten Erfordernisses der beschleunigten Ausführung zu prüfen. Erst dieses Erfordernis einer Beschleunigung vermag die mit einer Erklärung eines Vorhabens zum bevorzugten Wasserbau gemäß den §§ 114, 115 und 122 Abs. 3 WRG 1959 verbundenen Rechtsfolgen der dann im Interesse einer rascheren und einfacheren Durchführung der behördlichen Bewilligungsverfahren eintretenden Verfahrenserleichterungen, wie Verfahrenskonzentration, Änderung der Einspruchsmöglichkeiten berührter Parteien sowie Inangriffnahme des Vorhabens vor Beseitigung oder Beschränkung entgegenstehender fremder Rechte (§ 12 Abs. 3 WRG 1959), zu rechtfertigen.
Das Erfordernis einer derartigen Beschleunigung wird bei der geplanten Errichtung eines Speicherkraftwerkes insbesondere dann gegeben sein, wenn der Bedarf an den von derartigen Kraftwerken vorzugsweise zu erbringenden Leistungen bereits gegeben ist oder in so naher Zukunft bestehen wird, daß die im gewöhnlichen Verfahrensgang erzielbaren behördlichen Entscheidungen - unter dem Gesichtspunkt der besonderen volkswirtschaftlichen Bedeutung des Vorhabens - zu spät kämen. Diese Leistungen einer Anlage wie der projektierten liegen vor allem im Bereich der Gewährleistung einer für den Spitzenbedarf an elektrischer Energie und für Zeiten des störungsbedingten Ausfalles von Kraftwerken hinreichenden Reserve an Kraftwerksleistung. Derartige Reserven können generell entweder durch Nichtausnützen der vollen Kapazität von Kraftwerken und die dadurch im Bedarfsfall verbleibende Reserveleistung (rotierende Reserve) oder durch Installierung von nur in Bedarfsfällen in Betrieb gesetzten Kraftwerken (stehende Reserve) gebildet werden. Die Eigenart von Speicherkraftwerken, Rohenergie in großem Umfang für den raschen Einsatz im Bedarfsfall bereitzuhalten, macht ihre vorrangige Bedeutung für Zwecke der stehenden Kraftwerksreserve aus. Nur diese Funktion, hochwertigen Spitzenstrom bzw. Ersatzenergie bei Ausfällen bereitzustellen, läßt den mit der Errichtung und insbesondere der Pumpspeicherung verbundenen hohen Einsatz von Mitteln volkswirtschaftlich gerechtfertigt erscheinen. Ein besonderes volkswirtschaftliches Interesse an der beschleunigten Verwirklichung eines Speicherkraftwerkes wäre daher insbesondere dann anzunehmen, wenn ein bestehender oder ein innerhalb eines prognostisch mit hoher Aussagewahrscheinlichkeit erfaßbaren Zeitraumes zu erwartender Mangel an durch Speicherkraftwerke zu deckendem Spitzenstrom bestünde. Demgegenüber kann aber dem im Verfahren eingeholten Gutachten der Energieverwertungsagentur über die Wirtschaftlichkeit des Speicherkraftwerkes Dorfertal-Matrei (im folgenden kurz Gutachten) entnommen werden, daß die in Österreich bereits installierten Reserven an Kraftwerkskapazität für die Anpassung der Energieerzeugung an den wechselnden Verbrauch und für Störungsfälle derzeit voll ausreichen. Auch zeigt gemäß diesem Gutachten ein Vergleich mit den Österreich umgebenden Ländern, daß die in Österreich bereits zur Verfügung stehende Reserve an Kraftwerksleistung - nicht nur hinsichtlich der Menge, sondern auch auf Grund des Umstandes, daß die in Österreich die Hauptlast der Energieversorgung abdeckenden Wasserkraftwerke gegenüber thermischen Kraftwerken eine größere Erzeugungsverläßlichkeit aufweisen - die für diese Zwecke in den Österreich umgebenden Ländern zur Verfügung stehenden Kapazitäten übersteigt. Diesem Gutachten zufolge nimmt auf Grund dieser Situation Österreich gegenüber allen Nachbarstaaten die Stellung einer "Reserveleistungsquelle" ein (S. 123 des Gutachtens).
Wohl wird im selben Gutachten die Auffassung vertreten, daß die Arbeit und Leistung des geplanten Speicherkraftwerkes bereits wenige Jahre nach seiner Inbetriebnahme für die Substitution stillgelegter thermischer Kraftwerke benötigt und in der Folge als Ersatz für ansonsten neu zu errichtende thermische Kraftwerke herangezogen würde (S. 134 dieses Gutachtens). Hiebei ist jedoch zu beachten, daß diese Aussage u.a. auf der Annahme beruht, daß die Kapazitäten der voraussichtlich innerhalb der nächsten 20 Jahre stillgelegten thermischen Kraftwerke zur Gänze wegfallen werden. Demgegenüber vertritt die Bundesregierung im Energiebericht und Energiekonzept 1984 (im folgenden kurz: Energiebericht) die Auffassung, daß thermische Altanlagen mit hohen Emissionsraten in die stehende Reserve übergeführt werden sollen (S. 114 des Energieberichtes). Dies bedeutet, daß derartige Anlagen, die derzeit zur Deckung des Bandenergiebedarfes betrieben werden, in Hinkunft aus Gründen der Verringerung der Schadstoffemission nur mehr für Zwecke der Erzeugung von Spitzenstrom oder bei störungsbedingtem Ausfall anderer Kraftwerke betrieben werden sollen. Gerade diesen Funktionen dienen aber auch Speicherkraftwerke. Wenn sohin für die Befriedigung dieses Reservebedarfes in Hinkunft ohnedies bereits bestehende und somit jederzeit einsetzbare thermische Kraftwerke herangezogen werden sollen, spricht derzeit auch nicht ein besonderes volkswirtschaftliches Interesse für die beschleunigte Ausführung des beantragten Speicherkraftwerkes.
In dieselbe Richtung deutet auch die im Energiebericht ausgesprochene Absicht der Bundesregierung, im Hinblick auf den bis 1986 erfolgenden bedeutenden Zuwachs an kalorischen Energieerzeugungskapazitäten den Ausbau der Wasserkräfte in modifizierter Weise diesem Zuwachs anzupassen. So betrachtet die Bundesregierung insbesondere den Ausbau von Laufkraftwerken als zielführend. Hinsichtlich der Errichtung von Speicherkraftwerken vertritt sie hingegen abgesehen von der Auffassung der grundsätzlichen Zweckmäßigkeit solcher Kraftwerke den Standpunkt, daß diese angesichts der zu erwartenden und anzustrebenden niedrigen Zuwachsraten der Lastspitze sowie auch der Unsicherheiten in der Entwicklung der internationalen Märkte für Spitzenstrom in ihrer Wirtschaftlichkeit laufend neu zu bewerten seien. Hiebei könne jedes einzelne Projekt nur unter strengster Bedachtnahme auf die Aspekte der Umweltverträglichkeit und des Natur- und Landschaftsschutzes in Angriff genommen und durchgeführt werden. Ohne Vorwegnahme dieser Überlegungen halte die Bundesregierung das gegenständliche Projekt unter Bedachtnahme auf die Schaffung des Nationalparks Hohe Tauern für zweckmäßig (S. 115, 116, 160 und 161 des Energieberichtes). Zur Erreichung der Vermeidung von Spitzenbelastungen und der dadurch möglichen Einsparung der Errichtung neuer Speicherkraftwerke und Gasturbinenanlagen enthält der Energiebericht eine Reihe von seitens der Bundesregierung in Aussicht genommenen Maßnahmen, durch die das Verbrauchsverhalten günstiger gestaltet, Verbrauchsspitzen beschränkt, Lasttäler aufgefüllt, Reservekapazitäten eingespart und Kapazitätsauslastungen verbessert werden sollen (S. 117 und 118 des Energieberichtes). Aus diesen Absichten der Bundesregierung kann geschlossen werden, daß der Schwerpunkt für die ausreichende Energieversorgung auch in Zeiten des Spitzenbedarfes eher auf die Ausnützung bereits vorhandener Kapazitätsreserven als auf die Schaffung neuer Kapazitäten gelegt wird. Dem Energiebericht kann somit nicht entnommen werden, daß der Errichtung des Speicherkraftwerkes Dorfertal-Matrei derzeit besondere Dringlichkeit zukäme. Auch die im Zuge des bisherigen Verfahrens abgegebenen Stellungnahmen der beigezogenen Interessensvertretungen und öffentlichen Stellen enthalten keine über die Betonung der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Vorhabens hinausgehenden Ausführungen hinsichtlich der Schnelligkeit seiner Verwirklichung.
Ein Bedarf aus volkswirtschaftlicher Sicht, das Vorhaben Speicherkraftwerk Dorfertal-Matrei beschleunigt auszuführen, ist daher im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gegeben. Der Antrag der Beschwerdeführerin, dieses Projekt (Variante 1974/3) gemäß § 100 Abs. 2 WRG 1959 zum bevorzugten Wasserbau zu erklären, war daher schon aus diesem Grund abzuweisen.
Darüber hinaus sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu dem Hinweis veranlaßt, daß der projektsgemäß beabsichtigten Beileitung des Gößnitzbaches - und damit der beschleunigten Verwirklichung des Projektes - die derzeit in Geltung stehenden, keine für die Zwecke der Beschwerdeführerin anwendbaren Ausnahmen enthaltenden Vorschriften des Kärntner Naturschutzrechtes entgegenstehen, worauf die Kärntner Landesregierung in allen ihren im bisherigen Verfahren abgegebenen Stellungnahmen mit Nachdruck hingewiesen hat.
Die Entscheidung über den der Beschwerdeführerin vom Bund zu leistenden Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie 55 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Die Abweisung des Mehrbegehrens geht darauf zurück, daß das Gesetz eine Zuerkennung des pauschalierten Schriftsatzaufwandes für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nur einmal vorsieht, und daß für die der Säumnisbeschwerde angeschlossenen Beilagen nur Stempelgebühren in der Höhe von S 390,-- und nicht, wie verzeichnet, von S 510,-- erwachsen sind.
Hingegen war der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Aufwandersatz an sie gemäß § 55 Abs. 2 VwGG abzuweisen, weil die belangte Behörde keine Gründe nachgewiesen hat, die ihr eine fristgerechte Erlassung des versäumten Bescheides unmöglich gemacht haben.
Wien, am 19. November 1985
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