Normen
GewO 1973 §259 Abs1
GewO 1973 §366 Abs1 Z2
VStG §31 Abs1
VStG §31 Abs2
VStG §31 Abs3
VStG §45 Abs1 litc
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs1 Z5
VwGG §41 Abs1
VwGG §42 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1984040184.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 22. August 1984 erkannte der Landeshauptmann von Tirol den Beschwerdeführer für schuldig, in der Zeit von zumindest 11. Juni 1982 bis zum 28. Jänner 1984 von R aus dem Verkauf der Liegenschaft EZ. 192, Haus Nr. nn1, U, an Dr. HS, wohnhaft in S/BRD, vermittelt und dafür ein Honorar von S 332.190,-- gefordert zu haben, obwohl er nicht im Besitz einer Konzession zur Ausübung des Immobilienmaklergewerbes ist; er habe dadurch das Immobilienmaklergewerbe unbefugt ausgeübt und eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z 2 in Verbindung mit § 259 Abs. 1 GewO 1973 begangen; gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1973 werde über ihn daher eine Geldstrafe in der Höhe von S 4.500,-- verhängt; im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe trete an deren Stelle eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von neun Tagen. Zur Begründung wurde zunächst auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen, wonach der Bestrafung eine Anzeige der Sektion Gewerbe der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft zugrundeliege, der ein vom Beschwerdeführer im eigenen Namen erstelltes Angebot sowie zwei an den Käufer gerichtete Honorarforderungen samt einem Mahnschreiben seines Rechtsvertreters in Ablichtung angeschlossen gewesen seien. Die Erfordernisse der Selbständigkeit und der Gewinnerzielungsabsicht seien auf Grund dieser Unterlagen gegeben. Die Regelmäßigkeit stehe schließlich im Hinblick auf die Bestimmung des § 1 Abs. 4 GewO 1973 fest, da die Vermittlertätigkeit immerhin beinahe zwei Jahre in Anspruch genommen habe. Die belangte Behörde fährt in dem angefochtenen Bescheid sodann fort, der Beschwerdeführer habe anläßlich seiner Einvernahme den ihm zur Last gelegten Sachverhalt nicht bestritten. Er habe zugegeben, die gegenständliche Liegenschaft in mehreren Zeitungsinseraten im April oder Mai 1982 zum Verkauf angeboten zu haben. Weiters sei er ca. zwanzigmal zu Besprechungen mit dem Verkäufer nach S gereist, mit dem späteren Käufer habe er hingegen oftmals telefoniert. Die Inserate hätten ihm Kosten in der Höhe von ca. S 160.000,-- verursacht, weitere Vermittlertätigkeiten habe er jedoch keine durchgeführt. Gemäß § 259 Abs. 1 GewO 1973 sei u.a. die Vermittlung des Kaufes und des Verkaufes bebauter und unbebauter Grundstücke dem konzessionierten Immobilienmaklergewerbe vorbehalten. Unter Vermittlung im Sinne dieser Gesetzesbestimmung seien dabei sowohl jene Tätigkeiten zu verstehen, welche objektiv geeignet und dazu bestimmt seien, auf einen späteren Vertragsabschluß zwischen den (vom Vermittelnden verschiedenen) Parteien hinzuwirken, sowie alle jene Handlungen, die sich in deren Gefolge notwendigerweise ergeben. Daraus folge aber, daß die vom Beschwerdeführer selbst zugestandenen bzw. aktenkundigen Tätigkeiten, nämlich das Inserieren in Zeitungen, das Führen (wenngleich getrennter) Vertragsverhandlungen mit Käufer und Verkäufer, der Briefverkehr mit diesen, sowie das Erstellen damit im Zusammenhang stehender Honorarnoten, dem Konzessionsvorbehalt des § 259 GewO 1973 unterlägen. Ob auch Vertragsverhandlungen geführt wurden, an denen der Beschwerdeführer selbst nicht beteiligt war, könne nicht als entscheidungswesentlich dahingestellt bleiben. Zur Regelmäßigkeit müsse darauf verwiesen werden, daß das schriftliche Offert vom 21. Juni 1982 datiere, während die letzte Honorarnote vom 28. Jänner 1984 stamme. Dazwischen liege notwendigerweise die vom Beschwerdeführer selbst zugestandene, angesichts von 20 Verhandlungsterminen und oftmaligen Ferngesprächen wohl als umfangreich anzusehende weitere Vermittlertätigkeit. Es sei der erstinstanzlichen Behörde daher beizupflichten, wenn sie ausgehend von der Bestimmung des § 1 Abs. 4 GewO 1973 das Tatbestandsmerkmal der Regelmäßigkeit bejaht habe. Desgleichen könne hinsichtlich der Kriterien der Selbständigkeit und Gewinnerzielungsabsicht auf die zutreffenden Gründe im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen werden. Damit stehe aber fest, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers entgegen seiner Ansicht als gewerbsmäßig zu qualifizieren sei, wobei ein allfälliges Schwägerschaftsverhältnis zum Verkäufer völlig unerheblich sei. Lediglich der Tatzeitbeginn sei gegenüber dem erstinstanzlichen Bescheid im Zweifel auf den 11. Juni 1982 einzuschränken gewesen, da sich der Beginn mit April 1982 auf Grund der Aktenlage nicht mit Sicherheit erweisen lasse. Der zuerst genannte Termin könne im Hinblick auf den Inhalt des im Akt befindlichen Offertes bedenkenlos festgestellt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach dem gesamten Vorbringen in der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der ihm zur Last gelegten Übertretung schuldig erkannt zu werden. Im Rahmen dieses Beschwerdepunktes hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob der Bestrafung des Beschwerdeführers nicht der Eintritt einer allfälligen Verfolgungsverjährung entgegensteht, auch wenn eine solche vom Beschwerdeführer nicht eingewendet wurde, denn die Verjährung ist von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1970, Zl. 442/70).
Der Verwaltungsgerichtshof hat im vorliegenden Fall somit zunächst die Frage zu prüfen, ob gegen den Beschwerdeführer rechtzeitig eine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde.
Nach § 31 Abs. 1 VStG 1950 ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt nach § 32 Abs. 2 leg. cit., abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen, sechs Monate. Gemäß § 32 Abs. 2 VStG 1950 ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht, oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat. Der § 32 Abs. 2 VStG 1950 stellt somit auf Amtshandlungen ab, die eine Behörde gegen eine Person als Beschuldigten gerichtet hat. Die Worte "gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten" schließen nach der Definition des § 32 Abs. 1 VStG 1950 in sich, daß die gegen die betreffende Person gerichtete Amtshandlung eine bestimmte Verwaltungsübertretung (oder mehrere bestimmte Verwaltungsübertretungen) zum Gegenstand haben muß. Insofern muß sich die Amtshandlung auf alle einer späteren Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente beziehen (vgl. den in der Amtlichen Sammlung unter Nr. 9664/A abgedruckten Rechtssatz des Erkenntnisses eines verstärkten Senates vom 19. Oktober 1978).
Ausgehend von dieser Rechtslage kommt nach der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Aktenlage als erste Verfolgungshandlung gegen den Beschwerdeführer seine Vernehmung im Verwaltungsstrafverfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck am 8. Juni 1984 in Betracht. Eine Verfolgung des Beschwerdeführers wegen der ihm zur Last gelegten Tat wäre daher nur zulässig, wenn die Verjährungsfrist weniger als sechs Monate vor diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen hatte.
Die dem Beschwerdeführer hier zu Last gelegte Verwaltungsübertretung der unbefugten Gewerbeausübung ist ein fortgesetztes Delikt. Die Verjährungsfrist ist daher von dem Zeitpunkt an zu rechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1971, Slg. Nr. 7997/A). Die Tätigkeit des Immobilienmaklers besteht nun gemäß § 259 Abs. 1 GewO 1973 in der Vermittlung des Kaufes, Verkaufes und Tausches von bebauten und unbebauten Grundstücken einschließlich der Vermittlung des Kaufes, Verkaufes und Tausches von Wohnungen, Geschäftsräumen und Unternehmen, ferner in der Vermittlung von Bestandsverträgen über Immobilien einschließlich der Vermittlung von Bestandverträgen über Wohnungen, Geschäftsräume und Unternehmen, in der Vermittlung von Hypothekardarlehen sowie im Handel mit Immobilien. Die Vermittlertätigkeit wiederum besteht in dem Zusammenführen von Personen zu dem Zweck eines Vertragsabschlusses. Die Vermittlertätigkeit ist daher mit dem Zusammenführen der präsumtiven Vertragspartner im wesentlichen abgeschlossen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Dezember 1956, Zl. 1375/54, und vom 25. April 1961, Zlen. 1069 und 1519/59). Mit dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall diesen Erfolg seiner Vermittlungsbemühungen erzielt hatte, beginnt somit für ihn die Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG 1950 zu laufen. Wann der Beschwerdeführer für die von ihm entfaltete Tätigkeit seine Honorarnote gelegt hatte, ist dagegen für den Beginn der Verjährungsfrist ohne Bedeutung, weil es sich dabei um keine Tätigkeit handelt, die typisch zu der ihm angelasteten unbefugten Gewerbeausübung gehört.
Da es die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unterließ, den oben näher dargestellten, für den Beginn der Verjährungsfrist maßgeblichen Zeitpunkt festzustellen und keinesfalls ausgeschlossen werden kann, daß dieser Zeitpunkt mehr als sechs Monate vor dem 8. Juni 1984 liegt (nach dem Akteninhalt erfolgte der Vertragsabschluß über das vom Beschwerdeführer vermittelte Geschäft am 20. Juli 1983) belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG vom Verwaltungsgerichtshof aufzuheben. Damit war es entbehrlich, auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde einzugehen.
Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, daß der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ausschließlich Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheide geltend machte. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem in einem verstärkten Senat ergangenen Erkenntnis vom 19. September 1984, Zl. 82/03/0112, ausgesprochen hat, besteht eine Bindung des Verwaltungsgerichtshofes nur an die in der Beschwerde geltend gemachten Beschwerdepunkte, nicht jedoch an die darin dargestellten Beschwerdegründe. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte nach der Anordnung des § 41 Abs. 1 VwGG alle für die Entscheidung der Frage, ob das betreffende subjektive Recht des Beschwerdeführers verletzt worden ist oder nicht, maßgebenden Gründe zu beachten, ohne Unterschied, ob diese Gründe den Aufhebungstatbestand einer Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde oder den Aufhebungstatbestand einer Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften oder schließlich jenen der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides betreffen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221/1981. Dem Beschwerdeführer konnten gemäß § 48 Abs. 1 Z 1 VwGG nur jene Stempelgebühren zugesprochen werden, die er notwendigerweise zu entrichten hatte. Das darüber hinaus gehende Mehrbegehren war abzuweisen.
Wien, am 5. März 1985
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