VwGH 84/03/0063

VwGH84/03/006310.7.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde des LN in V, vertreten durch Dr. Johann Wiegele, Rechtsanwalt in Villach, Bambergergasse 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 9. Jänner 1984, Zl. 8 V-2052/2/83, betreffend eine dem mj. HN zur Last gelegte Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
VStG §21 Abs1;
AVG §59 Abs1;
VStG §21 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hermagor vom 1. Februar 1983 enthält folgende Einleitung und folgenden Spruch:

"In der Verwaltungsstrafsache gegen den Beschuldigten HN, geboren am 15. 3. 1967, …… ergeht nachstehender

Spruch:

In Anwendung des § 21 Abs. 1 des VStG 1950 wird von der Verhängung einer Strafe gegen den obgenannten Beschuldigten wegen Übertretung nach § 64 Abs. 1 des KFG 1967, weil er am 23. 7. 1982 gegen 09.00 Uhr die Zugmaschine K nn.nnn auf Straßen mit öffentlichem Verkehr in V gelenkt hat, abgesehen. Gleichzeitig wird aber der Beschuldigte unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens

ermahnt. "

Dagegen erhob der Beschwerdeführer "für HN" Berufung.

Der angefochtene Bescheid enthält folgenden Spruch:

"Die von Herrn HN, …. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hermagor vom 1. 2. 1983, Zl. ….. , erhobene Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen."

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Mit Beschluß vom 30. Jänner 1985 richtete der Verwaltungsgerichtshof an die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Anfrage gemäß § 41 Abs. 1 VwGG, in welcher folgendes ausgeführt wurde:

"Nach dem zweiten Satz des § 21 Abs. 1 VStG 1950 ist eine Ermahnung mit einem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des betreffenden Verhaltens zu verbinden. Daraus folgt, daß im Spruch eines Bescheides, mit dem eine Ermahnung erteilt wird, das betreffende Verhalten so genau zu umschreiben ist, daß dessen Zuordnung zu jener Verwaltungsvorschrift, derzufolge das Verhalten rechtswidrig ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird.

Im vorliegenden Fall wurde HN wegen Verstoßes gegen § 64 Abs. 1 KFG 1967 ermahnt. Nach dieser Bestimmung ist - abgesehen von Motorfahrrädern - das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur auf Grund einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung für die Gruppe (§ 65 Abs. 1) zulässig, in die das Kraftfahrzeug fällt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die gegen den Erstbescheid erhobene Berufung ohne jegliche Maßgabe abgewiesen. Für die Beurteilung des angefochtenen Bescheides ist somit die Spruchfassung des Erstbescheides maßgebend. Im Spruch dieses Bescheides wurde, was das Verhalten des HN anlangt, lediglich angeführt, daß "er am 23. 7. 1982 gegen 09.00 Uhr die Zugmaschine K nn.nnn auf Straßen mit öffentlichem Verkehr in V gelenkt hat", auf das für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit im Sinne des § 64 Abs. 1 KFG 1967 maßgebende Tatbestandselement, ob er dies ohne Besitz der erforderlichen Lenkerberechtigung getan habe, wurde im Spruch des Erstbescheides jedoch nicht Bezug genommen. Der angefochtene Bescheid in Verbindung mit dem Spruch des Erstbescheides entspricht somit nicht den vorstehend angeführten Erfordernissen des Bescheidspruches über eine Ermahnung im Sinne des § 21 Abs. 1 VStG 1950.

Der vom Verwaltungsgerichtshof somit vorläufig vertretenen Auffassung, daß im vorliegenden Fall ein zur Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes führender Spruchmangel vorliegen könnte, steht nicht entgegen, daß in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf Bezug genommen wurde, daß HN nicht im Besitz der erforderlichen Lenkerberechtigung war.

Das fehlende Spruchelement wird auch nicht etwa dadurch ersetzt, daß in der Einleitung des Erstbescheides das Geburtsdatum des HN mit 15. 3. 1967 angegeben wurde. Daraus kann zwar gefolgert werden, daß dem HN bis zum 23. Juli 1982, dem Zeitpunkt des vom Spruch erfaßten Lenkens einer Zugmaschine, nach § 64 Abs. 2 KFG 1967 die erforderliche Lenkerberechtigung noch gar nicht erteilt worden sein durfte. Die erwähnte Angabe des Geburtsdatums aber ist zum einen ebenfalls nicht im Spruch enthalten, zum anderen wird damit nur ein im Administrativverfahren über einen Antrag auf Erteilung der Lenkerberechtigung maßgebendes Kriterium, nicht aber das für die Rechtswidrigkeit des den Gegenstand der Ermahnung bildenden Verhaltens maßgebende Kriterium, nämlich der - aus welchen Gründen immer - bestehende Mangel des Besitzes der Lenkerberechtigung, zum Ausdruck gebracht."

Der Beschwerdeführer hat von der Abgabe einer Stellungnahme abgesehen.

Die belangte Behörde teilte dem Verwaltungsgerichtshof mit Schriftsatz vom 19. März 1985 mit, sie schließe sich der im hg. Beschluß vom 30. Jänner 1985 dargelegten Rechtsansicht vollinhaltlich an.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschluß vom 30. Jänner 1985 dargelegte Rechtsansicht wird zur endgültigen Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes erhoben.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I lit. A Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 10. Juli 1985

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