VwGH 83/14/0212

VwGH83/14/02128.5.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Schubert und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Traumüller, über die Beschwerde des Dr. EB in G, vertreten durch Dr. Karl Pacher, Rechtsanwalt in Graz, Neutorgasse 49/I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 26. August 1983, Zl. 163/2-3/83, betreffend Behebung von Abgabenbescheiden im Aufsichtswege (§ 299 Abs. 2 BAO), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs2;
BAO §299 Abs1;
BAO §115 Abs2;
BAO §299 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer beim Beschwerdeführer, einem Facharzt für Orthopädie, vorgenommenen, insbesondere die Umsatz- und die Einkommensteuer für die Jahre 1979 bis 1981 umfassenden Betriebsprüfung wurde in der am 22. Dezember 1982 gemäß § 151 Abs. 3 BAO aufgenommenen Niederschrift - unter die seine Unterschrift zu setzen der Beschwerdeführer ohne Angabe von Gründen sich weigerte - unter Punkt 6) folgendes festgehalten:

"Der AbgPfl. ist seit November 1965 alleiniger Besitzer des mietengeschützten Mietwohngrundstückes in Graz, P.gasse 26. In diesem Gebäude befinden sich 4 Wohneinheiten, von denen zur Zeit die Wohnung im Erdgeschoß (225 m2), die vom AbgPfl. und seiner Familie bewohnt wurde, formell an seine Gattin und die im 1. Stock befindliche 142 m2 große Wohnung (ehem. Mieter G) an eine Tochter des AbgPfl. vermietet sind. Die zweite Wohnung im 1. Stock (95 m2) wird derzeit nach Schwammschaden repariert. Die Mansardenwohnung (150 m2) wurde nach Schwammbefall in der Zeit von 1977 bis Dezember 1980 instandgesetzt. Ergänzend wird noch angeführt, daß im November 1981 in obiger Mansardenwohnung Türblätter mit Platten belegt wurden. Da sowohl die Miete für die Wohnung der Gattin des AbgPfl. (mündl. Mietvertrag vom Jahre 1965 abgeschlossen zwischen AbgPfl. u. seiner Gattin) als auch die für die Wohnung einer Tochter des AbgPfl. (schriftl. Mietvertrag vom 1. Oktober 1977) - obwohl eine freie Mietzinsvereinbarung möglich war - unter Anwendung der Bestimmungen des Mietengesetzes - Zinsstoppgesetzes -

Wohnungsförderungsgesetzes 1968 berechnet wurde, weiters der Aufwand für die Reparatur der Schwammschäden den Mietern (Gattin und Tochter) nicht angerechnet wurden, kann geschlossen werden, daß aus diesen beiden Mietverhältnissen auch in Zukunft keine Überschüsse erzielt werden können.

Der AbgPfl. hat auch keinen Versuch unternommen, für die Mansardenwohnung, die im Dezember 1980 bereits soweit fertiggestellt war, daß sie an einen Mieter hätte weitervermietet werden können, einen solchen zu finden, um aus dieser Wohnung Einkünfte zu erzielen. Außerdem gibt der AbgPfl. an, daß er die an seine Tochter vermietete Wohnung auch einem Dritten gegenüber zu denselben Bedingungen überlassen hätte, sodaß daraus gefolgert werden kann, daß die Mansardenwohnung ebenfalls zu gleichen Bedingungen werden wird/vermietet.

Abgesehen davon, daß es sich bei der Vermietung an die Gattin bzw. an die Tochter um kein Mietverhältnis zur Erzielung von Einnahmen (Miete für die an die Gattin vermietete eigene Wohnung wird vom AbgPfl. selbst bezahlt), sondern um die Eigennutzung eines Teiles des Mietwohngrundstückes handelt, für die übrigen Wohnungen die Vermietungsabsicht nicht erkennbar ist, ist das Grundstück bei den gegebenen Verhältnissen (Vermietung zum Mieterschutzzins) nicht geeignet Erträgnisse abzuwerfen.

Da somit auf die Dauer aus obigem MG kein Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten erzielt werden kann, stellt dieses keine Einkommensquelle im Sinne des § 2 (2) EStG dar und sind die daraus entstandenen Verluste nicht ausgleichs- bzw. abzugsfähig. Sie stellen gemäß § 20 EStG Kosten der Lebensführung dar und unterliegen deshalb auch nicht der Umsatzsteuer gem. § 1 UStG und ist auch kein Vorsteuerabzug gem. § 12 UStG vorzunehmen."

Dieser Auffassung des Betriebsprüfers folgend verweigerte das Finanzamt in den - teilweise nach Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO erlassenen - Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 1977 bis 1981 den Ausgleich der vom Beschwerdeführer erklärten Verluste aus Vermietung und in den Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 1979 bis 1981 den Abzug der im Zusammenhang mit der behaupteten Vermietung stehenden Vorsteuern.

In seiner Berufung gegen diese Bescheide brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, bei der Quelle der von ihm behaupteten Einkünfte aus Vermietung handle es sich um dem Mieterschutz unterliegende Liegenschaften, so daß ein Begehren nach höheren Mietzinsen oder nach einer Ablöse auch dann ungesetzlich gewesen wäre, wenn es sich bei den Mietern zufällig um Angehörige des Beschwerdeführers gehandelt habe. Eine Beurteilung als Liebhaberei könne aber nicht erfolgen, wenn die Ertragslosigkeit eines Gebäudes nur Folge von Zwangsvorschriften auf dem Wohnungssektor sei.

Mit Berufungsvorentscheidungen vom 15. Juli 1983 hat das Finanzamt dem Berufungsbegehren in dem dargestellten Streitpunkt, ohne dies zu begründen, Folge gegeben und dementsprechend für die Jahre 1977 bis 1981 Verluste aus der Vermietung des Grundstückes P.gasse 26 im Ausmaß von jährlich zwischen S 201.624,-- und S 384.389,-- zum Ausgleich zugelassen und für die Jahre 1979 bis 1981 die mit dem genannten Bestandobjekt in Zusammenhang stehenden Vorsteuern als bei der Umsatzsteuer abzugsfähig anerkannt.

Mit Bescheid vom 26. August 1983 hob die belangte Behörde diese Berufungsvorentscheidungen gemäß § 299 Abs. 2 BAO wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf und begründete dies im wesentlichen damit, der Beschwerdeführer habe 1965 mit seiner Ehegattin einen mündlichen Mietvertrag abgeschlossen, wonach er ihr die im Parterre des Hauses P.gasse 26 gelegene Wohnung im Ausmaß von 225 m2 in Bestand gegeben und die vereinbarte Miete selbst bezahlt habe. Da also die Gegenleistung für die behauptete Gebrauchsüberlassung nicht der Mieter, sondern der Vermieter erbringe, sei das Vertragsverhältnis bereits zivilrechtlich zu verwerfen; denn es gehöre zum Wesen zweiseitig verbindlicher Verträge, daß sich Pflicht und Gegenpflicht im Austauschverhältnis gegenüberstehen. Da es bereits zivilrechtlich an der Ernsthaftigkeit der Vereinbarung, welche in dieser Form einem Fremdvergleich nicht standhielte, mangle, könne sie auch steuerlich keine Rechtsfolgen auslösen, so daß es sich erübrige, auf die Frage der Angemessenheit des Mietzinses - die Hauseigentümerwohnung unterliege nicht den Beschränkungen des Mietengesetzes - einzugehen. Da die sich aus dem als erwiesen anzunehmenden Sachverhalt ergebenden Rechtsfolgen im Bereiche der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer nicht gezogen worden seien, sei aus Zweckmäßigkeitsgründen - vor allem im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung - mit Aufhebung vorzugehen gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde und die dazu von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die Verpflichtung zur Gewährung von Parteiengehör vor einer Aufhebung durch die Oberbehörde nach § 299 BAO besteht nur, wenn ein neuer Sachverhalt angenommen oder neue Beweise aufgenommen wurden (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1981, Zl. 747/79, vom 29. September 1982, Zl. 82/13/0127, vom 14. Dezember 1982, Zl. 82/14/0036, u. v. a.). Neue Beweise hat die belangte Behörde vor ihrer nun angefochtenen Entscheidung nicht aufgenommen. Sie hat aber auch keinen "neuen Sachverhalt" im Sinne der oben zitierten Erkenntnisse angenommen, vielmehr ihre Aufhebung im wesentlichen darauf gestützt, den vereinbarten Mietzins für die an die Ehegattin vermietete Wohnung habe nicht diese als Mieterin, sondern der Beschwerdeführer selbst (der Vermieter der Wohnung) bezahlt. Diese Tatsachen sind bereits in der eingangs wörtlich wiedergegebenen Niederschrift vom 22. Dezember 1982 mit dem Satz "Miete für die an die Gattin vermietete eigene Wohnung wird vom AbgPfl. selbst bezahlt" so festgehalten, wie sie von der belangten Behörde in der Begründung ihres Aufhebungsbescheides angenommen wurden. Im gesamten bis zu diesem Bescheid durchgeführten Abgabenverfahren hat der Beschwerdeführer in seinen ausführlichen Stellungnahmen diese Tatsachen nie in Abrede gestellt, obwohl er zumindest im Zeitpunkt der Abfassung seiner Berufung (11. März 1983) - wie deren Inhalt beweist - den Inhalt der Niederschrift vom 22. Dezember 1982 kannte. Damit aber kann die Frage, wieweit zunächst Verfahrensvorschriften (durch das Finanzamt) damit verletzt waren, daß dem Beschwerdeführer diese Niederschrift anfänglich nicht ausgefolgt worden war (§ 151 Abs. 3 BAO), auf sich beruhen, weil damit im Ergebnis und beurteilt für den Zeitpunkt der Erlassung des nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides eine Einschränkung des Beschwerdeführers in der Verfolgung seiner Rechte längst nicht (mehr) gegeben war. Damit aber besteht die in der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht.

Auch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit dieses Bescheides ist nicht gegeben. Daß im allgemeinen ein "Mietvertrag", wenn der vereinbarte Mietzins - auf seine Höhe kommt es dabei, wie die belangte Behörde richtig erkannte, zunächst gar nicht an - nicht vom Mieter, sondern vom Vermieter (d. h. in Wahrheit: gar nicht) bezahlt wird, schon nach Zivilrecht kein Mietvertrag ist und seine Anerkennung für den Bereich des Steuerrechts erst recht nicht in Betracht kommt, ist offenkundig richtig. Eine andere Beurteilung wäre allenfalls möglich, wenn besondere und außergewöhnliche zusätzliche Umstände vorlägen, die diese besondere und außergewöhnliche Konstruktion erklärlich machten. Solche Umstände lagen der belangten Behörde nicht vor und werden nicht einmal nun in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde behauptet, die zwar zur Frage der Anerkennung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung umfangreiche, teilweise in Form unzulässiger Neuerungen gehaltene Ausführungen enthält, aber die zunächst für die angefochtene Entscheidung der belangten Behörde mit Recht als ausschlaggebend gewertete Tatsache der Zahlung des Mietzinses nicht durch die Mieterin (Gattin des Beschwerdeführers), sondern den Vermieter (Beschwerdeführer) selbst nicht einmal jetzt in Abrede stellt.

Damit aber ist der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Aufhebungsbescheid in Rechten nicht verletzt worden, was zur Abweisung seiner Beschwerde als unbegründet (§ 42 Abs. 1 VwGG 1965) führen mußte. In dem nun fortzusetzenden Verfahren über seine Berufung gegen die erstinstanzlichen Bescheide wird ihm indes im Hinblick auf sein Vorbringen schon im bisherigen Abgabenverfahren und in dieser Verwaltungsgerichtshofbeschwerde ausreichend Gelegenheit gegeben werden müssen, seine tatsächlichen Behauptungen zu dem gesamten für die Beurteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und allenfalls das Ausmaß dieses Vorliegens oder Nichtvorliegens maßgebenden Sachverhalt übersichtlich zusammenzufassen und dafür die erforderlichen Beweise anzubieten (§ 115 BAO).

Der Zuspruch von Aufwandersatz an den Bund beruht auf den §§ 47 ff VwGG 1965.

Wien, am 8. Mai 1984

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