VwGH 83/07/0050

VwGH83/07/005022.3.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zepharovich, über die Beschwerden der A-Aktiengesellschaft in Wien, vertreten durch Dr. Maximillian Eiselsberg, Rechtsanwalt in Wien I, Schwarzenbergstraße 1 - 3, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Jänner 1983, Zl. Wa - 144/1-1983/Spi/Kitz, und vom 20. Jänner 1983, Zl. Wa - 397/1 - 1983/Spi/Kitz, betreffend Zurückweisung zweier Berufungen, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8 impl;
VwGG §34 Abs1 impl;
WRG 1959 §102;
AVG §8 impl;
VwGG §34 Abs1 impl;
WRG 1959 §102;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen und dem Inhalt der den beiden vorliegenden Beschwerden angeschlossenen angefochtenen Bescheiden ist eine "G-Ges.m.b.H." Eigentümerin der Liegenschaft, auf welcher sich die Wasserkraftanlage "X-mühle" bwz. die sogenannte "Xmühlstufe" am Almfluß befindet. Auf dieser Liegenschaft ist zugunsten einer Forderung der Beschwerdeführerin gegen diese Gesellschaft ein Pfandrecht einverleibt.

Mit Bescheid vom 1. Dezember 1982 hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden das Erlöschen des im Wasserbuch derselben Behörde unter PZ. Nr. n1 eingetragenen Wasserbenutzungsrechtes zum Betrieb der Wasserkraftanlage "Xmühle" am Almfluß in der Gemeinde Y festgestellt und zugleich der oben genannten Gesellschaft als Eigentümerin dieser Anlage letztmalige Vorkehrungen aufgetragen.

Mit einem weiteren Bescheid vom 2. Dezember 1982 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Gmunden den Gemeinden Y und Z die wasserrechtliche Bewilligung zur Durchführung von Regulierungsarbeiten und im Zusammenhang damit zum Neubau der sogenannten "X-mühlstufe" am Almfluß in ihren jeweiligen Gemeindegebieten.

Die Beschwerdeführerin hat gegen diese beiden Bescheide Berufung erhoben und ausgeführt, daß die vom Gesetz für die Erlöschensfeststellung geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt und auch die aufgetragenen Erlöschensvorkehrungen nicht erforderlich seien, bzw. daß die Bedingungen und Auflagen für die Regulierung des Almflusses im Bereich der "X-mühlstufe" nach dem Zustand der Bauwerke und Ufer nicht notwendig seien.

Mit den beiden nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 14. und vom 20. Jänner 1983 hat der Landeshauptmann von Oberösterreich (in der Folge: die belangte Behörde) die beiden Berufungen der Beschwerdeführerin gemäß § 66 AVG 1950 zurückgewiesen. Beide angefochtenen Bescheide begründete die belangte Behörde unter Hinweis auf § 102 Abs. 1 lit. b bzw. lit. c WRG 1959 übereinstimmend damit, daß der Beschwerdeführerin als bloßer Hypothekargläubigerin an der berührten Liegenschaft keine Parteistellung in den wasserrechtlichen Verfahren zukomme und ihr daher auch die Legitimation zur Erhebung einer Berufung fehle. Es möge zwar zutreffen, daß die Beschwerdeführerin ein großes und wahrscheinlich auch gerechtfertigtes wirtschaftliches Interesse an der Aufrechterhaltung der Wasserkraftanlage habe, doch reiche dieses nicht zur Begründung ihrer Parteistellung aus. Es erübrige sich daher, den materiellen Gehalt der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwendungen zu prüfen.

Gegen diese beiden Bescheide richten sich die vorliegenden, jeweils wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen und mit Anträgen auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbundenen Beschwerden, welche der Verwaltungsgerichtshof wegen ihrer im wesentlichen übereinstimmenden Begründung und wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden hat. Die Beschwerdeführerin bringt darin vor, ihr als Hypothekargläubigerin des Liegenschaftseigentümers habe die gesamte Liegenschaft mit allen darauf befindlichen Einrichtungen als Haftungsfonds zu dienen. Das Pfandrecht sei gleich dem Grundeigentum ein dingliches Recht an eben dieser Liegenschaft. Der Beschwerdeführerin komme daher wie dem Grundeigentümer Parteistellung und nicht bloß die Stellung eines Beteiligten gemäß § 102 Abs. 3 WRG 1959 zu. Die bisherige Judikatur und Literatur zur Frage der Parteistellung des Hypothekargläubigers sei unbefriedigend. Die Beschwerdeführerin sei durch die angefochtenen Bescheide in ihren Rechten verletzt worden und daher auch beschwerdelegitimiert. Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin in beiden Beschwerden geltend, daß die belangte Behörde die Berufungen zurückgewiesen habe, ohne den Sachverhalt zu ermitteln, aus dem sich das materiellrechtliche Interesse der Beschwerdeführerin feststellen hätte lassen. Mangelhaft sei das Verfahren auch deshalb, weil eine ordnungsgemäße Zustellung an die Liegenschaftseigentümerin nicht möglich gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wer Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren hat, ist in § 102 Abs. 1 WRG 1959 taxativ aufgezählt. Dazu zählen - soweit dies im Zusammenhang mit den vorliegenden Beschwerden von Bedeutung ist - nach lit. b dieser Gesetzesstelle diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten, und nach lit. c im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten die im § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen.

Eine Leistung, Duldung oder Unterlassung des Pfandgläubigers wurde in dem von der Beschwerdeführerin bekämpften instanzlichen Bescheiden nicht angeordnet. Der im § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 enthaltene ausdrückliche Hinweis auf die in § 12 Abs. 2 WRG 1959 aufgezählten Rechte schränkt den Kreis der "sonst berührten Rechte" auf rechtmäßig geübte Wassernutzungen, Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum ein. Auch zu den in § 29 Abs. 1 und 3 WRG 1959 genannten Personen zählt der Pfandgläubiger nicht (vgl. Krzizek, Kommentar zum WRG, Wien 1962, S. 143, 145 und 415 f).

Demjenigen, dem nicht das Grundeigentum, sondern nur ein sonstiges dingliches Recht an einer berührten Liegenschaft zusteht, mangelt somit die Parteieigenschaft nach § 102 WRG 1959 (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. November 1980, Zl. 3221/80, vom 10. März 1975, Zl. 2111/74, vom 23. Februar 1968, Zl. 129/68, und vom 9. Februar 1967, Zlen. 1212/66 und 1579/66).

Nach § 102 Abs. 3 WRG 1959 sind hingegen alle an berührten Liegenschaften dinglich Berechtigte, soweit ihnen nicht schon nach Abs. 1 Parteistellung zukommt, Beteiligte im Sinne des § 8 AVG 1950, denen gemäß Abs. 4 das Recht zusteht, im Verfahren ihre Interessen darzulegen, nicht aber das Recht, Einwendungen zu erheben.

Mit der dagegen in der Beschwerde vorgetragenen Auffassung, § 102 WRG 1959 lege den Kreis der Parteien und Beteiligten für seinen Anwendungsbereich nur "scheinbar" fest, vermag die Beschwerdeführerin den Verwaltungsgerichtshof von der Unrichtigkeit der zu dieser Frage vorliegenden Literatur und Judikatur nicht zu überzeugen. Das Gesetz unterscheidet auch im Gegensatz zu der in der Beschwerde vertretenen Auffassung hinsichtlich der '"an berührten Liegenschaften dinglich Berechtigten" nicht, ob es sich bei der berührten Liegenschaft um jene handelt, welche Träger des Wassernutzungsrechtes ist bzw. auf welcher die im Bescheid aufgetragenen Auflagen und Maßnahmen verwirklicht werden sollen, oder nur um dieser benachbarte Liegenschaften. Schließlich läßt sich auch aus dem Umstand, daß das Gesetz bei der Ermittlung und Entrichtung der Entschädigung bei Einräumung von Zwangsrechten (§ 118 WRG 1959) auf die Befriedigung allfälliger Hypothekargläubiger Bedacht nimmt, deren Parteistellung in anderen wasserrechtlichen Verfahren nicht ableiten.

Die belangte Behörde hat daher das Gesetz nicht dadurch verletzt, daß sie die beiden von den Beschwerden betroffenen Berufungen mangels Parteistellung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen hat. Da sie dazu nach der gegebenen Rechtslage keiner weiteren Sachverhaltsermittlungen bedurfte, sind die angefochtenen Bescheide auch nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet. Ob und inwieweit Mängel bei der Zustellung der erstinstanzlichen Bescheide verhindert haben, daß diese Bescheide der Liegenschaftseigentümerin gegenüber in Rechtskraft erwachsen sind, war im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die beiden Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965, und zwar gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG 1965 im Dreiersenat, ohne weiteres Verfahren, somit ohne Verhandlung, in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Mit Rücksicht auf dieses Ergebnis in der Hauptsache erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über die mit den beiden Beschwerden verbundenen Anträgen auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Soweit in dieser Entscheidung auf frühere, in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes Bezug genommen wird, wird die Beschwerdeführerin auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 22. März 1983

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte