VwGH 82/14/0281

VwGH82/14/02813.5.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Schubert und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Sperlich, über die Beschwerde des PF in I, vertreten durch DDr. Jörg Christian Horwath, Rechtsanwalt in Innsbruck, Anichstraße 6/111, gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat, vom 9. August 1982, Zl. 30.585‑3/82, betreffend Umsatz-, Gewerbe- und Einkommensteuer 1975 bis 1978, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §23 Z1
EStG 1972 §47 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1982140281.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach dem Ergebnis einer 1979 vorgenommenen Betriebsprüfung erließ das Finanzamt am 5. Juni 1979 den Beschwerdeführer betreffende Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1975 bis 1978 mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe nach den Feststellungen der Prüfungsorgane in den genannten Jahren Umsätze und Gewinne aus Provisionen und „Traggeldern“ im Zusammenhang mit einem selbständigen Auftragsverhältnis zur (Bäckerei =) Firma Gebrüder W. OHG erzielt, die er dem Finanzamt weder der Art noch dem Umfange nach bekanntgegeben habe. Die Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer 1975 bis 1978 seien vom Prüfer exakt ermittelt worden, der Gewinn aus der Tätigkeit sei gemäß § 184 BAO unter Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers mit S 60.000,-- pro Jahr im Schätzungsweg ermittelt worden.

In seiner Berufung gegen diese Bescheide brachte der Beschwerdeführer vor, bei seinen Einnahmen handle es sich um Lohn aus einem Dienstverhältnis. Er sei im Sommer 1972 bei der Bäckerei W. als Ferialpraktikant eingetreten, seine Tätigkeit habe im Broteinzählen, Brotausfahren und teilweisem Inkasso bestanden. Nach einer Zeitspanne fortlaufender aushilfsweiser Tätigkeit bei der Bäckerei sei er Ende 1974 beauftragt worden, eine Frühstückssemmelaktion für die Bäckerei zu organisieren, ohne daß sich an seiner Stellung als Dienstnehmer etwas geändert habe. Sein Aufgabengebiet habe folgendes umfaßt: Anstellen von Trägern im Namen der Bäckerei, Werben von Kunden, Entgegennehmen von Bestellungen, Beschaffung von Schlüsseln für die Träger, Kontrolle und Vertretung von Trägern, Abrechnen der Frühstückssemmeln. Der Beschwerdeführer sei innerhalb dieser Aufgabengebiete weisungsgebunden gewesen, er habe, um Träger zu finden, im Namen der Bäckerei W. inseriert und in deren Namen schriftliche Abmachungen mit den Trägern getroffen, die in einem direkten Verhältnis zur Bäckerei und nicht zum Beschwerdeführer gestanden seien. Das Werben von Kunden sei immer im Namen und auf Rechnung der Bäckerei erfolgt, über Bestellscheine hätten die Kunden die Bäckerei W. und nicht den Beschwerdeführer mit der Semmelzustellung beauftragt. Für die Abrechnung der Frühstückssemmelaktion habe der Beschwerdeführer im Auftrage des W. ein Bankkonto eröffnet; daß hiefür nur er zeichnungsberechtigt gewesen sei, gehe darauf zurück, daß W. den gemeinsamen Weg zur Bank immer wieder verschoben habe, obwohl seine Verfügungsberechtigung über das Abrechnungskonto vorgesehen gewesen sei. Daß der Beschwerdeführer weisungsgebunden gewesen sei, gehe auch daraus hervor, daß er auf Anweisung der Bäckerei in bestimmten Gebieten (in denen die Bäckerei Lebensmittelgeschäfte mit Semmeln belieferte) Kunden nicht habe werben dürfen. Ausgaben wie Kosten der Inserate, Schlüssel, Bürowaren, Werbeschriften und Weihnachtskarten seien auf Rechnung und Kosten der Bäckerei erfolgt, daher müsse das Bestehen eines Unternehmerwagnisses beim Beschwerdeführer verneint werden. Unrichtig sei schließlich, die Entgelte der Träger bei den Umsätzen des Beschwerdeführers miteinzubeziehen, weil dem Beschwerdeführer mehrmals versichert worden sei, die Träger seien als Aushilfen der Bäckerei gemeldet, und der Beschwerdeführer ‑ allerdings erst im Frühjahr 1979 ‑ beauftragt worden sei, die Lohnsteuerkarten der Träger zu bringen, damit diese „angemeldet werden können“. Die Bäckerei habe für die Auslieferung der Semmeln einen Fahrradanhänger angeschafft und 1978 ein Weihnachtsessen für die Träger organisiert, diese seien also immer Dienstnehmer der Bäckerei und nicht des Beschwerdeführers gewesen. Mit 2. Mai 1979 sei auch der Beschwerdeführer selbst als Dienstnehmer der Bäckerei angemeldet worden, es könne wohl angenommen werden, die Version einer bis dahin selbständigen Tätigkeit des Beschwerdeführers sei nur für steuerliche Zwecke vorgenommen worden. Beigelegt wurde dieser Berufung des Beschwerdeführers ein Formular einer „Abmachung“ zwischen der Bäckerei W., vertreten durch den Beschwerdeführer, einerseits und einem Semmelausträger anderseits; darin ist (insbesondere) vorgesehen, Fehlbeträge „zu Ungunsten der Bäckerei“ würden dem Träger aufgerechnet (P. 4), der Träger könne zu jeder Zeit beim Beschwerdeführer kündigen (P. 5), bei verspäteter Semmelauslieferung aus Verschulden der Bäckerei zahle „die Bäckerei“ dem Träger zusätzlich zum Tagesverdienst seinen jeweiligen Tagessatz (P. 7), in allen weiteren Fragen sei nur der Beschwerdeführer zuständig (P. 8).

Zu dieser Berufung wurde der Bäcker Emil W. einvernommen und am 29. Oktober 1979 eine Stellungnahme des Betriebsprüfers dahin abgegeben, zwischen der Firma W. und den Trägern sei nie eine schriftliche Vereinbarung getroffen worden und es sei zwischen ihnen nie zu einem Leistungsaustausch gekommen. Lohn und Aufwandentschädigung für Verwendung eines eigenen Pkw hätten die Träger nur vom Beschwerdeführer erhalten. Die Kunden hätten ihre Rechnungen auf das Bankkonto bezahlt, über das der Beschwerdeführer allein verfügungsberechtigt gewesen sei, ihm sei es oblegen, aus dem Erlös die Träger zu entlohnen und die Firma W. für die Semmellieferungen zu entschädigen, er habe über dieses Konto auch sämtliche privaten Daueraufträge abgewickelt. 1975 habe der Beschwerdeführer das Unternehmerrisiko (aus Forderungsverlusten) in Höhe von S 25.000,--, ab diesem Zeitpunkt aber in voller Höhe, zu tragen gehabt.

Nach ausführlichen Einvernahmen des Beschwerdeführers, der Inhaber der Bäckerei W. und zweier als Semmelausträger tätig gewesener Auskunftspersonen wies das Finanzamt die Berufung des Beschwerdeführers mit Berufungsvorentscheidung vom 29. Jänner 1980 als unbegründet ab, weil das Unternehmerrisiko vom Beschwerdeführer getragen worden sei, schlüssige Beweise für eine Weisungsgebundenheit nicht hatten vorgefunden werden können und sich keine Umstände ergeben hätten, die darauf hindeuteten, daß die Austräger in einem direkten Dienstverhältnis zur Firma W. gestanden seien. Zugleich wurden gemäß § 200 BAO erlassenen endgültigen Einkommen- und Gewerbesteuerbescheiden ermittelte Gewinne aus Gewerbebetrieb von S 150.000,-- (1975), S 125.000,-- (1976), S 190.000,-- (1977) und S 170.000,-- (1978) zugrunde gelegt.

Der Beschwerdeführer stellte am 28. Februar 1980 den Antrag auf Vorlage seiner Berufung an die belangte Behörde und erhob gleichzeitig Berufung gegen die erlassenen endgültigen Bescheide. Abgesehen von einer Wiederholung früherer Rechtsausführungen stellte er den Berechnungen des Finanzamtes eigene detaillierte Ziffern über in den einzelnen der strittigen vier Jahre erzielte Erlöse und getätigte Ausgaben gegenüber, die nach noch vorhandenen Originalunterlagen ermittelt seien und eher den Tatsachen entsprächen, als die vom Finanzamt durchgeführten Berechnungen.

Nach einer Reihe weiterer Erhebungen und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 9. August 1982 der Berufung des Beschwerdeführers teilweise dahin Folge, daß sie die Bemessungsgrundlagen und die Abgaben ihren Ziffern nach neu und mit Beträgen festsetzte, die vom Beschwerdeführer selbst in seiner nun vorliegenden Beschwerde im einzelnen nicht mehr bekämpft werden. Hingegen hielt die belangte Behörde an der Auffassung fest, der Beschwerdeführer habe durch seine Tätigkeit im Rahmen der Aktion „Frühstückssemmel“ eine selbständige Erwerbstätigkeit entfaltet, die zu Einkünften aus Gewerbebetrieb geführt habe; auch sei er gegenüber den Austrägern als Arbeitgeber anzusehen gewesen, so daß deren Tätigkeit ihm zuzurechnen gewesen sei. Ihre Auffassung zu diesen beiden Fragen, die die ausschließlichen Streitpunkte des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sind, begründete die belangte Behörde im wesentlichen damit, das Entscheidungskriterium für die Frage, ob der Beschwerdeführer das Unternehmerrisiko getragen habe, liefere die Art der Abrechnung. Der Beschwerdeführer habe ausgeführt, den gesamten von den privaten Haushalten auf sein Girokonto eingezahlten Geldbetrag abzüglich eines ihm zugesprochenen Betrages von monatlich S 5.000,--, allfälliger Kostenentschädigungen und der Entlohnung der Träger der Bäckerei bar überbracht zu haben, seine privaten Dauer- und Abbuchungsaufträge für Mieten, Betriebskosten, Alimente und Krankenversicherung seien jedoch auch über jenes Girokonto gelaufen, wobei die monatlichen Zahlungen für diese Aufträge ca. S 4.500,-- betragen hätten, und fallweise seien noch andere seiner privaten Ausgaben durch Scheckausstellungen über diese Konto getätigt worden. Die Grundvereinbarungen über die Entlohnung der Träger seien dem EW bekannt gewesen, allfällige Erhöhungen dieser Entlohnung seien von diesem vorgeschrieben bzw. gestattet worden, die übrigen Kosten (Werbung, Schlüsselanfertigung) seien grundsätzlich von der Bäckerei getragen worden. Eine Ausstellung von „Rechnungen“ sei nur über Forderung von EW in der Weise erfolgt, daß diese dem Beschwerdeführer diktiert worden seien. Dem Beschwerdeführer sei bewußt, daß die ausgewiesenen Beträge mit den tatsächlich übergebenen nicht übereinstimmten; abgerechnet sei zwei- bis dreimal monatlich worden, die Hauptabrechnung sei in der Regel um den 20. des Monats vorgenommen worden. - Demgegenüber hätten die Gebrüder W. erklärt, die Abrechnung sei so erfolgt, daß der Beschwerdeführer von Zeit zu Zeit die von den Trägern abgeholten Semmeln an die Bäckerei bar bezahlt habe, wobei ihm die üblichen Großhandelspreise verrechnet worden seien; ursprünglich sei monatliche Abrechnung vereinbart gewesen, in der Regel habe der Beschwerdeführer monatlich a-conto-Zahlungen geleistet, worüber etwa in einem Dreimonatszyklus abgerechnet worden sei. Auf dem Abrechnungsbeleg sei die Anzahl der verkauften Ware samt entsprechendem Großhandelspreis ausgewiesen gewesen, wobei allfällige Kostenübernahmen durch die Bäckerei vom auszuzahlenden Betrag abgezogen worden seien. Kosten der Entlohnung der Träger seien von der Bäckerei nicht übernommen worden, die genaue Entlohnungshöhe sei ihr nicht einmal bekannt gewesen. Inserate- und Schlüsselanfertigungskosten seien ausschließlich vom Beschwerdeführer zu tragen gewesen, nur eine Schlüsselrechnung sei von der Bäckerei bezahlt worden. Kosten der Werbung habe die Bäckerei am Anfang voll übernommen, nach dem Anlaufen der Aktion habe der Beschwerdeführer diese Kosten selbständig zu tragen gehabt. Erschienen ihm Kosten zu hoch, habe er sich in der Regel an EW gewendet und eine meistens mit 50 : 50 vereinbarte Kostenbeteiligung erreicht. Auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers habe die Bäckerei keinen Einfluß genommen, es sei ihm weder eine Bereitschaft in zeitlicher Hinsicht vorgeschrieben gewesen, noch wären Weisungen über Einstellung, Entlassung oder Entlohnung von Trägern erteilt worden.

Die von der Familie W. beschriebene Abrechnungsmethode scheine der belangten Behörde - so fährt sie in ihrer Bescheidbegründung fort - deshalb eher glaubhaft, weil sie ihre Bestätigung in einem aufgenommenen Aktenvermerk des Steuerberaters der Bäckerei und den im Veranlagungsakt, bzw. in den Berufungsunterlagen befindlichen Photokopien einzelner „Rechnungen“ finde. Der Einwand des Beschwerdeführers, die in den Rechnungen ausgewiesenen Beträge hätten mit den tatsächlich ausbezahlten nicht übereingestimmt, werde als unglaubwürdige Zweckbehauptung angesehen. Am deutlichsten ergebe sich die Unglaubwürdigkeit der vom Beschwerdeführer dargelegten Abrechnungsmethode aus der Entwicklung des Girokontos, weil auf Grund der von ihm behaupteten Abrechnungsart zumindest tendenziell ein Kontostand von Null bzw. ca. S 5.000,-- ausgewiesen hätte werden müssen, welche Tendenz Abhebungen auf Grund der privaten Daueraufträge oder mittels Scheck noch hätten verstärken müssen. Tatsache sei aber, daß namhafte Beträge vom Konto abgehoben worden seien und trotzdem häufig über längere Zeiträume Beträge von ca.S 20.000,-- bis ca. S 70.000,-- am Konto verblieben seien. Auch aus der vom Beschwerdeführer selbst dargelegten Ermittlung der Bemessungsgrundlagen ergäben sich Anhaltspunkte für die Richtigkeit der von der Bäckerei aufgezeigten Abrechnungsmethode. Wenn der Beschwerdeführer bei seiner Berechnung die Beträge, die „an die Bäckerei weitergeleitet wurden“, von den Bruttoerträgen auf Grund der Monatsliste abziehe, diesen Abzug aber so berechne, daß er die Semmelanzahl mit dem Großhandelspreis multipliziere, stehe dies mit der von ihm behaupteten Abrechnungsmethode in keiner Weise im Einklang. Komme man aber so zum Ergebnis, die von der Bäckerei aufgezeigte Abrechnungsmethode sei glaubhaft, führe dies zur Bejahung eines vom Beschwerdeführer getragenen Unternehmerwagnisses, weil er aus der Spanne zwischen dem Großhandelspreis und den von den einzelnen Kunden getragenen Semmelpreisen sämtliche mit seiner Tätigkeit verbundenen Kosten (Entlohnung der Träger, nicht von der Bäckerei getragene Kosten von Werbung, Inseratkosten, Forderungsausfälle u. dgl.) habe bestreiten müssen. Dies erhärte das von EW bezeugte Beispiel, die Bäckerei habe, obwohl der Beschwerdeführer Forderungsverluste grundsätzlich selbst tragen mußte, am Anfang der Tätigkeit aus Kulanzgründen die Hälfte eines Forderungsverlustes von S 50.000,-- übernommen; obwohl der Beschwerdeführer dies bestreite, habe er selbst im Berufungsverfahren Belege vorgelegt, aus denen diese Aufteilung des Schadensfalles und die Weiterverrechnung der Hälfte mit der Bäckerei eindeutig ersichtlich sei. Nichts könne für den Beschwerdeführer aus seinem Vorbringen gewonnen werden, er habe sich an bestimmte Weisungen (hinsichtlich Auslieferungsgebiet, Bereitschaftsdienst) gebunden gefühlt, weil es sich dabei um Beschränkungen in zeitlicher und örtlicher Hinsicht gehandelt habe, die sich aus der Natur des Auftrages ergeben hätten. Auch daß bestimmte Preise vorgeschrieben worden seien, bestimmte Bedingungen des Hauses eingehalten werden mußten und eine Berichtspflicht auferlegt gewesen sei, bedeuteten noch keine für Unselbständigkeit sprechende Weisungsgebundenheit. Als weitere Indizien sprächen gegen ein Dienstverhältnis die Tatsachen, daß die Bäckerei auf den „Urlaub“ des Beschwerdeführers keinen Einfluß genommen habe, daß er für die Zeit seiner Abwesenheit selbst für Ersatz zu sorgen gehabt habe, kein Urlaubs- oder Weihnachtsgeld an ihn bezahlt worden sei und weder ein laufender Lohnsteuerabzug noch eine Anmeldung zur Sozialversicherung vorgenommen worden sei.

Zur Rechtsstellung der Austräger führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, die Erteilung direkter „Weisungen“ seitens der Bäckerei an die Träger erkläre sich allein daraus, daß manchmal Kunden die Bäckerei direkt von Abbestellungen, Urlaub etc. verständigt hätten und es erforderlich gewesen sei, dies an die Austräger weiterzugeben. Entscheidend sei aber, daß die Träger unter Leitung und in der Organisation des Beschwerdeführers gestanden seien. Dies werde durch die glaubhaften Aussagen der Familie W. erhärtet und werde dadurch bestätigt, daß nach den zwischen der Bäckerei und dem Beschwerdeführer vorgenommenen Abrechnungen der Beschwerdeführer die Bezüge (als Stücklohn) an die Träger ausbezahlt und den mit der Auszahlung dieser Beträge verbundenen wirtschaftlichen Aufwand getragen habe, so daß er als Arbeitgeber gegenüber den Trägern anzusehen gewesen sei.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und „Mangelhaftigkeit seines Inhalts“ erhobene Beschwerde und die dazu von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Selbständige Ausübung einer Tätigkeit, die eine der Voraussetzungen für das Vorliegen eines Gewerbebetriebes ist, charakterisiert sich nach ständiger und übereinstimmender Rechtslehre und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschlaggebend dadurch, daß sie auf eigene Rechnung und Gefahr erfolgt (Hofstätter‑Reichel, Kommentar zum EStG 1972, TZ. 9 zu § 23); ihr wesentliches Kriterium ist, daß sie auf eigene Rechnung und unter eigener Verantwortlichkeit betrieben wird und der Steuerpflichtige das Unternehmerwagnis des von ihm geführten Betriebes trägt (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Mai 1960, Zl. 1009/57, vom 19. November 1979, Zlen. 3508/78, 131, 132/79, u. v. a.); denn eine Tätigkeit, bei der eine natürliche Person das Unternehmerrisiko trägt, vollzieht sich nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses (Schubert-Pokorny-Schuch, Einkommensteuerhandbuch, Wien 1973, Anm. 12 zu § 47). Für die Annahme, daß Unternehmerrisiko getragen wird, aber sind insbesondere maßgebend

a) daß die durch den Geschäftsbetrieb entstandenen allgemeinen Kosten und Auslagen selbst, d. h. nach der im Grundsatz bestehenden Regelung ohne allgemeinen Anspruch auf deren Ersatz durch einen Dritten (Arbeitgeber, Geschäftsherrn) getragen werden (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. April 1950, Zl. 1654/48, und die dort zitierte ältere Judikatur);

b) daß ohne Bestehen eines den Zustand persönlicher (nicht bloß sachlicher oder technischer) Gebundenheit und wirtschaftlicher Abhängigkeit bedingenden persönlichen Weisungsrechts durch eigene Geschäftseinteilung, Auswahl von Hilfskräften, mehr oder weniger zweckmäßige Organisation der Tätigkeit, deren Ertrag in nennenswerter Weise beeinflußt werden kann (Schubert-Pokorny‑Schuch, Anm. 13 zu § 47; Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1979, Zlen. 3508/78, 131/132/79);

c) daß keine feste Dienstzeit- oder - etwa sich auf das Angestelltengesetz stützende - Urlaubsregelung besteht (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 1969, Zl. 735/68).

Nicht ausgeschlossen wird ein für die Annahme selbständiger Tätigkeit ausreichendes Unternehmerwagnis hingegen (insbesondere auch) durch

a) Tätigkeit nur für einen Auftraggeber (Hofstätter-Reichel, a. a. O.);

b) die Tatsache, daß die Tätigkeit gewissen sachlichen Bindungen, wie Zuweisung eines bestimmten Tätigkeitsgebietes oder Bindung an vom Lieferanten festgesetzte Endverkaufspreise für bestimmte Waren (wie dies für Markenartikel weithin üblich ist) unterliegt (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 1958, Zl. 2332/56, und vom 3. Februar 1961, Zl. 1616/60);

c) entsprechende Kontrolle der sonst durchaus selbständigen die Tätigkeit betreffenden Finanzgebarung (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Mai 1960, Zl. 1009/57).

Die nach der dargestellten Rechtslage für die Entscheidung des Streitfalles maßgebenden Tatsachen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf Grund eines von entscheidungswesentlichen Mängeln freien Verfahrens festgestellt. Im Zuge der ihr obliegenden Würdigung der im Ergebnis voneinander abweichenden Beweise hat sie schlüssig begründet, warum sie in ihren Tatsachenfeststellungen im wesentlichen den Aussagen der Bäckerfamilie W. folgte und die davon abweichenden Aussagen oder Angaben (Behauptungen) des Beschwerdeführers verwarf. Gegen die Schlüssigkeit dieses Beweiswürdigungsvorganges vermag die Beschwerde nichts vorzubringen, auch aus den Akten ergeben sich keine diesbezüglichen Bedenken. Der Beweiswürdigungsvorgang im engeren Sinn aber ist der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof entzogen, so daß dieser bei der rechtlichen Beurteilung der Sache von dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhalt auszugehen hat. Soweit die Ausführungen der Beschwerde ihrerseits dies nicht tun, sind sie schon aus diesem Grunde verfehlt. Vor allem stimmt die in der Beschwerde wiederholte Behauptung des Beschwerdeführers, er habe „immer im Namen der Bäckerei gehandelt“, mit den erwähnten Feststellungen nicht überein, so daß nicht nur sie, sondern alle daraus abgeleiteten oder ableitbaren Konsequenzen auf sich beruhen müssen. Ebensowenig entspricht es der erfolgten Tatsachenermittlung, daß schriftliche Abmachungen zwischen Bäckerei und Austrägern in der Weise getroffen worden wären, wie dies die Beschwerde (auf deren Seite 2) vorbringt. In der wesentlichen Frage der Verfügungsberechtigung über das Konto endlich, auf das die Kunden der „Semmelaktion“ ihre Einzahlungen leisteten, muß die Beschwerde selbst zugeben, ihre Version von der vorgesehenen Verfügungsberechtigung (auch) des W. über das Konto und den Ursachen ihres Nichtzustandekommens bestehe nur „laut Beschwerdeführer“. Die Beschwerde übersieht, daß die belangte Behörde darüber mit Recht nichts festzustellen vermochte, weil die Version des Beschwerdeführers durch kein weiteres Beweisergebnis gestützt war.

Unrichtig und aktenwidrig schließlich ist die Behauptung der Beschwerde, die belangte Behörde habe sich „hauptsächlich“ auf die anfängliche und schon im Berufungsverfahren zurückgenommene Aussage des Beschwerdeführers gestützt, er habe S 5.000,-- Fixum erhalten. Abgesehen davon, daß der Erhalt eines solchen „Fixums“ eher als ein (wenn auch nicht grundsätzlich durchschlagendes) Indiz gegen das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit hätte gelten können, ist aus der in der Sachverhaltsdarstellung enthaltenen Wiedergabe der wesentlichen Begründung des angefochtenen Bescheides zu ersehen, daß diese nicht entscheidend auf das eben erwähnte Verhalten des Beschwerdeführers, sondern auf ganz andere objektive Tatsachen gestützt ist.

Die wichtigsten dieser festgestellten Tatsachen sind, daß der Beschwerdeführer die Semmeln von der Firma W. zum Großhandelspreis bezogen hat und über die erzielte Bruttospanne zwischen diesem Preis und dem von Kunden bezahlten Endverkaufspreis allein verfügen konnte, er aus diesem Betrag die Entlohnung der Austräger und grundsätzlich - von konkreten Einzelvereinbarungen abgesehen - auch alle sonstigen Unkosten der Aktion (für Werbung, Schlüsselanfertigung) und die bei Kunden entstandenen Forderungsausfälle bestritten hat. Dieser Sachverhalt, der von der belangten Behörde festgestellt ist und gegen den die Beschwerde nichts Überzeugendes vorbringt, reicht aber dazu aus, darauf die streitentscheidende Folgerung zu gründen, der Beschwerdeführer habe für die „Frühstückssemmelaktion“ nicht nur das Unternehmerrisiko getragen, sondern er sei auch Arbeitgeber der in diese Aktion eingebundenen Austräger gewesen. Demgegenüber kann Vorgängen, die erst in einem späteren als dem hier in Streit stehenden Besteuerungszeitraum liegen (Anmeldung der Träger und des Beschwerdeführers durch die Bäckerei bei der Gebietskrankenkasse im Jahre 1979), keine ausschlaggebende Bedeutung zuerkannt werden. Daß eine solche Bedeutung auch die Tatsachen nicht haben, daß der Beschwerdeführer die Aktion nur für einen Auftraggeber, nämlich die Bäckerei W., durchgeführt hat, von dieser in seinem Tätigkeitsgebiet beschränkt und an Endverkaufspreise gebunden war, ergibt sich aus der weiter oben ausführlich dargelegten rechtlichen Situation.

Die Beschwerde erweist sich damit in allen ihren Ausführungen als unbegründet, was zu ihrer Abweisung nach § 42 Abs. 1 VwGG 1965 zu führen hatte.

Der Zuspruch von Aufwandersatz an den Bund beruht auf den §§ 47 ff VwGG 1965.

Wien, am 3. Mai 1983

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