VwGH 82/11/0200

VwGH82/11/02002.5.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Knell, Dr. Dorner und Dr. Waldner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Gyenge , über die Beschwerde des JW in O, vertreten durch Dr. Peter Wiesauer, Rechtsanwalt in Linz, Hauptplatz 23, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr vom 15. Juni 1982, Zl. 92.339/2-IV/7/82, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §57 Abs2;
AVG §66 Abs4;
KFG 1967 §66 Abs2 lite;
KFG 1967 §66 Abs3;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §74 Abs1;
KFG 1967 §74 Abs3;
KFG 1967 §76 Abs1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1984:1982110200.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 19. März 1981 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 in Verbindung mit § 57 AVG 1950 "mit sofortiger Wirkung" die von derselben Behörde am 21. April 1972 erteilte Lenkerberechtigung für die Gruppen A und B "auf die Dauer von 15 Monaten, gerechnet ab Abgabe des Führerscheines" entzogen.

In Erledigung der dagegen eingebrachten Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 13. Oktober 1981 verfügt, daß dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die bereits genannte Lenkerberechtigung "mangels derzeitiger Verkehrszuverlässigkeit" entzogen werde, und gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer für die Dauer von 15 Monaten, gerechnet ab Abgabe des Führerscheines, das sei bis einschließlich 10. Juni 1982, für unfähig erklärt werde, eine Lenkerberechtigung zu erlangen.

Über die dagegen eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers entschied der (im Devolutionswege zuständig gewordene) Bundesminister für Verkehr mit Bescheid vom 15. Juni 1982 gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 73 Abs. 2 AVG 1950 dahingehend, daß der Berufung teilweise Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert werde, daß die Dauer der Entziehung der Lenkerberechtigung auf 9 Monate herabgesetzt werde. Die Begründung dieses Bescheides enthält vorerst Ausführungen zu der Frage des Überganges der Entscheidungspflicht über die vorliegende Berufung an die belangte Behörde und ihre sich daraus ergebende Zuständigkeit. In der Sache selbst wies die belangte Behörde darauf hin, die gegenständliche Entziehungsmaßnahme sei im erstinstanzlichen Bescheid damit begründet worden, daß der Beschwerdeführer am 10. März 1981 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (1,4 %o) ein Kraftfahrzeug gelenkt und hiebei einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet habe. Im Zusammenhang mit diesem Vorfall sei über den Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. August 1981 wegen der Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von S 12.000,-- (Ersatzarreststrafe in der Dauer von 24 Tagen) verhängt worden. Darüberhinaus stütze sich der erstinstanzliche Bescheid auch darauf, daß dem Beschwerdeführer im Jahre 1975 die Entziehung der Lenkerberechtigung wegen festgestellter Mängel an einem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug angedroht und im Jahre 1976 diese im Zusammenhang mit einem "Alkoholdelikt" sowie einer Bestrafung nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 auf die Dauer von 12 Monaten entzogen worden sei. Mit dem am 10. März 1981 verschuldeten Verkehrsunfall habe der Beschwerdeführer zweifelsohne ein Verhalten gesetzt, das den Tatbestand des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 erfülle und im Hinblick auf die Verwerflichkeit und Gefährlichkeit, die das Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholbeeinträchtigtem Zustand an sich bedeute, die Annahme mangelnder Verkehrszuverlässigkeit rechtfertige. Was jedoch die Heranziehung der beiden vorangegangenen Entziehungsverfahren betreffe, auf die im erstinstanzlichen Bescheid unter Berufung auf § 66 Abs. 2 letzter Satz KFG 1967, in der Fassung der 5. KFG-Novelle, hingewiesen worden sei, so sei festzuhalten, daß die im Jahre 1975 erfolgte Androhung der Entziehung der Lenkerberechtigung, da ihr kein "Alkoholdelikt" zugrundegelegen sei, im gegenständlichen Zusammenhang außer Betracht zu bleiben habe und auch die Übertretung vom 18. Jänner 1976 - aus näher dargestellten Gründen, aus denen sich ergebe, daß die darauf beruhende Entziehung der Lenkerberechtigung rechtswidrig gewesen und bezüglich dieser Übertretung zum Zeitpunkt der Einleitung des gegenständlichen Entziehungsverfahrens bereits Tilgung eingetreten sei - nicht mehr als "bestimmte Tatsache" im Sinne des § 66 KFG 1967 habe herangezogen werden können. Es verbleibe also lediglich der oben angeführte Verkehrsunfall vom 10. März 1981. In Würdigung dieser Tatsache sei daher die Entziehungsdauer, die von der Behörde erster Instanz unter Zugrundelegung zweier "Alkoholdelikte (hievon ein Verkehrsunfall)" auf 15 Monate festgesetzt gewesen sei, neu zu bemessen gewesen. Hiebei sei der belangten Behörde unter weiterer Berücksichtigung des im Berufungsverfahren erhobenen Umstandes, betreffend die unvorhergesehene Verschlechterung des Gesundheitszustandes des-Vaters des Beschwerdeführers und die damit verbundene psychische Belastung zum Unfallszeitpunkt, die im Spruch festgesetzte Dauer von 9 Monaten als ausreichend erschienen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, lediglich wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in dem Recht verletzt, daß ihm rechtswidrig die Lenkerberechtigung auf 9 Monate entzogen wurde". Dies kann im gegebenen Zusammenhang nichts anderes bedeuten, als daß er in dem Recht verletzt zu sein behauptet, daß ihm ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht die Lenkerberechtigung "auf 9 Monate" entzogen werde. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes macht der Beschwerdeführer geltend, auf Grund näher angeführter Begleitumstände könne im Beschwerdefall nicht angenommen werden, "daß ein charakterlicher Mangel vorliegt, daß ein Entzug von 9 Monaten gerechtfertigt ist"; es hätte "mit der Androhung des Entzuges der Lenkerberechtigung das Auslangen gefunden werden können".

Die Ansicht des Beschwerdeführers, es sei ihm die Lenkerberechtigung "auf 9 Monate" entzogen worden, ist durch den Inhalt des angefochtenen Bescheides gedeckt, weil auch die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß mit Bescheid der Erstbehörde vom 13. Oktober 1981 die Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers "auf die entzogen worden sei, und ihrer Neubemessung auf 9 Monate herabgesetzt wurde. Wenn es im Spruch dieses Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung heißt, es werde gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer "für die Dauer von 15 Monaten, gerechnet ab Abgabe des Führerscheines, das ist bis einschließlich 10.6.1982, für unfähig erklärt werde, eine Lenkerberechtigung zu erlangen", so kann auch dies nur dahin verstanden werden, daß die auf § 74 Abs. 1 leg. cit. gestützte Entziehung der Lenkerberechtigung "für die Dauer von 15 Monaten" - dies wieder in Übereinstimmung mit dem Spruch des vorangegangenen Mandatsbescheides vom 19. März 1981 - wirksam sein sollte. Nur insoweit hat der Bescheid vom 13. Oktober 1981 durch den angefochtenen Bescheid eine Änderung erfahren, während im übrigen der Ausspruch der Erstbehörde unberührt geblieben ist und sohin einheitlich als Beginn der Wirksamkeit der Entziehung der Lenkerberechtigung und des Laufes der Frist nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 der Tag der "Abgabe des Führerscheines", das ist der 10. März 1981, an dem dem Beschwerdeführer der Führerschein gemäß § 76 Abs. 1 leg. cit. vorläufig abgenommen wurde, bestimmt wurde (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. März 1984, Zl. 82/11/0156). Der Beschwerdeführer war zwar - nach der Ansicht der belangten Behörde - im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr als verkehrsunzuverlässig anzusehen, weil die nunmehr mit 9 Monaten festgesetzte Entzugsdauer bereits am 10. Dezember 1981 endete. Im Rahmen der ihr zustehenden Kontrollfunktion war sie aber berechtigt, den erstinstanzlichen Bescheid vom 13. Oktober 1981 auf seine Rechtsmäßigkeit hin zu überprüfen und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auch nur - wie dies geschehen ist - teilweise zu bestätigen (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1983, Zl. 82/11/0270). Was nun die Entziehung der Lenkerberechtigung mit Bescheid vom 13. Oktober 1981 unter Bedachtnahme auf die durch den angefochtenen Bescheid erfolgte Abänderung anbelangt, so war es an sich auch der Erstbehörde verwehrt, eine derartige Maßnahme anzuordnen. Wie der Verwaltungsgerichtshof gleichfalls in dem zuletzt genannten Erkenntnis eines verstärkten Senates dargelegt hat, ist nämlich eine Entziehung der Lenkerberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit nur dann rechtmäßig, wenn die Behörde auf Grund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides mit Recht annehmen durfte, die betreffende Person sei noch in diesem Zeitpunkt verkehrsunzuverlässig und ihre Verkehrszuverlässigkeit werde voraussichtlich nicht vor Ablauf von 3 Monaten eintreten, weshalb dann, wenn eine dieser beiden Fragen zu verneinen ist, eine (endgültige oder vorübergehende) Entziehung der Lenkerberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit unzulässig ist. Die belangte Behörde hat aber angenommen, daß die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers bereits am 10. Dezember 1981 und sohin noch vor Ablauf von 3 Monaten nach Erlassung des Bescheides vom 13. Oktober 1981 wiederhergestellt war. Im Beschwerdefall darf jedoch nicht übersehen werden, daß die Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers schon mit dem Mandatsbescheid vom 19. März 1981 vorübergehend entzogen wurde und es der Erstbehörde oblag, auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers und des Umstandes, daß der Aktenlage nach anschließend im Sinne des § 57 Abs. 2 AVG 1950 innerhalb von zwei Wochen das Ermittlungsverfahren eingeleitet worden war, sodaß dieser Bescheid nicht von Gesetzes wegen außer Kraft getreten ist, darüber zu entscheiden, ob bzw. inwieweit das Mandat aufrecht bleibt, behoben oder abgeändert wird. Diese Befugnis und zugleich Verpflichtung der Erstbehörde ist der bereits erwähnten Kontrollfunktion der Berufungsbehörde gleichzuhalten, sodaß die im Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1983, Zl. 82/11/0270, dargelegten Grundsätze, die sich mit den von der Berufungsbehörde wahrzunehmenden Aufgaben auseinandersetzen, auch insoweit auf die der Erstbehörde bei Überprüfung eines von ihr erlassenen Mandatsbescheides obliegenden Aufgaben übertragen werden können. Eine derartige Kontrolle ist aber demnach - anders als bei Ausübung der reformatorischen Funktion, bei der es auf den Zeitpunkt der Erlassung des betreffenden Bescheides ankommt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 1983, Zl. 83/11/0030) - auf Grund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des zu überprüfenden Bescheides, also damit auch des Mandatsbescheides, vorzunehmen. Im Zeitpunkt der Erlassung des Mandatsbescheides vom 19. März 1981 und darüberhinaus für einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten war aber - geht man von dem insofern später bestätigten Mandatsbescheid aus - die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben. Eine objektive Rechtswidrigkeit kann in diesem Zusammenhang lediglich darin erblickt werden, daß die Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers bereits ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheines am 10. März 1981 anstatt erst ab Erlassung des Mandatsbescheides am 25. März 1981 und demnach unzulässigerweise für den dazwischenliegenden Zeitraum "rückwirkend" entzogen wurde (vgl. auch dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1983, Zl. 82/11/0270). Es ist aber nicht erkennbar, daß durch diese Vorgangsweise der Beschwerdeführer in einem subjektiven Recht verletzt wurde; der Beschwerdeführer hat im übrigen derartiges auch nicht behauptet.

Der Beschwerdeführer wendet sich nicht dagegen, daß die belangte Behörde sein Verhalten vom 10. März 1981 als bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1 KFG 1967 qualifiziert hat. Dies entsprach auch der Rechtslage, lag doch im Hinblick auf die deshalb erfolgte, von ihm nicht in Abrede gestellte rechtskräftige Bestrafung des Beschwerdeführers mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. August 1981 wegen Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 (und damit auch nach § 99 Abs. 1 leg. cit., wobei dieser Tatbestand auch dann erfüllt ist, wenn die Fahruntüchtigkeit unabhängig von der Menge des genossenen Alkohols auf Grund irgendwelcher zusätzlicher Komponenten, wie auf Grund der vom Beschwerdeführer behaupteten Einnahme von Grippetabletten, eingetreten ist: vgl. u. a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1981, Zl. 81/02/0062, und die dort angeführte Vorjudikatur) und den gleichfalls unbestritten gebliebenen Umstand, daß der Beschwerdeführer bei diesem durch Alkohol beeinträchtigten Lenken eines Kraftfahrzeuges einen Verkehrsunfall verschuldet hat, gemäß § 66 Abs. 2 lit. e sublit. bb KFG 1967 eine solche bestimmte Tatsache vor. Der Beschwerdeführer nimmt jedoch - wie bereits im Verwaltungsverfahren - den Standpunkt ein, es wäre bei Erlassung des angefochtenen Bescheides zu berücksichtigen gewesen, daß er nicht mehr beabsichtigt habe, an diesem Tag (10. März 1981) noch ein Kraftfahrzeug zu lenken, und er wegen seiner Grippeerkrankung "sowohl eine Grippetablette als auch Alkohol" zu sich genommen habe. Als er sich dann habe niederlegen wollen, sei er vom Krankenhaus Linz verständigt worden, daß sein Vater im Sterben liege, und habe ihn nur dieser Umstand bewogen, noch dort hinzufahren. Infolge des schlechten Gesundheitszustandes seines Vaters sei er dann auch "kurz nach der Wegfahrt vom Krankenhaus in Gedanken versunken" gewesen und sei es (dadurch) in weiterer Folge zum Verkehrsunfall gekommen. Das Ermittlungsverfahren habe die Richtigkeit seiner Darstellung erwiesen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11. April 1984, Zl. 82/11/0178, ausführlich dargelegt hat, ergibt sich aus einer bestimmten Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. e (sei es sublitt. aa oder bb) KFG 1967 bereits unmittelbar deren besondere Verwerflichkeit, die auf eine dem § 66 Abs. 1 lit. a leg. cit. entsprechende Sinnesart schließen läßt, weshalb sie in der Regel, bezogen auf den Zeitpunkt der Begehung der zugrundeliegenden strafbaren Handlung, auch die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit der betreffenden Person rechtfertigt; demnach kann insoweit die Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit einer Person nur in Ausnahmsfällen zu ihren Gunsten ausfallen. Auch bei Beurteilung des vorliegenden Beschwerdefalles muß davon ausgegangen werden, daß das Ausmaß der Gefährdung der Verkehrssicherheit zufolge der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Umstände nicht geringer war, als wenn diese Umstände nicht vorgelegen wären. Es muß vielmehr im Gegenteil angenommen werden, daß die Verkehrssicherheit nicht nur durch die mit der Alkoholisierung verbundene Fahruntüchtigkeit, sondern darüberhinaus zufolge der vom Beschwerdeführer zugegebenen Unaufmerksamkeit beim Lenken seines Kraftfahrzeuges in noch größerem Ausmaße gefährdet war. Mag es sich hiebei auch um eine außergewöhnliche Situation gehandelt haben, so mußte dem Beschwerdeführer doch bewußt sein, daß er durch das Lenken eines Kraftfahrzeuges in diesem beeinträchtigten Zustand eine besondere Gefahr für die übrigen Verkehrsteilnehmer darstellt. Hat er aber trotzdem ein Kraftfahrzeug gelenkt, so hat er damit zu erkennen gegeben, daß er eine solche Gefährdung und damit auch die allfällige und umso eher zu erwartende Herbeiführung eines Verkehrsunfalles, zu dem es in der Folge dann auch tatsächlich gekommen ist, in Kauf nimmt. Es darf bei der nach § 66 Abs. 3 KFG 1967 vorzunehmenden Wertung auch nicht übersehen werden, daß der Beschwerdeführer der Aktenlage nach ein für ihn geltendes Vorschriftszeichen gemäß § 52 Z. 23 StVO 1960 nicht beachtet hat und daher auf einer Kreuzung mit einem im Vorrang befindlichen Kraftfahrzeuglenker zusammengestoßen ist. Sicherlich kann die besondere Situation, in der sich der Beschwerdeführer anläßlich dieses Vorfalles befunden hat, nicht völlig außer acht gelassen werden; sie kann aber, gemessen an dem Interesse, das der Gesetzgeber dem Bedürfnis der Verkehrssicherheit insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes von Leben und Gesundheit von Menschen beimißt und dem der Beschwerdeführer gröblichst zuwidergehandelt hat, nicht so entscheidend ins Gewicht fallen, daß deshalb das weitere Bestehen der Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers zu bejahen gewesen wäre. Der Schluß, daß der Beschwerdeführer sich auch in Hinkunft in derartigen Situationen, die immer wieder - wenn auch aus den verschiedensten Gründen - auftreten können, ähnlich verhalten wird und damit eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, kann daher nicht von der Hand gewiesen werden.

Es kann daher auch der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie - insofern in Übereinstimmung mit den Bescheiden der Erstbehörde vom 19. März 1981 und vom 13. Oktober 1981 - angenommen hat, der Beschwerdeführer sei im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung und auch noch im Zeitpunkt der nur etwa 14 Tage darauf erfolgten Erlassung des Mandatsbescheides als verkehrsunzuverlässig anzusehen gewesen. Auch der Beschwerdeführer selbst scheint keine andere Auffassung zu vertreten. Er führt nämlich - wie bereits gesagt - in der Beschwerde aus, daß auf Grund der vom ihm aufgezeigten Umstände "nicht angenommen werden kann, daß ein charakterlicher Mangel vorliegt, daß ein Entzug von 9 Monaten gerechtfertigt ist", und "im vorliegenden Fall mit der Androhung des Entzuges der Lenkerberechtigung das Auslangen hätte gefunden werden können". Der Beschwerdeführer hat damit zum Ausdruck gebracht, daß er nicht in einem subjektiven Recht verletzt worden wäre, wenn ihm die Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 74 Abs. 3 KFG 1967 lediglich angedroht worden wäre. Eine solche Maßnahme hätte aber ebenfalls vorausgesetzt, daß der Mangel der Verkehrszuverlässigkeit auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des Mandatsbescheides bestanden hat (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1980, Zl. 387/79, und vom 28. Juni 1983, Zl. 82/11/0042). Was nun aber die Beantwortung der Frage betrifft, ob mit einer (vorübergehenden) Entziehung der Lenkerberechtigung vorzugehen und welche Zeit in diesem Fall gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 festzusetzen war, so kann der Verwaltungsgerichtshof unter Bedachtnahme auf sämtliche im § 66 Abs. 3 leg. cit. angeführten Wertungskriterien ebenfalls nicht finden, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet hätte. Zieht man die bereits oben angestellten Erwägungen hinsichtlich der Verwerflichkeit der strafbaren Handlung und der Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurde, in Betracht, wobei die belangte Behörde ohnedies auch den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Umständen Rechnung getragen hat, und bedenkt man weiters, daß zwischen der Begehung der strafbaren Handlung und der Erlassung des Mandatsbescheides erst ein ganz kurzer Zeitraum verstrichen war, der noch keine Rückschlüsse auf eine Änderung der Sinnesart des Beschwerdeführers zuließ, weshalb es eines längeren Zeitraumes bedurfte, um mit der Wiederherstellung seiner Verkehrszuverlässigkeit rechnen zu können, so erscheint es dem Verwaltungsgerichtshof nicht rechtswidrig, wenn eine vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung bis zum 10. Dezember 1981 ausgesprochen worden ist.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Soweit Entscheidungen zitiert wurden, die nicht in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes veröffentlicht worden sind, wird an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965 erinnert.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 2. Mai 1984

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