VwGH 82/11/0087

VwGH82/11/008728.9.1982

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Mag. Öhler, Dr. Kramer, Dr. Knell und Dr. Dorner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberrat Mag. Dr. Paschinger, über die Beschwerde des HI in F, vertreten durch Dr. Herbert Pflanzl, Rechtsanwalt in Salzburg, Alpenstraße 54, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 22. Jänner 1982, Zl. 9/01‑17.770/2‑1982, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38
KFG 1967 §66 Abs2 litc
KFG 1967 §73 Abs1
VStG §24

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1982:1982110087.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg‑Umgebung vom 2. Juli 1981 wurde dem Beschwerdeführer „gemäß §§ 73 (1) und (2) KFG 1967 die Lenkerberechtigung (Führerschein der Gr. A und B, ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung am 23.5.1980 unter Zahl IIIa 3830/79 auf die Dauer von 5 Jahren, d.i. vom 10.4.1981 bis 10.4.1986, entzogen“. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, „daß bis zu diesem Zeitpunkt eine neue Lenkerberechtigung nicht erteilt werden darf“. Dieser Bescheid wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer am 10. April 1981 um 23.15 Uhr den dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der Hinterseer Landesstraße in Richtung Hof in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und bei dieser Fahrt einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet habe. Die Verschuldung eines Verkehrsunfalles beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand stelle einen Mangel an Verkehrszuverlässigkeit im Sinne des § 66 KFG 1967 und sohin einen zwingenden Grund zur Entziehung der Lenkerberechtigung dar.

Der gegen diesen Bescheid rechtzeitig erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 22. Jänner 1982 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 teilweise Folge gegeben und zugleich ausgesprochen, daß dem Beschwerdeführer die oben genannte Lenkerberechtigung für die Gruppen A und B „gemäß §§ 74 Abs. 1 und 2 KFG 1967 in Verbindung mit § 66 KFG 1967 auf die Dauer von 9 Monaten, gerechnet ab 10.4.1981, das ist bis einschließlich 10.1.1982, vorübergehend entzogen wird“. Nach Zitierung der Bestimmungen des § 66 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 lit. e sublit. aa und bb und Abs. 2 zweiter Satz, jeweils in der Fassung der 5. Kraftfahrgesetz‑Novelle, BGBl. Nr. 345/1981, stellte die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides fest, daß sie im gegenständlichen Fall die Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes in der Fassung der erwähnten Kraftfahrgesetz-Novelle anzuwenden gehabt habe, obwohl sich der den Anlaßfall bildende Sachverhalt bereits vor dem Inkrafttreten der 5. Kraftfahrgesetz-Novelle ereignet habe. In diesem Zusammenhang werde auf die ständige Spruchpraxis des Verfassungsgerichtshofes verwiesen, wonach die Berufungsbehörde das im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides geltende Recht anzuwenden habe (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Juni 1973, G 9/73). Nach der Aktenlage sei davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer am 10. April 1981 um 23.15 Uhr den dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der Hinterseer Landesstraße, von Faistenau kommend, in Richtung Hof gelenkt und dabei infolge Alkoholisierung, Übermüdung, Erkrankung und Medikamenteneinnahme fahruntüchtig gewesen sei, wodurch er eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 leg. cit. begangen habe. Im Zuge der Fahrt sei es auch „zu einer Streifung des vom Beschwerdeführer gelenkten Pkw's mit einem entgegenkommenden Pkw gekommen“, wodurch ein Verkehrsunfall mit Sachschaden entstanden sei. Der Beschwerdeführer bestreite das Verschulden am Zustandekommen des Verkehrsunfalles. Durch die vorliegenden Ermittlungsergebnisse sei ein Verschulden des Beschwerdeführers am Zustandekommen des Verkehrsunfalles nicht mit völliger Sicherheit nachweisbar, zumal der Zweitbeteiligte Robert Larcher in der Niederschrift vom 25. September 1981 nicht etwa angebe, im Unfallszeitpunkt im Sinne der Vorschrift des § 7 Abs. 2 StVO 1960 am rechten Fahrbahnrand gefahren zu sein, sondern hiezu lediglich ausführe, sich „bemüht“ zu haben, das Fahrzeug zum äußersten Fahrbahnrand zu lenken. Dazu komme noch, daß die versicherungsrechtliche Klärung der Schadenersatzansprüche noch nicht erfolgt sei und daß sich die Haftpflichtversicherung des Beschwerdeführers laut Angabe des Zeugen RL sträube, den ihm zugefügten Schaden zu ersetzen. Es sei sohin in bezug auf den Vorfall vom 10. April 1981 - für sich allein betrachtet - das Vorliegen einer Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e (und zwar nach sublit. bb) KFG 1967 auf Seiten des Beschwerdeführers nicht mit Sicherheit erweisbar. Im übrigen sei der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg‑Umgebung vom 13. Juni 1977 einer Verwaltungsübertretung nach a) § 5 Abs. 1 StVO 1960, b) § 64 Abs. 1 KFG 1967 und c) § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 für schuldig erkannt und mit einer Geldstrafe von insgesamt S 20.000,-- bestraft worden, weil er am 23. April 1977 um 01.15 Uhr den dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der Hinterseer Straße in Faistenau gelenkt habe, obwohl er a) sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, b) nicht im Besitze der erforderlichen Lenkerberechtigung gewesen sei und c) nach Verschuldung eines Verkehrsunfalls mit Personenschaden nicht angehalten habe. Durch die ergänzend geführten Erhebungen habe geklärt werden können, daß dem Beschwerdeführer in bezug auf den Unfall vom 23. April 1977 mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 17. August 1977, Zl. III/199/3-77, die am 16. Mai 1977 unter der Zl. IIIa 1596/77 erteilte Lenkerberechtigung für die Gruppen A und B gemäß §73 Abs. 1 und 2 KFG 1967 auf die Dauer von 2 Jahren, das sei vom 15. Juni 1977 bis 15. Juni 1979, entzogen worden sei. Im gegenständlichen Fall sei auf diese Tatsache im Sinne der Vorschrift des § 66 Abs. 2, zweiter Satz, KFG 1967 in der Fassung der 5. KFG-Novelle, BGBl. Nr. 345/1981, Bedacht zu nehmen gewesen, obwohl sie schon einmal zur Begründung der Feststellung des Mangels der Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers herangezogen worden sei. Der vom Beschwerdeführer am 23. April 1977 begangene Verstoß gegen die Vorschrift des § 5 Abs. 1, zweiter Satz, StVO 1960 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. a leg. cit. (Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Blutalkoholgehalt von 0,8 %o oder darüber) stelle im Zusammenhalt mit der vom Beschwerdeführer am 10. April 1981 um 23.15 Uhr begangenen Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1, erster Satz, StVO 1960 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. a leg. cit. einen einwandfreien Beweis für die mangelnde Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers im Sinne der Vorschrift des § 66 Abs. 1 lit. a KFG 1967 in Verbindung mit § 66 Abs. 2 lit. e sublit. aa leg. cit. in der Fassung der 5. KFG-Novelle, BGBl. Nr. 345/1981, dar. Hiezu werde bemerkt, daß unter „wiederholt“ im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e sublit. aa KFG 1967 nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits die zweimalige. Tatbegehung zu verstehen sei und daß im gegenständlichen Fall außerdem die Wertungsvorschrift des § 66 Abs. 3 lit. b KFG 1967 zum Tragen komme, das heißt, daß für die Zulässigkeit der Verwertung des im Jahre 1977 begangenen Alkoholisierungsdelikts nur von Bedeutung gewesen sei, daß zwischen dieser Verwaltungsübertretung und dem vom Beschwerdeführer im Jahre 1981 begangenen Alkoholisierungsdelikt (bzw. der Einleitung des diesbezüglichen Entzugsverfahrens) ein Zeitraum von weniger als 5 Jahren verstrichen (und die erste Strafe also noch nicht getilgt) gewesen sei. Nach Ansicht der belangten. Behörde sei es daher zulässig gewesen, dem Beschwerdeführer erneut die Lenkerberechtigung zu entziehen. Bei Bemessung der Entzugsdauer sei darauf Bedacht zu nehmen gewesen, daß das vom Beschwerdeführer nunmehr begangene Alkoholisierungsdelikt nach § 5 Abs. 1, erster Satz, StVO 1960 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. a leg. cit. nicht so gravierend anzusehen sei, als wenn sich der Beschwerdeführer beim Lenken des Pkw's zur Tatzeit nachweislich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Blutalkoholgehalt von o,8 %o oder darüber befunden hätte (§ 5 Abs. 1, zweiter Satz, StVO 1960). Zudem sei. bei Bemessung der Entzugsdauer in bezug auf den Vorfall vom Jahre 1977 auch die seither verstrichene Zeit zu berücksichtigen gewesen. Die belangte Behörde finde daher, daß im gegenständlichen Fall eine Entzugsfrist von 9 Monaten ausreichend sei, um die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers als wiederhergestellt ansehen zu können.

Gegen diesen Bescheid. richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge. Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die betreffenden Verwaltungsakten und Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 ist die Lenkerberechtigung unter anderem dann vorübergehend zu entziehen, wenn ihr Besitzer nicht mehr im Sinne des § 66 verkehrszuverlässig ist. Dem § 66 Abs. 1 lit. a KFG 1967 zufolge gilt eine Person unter anderem dann nicht als verkehrszuverlässig, wenn auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 2) und ihrer Wertung (Abs. 3) angenommen werden muß, daß sie auf Grund ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen der in Betracht kommenden Gruppe die Verkehrssicherheit, durch Trunkenheit gefährden wird. Im Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind demonstrativ verschiedene Verhaltensweisen von Kraftfahrzeuglenkern angeführt, die. als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 zu gelten haben; dazu zählt auch die lit. e. Diese Bestimmung lautet seit dem Inkrafttreten der 5. Kraftfahrgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 345/1981: „Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand aa) wiederholt ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 196o begangen hat, ohne hiebei einen Verkehrsunfall verschuldet zu haben, bb) ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat, wobei er einen Verkehrsunfall verschuldet hat“. Durch die 5. Kraftfahrgesetz-Novelle wurde weiters dem Abs. 2 des § 66 am Ende ein neuer zweiter Satz angefügt, wonach „die in lit. a, e sublit. aa und h angeführten strafbaren Handlungen auch dann als. bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 gelten, wenn sie schon einmal zur Begründung der Feststellung des Mangels der Verkehrszuverlässigkeit herangezogen wurden“.

Unbestritten ist, daß dem Beschwerdeführer bereits einmal, und zwar mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 17. August 1977, die ihm für die Gruppen A und B erteilte Lenkerberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen worden ist, weil er am 23. April 1977, um 01.15 Uhr, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der Hinterseer Straße in Faistenau gelenkt hat, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Blutalkoholgehalt von o,8 %o oder darüber befunden hat, er dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1, zweiter Satz, StVO 1960 begangen und dabei einen Verkehrsunfall verschuldet hat. Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, daß in bezug auf das Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 KFG 1967 diese Entziehung „gestützt auf die damals in Geltung gewesene Bestimmung des § 66 Abs. 2 lit. e zweiter Halbsatz KFG“ erfolgte und dieser Bestimmung - abgesehen davon, daß nunmehr jeder Verstoß gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960, also nicht nur eine Alkoholbeeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 1, zweiter Satz, leg. cit. ausschlaggebend ist - „die heutige Bestimmung des § 66 Abs. 2 lit. e sublit. bb KFG entspricht“. Nach Ansicht der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer neuerlich eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 (erster Satz) StVO 1960 begangen, weil er am 10. April 1981, um 23.15 Uhr, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der Hinterseer Landesstraße, von Faistenau kommend, in Richtung Hof gelenkt und „dabei infolge Alkoholisierung, Übermüdung, Erkrankung und Medikamenteneinnahme fahruntüchtig gewesen ist“. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach der § 5 Abs. 1. StVO 1960 (und damit auch der § 99 Abs. 1 lit. a leg. cit.) auch dann zum Tragen kommt, wenn die Fahruntauglichkeit nicht ausschließlich auf Alkoholgenuß zurückzuführen ist, weshalb eine Person, die ein Fahrzeug in Betrieb nimmt, obwohl sie vorher Alkohol zu sich genommen hat, diesen Tatbestand auch dann verantwortet, wenn ihre Fahruntüchtigkeit unabhängig von der Menge des genossenen Alkohols und allenfalls sogar überwiegend auf Grund irgendwelcher zusätzlicher Komponenten eingetreten ist (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1981, Zl. 02/2717/80, und vom 9. Oktober 1981, ZI. 81/02/0062). Da die belangte Behörde hinsichtlich dieses Vorfalles ausdrücklich davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer den Verkehrsunfall nicht verschuldet (auch nicht mitverschuldet) hat, kam eine Anwendung des § 66 Abs. 2 lit. e sublit. bb KFG 1967 in der Fassung der 5. KFG‑Novelle, BGBl. Nr. 45/1965, nicht in Betracht; es wurde aber zur Begründung des angefochtenen Bescheides der § 66 Abs. 2 lit. e sublit. aa KFG 1967 in der genannten Fassung herangezogen. Dazu ist grundsätzlich zu bemerken, daß die belangte Behörde das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Berufungsbescheides geltende Recht anzuwenden hatte, sodaß es irrelevant ist, daß die Gesetzeslage im Zeitpunkt der Begehung der zugrundeliegenden strafbaren Handlungen und auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Behörde erster Instanz - die 5. Kraftfahrgesetz-Novelle ist erst am 25. Juli 1981 in Kraft getreten - eine andere war (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, Zl. 82/11/0078), und daß der im Falle der Begehung einer strafbaren Handlung nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 im § 66 Abs. 2 lit. e sublit. aa KFG 1967 verwendete Ausdruck „wiederholt“ (ebenso wie in dessen lit. c und h) schlechthin auf eine Mehrzahl von Verstößen hindeutet, die also bereits durch mehr als einen Verstoß, somit schon durch zwei Verstöße gegeben ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. März 1980, Zlen. 1069, 1070/79). Der Beschwerdeführer tritt dieser Rechtsansicht, die die belangte Behörde auch im angefochtenen Bescheid vertreten hat, in beiden Punkten auch nicht entgegen. Er meint jedoch, daß „eine bestimmte Tatsache nach § 66 Abs. 2 KFG, die schon einmal zum Entzug der Lenkerberechtigung geführt hat, in einem weiteren Entzugsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden darf, mit Ausnahme der Fälle des § 66 Abs. 2 lit. a, e sublit. aa und h KFG in der geltenden. Fassung“ und „eine derartige bestimmte Tatsache, die schon einmal zum Entzug geführt hat, aber nicht vorliegt, sodaß aus diesem Grunde auch der § 66 Abs. 2 lit. e sublit. aa KFG nicht angewendet werden kann“. Dieser Einwand ist deshalb nicht zielführend, weil der Beschwerdeführer hie-bei übersieht, daß. es im Hinblick auf den. eindeutigen Wortlaut des § 66 Abs. 2, letzter Satz, KFG 1967 ausschließlich auf die wiederholte Begehung strafbarer Handlungen unter anderem im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e sublit. aa und daher gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 und nicht darauf, ob hiebei ein Verkehrsunfall verschuldet wurde oder nicht und auf welcher bestimmten Tatsache demnach die frühere Entziehung der Lenkerberechtigung beruhte, ankommt. Wenn der Gesetzgeber im § 66 Abs. 2, letzter Satz, KFG 1967 nicht auch auf die in lit. e sublit. bb angeführten strafbaren Handlungen (die ident sind mit jenen der sublit. aa) Bezug genommen hat, so ist dies - dem Regelungszweck entsprechend - nur darauf zurückzuführen, daß das in der sublit. bb bezeichnete Verhalten bereits für sich allein eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1 KFG 1967 darstellt, ohne daß eine „wiederholte“ Begehung der strafbaren Handlung - nur für diesen Fall wurde die Bestimmung des § 66 Abs. 2, letzter Satz, KFG 1967 neu geschaffen - erforderlich ist. Hat daher der Beschwerdeführer bezüglich des Vorfalles vom 10. April 1981 abermals ein Alkoholdelikt nach § 99 Abs. 1 (lit. a) StVO 1960 zu vertreten, so war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde - unter Berücksichtigung der am 23. April 1977 begangenen, gleichartigen Verwaltungsübertretung, obwohl diese schon einmal zur Begründung der Feststellung des Mangels der Verkehrszuverlässigkeit herangezogen worden ist (die unter anderem in den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1980, Zl. 3029/79, und vom 8. Mai 1981, Zl. 81/02/0008, zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung ist zufolge der inzwischen eingetretenen Änderung der Gesetzeslage überholt), und weil die dafür verhängte Strafe noch nicht im Sinne des § 66 Abs. 3 lit. b KFG 1967 getilgt war - das. Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. e sublit. aa KFG 1967 angenommen hat.

Bezüglich des sohin entscheidungswesentlichen Umstandes, ob der Beschwerdeführer neuerlich „eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat“, hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf die Begründung beschränkt, es sei „nach der Aktenlage davon auszugehen, daß der Berufungswerber am 10. 4. 1981 um 23.15 Uhr den Pkw ...... auf der Hinterseer Landesstraße von Faistenau kommend in Richtung Hof gelenkt und dabei infolge Alkoholisierung, Übermüdung, Erkrankung und Medikamenteneinnahme fahruntüchtig gewesen ist, wodurch er eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat“. Die Frage, ob der Beschwerdeführer auch damals ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, ist eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG 1950.

Gemäß § 38 AVG 1950 ist die Behörde, sofern die Gesetze - wie im Beschwerdefall - nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrundezulegen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Eine Vorfrage ist ein dem Sachverhalt angehöriges, vorweg zu klärendes rechtliches Element des konkreten, zur Entscheidung stehenden Rechtsfalles. Macht die Verwaltungsbehörde von der Möglichkeit Gebrauch, dieses Element selbst zu beurteilen, so hat sie diese Beurteilung durch die erforderlichen Ermittlungen vorzubereiten. Eine gesetzwidrige Beurteilung der Vorfrage hat die Rechtswidrigkeit der darauf gestützten Entscheidung der Hauptfrage zur Folge (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1982, Zl. 11/1617/80, und die dort zitierte weitere Judikatur).

Die belangte Behörde hat weder formell das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage durch die zuständige Verwaltungsstrafbehörde unterbrochen, noch faktisch bis dahin mit ihrer eigenen Entscheidung zugewartet. Mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 12. Jänner 1982 wurde zwar der Beschwerdeführer im Instanzenzug einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1, erster Satz, StVO 1960 (und damit auch einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a leg. cit.) schuldig erkannt, weil er „am 10.4.1981 um 23.15 Uhr den Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen ..... auf der Hinterseer Landesstraße in Richtung Hof gelenkt hat, wobei er während der Fahrt durch Übermüdung, Erkrankung, Medikamenteneinnahme und vorangegangenen Alkoholkonsum nicht in einer solchen geistigen und körperlichen Verfassung war, daß er in der Lage war, das Kraftfahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines solchen Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen, und sohin den Pkw in einem. durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat“. Dieser Bescheid galt aber erst mit seiner Zustellung als erlassen, welche der Aktenlage nach jedenfalls erst nach dem 23. März 1982 (das ist der Tag, an dem die betreffende Zustellverfügung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung abgefertigt wurde; der Behauptung des Beschwerdeführers in der diese Verwaltungsstrafsache betreffenden Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, Zl. 82/03/0109, zufolge am 31. März 1982) erfolgte, während der im vorliegenden Beschwerdefall angefochtene Bescheid vom 22. Jänner 1982 an den. Beschwerdeführer bereits am 29. Jänner 1982 zugestellt worden ist. Zu diesem Zeitpunkt lag daher noch keine rechtskräftige Entscheidung der Vorfrage (Lenken eines Fahrzeuges durch den Beschwerdeführer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand am 10. April 1981), die diesbezüglich eine Bindung der belangten Behörde nach sich gezogen hätte, vor (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1981, Zl. 81/02/0090). Es muß daher davon ausgegangen werden, daß die belangte Behörde die zu beurteilende Vorfrage im Sinne des. § 38, erster Satz, AVG 1950 selbst gelöst hat, wozu sie jedenfalls berechtigt. war, zumal nach dem Wortlaut des § 66 Abs. 2 lit. e sublit. aa KFG 1967 eine rechtskräftige Bestrafung wegen Übertretung eines der Tatbestände nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 nicht die Voraussetzung dafür bildet, daß auf Grund dieser Gesetzesstelle eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1 KFG 1967 als gegeben angenommen werden darf. Der belangten Behörde wäre es hiebei allerdings unbenommen: geblieben, auch schon vor Zustellung des strafrechtlichen Berufungsbescheides die bereits vorliegenden Ermittlungsergebnisse des Verwaltungsstrafverfahrens bei ihrer Bescheidbegründung heranzuziehen. Das ist aber im angefochtenen Bescheid nicht geschehen.

Die belangte Behörde hat ihrer Begründungspflicht im Sinne des § 60 AVG 1950, wonach in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind, in dem erwähnten Zusammenhang nicht entsprochen. Der Gebrauch der Worte „Nach der Aktenlage ist davon auszugehen, daß .....“ kann nicht als ausreichend angesehen werden, zumal der Beschwerdeführer bestritten hat, sein Kraftfahrzeug am 10. April 1981 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, und er daher konkret einen Rechtsanspruch darauf hatte (siehe auch § 58 Abs. 2 AVG 1950), in der zu seinen ungunsten getroffenen Berufungsentscheidung zu erfahren, wieso die belangte Behörde zu einer anderen, von seinem Standpunkt abweichenden Ansicht gelangt ist. Die belangte Behörde hatte die Verpflichtung, den Beschwerdeführer dahin zu unterrichten, auf welche Beweismittel sie ihre Entscheidung stützt und auf Grund welcher Überlegungen (siehe § 45 Abs. 2 AVG 1950) sie diesen Beweismitteln gegenüber der Darstellung des Beschwerdeführers den Vorzug gibt. Da dies nicht geschehen ist, wurde der Beschwerdeführer in der Verfolgung seiner Rechte gehindert. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß in der Beschwerde mehrmals auf den am 10. April 1981 erhobenen klinischen Befund samt Gutachten des Dr. GH Bezug genommen wurde und sich der Beschwerdeführer damit auseinandergesetzt hat, da nicht einwandfrei feststeht, ob die belangte Behörde ihrer Entscheidung (auch bzw. nur) dieses Beweismittel zugrundegelegt hat, hat doch die Salzburger Landesregierung als Verwaltungsstrafbehörde damit nicht das Auslangen gefunden, sondern zusätzlich ein Amtssachverständigengutachten (Dris. K vom 16. Oktober 1981) eingeholt. Dem Verwaltungsgerichtshof ist durch die von der belangten Behörde gehandhabte Vorgangsweise bei Begründung des angefochtenen Bescheides demnach auch dessen nachprüfende Kontrolle verwehrt.

Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 aufzuheben, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.

Soweit nichtveröffentlichte Erkenntnisse zitiert wurden, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Der Ausspruch über den. Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren war infolge eines Rechenfehlers abzuweisen.

Wien, am 28. September 1982

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