Normen
ForstG 1975 §12;
ForstG 1975 §32;
ForstG 1975 §37;
WWSGG impl;
WWSLG Tir 1952 §13;
WWSLG Tir 1952 §15;
WWSLG Tir 1952 §31;
WWSLG Tir 1952 §42;
WWSLG Tir 1952 §6;
ForstG 1975 §12;
ForstG 1975 §32;
ForstG 1975 §37;
WWSGG impl;
WWSLG Tir 1952 §13;
WWSLG Tir 1952 §15;
WWSLG Tir 1952 §31;
WWSLG Tir 1952 §42;
WWSLG Tir 1952 §6;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit durch ihn die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der mitbeteiligten Agrargemeinschaft steht auf Grund der Regulierungsurkunde Nr. 8124/340 vom 25. April 1888 für den Hoch- und Niederleger das Weiderecht mit 95 Kuhgräsern und 40 Schafen alljährlich vom 15. Mai bis 15. Oktober bei Tag und Nacht auf den nachstehenden bundesforstlichen Grundstücken zu:
- 1. Gp. Nr. 270 Weide (Moosgrund) von 4,28 ha;
- 2. aus Gp. Nr. 271 Weide (Moosgrund) von 4,11 ha nur der östliche Teil bis zum Ursprung des B-baches;
3. aus Gp. Nr. 280 Nadelwald von 1.401,69 ha ein Teil von ca. 360 ha mit den Hauptbenennungen: A, B, C;
4. Gp. Nr. 269, teils Weide, teils öde, von 5,77 ha.
Die Grenzen dieses Weidekomplexes sind in der Regulierungsurkunde näher umschrieben. Die Bedingungen dieser Weidenutzung sind im Regulierungs-Vergleich vom 25. April 1888 wie folgt festgehalten:
"1. Bei Ausübung der Waldweide sind die forstgesetzlichen Bestimmungen zu beobachten, und das Weidevieh ist unter verläßliche Obhut zu stellen.
2. Bei allfälligen Schonungs- und Bannlegungen in den belasteten Staatsforsten darf für den Entgang der Weide eine Vergütung nicht angesprochen werden.
3. Die Weide in den belasteten Objekten ist gleichzeitig mit dem eigentümlichen berechtigten Weideboden und eventuell mit den Belastungsflächen dritter Personen mit der regulierten Viehzahl und Gattung zu benützen.
4. Das auf dem Alpmahde erzeugte Heu und Gras muß auf der Alpe während der Alpwirtschaftszeit verfüttert, und es darf demnach desselbe weder abgeliefert, noch zu anderen Zwecken verwendet werden."
Seit mehr als 20 Jahren wird im Bereich der S-alpe eine Weideregulierung, sei es durch Waldweidetrennung oder durch Ablöse der Weiderechte in Grund und Boden, vergeblich versucht. Im Rahmen dieses Servitutenablösungsverfahrens stellten Mitglieder der mitbeteiligten Agrargemeinschaft in der von der Agrarbehörde erster Instanz am 23. September 1980 abgehaltenen mündlichen Verhandlung den Antrag auf Sicherung ihrer urkundlichen Einforstungsrechte; das Ablöseverfahren solle einstweilen ruhen. Diesem Antrag lag die wiederholt aufgestellte Behauptung der Agrargemeinschaft zugrunde, daß für die einregulierten Rechte nicht ausreichend Futter vorhanden sei.
Unbestritten mit Ausnahme des Zeitpunktes dieser Zaunerrichtung (Juni 1980 oder Juni 1981) ist im Beschwerdefall, daß die Beschwerdeführerin im sogenannten C-gebiet der Gp. Nr. 280/1, KG. X, einen Stacheldrahtzaun aufgestellt und damit (zum Schutz dort geschaffener Kultur- und Verjüngungsflächen) einen Teil des mit den Weiderechten der Mitbeteiligten belasteten Gebietes eingezäunt und von der Beweidung ausgeschlossen hat.
Mit Rücksicht auf diese Einengung der Weideflächen durch die Beschwerdeführerin sah sich die Agrarbehörde erster Instanz zur Erlassung ihres Bescheides vom 23. Juli 1981 veranlaßt, dessen auf § 31 Abs. 1 in Verbindung mit § 13 lit. d des Tiroler Wald- und Weideservitutengesetzes, LGBl. Nr. 21/1952 (in der Folge kurz WWSG), gestützter Spruchpunkt 1. lautete:
"Die Österreichischen Bundesforste (Forstverwaltung X) haben binnen einer Frist von einer Woche nach Erhalt dieses Bescheides den im Juni 1981 auf der Gp. 280/1 errichteten Stacheldrahtzaun abzulegen und den Stacheldraht so zu entfernen, daß Mensch und Tiere durch den Stacheldraht nicht gefährdet werden können. Es handelt sich um den Zaun, beginnend beim D-bach ca. 150 Laufmeter bis zur Grenze der forstlichen Unterabteilung 69 g, oberhalb der Jagdhütte vorbei; von der Unterabteilung 69 g (früher: h 1) in nordöstlicher Richtung weiter bis zum südwestlichen Ende der Schlägerung zwischen den Unterabteilungen 69 h und 69 f."
Die Spruchpunkte 2. und 3. dieses Bescheides sind für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht mehr von Bedeutung. Mit dem Spruchpunkt 4. ihres Bescheides erkannte die Agrarbehörde erster Instanz schließlich gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 in Verbindung mit § 1 AgrVG 1950 einer allfälligen Berufung wegen Gefahr im Verzuge die aufschiebende Wirkung ab.
Die von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem nunmehr insoweit angefochtenen Bescheid hinsichtlich der oben wiedergegebenen Spruchpunkte 1. und 4. gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit §§ 13, 31 WWSG als unbegründet ab. Begründend ging die belangte Behörde von § 31 WWSG aus, wonach Vorkehrungen z.B. von der in § 10 und § 13 genannten Art zur Sicherung behördlich geregelter Nutzungen jederzeit ohne Einhaltung eines Regulierungsverfahrens getroffen werden könnten. Sinn dieser Gesetzesstelle sei es, jederzeit ohne ein besonderes Verfahren in der Form etwa einer einstweiligen Verfügung nach der EO eine Sofortmaßnahme zur Sicherung der Nutzungen zu treffen. Die Beschwerdeführerin habe durch die von ihr vorgenommene Einzäunung Vieh der Weideberechtigten durch faktische Maßnahmen von der Beweidung wertvoller Weideflächen (belasteten Weidebodens) ausgeschlossen, ohne daß ein behördliches Verfahren durchgeführt worden sei. Diese einseitige Maßnahme des Servitutsverpflichteten stelle eine Gefährdung der Weiderechte der Berechtigten dar, die eine Sofortmaßnahme in der Form einer Sicherungsvorkehrung gegen diesen plötzlichen Eingriff erfordere. Dazu gebe § 31 WWSG die rechtliche Möglichkeit, dessen Sinn es entspreche, ähnlich einem Besitzstörungsverfahren bzw. einer einstweiligen Verfügung nach der EO eine sofortige Vorkehrung durch Entfernung des Zaunes zu verfügen. Die von der Beschwerdeführerin herangezogenen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975 (in der Folge kurz FG 1975), seien hinsichtlich der Weiderechte vom Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme geprägt. Gemäß § 13 Abs. 9 FG 1975 könnten die Nutzungsberechtigten ein Feststellungsverfahren begehren, wenn Zweifel bestünden, ob ihre Weiderechte im Fall der Wiederbewaldung der belasteten Flächen gefährdet wären. Daraus sei zu folgern, daß die dem Waldeigentümer grundsätzlich auferlegte Wiederbewaldungspflicht sogar behördlich eingeschränkt werden könne, soweit die Ausübung eingeforsteter Waldweideservituten nicht gewährleistet erscheine. Es sei aber durch den Eingriff der Beschwerdeführerin überdies eine wirtschaftlich empfindsame Einbuße für die Weideberechtigten gegeben, weil im Servitutenablöseverfahren eingeholte Gutachten ergeben hätten, daß der Futterbedarf für das einregulierte Vieh größer sei als das den Weideberechtigten zur Verfügung stehende Gesamtfutterangebot aus dem Eigentums- und Servitutsgebiet. Die zusätzliche Verzäunung von ca. 14 ha ergiebigem Waldboden im sogenannten C-gebiet verschärfe diesen Weidemangel, sodaß auch aus diesem Grunde die angeordnete Sofortmaßnahme berechtigt sei. Die Beschwerdeführerin könne dem auch nicht damit begegnen, daß sie andere bereits weidebelastete Flächen des Servitutsgebietes als Ersatzflächen für das eingezäunte Gebiet anbiete.
Zur ebenfalls bekämpften Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung führte die belangte Behörde schließlich begründend aus, die abrupte Einschränkung von besonders wertvollen Weiderechten durch die Beschwerdeführerin sei als dringender Anlaß im Sinne des § 64 Abs. 2 AVG 1950 anzusehen; die sofortige Ablegung des die Weideausübung hindernden Zaunes sei im besonderen Interesse der Weideberechtigten gelegen, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht erfolgt sei.
Gegen den den erstinstanzlichen Bescheid bestätigenden Teil des Bescheides der belangten Behörde vom 10. Dezember 1981 richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde. Die erlassene vorläufige Vorkehrung sei formell und inhaltlich unzulässig. § 31 WWSG sei als Rechtsgrundlage dafür ungeeignet, da Provisorien nur nach dem § 42 WWSG und unter den dort normierten Voraussetzungen zulässig seien. Die dort geforderte Notstandssituation sei im Beschwerdefall aber nicht gegeben, insbesondere träfen die Feststellungen der belangten Behörde über den Futtermangel weder hinsichtlich der angenommenen Futterträge noch hinsichtlich des angenommenen Viehgewichtes zu. Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zeige sich aber auch vor allem darin, daß die belangte Behörde die Bestimmungen der einschlägigen Regulierungsurkunde über die Schonungs- und Bannlegungsmaßnahmen überhaupt nicht beachtet habe. Diese Regelungen seien bisher nicht abgeändert oder außer Kraft gesetzt worden und auch nach § 37 Abs. 4 FG 1975 zu beachten. Die Regulierungsurkunde sei unter Bedachtnahme auf den damals in Geltung gestandenen § 10 des Reichsforstgesetzes 1852 zu verstehen, welcher Einschränkungen der Waldweide zugunsten der Walderhaltung bzw. der Wiederaufforstung vorgesehen habe. Für den Entgang der Weide im Falle von Schonungs- und Bannlegungen sehe die Regulierungsurkunde ausdrücklich keine Vergütung für die Weideberechtigten vor, womit aber auch keine rechtliche Handhabe gegeben sei, der Beschwerdeführerin die Beseitigung des Zaunes an der Hegefläche aufzutragen. Dasselbe ergebe sich aus dem Grundsatz, daß Servituten in schonender Weise auszuüben seien. Die belangte Behörde habe daher die Bedingungen zur Zeit der Urkundenherstellung zu wenig berücksichtigt und unrichtig gewürdigt; sie habe vielmehr der Mitbeteiligten Rechte zugebilligt, die einer Erweiterung des urkundlich garantierten Weiderechtes gleichkämen. Es wäre daher von der belangten Behörde zu prüfen gewesen, ob die Hegelegungsmaßnahme der Beschwerdeführerin die Weiderechtsausübung der Mitbeteiligten tatsächlich so beeinträchtigt habe, daß nicht abgewartet werden konnte, bis das für die S-alpe bereits anhängige Weideregulierungsverfahren abgeschlossen sei. Somit sei aber auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 wegen der Subsidiarität dieser Gesetzesbestimmung unzulässig und rechtswidrig.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Denselben Antrag stellt die mitbeteiligte Agrargemeinschaft in der von ihr eingebrachten Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das WWSG regelt in Ausführung des diesbezüglichen Bundes-Grundsatzgesetzes, BGBl. Nr. 103/1951, die Behandlung von Wald- und Weidenutzungsrechten sowie besonderer Felddienstbarkeiten. Nach § 1 Abs. 1 WWSG bezeichnet dieses Gesetz als Nutzungsrechte:
a) alle wie immer benannten Rechte, in oder aus einem fremden Wald Holz oder sonstige Forstprodukte zu ziehen;
- b) Weiderechte auf fremdem Grund und Boden;
- c) alle anderen Felddienstbarkeiten auf Wald oder der Waldkultur gewidmetem Boden mit Ausnahme der Wegerechte.
Bei den mit Weiderechten belasteten Grundstücken muß es sich daher nach dem WWSG nicht um Wald oder der Waldkultur gewidmetem Boden handeln (vgl. auch § 15 Abs. 1 und § 31 Abs. 4 WWSG). Auf welche Grundstücke sich das Weiderecht bezieht, ob und inwieweit es sich dabei um "Waldweide" oder um "Reinweide" handelt, und unter welchen näheren Bedingungen das Weiderecht ausgeübt werden darf, ist nicht dem WWSG zu entnehmen, sondern der jeweiligen Nutzungsregelung, die das Gesetz als gegeben voraussetzt.
Welche Maßnahmen bei der Regulierung von Weiderechten getroffen werden können, wird in § 13 WWSG demonstrativ aufgezählt. Zur Sicherung behördlich geregelter Nutzungen können nach § 31 Abs. 1 WWSG jederzeit ohne Einleitung eines Regulierungsverfahrens Vorkehrungen etwa der in § 13 genannten Art getroffen werden. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf den darin gemäß §§ 1 AgrVG 1950, 59 Abs. 1 AVG 1950 angeführten § 31 WWSG gestützt. Die Beschwerdeführerin macht dazu geltend, daß die belangte Behörde diese Gesetzesstelle zu Unrecht als Grundlage der von ihr angeordneten Vorkehrungen herangezogen hat. Eine Prüfung der weiteren Frage, ob die erlassene Vorkehrung allenfalls als Provisorium gemäß § 42 WWSG dem Gesetz entsprochen hätte, erübrigt sich im Beschwerdefall, weil die belangte Behörde ihren Bescheid nicht auf diese Gesetzesstelle gestützt hat.
Die Sicherung von Nutzungen im Sinne des § 31 WWSG setzt eine "behördliche Regelung" dieser Nutzungen voraus und hat sich im Rahmen des Umfanges dieser behördlichen Regelung zu halten. Eine Erweiterung dieser Nutzungen sieht das Gesetz selbst dann nicht vor, wenn die Nutzungsrechte aus dem Ertrag der belasteten Grundstücke keine genügende Bedeckung finden; wie in diesem Falle vorzugehen ist, regelt § 15 WWSG, wonach für unbedeckte Nutzungsrechte unter bestimmten Voraussetzungen Ersatz zu leisten ist. Nach § 31 Abs. 2 WWSG finden die Bestimmungen des § 15 auch zum Zweck der Sicherung von Nutzungsrechten Anwendung. Die Anordnung einer Sicherungsvorkehrung gemäß § 31 WWSG setzt daher die genaue Kenntnis und Feststellung des Umfanges der bestehenden Weiderechte voraus, insbesondere eine Klarstellung dahin gehend, inwieweit es sich bei den belasteten Grundstücken um "Reinweide" oder aber um "Waldweide" handelt.
Nach § 31 Abs. 3 WWSG darf mit Weiderechten belasteter Weideboden nur dann aufgeforstet oder in einer die Weide behindernden Weise bewirtschaftet werden, wenn es die Agrarbehörde aus Gründen der Landeskultur bewilligt. Insoweit die Weiderechte dadurch beeinträchtigt werden, ist dafür andere Weide zuzuweisen oder der verpflichteten Liegenschaft eine angemessene Rente aufzuerlegen. Da auch die Regulierungsurkunde vom 25. April 1888 hinsichtlich der Ausübung der Weiderechte der Mitbeteiligten auf reinem Weideboden keine Einschränkungen vorsieht, war es der Beschwerdeführerin jedenfalls verwehrt, ohne behördliche Bewilligung zwecks Aufforstung des Weidebodens Maßnahmen zu treffen, durch welche diese Weiderechte beeinträchtigt werden könnten.
Die Ausübung der Waldweide hingegen steht der mitbeteiligten Agrargemeinschaft schon nach dem Regulierungsvergleich nur unter Beachtung der forstgesetzlichen Bestimmungen zu. Schon nach dem im Zeitpunkt der Errichtung dieser Urkunde in Geltung gestandenen § 10 des Reichs-Forstgesetzes 1852 durfte aber die Waldweide in den zur Verfügung bestimmten Waldteilen, in welchen das Weidevieh dem bereits vorhandenen und erst anzuziehenden Nachwuchse des Holzes verderblich wäre (Schonungsflächen, Hegeorte), nicht ausgeübt und in die übrigen Waldteile nicht mehr Vieh eingetrieben werden, als daselbst die erforderliche Nahrung findet. Darauf wurde offenbar auch mit der Bestimmung des Regulierungsvergleiches Bedacht genommen, wonach bei allfälligen Schonungs- und Bannlegungen in den belasteten Staatsforsten für den Entgang der Weide eine Vergütung nicht angesprochen werden dürfe.
Nach § 37 Abs. 1 FG 1975 darf durch die Waldweide auch nach geltendem Recht die Erhaltung des Waldes und seiner Wirkungen (§ 1 Abs. 1) nicht gefährdet werden. Nach § 37 Abs. 3 FG 1975 darf die Waldweide in zur Verjüngung bestimmten Waldteilen, in denen das Weidevieh die bereits bestehende oder erst heranzuziehende Verjüngung schädigen könnte (Schonungsflächen) nicht ausgeübt werden. Die Regelung des § 37 Abs. 4 FG 1975, wonach die für Weiderechte in Einforstungswäldern geltenden Bestimmungen durch die Regelungen der Abs. 1 und 3 nicht berührt werden, ist im Beschwerdefall nicht von Bedeutung, weil die hier zugrunde liegende Regulierungsurkunde keine von den forstrechtlichen Bestimmungen abweichende Regelung trifft, sondern vielmehr für die Ausübung der Waldweide ausdrücklich auf die forstgesetzlichen Bestimmungen verweist.
Nach § 32 FG 1975 sind unbeschadet der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes Wälder, auf denen Nutzungsrechte (Einforstungsrechte) im Sinne des § 1 Abs. 1 des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, lasten (Einforstungswälder), unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des § 12 von ihren Eigentümern so zu bewirtschaften, daß die Ausübung der Einforstungsrechte gewährleistet ist.
Zur Erfüllung der forstrechtlichen Wiederbewaldungspflicht durch den Eigentümer der servitutsverpflichteten Liegenschaft sieht schließlich § 6 WWSG vor, daß dann, wenn die Aufstellung von Hirten zum Schutz der Forstkulturen gegen das Weidevieh (§ 10 Reichs-Forstgesetz) mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist, die Hegeflächen erforderlichenfalls eingezäunt oder verpflockt werden dürfen.
Für die Beantwortung der Frage, oh die Beschwerdeführerin durch die strittige Zaunerrichtung ihrer forstrechtlichen Verpflichtung zur Wiederbewaldung nachkam bzw. ob und inwieweit sie dabei in unzulässiger Weise die Weiderechte der Mitbeteiligten beschränkt hat, deren möglichste Schonung ihr das Gesetz auferlegt, ist die Prüfung und Feststellung des Umfanges des in der Regulierungsurkunde festgelegten Weiderechtes der Mitbeteiligten erforderlich.
Diese Urkunde bezeichnet die belasteten Objekte unter I. einleitend als "Wald- und Weidegründe"; der nachfolgenden Aufzählung der belasteten Grundstücke ist zu entnehmen, daß damals die Gp. Nr. 269, 270 und 271 "Weide" bzw. "Oede" darstellten, während die 360 ha große Gp. Nr. 280 als "Nadelwald" bezeichnet wurde. Es handelt sich daher offenbar überwiegend um die Einräumung von Waldweiderechten in den betroffenen "Reichsforsten". Dem entspricht auch das übereinstimmende Vorbringen der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, wonach vom belasteten Gebiet 360 ha Waldweide darstellten. Da das Gebiet, in welchem der strittige Zaun errichtet wurde, im Verwaltungsverfahren als "Gp. 280/1" bezeichnet wurde, liegt die Annahme nahe, daß durch diesen Zaun Waldweidegebiet in Schonung gelegt worden ist.
Diese Annahme vermag jedoch das Fehlen einer Feststellung in dieser Hinsicht im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen. Die belangte Behörde spricht in ihrer Begründung einerseits davon, von der Beschwerdeführerin sei mit Weiderechten belasteter "Weideboden" eingezäunt worden, während das eingezäunte Gebiet an anderer Stelle des angefochtenen Bescheides als "ergiebiger Waldboden" bezeichnet wird. Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, daß die Einzäunung eines Teiles des servitutsbelasteten Gebietes durch die Beschwerdeführerin in jedem Falle eine unzulässige Einschränkung der Weiderechte der Mitbeteiligten darstelle und hat sich daher mit der Frage, ob diese Zaunerrichtung durch die Beschwerdeführerin auf den forstrechtlichen Bestimmungen unterliegendem Waldweideboden und unter Beachtung des Grundsatzes der möglichsten Schonung der Weideberechtigten erfolgte, nicht befaßt. Wäre diese Frage nämlich zu bejahen, dann wären die urkundlichen Weiderechte der Mitbeteiligten mit Rücksicht auf die Punkte 1. und 2. des Regulierungsvergleiches durch die Vorgangsweise der Beschwerdeführerin nicht verletzt, weshalb der angefochtene Bescheid in diesem Falle eine über die Sicherung der Nutzungsrechte hinausgehende, im Gesetz nicht gedeckte Maßnahme darstellen würde.
Die belangte Behörde hat somit dadurch, daß sie auf Grund einer unrichtigen Rechtsauffassung den Sachverhalt in einem wesentlichen Punkte ergänzungsbedürftig gelassen hat, den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit2, S 443, angeführten Entscheidungen).
Aber auch insoweit, als mit dem angefochtenen Bescheid die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt wurde, erweist er sich als inhaltlich rechtswidrig. Nach § 64 Abs. 2 AVG 1950, der gemäß § 1 AgrVG 1950 auch im Verfahren vor den Agrarbehörden anzuwenden ist, kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzuge dringend geboten ist. Daß diese Voraussetzungen im Beschwerdefall zutreffen, kann jedoch nach den von der Behörde vorgenommenen Feststellungen nicht angenommen werden. Aber auch das für diesen Bescheidpunkt erforderliche Vorliegen einer Gefahr im Verzuge wäre nicht gegeben, wenn diese Zaunerrichtung, wie dies die Beschwerdeführerin behauptet, tatsächlich bereits im Jahre 1980 erfolgt und somit trotz Anhängigkeit des Servitutenablösungsverfahrens durch mehr als ein Jahr hindurch weder von den Agrarbehörden noch von der Mitbeteiligten zum Anlaß von Maßnahmen oder Antragstellungen gemacht zu werden brauchte.
Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang der Anfechtung gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Beschwerdeführerin hat keinen Aufwandersatz begehrt, sodaß hierüber eine Entscheidung nicht zu treffen war.
Wien, am 21. September 1982
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