Normen
AVG §62 Abs3;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
BauO Stmk 1968 §2 Abs1;
AVG §62 Abs3;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
BauO Stmk 1968 §2 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 9.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführer zeigten am 23. Oktober 1981 der Baubehörde eine konsenslose Bauführung der Mitbeteiligten auf dem Grundstück Nr. nn1, EZ. nn, KG. X, nämlich das Niederreißen eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes sowie die begonnene Errichtung eines neuen Gebäudes, an.
Am 27. Oktober 1981 suchten die Mitbeteiligten um die baubehördliche Genehmigung zur Errichtung eines Einfamilienhauses und eines Schuppens sowie um die Abbruchgenehmigung für das bestehende abbruchreife Gebäude auf dem Grundstück Nr. nn2, KG. X, an. Die diesbezügliche Widmungsänderung war mit Bescheid vom 12. Dezember 1968 erteilt worden (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom heutigen Tag, Zl. 82/06/0133 und Zl. 82/06/0142).
Wie aus dem Bericht des Magistrates Graz an den Bürgermeister hervorgeht, wurde den Mitbeteiligten bereits am 15. Oktober 1981 der mündliche Auftrag zur Abtragung der einsturzgefährdeten Bauwerksteile erteilt. Am 6. November 1981 erging an die Mitbeteiligten ein weiterer, diesmal schriftlicher Abtragungsauftrag für die restlichen einsturzgefährdeten Bauwerksteile.
Über das Bauansuchen der Mitbeteiligten fand am 10. Dezember 1981 eine mündliche Verhandlung statt, an der auch beide Beschwerdeführer teilnahmen. Bei dieser Verhandlung beantragten sie die Einholung eines geologischen Gutachtens, da sich aus der Natur ergebe, dass das Grundstück der Mitbeteiligten höher liege als das Grundstück der Beschwerdeführer und eventuell zusätzliche Sicherungsmaßnahmen gegen Hangrutschungen getroffen werden müssten. Weiters wurde das Begehren gestellt, die beabsichtigten Wasserleitungen in die Pläne aufzunehmen. Der Antrag auf Abbruch des Holzschuppens solle aus dem gegenständlichen Verfahren ausgeschieden werden, weil diesbezüglich bereits ein baupolizeilicher Auftrag zum Abbruch vorliege. Im Bereich der südöstlichen Ecke des Grundstückes Nr. nn2 würden Wasser austreten, deren Herkunft nicht geklärt sei. Diesbezüglich werde beantragt, seitens der Behörde festzustellen, von wo diese Wasser stammten, und gegebenenfalls entsprechende Aufträge zu erteilen. Die Zweitbeschwerdeführerin ersuchte die Baubehörde, den Widmungsbescheid betreffend das Grundstück Nr. nn2 zu übermitteln, da ihr dieser nicht zugestellt worden sei (vgl. das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 82/06/0142). Ebenfalls wurde bemängelt, dass kein Gutachten eines Sachverständigen auf dem Gebiet der Ortsplanung entsprechend den Übergangsbestimmungen des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 50/1981, eingeholt worden sei. Auch sei die Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft nicht gehört worden. Zum Verfahren wurde allgemein angemerkt, dass der Bestand, wie er im Befund festgehalten werde, in zwei Fragenkomplexe unterteilt werden müsse. Zum schon durchgeführten Abbruch werde die Meinung vertreten, dass dieser aus dem gegenständlichen Verfahren auszuschließen sei, da für diesen ein baupolizeilicher Abtragungsauftrag am 6. November 1981 ergangen sei. Wieweit dieses Schreiben vom 6. November 1981 Bescheidcharakter habe, werde im Rahmen des Verfahrens geklärt werden. Zum zweiten Teil (Zubau zum bestehenden Nebengebäude) werde angemerkt, dass die Baubehörde im Rahmen ihrer Erhebungen am 15. Oktober, 29. Oktober und 4. November 1981 eine sofortige Baueinstellung verfügen hätte müssen, um den Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung gerecht zu werden. Überdies werde darauf hingewiesen, dass eine Baubewilligung entsprechend den Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung von der Nichtigkeit bedroht sei, wenn nicht die Vorschriften des Raumordnungsgesetzes eingehalten würden.
Bei der mündlichen Verhandlung erklärte der Vertreter der Mitbeteiligten, dass im Sinne des im Zeitpunkt 1968 noch geltenden § 1238 ABGB, der erst 1975 aufgehoben wurde, ein Ehegatte die gesetzmäßige Vertretung des Vermögens seiner Frau habe. Durch die Anwesenheit des Erstbeschwerdeführers als in aufrechter Ehe mit seiner Gattin lebenden Vertreters seiner Gattin sei dieser im Sinne dieser angezogenen Gesetzesstelle mit der gesetzmäßigen Vertretung seiner Gattin beauftragt, sodass durch den Umstand, dass er keine Einwendungen gegen die Widmung erhoben habe, dies auch für die zweite Miteigentümerin, nämlich die Zweitbeschwerdeführerin, gelte. Die gesonderte bescheidmäßige Verständigung der Zweitbeschwerdeführerin sei daher nach der damaligen Gesetzeslage entbehrlich gewesen. Dazu erklärte die Zweitbeschwerdeführerin, die Vertretungsbefugnis des Ehegatten gemäß dem alten § 1238 ABGB könne kaum die Erfordernisse der eigenhändigen Zustellung nach dem AVG ersetzen. Sie gehe daher davon aus, dass der gegenständliche Widmungsbescheid nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde und daher noch nicht in Rechtskraft erwachsen sein konnte. Erneut stelle sie daher den Antrag, die Zustellung des gegenständlichen Bescheides vorzunehmen.
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 13. Jänner 1982 wurde den Mitbeteiligten die Bewilligung ihres Bauvorhabens unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt und die Einwendungen und Anträge der Beschwerdeführer als unzulässig zurück- bzw. abgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass es sich bezüglich des Antrages auf Einholung eines geologischen Gutachtens im Hinblick auf die Rutschgefahr um eine Angelegenheit handle, die allein von der Behörde wahrzunehmen sei, ein subjektiv öffentliches Nachbarrecht jedoch nicht bestehe. Der gesamte § 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 enthalte für die Nachbarn keine Legitimation zur Sache. Der Antrag, die beabsichtigten Wasserleitungen in die Pläne aufzunehmen, sei als unzulässig zurückzuweisen gewesen, da die verfahrensrechtlichen Befugnisse nur zur Verwirklichung der materiellen Rechte der Nachbarn dienten und jene nicht weitergehen können als diese. Der Antrag, den Abbruch des Holzschuppens aus dem gegenständlichen Verfahren auszuscheiden, sei als unzulässig zurückzuweisen gewesen, da nicht einmal die Behauptung der Verletzung irgendeines Nachbarrechtes diesem Vorbringen immanent sei. Das gleiche gelte für den Antrag, die Behörde möge feststellen, von wo die Wasser stammten, die im Bereich der südöstlichen Ecke des Grundstückes Nr. nn2 austräten. Dem Ersuchen der Zweitbeschwerdeführerin um Zustellung eines Widmungsbescheides betreffend das Grundstück Nr. nn2 wurde nicht stattgegeben; es wurde unter Hinweis auf Ausführungen in Mannlicher-Quell, "Das Verwaltungsverfahren", erster Halbband, 8. Auflage, zu § 9 AVG mit der Begründung abgewiesen, dass zwar im Widmungsakt ein Nachweis über die ordnungsgemäße Zustellung der Ladung an die Beschwerdeführerin nicht enthalten sei, obwohl diese in der Ausschreibung angeführt sei, dennoch aber von der Behörde der Standpunkt eingenommen werden könne, dass diese durch ihren Ehegatten mangels Widerspruches vertreten worden sei; dies deshalb, weil der Zustellschein an den Erstbeschwerdeführer von eben seiner Gattin unterfertigt worden sei, die Zweitbeschwerdeführerin also durch diese Übernahme zumindest nachweislich Kenntnis von der ausgeschriebenen Verhandlung erhalten habe und damit in der Lage gewesen sei, einer Vertretung durch ihren Ehegatten gegenüber der Behörde zu widersprechen. Die Einwendung der Zweitbeschwerdeführerin, dass das gegenständliche Bauvorhaben nicht dem Entwurf des Flächenwidmungsplanes 1980 der Landeshauptstadt Graz entspreche, sei abzuweisen gewesen, da sich das gegenständliche Grundstück Nr. nn2 laut Ausweisung im Flächenwidmungsplanentwurf der Landeshauptstadt Graz im "Wohnenrein" mit einer maximalen Dichte von 0,3 befinde und sowohl der Verwendungszweck der vorgesehenen Bauten als auch die maximale Dichte entspreche. Das Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin, die Behörde hätte in Bezug auf den Zubau zum bestehenden Nebengebäude eine sofortige Baueinstellung verfügen müssen, sei als unzulässig zurückzuweisen gewesen, da es sich bei einer Baueinstellung um eine Angelegenheit handle, die allein von der Behörde wahrzunehmen sei, ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht diesbezüglich jedoch nicht bestehe.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer (getrennt) Berufung und brachten Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung vor. Sie führten aus, die Steiermärkische Bauordnung 1968 verlange, dass vor der Erlassung einer Baubewilligung eine rechtskräftige Widmungsbewilligung vorliege. Im gegenständlichen Fall liege, wie die Behörde im Bescheid selbst ausführe, ein Verfahrensmangel vor, welche nach ihrer Ansicht aber soniert sei. Dem müsse entgegengehalten werden, dass die Zweitbeschwerdeführerin überhaupt nicht zur Widmungsverhandlung geladen worden sei und ihr auch bis zum 29. Jänner 1982 kein Widmungsbescheid zugestellt worden sei. Daher könne keine rechtskräftige Widmungsbewilligung vorliegen. Auch wäre gegen die erteilte Widmungsbewilligung und Baubewilligung vom 12. Dezember 1968 binnen offener Frist das Rechtsmittel der Berufung eingebracht worden, worüber noch keine rechtskräftige Berufungsentscheidung vorliege. Auch sei die Widmung nach der falschen gesetzlichen Bestimmung (alte Grazer Bauordnung statt neuer Steiermärkischer Bauordnung) erteilt worden. Bei der Bauverhandlung sei der Antrag auf Einholung eines geologischen Gutachtens gestellt worden. Es bestehe Rutschgefahr, und zwar auch für das Grundstück der Zweitbeschwerdeführerin. Außerdem sei der Antrag, die beabsichtigte Wasserleitungsführung in die Pläne aufzunehmen, zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen worden. Zu Unrecht wäre die Behörde nicht in die Sache selbst eingegangen. Überdies sei der Antrag auf Ausscheidung des Verfahrens betreffend den Abbruch des Holzschuppens rechtsirrig als unzulässig zurückgewiesen worden. Zum Fragenbereich Raumordnungsgesetz-Bausperreverordnung III - Entwurf zum Flächenwidmungsplan werde geltend gemacht, dass gemäß den Übergangsbestimmungen des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 ein Gutachten von einem Sachverständigen auf dem Gebiet der Ortsplanung einzuholen gewesen wäre. Entgegen dieser Bestimmung erteilte Baubewilligungen seien von der Nichtigerklärung bedroht. Bei Bauvorhaben, die in das Freiland fallen, sei auch hinsichtlich der bestimmungsgemäßen Nutzung die Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft zu hören. Unter Darstellung mannigfaltiger Beweggründe wird auch die Rechtswidrigkeit der Bausperreverordnung III und des Entwurfes zum Flächenwidmungsplan 1980 der Landeshauptstadt Graz behauptet. Der Antrag auf sofortige Baueinstellung bezüglich des Zubaues hätte nicht zurückgewiesen werden dürfen. Letztlich werde geltend gemacht, dass die Verhandlungsschrift nicht richtig abgefasst worden sei.
Im Berufungsvorbringen des Erstbeschwerdeführers wird überdies dargelegt, dass der Antrag auf Einholung eines geologischen Gutachtens im Hinblick auf die Rutschgefahr hätte beachtet werden müssen, dass die Rechtskraft der Widmungsbewilligung Voraussetzung für die Abführung einer Bauverhandlung gewesen wäre, dass der Auftrag zur Eintragung der Wasserleitungsführung nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen und dass es die Behörde zu Unrecht unterlassen habe zu prüfen, woher die auf dem Grundstück Nr. nn2 auftretenden Wasser stammten.
Der Gemeinderat der Stadt Graz gab der Berufung dahingehend Folge, dass er dem Antrag der Zweitbeschwerdeführerin auf Zufertigung des Widmungsbescheides vom 12. Dezember 1968 stattgab, im übrigen wies er die Berufung als unbegründet ab. Dies wurde damit begründet, dass anlässlich des gegenständlichen Baubewilligungsverfahrens die Beschwerdeführer die Zustellung des Widmungs- und Baubewilligungsbescheides vom 12. Dezember 1968 begehrt und gegen diesen Bescheid sodann Berufungen eingebracht hätten. Das Berufungsverfahren gegen den genannten Bescheid vom 12. Dezember 1968 sei unter der Zl. A 17-K-5717/5-1982 durchgeführt und abgeschlossen worden. Soweit daher in den Berufungen zum gegenständlichen Baubewilligungsverfahren Ausführungen enthalten seien, die sachlich zum Berufungsverfahren betreffend den Bescheid aus 1968 gehörten und auch in diesem Verfahren rechtlich beurteilt und entschieden worden seien, sei auf eine neuerliche Darstellung des diesbezüglichen Berufungsvorbringens verzichtet worden, da es überdies nicht den Gegenstand dieses Verfahren betreffe. Zum Zeitpunkt der Zustellung des gegenständlichen Berufungsbescheides liege eine rechtskräftig entschiedene Widmungssache vor. Davon habe die Berufungsbehörde in ihrer weiteren Erwägung auszugehen. Die verfahrensrechtlichen Ansprüche von Nachbarn könnten nicht weiter gehen als ihre materiellen Rechte. In Anwendung dieser Rechtsauffassung sei bereits über das in der Berufungsschrift neuerlich enthaltene Vorbringen, das von der Unterbehörde rechtlich richtig beurteilt worden sei, entschieden worden. Sowohl bei der Frage der Rutschgefahr (geologisches Gutachten) als auch beim Begehren um Aufnahme der Wasserleitungsführung in die Pläne handle es sich um Fragen, in denen den Nachbarn materiell eine Legitimation zur Sache nicht zur Seite stehe. Die erstinstanzliche Behörde habe schon die Rechtslage zu §§ 1 und 59 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 dargestellt. Solange diese formalen Anträge der Nachbarn nicht dem Schutz eines in der Bauordnung enthaltenen subjektiv öffentlichen Nachbarrechtes dienten, gingen sie über die materiellen Schutzinteressen der Nachbarn hinaus und würden sich somit als nicht zulässig erweisen. Eine Einwendung im Rechtssinn liege nur dann vor, wenn der Nachbar die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend mache. Unter diesem Gesichtspunkt sei der Antrag auf Ausscheidung des Verfahrens betreffend den Abbruch des Holzschuppens von der Unterinstanz zutreffend als unzulässig zurückgewiesen worden, da diesem Begehren nicht einmal die Behauptung der Verletzung irgendeines Nachbarrechtes immanent gewesen sei.
Im Berufungsvorbringen werde erstmals die Behauptung aufgestellt, dass die Verhandlungsschrift nicht richtig abgefasst worden sei. Der Verhandlungsablauf sei nicht vollständig wiedergegeben und die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Einwendungen seien nicht richtig und teilweise überhaupt nicht protokolliert worden. Dieses Vorbringen sei als präkludiert zu werten. Ein solcher Vorbehalt sei im erstinstanzlichen Verfahren nicht geltend gemacht worden. Abgesehen davon sei aber von der Berufungsbehörde festzuhalten, dass dieses Vorbringen allgemein gehalten sei und es nicht erkennbar erscheine, welches konkrete Vorbringen unrichtig wiedergegeben oder überhaupt nicht aufgenommen worden sei. Das Vorbringen der Beschwerdeführer in der Verhandlungsschrift erstrecke sich auf fast drei Maschinen geschriebene Seiten. Daraus entstehe für die Berufungsbehörde ohnehin der Eindruck, dass die Nachbarn ausreichend Gelegenheit erhalten und davon auch Gebrauch gemacht hätten, ihre Bedenken unfassend geltend zu machen. Von einer Beschneidung von Parteienrechten angesichts einer fast dreiseitigen, einzeilig geschriebenen Eingabe könne jedenfalls nach Auffassung der Berufungsbehörde nicht die Rede sein. Soweit im erstinstanzlichen Bescheid das Begehren der Beschwerdeführerin auf Zustellung des Widmungsbescheides abgewiesen worden sei, sei der Berufung stattzugeben gewesen, da selbstverständlich jeder Partei eines Verfahrens zu jeder Zeit das Recht auf Akteneinsicht bzw. Bescheidzufertigung zustehe. Diesem Antrag sei im übrigen auch tatsächlich bereits durch die Unterbehörde entsprochen worden; dies führe die Zweitbeschwerdeführerin in der Berufung gegen den Widmungsbewilligungsbescheid auch selbst aus. Von der Unterinstanz sei mit Recht auch das Vorbringen bezüglich der Prüfung der Frage, woher das auf dem Grundstück Nr. nn2 austretende Wasser stamme, als unzulässig zurückgewiesen worden, weil dieses Begehren den Gegenstand des Verfahrens verfehle.
Zum Fragenkomplex Raumordnungsgesetz-Bausperreverordnung III-Entwurf des Flächenwidmungsplanes sei festgehalten, dass der Bauplatz sowohl nach dem durch eine Bausperre der Rechtsordnung angehörenden Entwurf des Flächenwidmungsplanes 1980, als auch nach dem noch nicht rechtswirksamen, am 24. März 1982 vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz beschlossenen Flächenwidmungsplan 1982 im "reinen Wohngebiet" liege. Ein Widerspruch der gegenständlichen Baubewilligung (Einfamilienwohnhaus) zur rechtwirksamen örtlichen Raumordnung liege somit nicht vor.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der sie Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machten. Sie erachten sich dadurch, dass dem Verfahren kein Sachverständiger aus dem Gebiet der Ortsplanung beigezogen worden sei, weiters dadurch, dass der gegenständliche Bauplatz nicht alle Erfordernisse erfülle, die Voraussetzungen für Bauland seien, und dadurch, dass die Bauplätze mit dem Flächenwidmungsplan nicht in Einklang stünden, beschwert. Weiters machten sie einen Widerspruch des Flächenwidmungsplanes mit der Planzeichenverordnung geltend, zeigten auf, dass vor Erteilung der Baubewilligung keine rechtskräftige Widmungsbewilligung vorgelegen sei, machten erneut geltend, dass die Wasserleitungsführungen in die Pläne aufzunehmen wären und dass der Antrag auf Abbruch des Holzschuppens aus dem gegenständlichen Verfahren ihres Erachtens auszuscheiden gewesen wäre. Weiters machen sie geltend, dass dem bevollmächtigten Vertreter der Zweitbeschwerdeführerin die Akteneinsicht ohne Angabe von Gründen verweigert worden sei und dass in die Verhandlungsschrift nicht vollständig die Einwendungen der Zweitbeschwerdeführerin aufgenommen worden seien. Die belangte Behörde sowie die mitbeteiligten Parteien erstatteten Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragten.
Der Verwaltungsgerichtshof ha erwogen:
Die Beschwerdeführer machten unter anderem im gesamten Verwaltungsverfahren sowie auch in der Beschwerde geltend, dass kein rechtskräftiger Widmungsbescheid dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liege. § 2 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 lautet:
"Die Widmung von Grund zu einem oder mehreren Bauplätzen oder eine Widmungsänderung bedarf der Bewilligung der Baubehörde. Vor Rechtskraft der Widmungsbewilligung darf eine Baubewilligung nicht erteilt werden, jedoch können Widmungs- und Bauverhandlungen gemeinsam durchgeführt werden."
Die Erteilung einer rechtskräftigen Widmungsbewilligung ist somit Grundvoraussetzung für die Erteilung der Baubewilligung erster Instanz. Das in dieser Bestimmung ausgesprochene Verbot der Erteilung einer Baubewilligung vor Rechtskraft der Widmungsbewilligung begründet ein subjektiv öffentliches Recht des Nachbarn (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1973, Zl. 502 und 516/72, Slg. N.F. Nr. 8373 A). Die diesbezügliche Einwendung der Beschwerdeführer wurde von den Baubehörden auch richtigerweise als Einwendung im Rechtssinn, zu deren Erhebung die Beschwerdeführer legitimiert waren, qualifiziert und behandelt.
Bei der Erteilung der Baubewilligung in erster Instanz am 13. Jänner 1982 ging die belangte Behörde in Ab- und Zurückweisung der Anträge der Zweitbeschwerdeführerin davon aus, dass die Widmungsbewilligung vom 12. Dezember 1968 in Rechtskraft erwachsen sei. Die Beschwerdeführerin war aber im Widmungsverfahren - da ihr keine Ladung zur mündlichen Verhandlung zugestellt und sie in der Folge auch nicht ordnungsgemäß zum Widmungsverfahren beigezogen wurde - als übergangene Partei anzusehen. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird bezüglich des Widmungsverfahrens auf die mit Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 82/06/0142, erfolgte Aufhebung des Widmungsbescheides vom 8. Juli 1982 verwiesen.
Schon in seinem Erkenntnis vom 21. Juni 1976, Zl. 1386/70, Slg. N. F. Nr. 8039/A, hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass dem Nachbarn gegenüber dann, wenn er Partei des Verfahrens ist, die von der Behörde erteilte Bewilligung solange nicht in Rechtskraft erwächst, als den Nachbarn gegenüber kein Bescheid ergangen ist. Ein Bescheid kann einer Partei gegenüber keine Rechtswirkungen entfalten, wenn er ihr nicht mitgeteilt (erlassen) worden ist. Dies ergibt sich eindeutig aus den Bestimmungen der §§ 62, 63, 66 und 68 AVG (vgl. Erkenntnis vom 19. Juni 1980, Zl. 3128/79). Im Beschwerdefall hat die Zweitbeschwerdeführerin ausdrücklich die Zustellung der Widmungsbewilligung verlangt, die Zufertigung dieses Bescheides wurde ihr jedoch erst mit Bescheid vom 8. Juli 1982 zugesprochen. Bei Erlassung des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides, aber auch des angefochtenen Bescheides, lag somit keine gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin rechtskräftige Widmungsbewilligung vor.
Auch gegenüber dem Erstbeschwerdeführer, dem der Widmungsbewilligungsbescheid vom 12. Dezember 1968 erst am 3. Mai 1982 zugestellt wurde, lag im übrigen bei Erlassung des Baubescheides erster Instanz am 13. Jänner 1982 noch keine rechtskräftige Widmungsbewilligung vor (vgl. hiezu das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 82/06/0133).
Die Rechtswidrigkeit des in Beschwerde gezogenen Bescheides ergibt sich somit schon dadurch, dass von einer rechtskräftigen Widmungsbewilligung nicht ausgegangen werden konnte. Da schon aus diesem Grunde der angefochtenen Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben war, erübrigte es sich, auf die weiteren Beschwerdeausführungen näher einzugehen.
Soweit nichtveröffentlichte Erkenntnisse der Verwaltungsgerichtshof zitiert werden, wird auf Art. 14 Abs. 4 der GO des Gerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen des § 47 ff VwGG 1965 sowie auf die Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Die von den Beschwerdeführern begehrte Umsatzsteuer kann neben dem pauschalierten Aufwandersatz nicht zugesprochen werden, da diese bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist.
Wien, am 19. September 1985
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