VwGH 82/03/0276

VwGH82/03/027626.1.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Baumgartner, Dr. Weiss und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Varga, über die Beschwerde des HG in K, vertreten durch Dr. Dieter Havranek, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Alter Platz 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 27. September 1982, Zl. 8V-2679/4/1982, betreffend Übertretung des Luftfahrtgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

LuftfahrtG 1958 §9 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.160,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 1. April 1982 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 22. März 1981 in der Zeit von 13.30 Uhr bis 15.30 Uhr im Raume Lippekogel bis St. Georgen, Gemeinde Brückl, mit seinem Hängegleiter Marke "CONCORD" drei Außenabflüge absolviert - wobei es sich bei dieser Örtlichkeit um kein behördlich genehmigtes Außenabfluggebiet handle -, ohne hiefür eine Außenabflugbewilligung des Landeshauptmannes zu besitzen; er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs. 2 des Luftfahrtgesetzes, BGBl. Nr. 253/1957, begangen; gemäß § 146 Abs. 1 dieses Gesetzes wurde eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe 36 Stunden) verhängt. Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 27. September 1982 abgewiesen, wobei der Satzteil "wobei es sich bei dieser Örtlichkeit um kein behördlich genehmigtes Außenabfluggebiet handelt" aus dem erstinstanzlichen Spruch zu entfallen habe.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in der vorliegenden Beschwerde durch die Tatsache seiner Bestrafung für beschwert; er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof forderte mit Verfügung vom 3. Dezember 1982 die belangte Behörde im Sinne des § 35 Abs. 2 VwGG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 11. März 1982, BGBl. Nr. 203, auf, etwas vorzubringen, was geeignet sei, das Vorliegen folgender Rechtsverletzung als nicht gegeben erkennen zu lassen:

Die als verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44 a lit. b VStG 1950 herangezogene Bestimmung des § 9 Abs. 2, erster Satz des Luftfahrtgesetzes lautet:

"Für Abflüge und Landungen außerhalb eines Flugplatzes (Außenabflüge und Augenlandungen) ist, soweit es sich um Zivilluftfahrzeuge handelt, eine Bewilligung des Landeshauptmannes erforderlich."

Die als Strafnorm im Sinne des § 44 a lit. c VStG 1950 herangezogene Bestimmung des § 146 Abs. 1 des Luftfahrtgesetzes lautet dahin, daß der, der den Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen zuwiderhandelt oder zuwiderhandeln versucht, wenn nicht ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorliegt, eine Verwaltungsübertretung begeht und in bestimmter Weise zu bestrafen ist.

Nach der im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 9. Oktober 1979, Slg. N. F. Nr. 9940/A, zur Bestimmung des § 82 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung dargelegten Rechtsansicht ist diese Bestimmung, welche für die Benützung von Straßen in bestimmter Weise eine Bewilligung erfordert, keine verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44 a lit. b VStG 1950; d. h. die von der dort belangten Behörde vertretene Rechtsansicht, es gebe eine Verwaltungsübertretung "nach § 82 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung", wurde für rechtswidrig erkannt.

Die oben aufgezeigte Diktion des § 9 Abs. 2 des Luftfahrtgesetzes ist in allen wesentlichen Punkten der zitierten Bestimmung der Straßenverkehrsordnung ähnlich. Der angefochtene Bescheid könnte daher aus den im Erkenntnis des verstärkten Senates dargelegten Gründen mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet sein.

Mit Schreiben vom 3. Jänner 1983 äußerte sich die belangte Behörde dahin, es könne offensichtlich nicht der Wille des Gesetzgebers sein, daß die begangene Tat straflos bleiben solle. Im Luftfahrtgesetz finde sich keine andere Norm, unter welche diese Tat hätte subsumiert werden können, weshalb die belangte Behörde die Meinung vertrete, daß § 9 Abs. 2 des Luftfahrtgesetzes als verletzte Verwaltungsvorschrift heranzuziehen sei.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Äußerung der belangten Behörde veranlaßte den Verwaltungsgerichtshof nicht, von seiner in der Verfügung vom 3. Dezember 1982 ausgedrückten vorläufigen Rechtsansicht abzugehen. Das bloße rechtspolitische Bedürfnis, daß ein bestimmtes Verhalten bestraft werde, ersetzt nicht das Fehlen einer Verwaltungsvorschrift, die ein bestimmtes Gebot oder Verbot normiert. Gemäß § 1 Abs. 1 VStG 1950 kann eine Tat als Verwaltungsübertretung nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, § 9 Abs. 2 des Luftfahrtgesetzes sei die verletzte Verwaltungsvorschrift, ist rechtsirrig, weil die Norm, ein bestimmtes Verhalten erfordere eine behördliche Bewilligung, noch nichts darüber aussagt, ob dieses bestimmte Verhalten ohne behördliche Bewilligung strafbar ist oder nicht. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen des Erkenntnisses eines verstärkten Senates vom 9. Oktober 1979, Slg. N.F. Nr. 9940/A, zur ähnlich konstruierten Bestimmung des § 82 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960 verwiesen werden.

Da die Diktion des § 9 Abs. 2 des Luftfahrtgesetzes in allen wesentlichen Punkten der zitierten Bestimmung der Straßenverkehrsordnung ähnlich ist, kommt der Verwaltungsgerichtshof zum Schluß, daß die zitierte Bestimmung des Luftfahrtgesetzes kein Gebot oder Verbot enthält, somit ein Zuwiderhandeln gegen diese Bestimmung gar nicht möglich ist.

Die Rechtsansicht der belangten Behörde, § 9 Abs. 2 des Luftfahrtgesetzes sei die verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44 a lit. b VStG 1950, erweist sich daher als rechtsirrig, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 in Anwendung des § 35 Abs. 2 VwGG 1965 in der oben zitierten Fassung ohne weiteres Verfahren aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 2 lit. a, 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil nach den zitierten Gesetzesstellen zum Schriftsatzaufwand kein Einheitssatz vorgesehen ist und weil die Umsatzsteuer im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist.

Wien, am 26. Jänner 1983

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