VwGH 82/03/0238

VwGH82/03/023812.9.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Baumgartner, Dr. Weiss und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth, über die Beschwerde der B Gesellschaft m.b.H. in L, vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien VI, Mariahilferstraße 1 B, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 21. Juni 1982, Zl. U-8619/1-1982, betreffend Versagung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 84 Abs. 3 StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §84 Abs2;
StVO 1960 §84 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 16. April 1982 gab die Bezirkshauptmannschaft Lienz dem Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 84 Abs. 3 StVO teilweise Folge, versagte aber gemäß der angeführten Gesetzesstelle die Bewilligung zur Aufstellung von "entlang der Bundesstraße B 100 neun Fahnenmasten von jeweils ca. 8 m Höhe und einer Fahnenhöhe von ca. 5 m, wovon auf jeder Fahne 5 x das Wort 'XY' geschrieben ist" (Punkt 4 des Bescheidspruches) sowie einer "Lichtreklame über dem Haupteingang mit der Aufschrift 'XY' in der Größe von 8 m x 1,8 m in gleichstarker durchgehender Beleuchtung". Zur Begründung führte die Behörde aus, die im Punkt 4 angeführten Ankündigungen sowie die Lichtreklame laut Punkt 6 seien im Interesse der Verkehrssicherheit nicht zu verantworten. In der im Verfahren eingeholten Stellungnahme der Bundesstraßenverwaltung wie auch in jener des verkehrstechnischen Sachverständigen komme zum Ausdruck, dass die in einem Abstand von jeweils ca. 3 m voneinander errichteten Fahnenmasten einen Blickfang darstellten und infolge der ständigen Fahnenbewegungen sowie wegen ihrer Nähe am Fahrbahnrand geeignet seien, eine Verunsicherung der Verkehrsteilnehmer herbeizuführen. Abgesehen davon komme in beiden Stellungnahmen zum Ausdruck, dass diese Fahnenmasten keinem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dienten. Hinsichtlich der Lichtreklame "XY" über dem Haupteingang der Halle werde in der Stellungnahme der Bundesstraßenverwaltung darauf hingewiesen, dass diese Ankündigung im beleuchteten Zustand zur Nachtzeit eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit darstelle. Aus großer Entfernung falle diese Ankündigung auf, doch könne sie nicht gelesen werden. In der Nähe werde sie teilweise durch die Fahnen verdeckt und es sei diese Lichtreklame ablenkend und auch blendend. In beiden Stellungnahmen komme auch zum Ausdruck, dass der zusätzliche Betrieb eines Teiles dieser Einrichtungen als "Blinkampel" aus verkehrstechnischer Sicht völlig abzulehnen sei. Bei einer Genehmigung dieser Einrichtungen wäre mit Sicherheit eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit zu erwarten, weshalb eine der beiden im § 84 Abs. 3 StVO genannten Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Bewilligung nicht gegeben sei.

Die gegen die Punkte 4 und 6 des erstinstanzlichen Bescheides eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin wies die Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 21. Juni 1982 als unbegründet ab. In der Begründung des Berufungsbescheides wurde ausgeführt, dass von der Erstbehörde die Erteilung der Ausnahmebewilligung in den angeführten Punkten versagt worden sei, weil die dort angeführten Einrichtungen einerseits keinem vordringlichen Bedürfnis der Straßenverkehrsteilnehmer dienten, andererseits Beeinträchtigungen der Verkehrsteilnehmer zu befürchten seien. Die Beschwerdeführerin habe in der Berufung im wesentlichen vorgebracht, dass die Fahnen bereits baubehördlich bewilligt worden seien, für die Werbung eine besondere Bedeutung hätten und in anderen Bezirken die Bewilligung für gleichartige Ankündigungen erteilt worden sei. Die durchgehende beleuchtete Lichtreklame würde nicht nur zur Werbung, sondern auch zur Beleuchtung des Kundenparkplatzes dienen und deshalb zugleich mehrere Aufgaben erfüllen. Zu diesen Einwänden legte die Berufungsbehörde nach Wiedergabe des Inhaltes der Bestimmungen des Abs. 2 und des Abs. 3 des § 84 StVO dar, bei der Beurteilung des vorliegenden Falles sei davon auszugehen gewesen, dass sich das gegenständliche Objekt außerhalb des Ortsgebietes, d. h. gemäß § 2 Abs. 1 Z. 15 StVO außerhalb der Richtzeichen "Ortstafel" und "Ortsende" befinde. Weiters dienten die Objekte, wie auch die Beschwerdeführerin ausgeführt habe, als Mittel, um einen besonderen Werbeeffekt zu erzielen, um den etwas ungünstigen Standort auszugleichen. Es handle sich somit in beiden Fällen um Werbeeinrichtungen im Sinne des § 84 StVO. Weiters sei unbestritten, dass sich diese innerhalb des 100 m Bereiches der Bundesstraße befinden. Unter diesen Voraussetzungen könne somit eine Bewilligung nur erteilt werden, wenn gemäß § 84 Abs. 3 StVO das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer diene oder für diese immerhin von erheblichem Interesse sei. Die Aufschrift "XY" auf Fahnen und als Leuchtreklame könne nicht den Interessen der Straßenbenützer dienen, da sie in keinerlei Zusammenhang zu diesen stünden, sondern nur die Erzielung eines höheren Umsatzes der werbenden Firma bezweckten. Da die gesetzliche Voraussetzung nicht vorgelegen sei, habe es sich erübrigt, auf die Frage der Beeinträchtigung des Straßenverkehrs noch näher einzugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der "Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides" geltend gemacht wird, da der Berufungsbehörde bei der Feststellung des Sachverhaltes und bei der rechtlichen Beurteilung Fehler unterlaufen seien. Die Beschwerdeausführungen berufen sich im wesentlichen auf das Erkenntnis vom 27. Jänner 1966, Zl. 786/65, veröffentlicht in Slg. N. F. Nr. 6853/A, und behaupten, es liege eine so genannte Innenwerbung vor, insbesondere auch deshalb, weil das Wort "XY" eine registrierte Marke und somit ein Warenzeichen im Sinne des zitierten Erkenntnisses sei. Im übrigen stellten' die beantragten Einrichtungen keine Beeinträchtigung des Straßenverkehres dar, weil ausreichender Abstand vom Fahrbahnrand bestünde. Diese rechtlichen Aspekte habe der Berufungsbescheid nicht berücksichtigt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 84 Abs. 2 StVO sind "ansonsten" - das heißt, abgesehen von Reparaturwerkstätten und von Tankstellen - außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle in der Fassung der Novelle zur Straßenverkehrsordnung, BGBl. Nr. 204/1964, hat die Behörde Ausnahmen von dem im Abs. 2 enthaltenen Verbot zu bewilligen, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichem Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist.

Zunächst ist zu prüfen, ob das beantragte Vorhaben der beschwerdeführenden Partei überhaupt unter den Begriff der Werbungen und Ankündigungen im Sinne des § 84 Abs. 2 StVO fällt.

Betrachtet man die Entscheidungsgründe des von der beschwerdeführenden Partei herangezogenen Erkenntnisses Slg. N. F. Nr. 6853/A, insbesondere auf Seite 58 der Amtlichen Sammlung, so ergibt sich daraus folgendes:

Die Werbung könne sowohl unabhängig von einer Betriebsstätte oder Verkaufsstelle am Fahrbahnrand, also außerhalb einer solchen, vorhanden sein, wie auch im Bereiche derselben und stelle im letzteren Fall dann in diesem Rahmen eine so genannte Innenwerbung dar. Eine solche Innenwerbung, die somit im Bereiche einer bestimmten, wenn auch innerhalb bestimmten einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand gelegenen behördlich genehmigten Betriebsstätte oder Verkaufsstelle erfolge und, mit welchen Werbemitteln auch immer, - sofern diese die einer Innenwerbung entsprechenden Ausmaße nicht überschreiten - könne keinesfalls unter das Verbot des § 84 Abs. 2 StVO fallen. Dies ergäbe sich schon zwingend daraus, dass eine solche Werbung keine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs im Sinne des § 84 Abs. 3 letzter Halbsatz StVO zur Folge haben könne.

Die zitierte Entscheidung lässt also Innenwerbung nicht schlechthin außerhalb des Geltungsbereiches des § 84 Abs. 2 StVO fallen, sondern nur unter der Bedingung, dass diese die einer Innenwerbung entsprechenden Ausmaße nicht überschreite und dass daher von einer solchen Werbung keine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs zu befürchten sei.

Der von der Beschwerdeführerin gezogene Schluss, wenn sie nur die registrierte Marke "XY" verwende, so komme es auf Größe, Ausführung und Aufstellung der Fahnen und der Lichtreklame nicht an, lässt sich also auf das zitierte Vorerkenntnis nicht stützen, weil dieses ausdrücklich von dem einer Innenwerbung entsprechenden Ausmaß spricht und dies sogleich damit in Beziehung bringt, dass eine solche, entsprechende Ausmaße besitzende Innenwerbung, eben keine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs zur Folge haben könne.

Daher ist zu fragen, ob die gegenständlichen Fahnen und die gegenständliche Lichtreklame einerseits die einer Innenwerbung entsprechenden Ausmaße haben und andererseits zu einer Beeinträchtigung des Straßenverkehrs führen können.

Diesbezüglich hat die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum erkannt, dass die neun Fahnenmasten von jeweils zirka 8 m Höhe mit Fahnen von zirka 5 m Höhe, wobei auf jeder Fahne 5 mal das Wort "XY" aufscheinen solle, und dass die Lichtreklame über dem Haupteingang in der Größe von 8 m x 1,8 m in gleichstarker durchgehender Beleuchtung das einer Innenwerbung entsprechende Ausmaß überschreiten, weshalb in beiden Fällen eine Werbung im Sinne des § 84 Abs. 2 StVO vorliegt. Die belangte Behörde hat sich zwar mit der Frage nicht beschäftigt, ob vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs zu erwarten sei, hat jedoch ferner ohne Rechtsirrtum ausgeführt, dass das Vorhaben keinem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer diene und auch für diese von keinem erheblichem Interesse sei. Mit dem Vorhaben sei vielmehr nur die Erzielung eines höheren Umsatzes des werbenden Unternehmens bezweckt.

Dagegen vermochte die Beschwerde nichts vorzubringen. Hinsichtlich der - von der Beschwerde gar nicht relevierten Frage, ob das beantragte Vorhaben allenfalls dazu diene, der in § 66 Abs. 1 und 2 der Gewerbeordnung 1973 normierten Pflicht zur Bezeichnung der Betriebsstätte mit einer äußeren Geschäftsbezeichnung zu entsprechen, hat der Verwaltungsgerichtshof folgendes erwogen:

Das Erkenntnis vom 27. Jänner 1972, Slg.N. F. Nr. 8157/A, sprach zur ähnlichen Bestimmung des § 48 Abs. 1 der Gewerbeordnung 1859 aus, nur der Hinweis auf eine Betriebsstätte im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Zugang oder der Zufahrt, also dort, wo der Kunde normalerweise die Betriebsstätte betrete, sei eine solche Bezeichnung im Sinne der Gewerbeordnung. In Anbetracht des Umstandes, dass bereits die Behörde erster Instanz in den Punkten 1, 2, 3 und 5 ihres Bescheides vom 16. April 1982 der beschwerdeführenden Partei eine Reihe von Vorhaben rechtskräftig bewilligte, die der Bekanntmachung des Wortes "XY" an verschiedenen Stellen und in verschiedener Größe der Betriebsstätte dienen, ist der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht, dass die weiteren begehrten, aber verweigerten Vorhaben sich nicht auf die nach der Gewerbeordnung bestehende Verpflichtung zur Kennzeichnung der Betriebsstätte mit einer äußeren Geschäftsbezeichnung berufen können.

Da die belangte Behörde im Ergebnis somit zu Recht erkannt hat, dass eine Werbung im Sinne des § 84 Abs. 2 StVO vorliegt und da auch ihre Ausführungen über den Mangel eines vordringlichen Bedürfnisses der Straßenbenützer oder ein erhebliches Interesse derselben an solchen Vorhaben von der Beschwerde nicht erschüttert werden konnten, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 2 lit. b, 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 12. September 1984

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