VwGH 81/17/0168

VwGH81/17/016816.12.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Hnatek, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde des F N in W, vertreten durch Dr. Herbert Neuhauser, Rechtsanwalt in Wien I, Schubertring 3, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 30. September 1981, MDR-N 10/81/Str., betreffend Verkürzung von Parkometerabgaben, zu Recht erkannt:

Normen

ParkometerG Wr 1974 §1 Abs1 idF 1977/018 1977/030;
ParkometerG Wr 1974 §1 Abs3 idF 1977/018 1977/030;
StVO 1960 §52 Z13 litb idF 1976/412;
ParkometerG Wr 1974 §1 Abs1 idF 1977/018 1977/030;
ParkometerG Wr 1974 §1 Abs3 idF 1977/018 1977/030;
StVO 1960 §52 Z13 litb idF 1976/412;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.385,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 15. Juli 1981 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 8. Mai 1980 um

15.30 Uhr in Wien VI, Mariahilferstraße 105, das mehrspurige Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen W nnn in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt zu haben, ohne die Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet zu haben. Er habe hiedurch die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs. 3 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes begangen. Gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. werde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 400,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 15 Stunden) verhängt.

In der Berufung brachte der Beschwerdeführer dagegen vor, dass er das Kfz innerhalb einer in diesem Gebiet befindlichen Ladezone abgestellt habe und auch nach der Parkschein-Verordnung nicht verpflichtet sei, bei Durchführung einer Ladetätigkeit das Fahrzeug mit einer Parkscheibe zu kennzeichnen. Überdies sei die Bodenmarkierung im Bereich der Ladezone nicht als durchgehende, sondern als unterbrochene blau-weiße Linie ausgeführt. Daraus sei der Schluss zulässig, dass die Kurzparkzone für Länge und Dauer der Ladezone nicht gelte.

Mit dem angefochtenen Berufungsbescheid bestätigte die belangte Behörde auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers das erstinstanzliche Straferkenntnis. Die belangte Behörde ging davon aus, dass der Beschwerdeführer unbestritten am 8. Mai 1980 um

15.30 Uhr sein Kfz innerhalb des Bereichs einer ordnungsgemäß kundgemachten Parkbeschränkung gemäß § 25 StVO 1960 (Kurzparkzone) abgestellt habe. Das Gebiet einer Kurzparkzone werde jedoch durch weiter gehende Verkehrsbeschränkungen, wie Halte- oder Parkverbote, nicht unterbrochen. Dies müsse auch für eine Ladezone (Halteverbot ausgenommen Ladetätigkeit) innerhalb des Kurzparkzonenbereiches gelten, da die Abgabepflicht allein nach dem Parkometergesetz und dem darauf gestützten Beschluss des Wiener Gemeinderates vom 28. Februar 1975 zu beurteilen sei, welche lediglich voraussetzten, dass ein mehrspuriges Kfz in einer Kurzparkzone abgestellt werde. Hätte der Gesetzgeber des Parkometergesetzes auch eine Vermeidung der kostenmäßigen Erschwerung des Güterverkehrs bei der Ladetätigkeit vor Augen gehabt, hätte dies durch Normierung einer Ausnahme von der Abgabepflicht, wie etwa die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1 lit d für das Taxigewerbe, erfolgen können. Die Durchführung einer Ladetätigkeit, die in der Regel meistens über den Zeitraum des Anhaltens eines Taxis zum Zwecke der Kundenaufnahme oder - abfertigung hinausgehe, sei jedenfalls von der Abgabepflicht nicht ausgenommen. Abgesehen davon, dass die blau-weißen Bodenmarkierungen keine spezifische Rechtsquelle im Sinne der Straßenverkehrsordnung darstellten, sei es offenkundig, dass ihre im vorliegenden Fall erfolgte Anbringung in unterbrochener Linie lediglich den Zweck verfolge, Autolenker auf die innerhalb der Kurzparkzone bestehende weiter gehende Parkbeschränkung aufmerksam zu machen. Es sei daher davon auszugehen, dass das gegenständliche Kfz in einer Kurzparkzone abgestellt worden sei, ohne dass der Lenker bei Beginn des Abstellens dieses Kfz die Abgabe durch ordnungsgemäße Entwertung eines Parkscheines entrichtet habe. Es stehe außer Streit, dass der Berufungswerber die Abstellung als Lenker des Kfz vorgenommen habe. Als solcher hätte er für die Entrichtung der Abgabe durch die ordnungsgemäße Entwertung eines Parkscheines sorgen müssen. Er sei daher als Täter der vorliegenden Übertretung anzusehen. Da er nämlich die für das Abstellen des Kfz in einer Kurzparkzone vorgesehene Abgabe entgegen der Bestimmung des § 1 Abs. 3 des Parkometergesetzes nicht entrichtet habe, habe er die Abgabe zumindest fahrlässig verkürzt, da er den entstehenden Nachteil bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte vermeiden können. Da im übrigen § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes Geldstrafen bis zu S 3.000,-- vorsehe, erscheine die von der erstinstanzlichen Behörde verhängte Geldstrafe von S 400,-- selbst unter der Annahme ungünstiger Einkommens-, Vermögens- oder Familienverhältnisse des Beschwerdeführers nicht zu hoch bemessen, zumal über ihn schon eine gleichartige Vorstrafe verhängt worden sei. Eine Herabsetzung komme auch deshalb nicht in Frage, da nicht erkennbar sei, dass ihn nur ein geringfügiges Verschulden getroffen habe, und die Strafe durch ihre Höhe geeignet sein solle, ihn von einer Wiederholung wirksam abzuhalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, in den nicht als Bestandteil einer Kurzparkzone geltenden Ladezonen während der Durchführung der Ladetätigkeit keine Parkometerabgabe entrichten zu müssen und daher wegen Nichtentrichtung dieser Abgabe auch nicht bestraft zu werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 des Parkometergsetzes vom 5. Juli 1974, LGBl. für Wien Nr. 47 in der Fassung LGBl. Nr. 18/1977 und Nr. 30/1977, kann der Gemeinderat für das Abstellen von mehrspurigen Fahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrsordnung 1960 in der Fassung BGBl. Nr. 109/1962) nach Maßgabe der weiteren Bestimmungen die Entrichtung einer Abgabe vorschreiben. Von dieser Ermächtigung wurde mit Beschluss des Wiener Gemeinderates vom 28. Februar 1975, mit dem für das Abstellen von mehrspurigen Fahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird, Gebrauch gemacht. Auch in § 1 dieses Beschlusses wird ausdrücklich auf "die Kurzparkzone (§ 25 Straßenverkehrsordnung 1960 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 209/1969)" Bezug genommen.

Da unbestritten ein Ausnahmetatbestand im Sinn des § 3 Parkometergesetzes nicht vorlag, kommt es allein darauf an, ob eine in einer Kurzparkzone befindliche "Ladezone" im Sinn des § 52 Z. 13 b dritter Absatz der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) die Kurzparkzone (§ 25 StVO) unterbricht oder die Folgen der Kurzparkzonen sich auch auf den Bereich der Ladezonen erstrecken.

Mit dem Verhältnis dieser beiden Begriffe hat sich bisher die Rechtsprechung nicht beschäftigt. Sowohl der Verfassungsgerichtshof (vgl. etwa das Erkenntnis vom 6. Dezember 1965, B 210/65) als auch der Verwaltungsgerichtshof (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1979, Zl. 892/78 bereits zum Wiener Parkometergesetz) haben jedoch ausgesprochen, dass innerhalb einer Kurzparkzone auch noch weiter gehende Verkehrsbeschränkungen wie Halte- oder Parkverbote erlassen werden dürfen, weiters dass auch die gesetzliche Verkehrsbeschränkungen bestehen bleiben, ohne dass das Gebiet der Kurzparkzone dadurch unterbrochen würde, ja dass dementsprechend auch bei derartigen weiter gehenden Einschränkungen der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Parkometergesetz erfüllt werde (vgl. das schon zitierte Erkenntnis vom 14. Februar 1979, Zl. 892/78).

Der Beschwerdeführer leitet nun aus der Möglichkeit einer über drei halbe Stunden dauernden Ladetätigkeit ab, dass die Kennzeichnung "Ladezone" wesensmäßig der Kurzparkzone entgegenstehe. Die belangte Behörde vertritt den Standpunkt, dass es für die Abgabepflicht des Beschwerdeführers ohne rechtliche Relevanz sei, ob nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 die Ladetätigkeit des Beschwerdeführers nicht mit eineinhalb Stunden begrenzt gewesen sei, da auch der Bereich der Ladezone von der Kurzparkzone nicht ausgenommen und die Abgabepflicht allein nach dem Parkometergesetz und dem darauf gestützten Beschluss des Wiener Gemeinderates vom 28. Februar 1975 zu beurteilen sei.

Der belangten Behörde kann insofern keinesfalls gefolgt werden, als sie den Begriff der Kurzparkzone nach dem Parkometergesetz und nicht nach den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften beurteilt, da sowohl das Parkometergesetz als auch der mehrfach zitierte Beschluss des Wiener Gemeinderates ausdrücklich auf die Kurzparkzone im Sinne der Straßenverkehrsordnung 1960 verweisen, Tatbestandsmerkmal für die Abgabepflicht nach dem Parkometergesetz daher der Umstand ist, dass im konkreten Fall dem Beschwerdeführer gegenüber eine Kurzparkzone im Sinne der Straßenverkehrsordnung wirksam war. Wenn man nämlich davon auszugehen hat, dass durch die Schaffung des Bereichs einer "Ladezone" die Wirksamkeit der Kurzparkzone - allenfalls nur in einer bestimmten Beziehung - aufgehoben ist, dann besteht insoweit auch keine Abgabenpflicht nach dem Wiener Parkometergesetz.

Die "Ladezone", also ein "Halteverbot ausgenommen Ladetätigkeit", im Sinn des § 52 Z. 13 b dritter Abs. StVO hat durchaus ambivalenten Charakter. Grundsätzlich stellt nämlich das Halteverbot zweifellos eine weiter gehende Einschränkung dar als die Anordnung einer Kurzparkzone. Mit Recht macht jedoch andererseits der Beschwerdeführer geltend, dass die "Ladezone" gleichzeitig eine Erlaubnis darstellt, das Fahrzeug ohne rechtliche Beschränkung während der Dauer der Ladetätigkeit (hiezu wird auf das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1970, Zl. 593/69, verwiesen) abzustellen. Dem Beschwerdeführer ist zuzugeben, dass eine derart zulässige Ladetätigkeit - wenn auch nur in Einzelfällen - die im Beschwerdefall maßgebliche eineinhalbstündige Parkdauer innerhalb einer Kurzparkzone unter Umständen erheblich überschreiten kann, ohne dass von vornherein gesagt werden könnte, die Anordnung einer Kurzparkzone würde anderen Verkehrszeichen in diesem Bereich jedenfalls vorausgehen.

Bei dieser Auslegung dieser Normenkonkurrenz hält es der Verwaltungsgerichtshof für zulässig, die im Bericht des Verkehrsausschusses zur 9. StVO-Novelle (1099 Blg. Nr. 15. GP) vertretene Auffassung zu berücksichtigen. Danach seien nämlich von der Kurzparkzonenregelung Fahrzeuge ausgenommen, für die durch Straßenverkehrszeichen reservierte Straßenstellen im Bereich einer Kurzparkzone vorgesehen seien, wie z. B. Fahrzeuge für Behinderte Fahrzeuge des Diplomatischen Corps in den für solche Fahrzeuge vorgesehenen Zonen, Taxifahrzeuge auf Taxistandplätzen bzw. Fahrzeuge, mit denen in einer Ladezone eine Ladetätigkeit durchgeführt werde. Da diese Auslegung sich im Rahmen der Gesetzestexte hält, und überdies dem Sinn derartiger Ladezonen (sie sollen ja von anderen Fahrzeugen für Zwecke des Be- und Entladens freigehalten werden) entspricht, ist sie der formalen Überlegung, wonach im Bereich einer Kurzparkzone keine Ausnahme denkbar sei, vorzuziehen. Dies bedeutet also, dass die Kurzparkzone durch eine "Ladezone" zwar nicht an sich und zur Gänze unterbrochen wird, sie aber jenen Fahrzeugen gegenüber nicht gilt, die ausschließlich für die Be- oder Entladetätigkeit dort abgestellt werden. Sind aber die Vorschriften über die Kurzparkzone auf derartige Fälle nicht anzuwenden, dann ist auch der Abgabentatbestand des § 1 des Wiener Parkometergesetzes nicht erfüllt.

Da die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid eine andere Rechtsansicht zu Grunde legte, belastete sie ihn mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 16. Dezember 1983

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