VwGH 81/04/0244

VwGH81/04/02448.10.1982

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Giesmacher, Dr. Weiss und Dr. Stoll als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Novak, über die Beschwerde des LD in J, vertreten durch Dr. Friedrich Jesch, Rechtsanwalt in Wolfsberg, Sparkassengebäude, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 28. Oktober 1981, Zl. Gw-1121/3/80, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1973 §2 Abs1 Z2;
GewO 1973 §2 Abs4;
GewO 1973 §2 Abs1 Z2;
GewO 1973 §2 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg vom 27. Oktober 1980 wurde der Beschwerdeführer, Landwirt in J, schuldig erkannt, er habe seit etwa fünf Jahren bis zum heutigen Tag durch die Tätigkeit des Schlachtens, Ausschrotens, Verkaufes in Hälften und in kleinsten Mengen und der Weiterverarbeitung zu Selchwaren und Dauerwürsten von jährlich etwa 700 in seinem Betrieb gemästeten Schweinen, also in einer Größenordnung, welche die ökonomische Unterordnung eines landwirtschaftlichen Nebengewerbes beträchtlich übersteige, das Fleischergewerbe ausgeübt, ohne die hiezu erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 begangen. Gemäß § 366 Abs. 1 leg. cit. wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,-- verhängt.

Mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 28. Oktober 1981 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen dieses Straferkenntnis keine Folge gegeben und das Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) in Verbindung mit § 19 VStG 1950 mit der Maßgabe bestätigt, daß die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Spruch wie folgt zu lauten hat:

"Der Beschuldigte LD in J, hat ebendort seit etwa 5 Jahren bis zum heutigen Tage durch die Tätigkeit des Schlachtens, Ausschrotens, Verkaufes in Hälften und in kleinsten Mengen (sowie des Verkaufes in Wolfsberg bei der Lavanttaler Vermarktungsgenossenschaft) und der Weiterverarbeitung von Schweinen zu Selchwaren und Dauerwürsten

(78 Stück im Jahre 1975

292 Stück im Jahre 1976

456 Stück im Jahre 1977

604 Stück im Jahre 1978

613 Stück im Jahre 1979 und

552 Stück im Jahre 1980)

wobei etwa 90 % dieser Schweine in Hälften verkauft und 10 % in kleinen und kleinsten Mengen verkauft und weiterverarbeitet wurden, also in einer Größenordnung, welche die ökonomische Unterordnung eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebes übersteigt, das Fleischergewerbe ausgeübt, ohne die hiezu erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben."

Zur Begründung wurde ausgeführt, dem Gutachten des Sachverständigen für das Fleischergewerbe HL vom Jänner 1980 - verfahrensrechtlich handelt es sich um eine von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Kärnten der Erstbehörde übermittelte Stellungnahme - sei zu entnehmen, daß die Schlachtanlage des Beschwerdeführers eine Schlachtkapazität bis zu 50 Schweinen täglich zuließe, der angeschlossene Kühlraum habe ein Fassungsvermögen für ca. 15 Schweine. Die Beurteilung der Kapazität der Schlachtanlage und des Kühlraumes werde vom Landeshauptmann von Kärnten nicht zuletzt auf Grund des am 6. Februar 1981 durchgeführten Ortsaugenscheines übernommen. Hinsichtlich der Schlachtzahl folge der Landeshauptmann von Kärnten der von der Stadtgemeinde S eingeholten Aufstellung der Fleischbeschaugebühren vom 12. Juni 1981 für den Zeitraum 1975 bis 1980. Diese Aufstellung stimme auch mit den Angaben des Beschwerdeführers überein. Es werde daher festgestellt, daß der Beschwerdeführer im Jahre 1975 zumindest 78 Schweine, im Jahre 1976 292 Schweine, im Jahre 1977 456 Schweine, im Jahre 1978 604 Schweine, im Jahre 1979 613 Schweine und im Jahre 1980 552 Schweine im Betrieb geschlachtet habe. Für den Zeitraum Juni 1978 bis Februar 1979 habe das Landwirtschaftsförderungsreferat der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg das Verhältnis des ungefähren Gesamtertrages aus der Landwirtschaft des Beschwerdeführers zum ungefähren Ertrag aus der Ausschrotung von Schlachtschweinen untersucht (siehe Gutachten vom 13. September 1979). Als landwirtschaftliches Einkommen des Betriebes im Zeitraum 1978 bis Februar 1979 wären demzufolge ca. S 230.000,-- zu veranschlagen. Als Einkommen aus der Ausschrotung von Mastschweinen wäre im gleichen Zeitraum der Betrag von ca. S 22.500,-- zu erwirtschaften gewesen. Dieses Gutachten werde vom Landeshauptmann von Kärnten als unbedenklich übernommen. Es beruhe, was die Berechnung des Erlöses anlange, auf denselben Überlegungen wie das "Gutachten" (richtig: die Stellungnahme) des HL, gehe jedoch von unwidersprochenen, von der Stadtgemeinde S zur Verfügung gestellten Zahlenmaterial über Schweineschlachtungen aus. Da sich die vom Beschwerdeführer im Grunde unbestritten gebliebene Tätigkeit als die Ausübung des Fleischergewerbes darstelle, sei sie nur dann von der Gewerbeordnung ausgenommen, wenn sie als landwirtschaftliches Nebengewerbe angesehen werden könne. Bei der Beurteilung dieser Frage habe die Berufungsbehörde davon ausgehen müssen, daß die Schlachtung und Ausschrotung selbstgezogener Haustiere durch den Landwirt nur dann als landwirtschaftliches Nebengewerbe angesehen werden könne, wenn sich diese Tätigkeit als Ausfluß der Hauptbeschäftigung des Betriebes der Landwirtschaft darstelle und im Verhältnis zu dieser an Umfang und wirtschaftlicher Bedeutung geringfügig sei. Der maßgebende Gesichtspunkt sei der Zusammenhang der Schlachtung, Ausschrotung und Weiterverarbeitung mit der landwirtschaftlichen Produktion und ihrer Unterordnung gegenüber dieser. Der Beschwerdeführer habe vor dem Jahre 1976 Schweineschlachtungen im Hof durchgeführt und nach Beanstandung dieser Schlachtungen einen Schlachtraum und Kühlraum errichtet, welcher den Erfordernissen der Lebensmittelpolizei entsprechend ausgestattet worden sei. Allein dieser Schlachtraum und Kühlraum, die denjenigen eines gewerblichen Mittelbetriebes entsprechen, seien für den Landeshauptmann von Kärnten Anlaß zur Feststellung, daß die Schlachtung und Weiterverarbeitung von Schweinen nicht als untergeordnete Tätigkeit des Beschwerdeführers anzusehen sei. Es befänden sich eine elektrische Betäubungszange, ein Enthaarungskessel mit einer Enthaarungsmaschine, ein Aufzug, eine Rohrbahnanlage, welche in den Kühlraum führe, und eine Schweinewaage im Schlachtraum. Die gesamte Landwirtschaft sei auf Schweinezucht angelegt, wie anläßlich eines Ortsaugenscheines habe festgestellt werden können. Nun habe der Beschwerdeführer anläßlich seiner Einvernahme durch die Gendarmerie (Bericht des Gendarmeriepostenkommandos St. Andrä vom 10. Februar 1978) über das Ausmaß der Schweinehaltung auf seinem Hof die Zahl von 500 bis 600 Schweinen jährlich angegeben. Auf Auskünfte der Stadtgemeinde S zurückzuführende Gendarmerieberichte gäben als Mastzahl ca. 800 Schweine jährlich an. Auf Grund der derzeit ca. 380 im Betrieb stehenden Mastplätze könne daher auf eine Schweinemastzahl von mindestens 600 Schweinen jährlich geschlossen werden. Schon unter Zugrundelegung dieses Zahlenmaterials komme der Landeshauptmann von Kärnten zu dem Ergebnis, daß bei der Zuchtmenge von 600 bis 800 Schweinen, von welcher etwa 90 % in Hälften verkauft und 10 % in kleinen und kleinsten Mengen verkauft werden, wie der Beschwerdeführer selbst in seiner Berufung angebe, diese Tätigkeit über den Rahmen eines "Nebenbetriebes" hinausgehe, wenn auch das oben wiedergegebene Gutachten des Landwirtschaftsförderungsreferates der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg vom 13. September 1979 bei einem Mehrbetrag von S 22.500,-- pro Jahr durch Fleischertätigkeit kein überschreiten der Grenzen des landwirtschaftlichen Nebengewerbes sehe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich nach dem Beschwerdevorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 nicht schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden.

In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe einem Einkommen aus der landwirtschaftlichen Haupttätigkeit in der Höhe von ca. S 230.000,-- ein Einkommen aus der Tätigkeit des Nebengewerbes, der Ausschlachtung von Mastschweinen, in der Höhe von S 22.500,-- gegenübergestellt. Zufolge der demnach gegebenen Unterordnung der Tätigkeit im Nebengewerbe liege keine Verletzung gewerberechtlicher Bestimmungen vor. Hätte die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer ausgeübte Tätigkeit des Be- und Verarbeitens seiner eigenen aus der Landwirtschaft gewonnenen Produkte mit der Haupttätigkeit als Land- und Forstwirt in eine entsprechende Relation gebracht, wäre ebenfalls zutage getreten, daß die Tätigkeit für die Verarbeitung der Schweine eine völlig untergeordnete Rolle spiele. Zu diesem Ergebnis müsse man kommen, wenn man bedenke, daß die vom Beschwerdeführer geschlachteten und zum größten Teil nur halbierten und zum geringsten Teil verarbeiteten Schweine im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers gezüchtet und bis zur Schlachtreife gemästet werden. Zusammenfassend könne daher festgestellt werden, daß die vom Beschwerdeführer in den Jahren 1975 bis 1980 zu 90 % in Hälften und zu 10 % in kleinen und kleinsten Mengen verkauften bzw. weiterverarbeiteten Schweine ein typisches Erzeugnis seines eigenen landwirtschaftlichen Betriebes darstellten. Ferner stehe fest, daß die Tätigkeit des Schlachtens und Halbierens von 90 % und des Weiterverarbeitens von 10 % der angeführten Schweine im Verhältnis zur Aufzucht und Mast von jährlich bis 600 Schweinen eine untergeordnete Rolle darstelle. Letztlich sei zu sagen, wie dies aus dem Gutachten des Landwirtschaftsförderungsreferates der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg hervorgehe, daß das Einkommen, also der Wert der Nebengewerbetätigkeit, eine untergeordnete Rolle zum Wert der Naturprodukte der Liegenschaft des Beschwerdeführers darstelle, es bestehe nämlich ein Verhältnis von ca. 1 : 10. Zu bedenken sei auch, daß die öffentliche Hand die Spezialisierung der Landwirtschaft zu deren Festigung fördere und die Bildung von Vermarktungsgemeinschaften anrege und subventioniere, um auf diese Weise das Überleben gesunder landwirtschaftlicher Betriebe zu gewährleisten. Dies wäre andererseits gänzlich unmöglich, wenn es den Eigentümern und Betriebsführern landwirtschaftlicher Betriebe unmöglich gemacht würde, die im eigenen Betrieb erzeugten landwirtschaftlichen Produkte in geringer Form über die Vermarktungsgemeinschaft zu verkaufen.

Die vorliegende Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.

Nach § 2 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 ist dieses Bundesgesetz u. a. auf die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft nicht anzuwenden.

Nach § 2 Abs. 4 leg. cit. sind unter Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieses Bundesgesetzes u. a. zu verstehen: (Z. 1) die Verarbeitung und Bearbeitung hauptsächlich des eigenen Naturproduktes bis zur Erzielung eines Erzeugnisses, wie es von Land- und Forstwirten in der Regel auf den Markt gebracht wird, soweit die Tätigkeit der Verarbeitung und Bearbeitung gegenüber der Tätigkeit der Erzeugung des Naturproduktes wirtschaftlich untergeordnet bleibt ……..

Die Z. 1 bis 7 des § 2 Abs. 4 GewO 1973 enthalten weitere dem Begriff "Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft" zuzuordnende Tatbestände.

Die Tatbestände der Z. 1 bis 7 des § 2 Abs. 4 leg. cit. enthalten nicht insgesamt eine Definition des Begriffes "Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft", wie sich insbesondere aus den Z. 2 und 5 des § 2 Abs. 4 leg. cit. ergibt. Es kann nämlich nicht angenommen werden, daß etwa auf den Abbau der eigenen Bodensubstanz die Gewerbeordnung 1973 schlechterdings, d. h. ohne Erfüllung weiterer Voraussetzungen, nicht anzuwenden wäre. Der Abbau der eigenen Bodensubstanz fällt vielmehr, ebenso wie etwa auch das Vermieten von Reittieren, nur dann unter die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973, wenn es sich im jeweiligen Einzelfall um ein "Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft" handelt.

Bei der Ermittlung des normativen Gehaltes des § 2 Abs. 1 Z. 2 und des § 2 Abs. 4 GewO 1973 ist daher zu berücksichtigen, daß in den Z. 1 bis 7 des § 2 Abs. 4 leg. cit. lediglich die Typen jener Tätigkeiten angeführt sind, die unter den Begriff "Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft" fallen. Dieser Begriff indessen enthält über die Merkmale der ausdrücklich vorgesehenen einzelnen Tätigkeitstypen hinaus noch weitere Begriffsmerkmale, die allerdings nicht in Form einer ausdrücklichen Legaldefinition in die Gewerbeordnung 1973 Eingang gefunden haben.

Aus dem Ausdruck "Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft" ergibt sich dem Wortlaut nach, daß die betreffenden Tätigkeiten in einer durch den Wortbestandteil "Neben" gekennzeichneten Beziehung zur Land- und Forstwirtschaft stehen müssen.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur "Gewerbeordnung 1972", 395 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XIII. GP., finden sich in diesem Sinn folgende Ausführungen:

"Die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft sind - wie schon ihr Name sagt - keineswegs 'Land- und Forstwirtschaft' sie sind vielmehr Gewerbe, die jedoch deswegen vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen werden, weil sie in einem derart innigen Zusammenhang mit der Land- und Forstwirtschaft stehen, daß sie sich für eine gewerberechtliche Regelung nicht eignen. …"

Diese Ausführungen knüpfen inhaltlich an die Rechtslage an, die bereits vor dem Inkrafttreten der Gewerbeordnung 1973 bestanden hat und die Heller-Laszky-Nathansky, Kommentar zur Gewerbeordnung, Wien 1937, S. 48, wie folgt beschrieben hat:

"Das wesentlichste Merkmal des landwirtschaftlichen Nebengewerbes besteht seinem Begriffe nach darin, daß es den Betrieb einer Landwirtschaft zur Voraussetzung hat und mit dieser in solchem Zusammenhang steht, daß der Betrieb des Nebengewerbes ohne Landwirtschaftsbetrieb nicht gedacht werden kann. Insbesondere darf der Betrieb kein solcher sein, der füglich auch ganz abgesondert von der Land- und Forstwirtschaft betrieben werden könnte oder gar allgemein betrieben wird. Die Bezeichnung "Nebengewerbe" bestimmt den Umfang und das Verhältnis des Betriebes zum land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb ….."

Im Sinne dieser Überlegungen, die auf den innigen Zusammenhang mit der Land- und Forstwirtschaft, auf die Abgrenzung gegenüber Betrieben, die füglich auch ganz abgesondert von der Land- und Forstwirtschaft betrieben werden könnten oder allgemein betrieben werden, und auf ein gegenüber einem "Hauptbetrieb" bestehendes Verhältnis abstellen, wohnen dem Begriff "Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft", unabhängig von der Typisierung der einzelnen nebengewerblichen Tätigkeiten im Sinne der Z. 1 bis 7 des § 2 Abs. 4 GewO 1973, die Begriffsmerkmale einer mit der Land- und Forstwirtschaft organisatorisch eng verbundenen Erscheinungsform und der Unterordnung der gewerblichen Tätigkeit gegenüber der Land- und Forstwirtschaft inne.

Das Kriterium der mit der Land- bzw. Forstwirtschaft organisatorisch eng verbundenen Erscheinungsform macht im Einzelfall Feststellungen darüber erforderlich, inwiefern die von einem Land- bzw. Forstwirt ausgeübten Tätigkeiten, die an sich dem Typus eines Nebengewerbes nach den Z. 1 bis 7 des § 2 Abs. 4 GewO 1973 entsprechen, mit dem land- bzw. forstwirtschaftlichen Betrieb organisatorisch verflochten sind, wobei sich eine absolute Grenze der Unterstellbarkeit solcher Tätigkeiten unter den Begriff des "Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft" dort ergibt, wo die Ausübung der betreffenden Tätigkeiten dem Erscheinungsbild eines Betriebes entspricht, wie er in Ansehung der jeweils in Frage stehenden Tätigkeiten von einem Gewerbetreibenden losgelöst von der Land- und Forstwirtschaft geführt wird.

In Ansehung von Tätigkeiten, deren Zuordnung zu dem in der Z. 1 des § 2 Abs. 4 GewO 1973 angeführten Tätigkeitstypus in Betracht kommt, ist - wie bei den anderen Typen der Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft vom Begriffsmerkmal der mit der Land- und Forstwirtschaft organisatorisch eng verbundenen Erscheinungsform auszugehen.

Was diesen Tätigkeitstypus nach der Z. 1 des § 2 Abs. 4 GewO 1973 anlangt, ist allerdings nicht auf das allgemeine Begriffsmerkmal der Unterordnung gegenüber der Land- und Forstwirtschaft zurückzugreifen. Die Tätigkeiten, deren Zuordnung zum Typus nach § 2 Abs. 4 Z. 1 GewO 1973 in Frage steht, sind vielmehr an dem in dieser Gesetzesstelle diesbezüglich ausdrücklich vorgesehenen Tatbestandselement "soweit die Tätigkeit der Verarbeitung und Bearbeitung gegenüber der Tätigkeit der Erzeugung des Naturproduktes wirtschaftlich untergeordnet bleibt" zu messen.

Zufolge dieses Tatbestandselementes des wirtschaftlichuntergeordnet-Bleibens ist eine vergleichende Gegenüberstellung zwischen der jeweils ausgeübten Tätigkeit der Erzeugung des Naturproduktes und der Tätigkeit der Verarbeitung und Bearbeitung vorzunehmen. Bei einem solchen Vergleich ist in jedem Einzelfall auf alle wirtschaftlichen Merkmale der betreffenden Tätigkeiten, insbesondere auf das Ausmaß der Wertschöpfung, auf die Höhe des Ertrages und der Kosten und auf den Aufwand an Arbeitskräften und an Arbeitszeit, Bedacht zu nehmen.

Der § 2 Abs. 4 Z. 1 GewO 1973 bezieht sich auf die Erzeugung des Naturproduktes und auf dessen Verarbeitung und Bearbeitung. Im normativen Gefüge des § 2 Abs. 4 Z. 1 leg. cit. ist unter dem "Naturprodukt" nicht das Einzelstück des nach der konkreten Lage jeweils in Betracht kommenden "Naturproduktes" zu verstehen. Im vorliegenden Fall ist nach der Aktenlage einerseits eine Geflügelzucht (siehe z. B. das Gutachten vom 13. September 1979:

"Legehennenhaltung: für Frischeierproduktion 5.500 Tiere Durchschnittsbestand") und andererseits eine Schweinezucht in Betracht zu ziehen. Der in der Wendung "gegenüber der Erzeugung des Naturproduktes" (in der Einzahl) verwendete Ausdruck "des Naturproduktes" ist bei dieser Sachlage einerseits auf Schweine als Naturprodukt und andererseits auf Geflügel als Naturprodukt und in diesem Sinn auf jeweils eine Art des Naturproduktes zu beziehen. In die zufolge des Tatbestandselementes des wirtschaftlich-untergeordnet-Bleibens erforderliche vergleichende Gegenüberstellung sind somit solche Naturprodukte, die nicht Gegenstand jener Ver- bzw. Bearbeitung sind, deren Qualifikation am Maßstab der zitierten Gesetzsstelle im jeweiligen Einzelfall geprüft wird, nicht einzubeziehen. Der Vergleich ist vielmehr nur auf "das Naturprodukt" abzustellen, das in der einen Wirtschaftsphase den Gegenstand der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugungstätigkeit und in der anderen Wirtschaftsphase den Gegenstand der Ver- bzw. Bearbeitung bildet.

Insoweit es für die Verurteilung wegen einer Verwaltungsübertretung, etwa wie im vorliegenden Fall nach § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 darauf ankommt, ob die den Gegenstand des Verwaltungsverfahrens bildende Tätigkeit ein Nebengewerbe im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 4 leg. cit. darstellt, ist für den gesamten in Betracht kommenden Tatzeitraum zu prüfen, ob die Merkmale einer nebengewerblichen Tätigkeit im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmungen vorliegen oder nicht.

Die belangte Behörde legte in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht dar, daß im vorliegenden Fall etwa deshalb eine durch § 2 Abs. 4 Z. 1 GewO 1973 nicht mehr gedeckte Tätigkeit vorliege, weil der Beschwerdeführer über die "Erzielung eines Erzeugnisses, wie es von Land- und Forstwirten in der Regel auf den Markt gebracht wird", hinausgegangen sei.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird zwar der vom Beschwerdeführer verwendete Schlachtraum dahin näher umschrieben, daß sich eine elektrische Betäubungszange, ein Enthaarungskessel mit einer Enthaarungsmaschine, ein Aufzug, eine Rohrbahnanlage, welche in den Kühlraum führt, und eine Schweinewaage dort befinden, und wird ferner - allerdings ohne Angabe von Vergleichsmaßstäben - zum Ausdruck gebracht, der Schlachtraum und der Kühlraum des Beschwerdeführers entsprächen denjenigen eines gewerblichen Mittelbetriebes. Die belangte Behörde traf jedoch keine Feststellungen darüber, inwiefern etwa in Hinsicht auf die beschriebene Ausstattung des Schlachtraumes oder aus welchen sonstigen Gründen die Subsumtion der dem Beschwerdeführer als strafbar zur Last gelegten Tätigkeit unter den Betriff des "Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft" im Sinne des für alle Nebengewerbe im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 bis 7 GewO 1973 maßgebenden Begriffsmerkmales der mit der Land- bzw. Forstwirtschaft organisatorisch eng verbundenen Erscheinungsform ausgeschlossen sein sollte.

Was einen Vergleich in Hinsicht auf die Merkmale der Wertschöpfung und des Ertrages anlangt, führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, als "landwirtschaftliches Einkommen" des Betriebes im Zeitraum 1978 bis Februar 1979 seien zufolge des Gutachtens vom 13. September 1979 ca. S 230.000,-- zu veranschlagen. Als Einkommen aus der Ausschrotung von Mastschweinen sei im Vergleichszeitraum der Betrag von ca. S 22.500,-- zu erwirtschaften gewesen. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist dem Beschwerdeführer Recht zu geben, wenn er in der Beschwerde ausführt, daß die Tätigkeit des Ver- und Bearbeitens, wenn der ihr zuzurechnende Ertrag gegenüber dem der Land- (bzw. Forst)-wirtschaft zuzurechnenden Ertrag in einem Verhältnis von 1 : 10 steht, die im § 2 Abs. 4 Z. 1 GewO 1973 geforderte untergeordnete Bedeutung unter dem Gesichtspunkt der Ertragsrelation für sich allein betrachtet an sich noch beibehält. Der im gegebenen Zusammenhang von der belangten Behörde als maßgebend angenommene Sachverhalt geht allerdings, schon was den Ansatzpunkt anlangt, insofern an der maßgebenden Rechtslage vorbei, als der als landwirtschaftliches Einkommen des Betriebes angeführte Betrag nach der Aktenlage auch auf eine vom Beschwerdeführer bis zum Herbst 1979 (vgl. den Gendarmeriebericht vom 24. September 1980) geführte Hühnerfarm bezieht, wogegen im Sinne der vorstehenden Ausführungen zu der diesbezüglich seit dem Inkrafttreten der Gewerbeordnung 1973 gegebenen Rechtslage bei einem Ertragsvergleich auf "das Naturprodukt" in der Bedeutung eines auf die jeweils in Betracht kommende Art des Naturproduktes bezogenen Begriffes abzustellen gewesen wäre.

Dem angefochtenen Bescheid kann weiters weder entnommen werden, welche Kosten einerseits die Tätigkeit der auf Schweinezucht gerichteten landwirtschaftlichen Produktion des Beschwerdeführers (insbesondere Futtermittelproduktion, Ferkelproduktion, Aufzucht, Futterzukauf) und andererseits seine ver- bzw. bearbeitende Tätigkeit verursacht, noch ist ihm ein Vergleich des jeweiligen Aufwandes an Arbeitszeit bzw. ein Arbeitskräftevergleich zu entnehmen. Die die Stellungnahme des Konsulenten des Wirtschaftsförderungsinstitutes Oberösterreich, HL - dieser wurde im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens nicht als Sachverständiger im Sinne des § 52 AVG 1950 herangezogen -, als Grundlage der erstinstanzlichen Entscheidung referierenden Ausführungen auf Seite 3 der Ausfertigung des angefochtenen Bescheides lassen nicht erkennen, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen nach Ansicht der belangten Behörde als erwiesen anzunehmen sei, daß nicht 80 % der Arbeiten auf "rein landwirtschaftliche Belange" (siehe hiezu bereits die vorstehenden Ausführungen zum Begriff des "Naturproduktes" in der Bedeutung eines auf die jeweils in Betracht kommende Art des Naturproduktes bezogenen Sammelbegriffes; im gegebenen Zusammenhang kommt es somit auf die - mittelbar (etwa in Hinsicht auf die Produktion von Futtermitteln) und unmittelbar (Tierhaltung) - auf die Schweinezucht ausgerichteten landwirtschaftlichen Produktionstätigkeiten an) entfallen und nicht nur 20 % der Arbeitskapazität für die Schlachtung und Zubereitung der geschlachteten Tiere aufgewendet würden, daß den diesbezüglichen Berufungsausführungen des Beschwerdeführers also nicht zu folgen sei.

Nach der Textierung der Begründung auf Seite 6 der Ausfertigung des angefochtenen Bescheides dürfte die belangte Behörde davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer keinen Verkauf von lebenden Schweinen vornimmt (die von der belangten Behörde zitierte Berufung des Beschwerdeführers enthält diesbezüglich ausdrücklich nur Angaben darüber, wie viele Schweine vom Beschwerdeführer geschlachtet werden und daß von den geschlachteten Schweinen 90 % in Hälften und 10 % in kleinen und kleinsten Mengen verkauft werden. In der Berufung wird zwar nicht ausdrücklich geltend gemacht, daß Schweine auch lebend verkauft würden, ein Lebendverkauf aber auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen). Andererseits übernahm die belangte Behörde das Gutachten vom 13. September 1979 "als unbedenklich" (Seite 4 der Ausfertigung des angefochtenen Bescheides). In diesem Gutachten wurde für den Erhebungszeitraum Juni 1978 bis "Juni 1979" (richtig offenbar "Februar 1979") ein Verkauf von 225 Stück lebender Schweine angenommen. Es hätte also, soweit es auf die betreffenden Tatsachen ankam, um die Grundlage für einen Vergleich im Sinne des letzten Halbsatzes des § 2 Abs. 4 Z. 1 GewO 1973 zu schaffen, auch diese Frage ausdrücklich geklärt werden müssen.

Im vorliegenden angefochtenen Bescheid in Verbindung mit dem Straferkenntnis der Erstbehörde wurde unter Bezugnahme auf die Jahre 1975 bis 1980 eine Tatzeit von "etwa 5 Jahren bis zum heutigen Tag" (Tag der Zustellung des Straferkenntnisses der Erstbehörde: 25. Oktober 1980) angenommen. Die auf die Beurteilung der Frage der Anwendung des § 2 Abs. 4 Z. 1 GewO 1973 gerichteten Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Bescheides beziehen sich hingegen nicht durchwegs auf diesen angenommenen Tatzeitraum. Auch insofern fehlt für den getroffenen Schuldspruch die erforderliche sachverhaltsmäßige Deckung.

Im angefochtenen Bescheid wurden, insgesamt gesehen, wesentliche Feststellungen, die, sei es für die Beurteilung der Frage nach der Subsumierbarkeit der dem Beschwerdeführer als strafbar zur Last gelegten Tätigkeit unter den Begriff des "Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft", sei es für einen Vergleich der Merkmale der vom Beschwerdeführer einerseits mittelbar oder unmittelbar auf die Schweinezucht ausgerichteten landwirtschaftlichen Produktionstätigkeit und andererseits ausgeübten ver- bzw. bearbeitenden Tätigkeit erforderlich gewesen wären, nicht getroffen. Da es die belangte Behörde somit unterließ, die erforderlichen sachverhaltsmäßigen Grundlagen für die Lösung der diesbezüglich relevanten Rechtsfragen zu schaffen, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, daß allein schon "bei der Zuchtmenge von 600 bis 800 Schweinen, von welcher etwa 90 % in Hälften verkauft und 10 % in kleinen und kleinsten Mengen verkauft werden, ……, diese Tätigkeit über den Rahmen eines Nebenbetriebes" (Gesetzeswortlaut: "Nebengewerbes") "hinausgeht" (Seite 6 der Ausfertigung des angefochtenen Bescheides), zumal selbst diese Aussage über die Zuchtmenge und die prozentmäßige Aufteilung der Art des Verkaufes der geschlachteten Schweine, wie dargelegt, sachverhaltsmäßig nicht hinlänglich geklärt erscheint.

Wie vorstehend ausgeführt, stellte die belangte Behörde ihre Sachverhaltsfeststellungen nicht auf den normativen Gehalt des § 2 Abs. 1 Z. 2 und des § 2 Abs. 4 Z. 1 GewO 1973 ab. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 8. Oktober 1982

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