Normen
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, ist seit Juli 2005 im Bundesgebiet aufhältig. Ihr wurde zunächst - bezogen darauf, dass ihre in Österreich lebende Mutter mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet war - eine Niederlassungsbewilligung "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG", gültig bis zum 31. August 2006, erteilt. Zuletzt verfügte sie über eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt", gültig bis zum 8. August 2009.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18. März 2009 wurde die Beschwerdeführerin wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten rechtskräftig verurteilt, wobei ein Strafteil von acht Monaten bedingt nachgesehen wurde. Dem Urteil lag zugrunde, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum von Mitte Juli 2008 bis Anfang August 2008 für einen Dritten Suchtgift (und zwar insgesamt zumindest 300 g Kokain) in einer die Grenzmenge (um mehr als das Sechsfache) übersteigenden Menge an mehrere Abnehmer weitergegeben und dafür von diesen Geld kassiert hat. Nach den Entscheidungsgründen des Strafgerichtes sei der Beschwerdeführerin bewusst gewesen, dass es sich um eine nicht unbeträchtliche Menge Kokain handle.
Im Hinblick auf diese Verurteilung und das zugrunde liegende strafbare Verhalten erließ die belangte Behörde mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) gegen die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.
Die belangte Behörde erachtete angesichts der vorliegenden Verurteilung und des dargestellten strafbaren Verhaltens die Voraussetzungen zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 und Abs. 1 FPG als erfüllt. Sie verwies diesbezüglich darauf, dass der Suchtgiftkriminalität eine hohe Sozialschädlichkeit und eine überaus hohe Wiederholungsgefahr anhaften würden. Die Straftat der Beschwerdeführerin liege auch noch nicht so lange zurück, dass von einem maßgeblichen Wohlverhalten seit der Haftentlassung die Rede sein könne.
In Ansehung des § 66 FPG stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführerin ledig und für ein am 19. Juli 2007 geborenes Kind sorgepflichtig sei. Sie lebe mit ihrer Tochter, die den Kindergarten besuche, im gemeinsamen Haushalt. Der Vater ihrer Tochter lebe offenbar in Serbien. Familiäre Bindungen im Bundesgebiet bestünden noch zu ihrer Mutter. Weiters berücksichtigte die belangte Behörde, dass die Beschwerdeführerin einer "mehr oder weniger regelmäßigen Erwerbstätigkeit" nachgehe. In Anbetracht dieser Umstände sei mit dem Aufenthaltsverbot zwar ein Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (hier zur Verhinderung weiterer Straftaten im Bereich der Suchtgiftkriminalität und zum Schutz der Gesundheit Dritter) dringend geboten sei. Es sei nicht erkennbar, dass der Beschwerdeführerin ein Verlassen des Bundesgebietes nicht möglich sei, auch eine Reintegration in ihrer Heimat nach ca. fünfjähriger Abwesenheit sei ihr zumutbar. Im Rahmen ihrer Obsorgeverpflichtung werde es der Beschwerdeführerin obliegen, für die Gestaltung des weiteren Familienlebens mit ihrer dreijährigen Tochter zu sorgen. Zu der im Verwaltungsverfahren behaupteten Betreuungsbedürftigkeit der Mutter der Beschwerdeführerin hielt die belangte Behörde fest, dass eine solche weder näher ausgeführt noch sonst belegt worden sei. Trotz diesbezüglicher Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid sei auch in der dagegen erhobenen Berufung auf diesen Umstand nicht weiter eingegangen worden. Insgesamt seien die privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin nicht derart gewichtig, dass demgegenüber das genannte öffentliche Interesse in den Hintergrund zu treten hätte.
Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten der Beschwerdeführerin sprechender Umstände bestehe auch kein Grund, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des Ermessens Abstand zu nehmen. Schließlich begründete die belangte Behörde noch die festgesetzte Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes näher.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich - im Hinblick auf die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 13. September 2010 - um die Fassung BGBl. I Nr. 135/2009.
Nach § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 FPG hat als bestimmte, eine Gefährdungsannahme iSd Abs. 1 rechtfertigende Tatsache (u.a.) zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist.
Im Hinblick auf die - in der Beschwerde nicht bestrittene - Verurteilung vom 18. März 2009 ist die Ansicht der belangten Behörde, die erwähnte Alternative dieser Bestimmung sei erfüllt, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Die Beschwerdeführerin bringt allerdings vor, dass die von der belangten Behörde getroffene Gefährdungsannahme nicht nachvollziehbar sei. Ausgehend vom Inhalt des Strafaktes hätte die belangte Behörde zum Ergebnis kommen müssen, dass keine negative Zukunftsprognose zu treffen sei. Diesbezüglich verweist die Beschwerdeführerin darauf, dass sie sich abgesehen vom dargestellten Fehlverhalten nichts habe "zuschulden" kommen lassen und dass die von der belangten Behörde ins Treffen geführte Wiederholungsgefahr bei ihr nicht gegeben sei.
Diesem Vorbringen ist Folgendes zu entgegnen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2012, Zl. 2011/23/0662, mwN). Die Beschwerdeführerin hat Kokain in einem die Grenzmenge (§ 28b SMG) erheblich übersteigenden Ausmaß in Verkehr gesetzt hat. Somit ist die Annahme der belangten Behörde, wonach die von der Beschwerdeführerin ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit schwer wiege, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Wenn die Beschwerdeführerin geltend macht, sie wäre "in völlig untergeordneter Weise" an den vorliegenden Delikten beteiligt gewesen, ist dem entgegenzuhalten, dass das Strafgericht festgestellt hat, dass die Beschwerdeführerin die Suchtgiftgeschäfte eines Dritten für drei Wochen als Stellvertreterin übernommen hat, sodass von einer Beteiligung der Beschwerdeführerin an den strafbaren Handlungen "nur in untergeordneter Weise" nicht gesprochen werden kann. Auch der von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Umstand, dass sie nicht selbst finanziell vom Suchtgifthandel profitiert habe, vermag nichts an der von ihr ausgehenden Gefahr zu ändern.
Die belangte Behörde ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass der seit der Verurteilung der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Haftentlassung vergangene Zeitraum von ca. eineinhalb Jahren zu kurz ist, um einen Wegfall bzw. eine erhebliche Minderung der von ihr ausgehenden Gefahr annehmen zu können. Soweit die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit dem (fehlenden) "Rückfallrisiko" auf das hg. Erkenntnis vom 30. April 2009, Zl. 2008/21/0132, verweist, ist ihr entgegenzuhalten, dass die jeweils zugrunde liegenden Sachverhalte schon deshalb nicht vergleichbar sind, weil dort die Straftat bereits 13 Jahre zurücklag.
Die Beschwerdeführerin wendet sich weiters gegen die von der belangten Behörde nach § 66 FPG vorgenommene Interessenabwägung. Sie verweist diesbezüglich auf ihre Berufstätigkeit, auf die Bindung zu ihrem am 19. Juli 2007 in Wien geborenen Kind und auf die Pflegebedürftigkeit ihrer Mutter. Davon ausgehend hätte die belangte Behörde zum Ergebnis gelangen müssen, dass ihre persönlichen Interessen gegenüber den öffentlichen Interessen überwiegen.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist aber auch die Interessenabwägung der belangten Behörde nach § 66 FPG nicht zu beanstanden. Die in der Beschwerde angeführten Umstände hat die belangte Behörde nämlich im angefochtenen Bescheid ausreichend berücksichtigt. Ausgehend davon hat sie einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin anerkannt. Den persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin wurde aber zu Recht das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten der vorliegenden Art gegenübergestellt. Die Beschwerde zeigt auch keine Umstände auf, wonach der dreijährigen Tochter der Beschwerdeführerin eine Rückkehr mit ihrer Mutter in das gemeinsame Heimatland nicht möglich oder nicht zumutbar wäre. Der Annahme der belangten Behörde, dass der Vater des Kindes in Serbien lebe, wird in der Beschwerde nicht entgegengetreten. Soweit die Beschwerdeführerin auf die Betreuungsbedürftigkeit ihrer Mutter verweist, ist dem entgegenzuhalten, dass - worauf auch die belangte Behörde zutreffend hinweist - ein derartiger Pflegebedarf schon im Verwaltungsverfahren in keiner Weise näher konkretisiert oder belegt wurde. Im Ergebnis ist daher die Ansicht der belangten Behörde, dass die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin die gegenläufigen öffentlichen Interessen nicht überwiegen und dass das gegen die Beschwerdeführerin verhängte Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten sei, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Entgegen der Beschwerdeauffassung ist der angefochtene Bescheid auch als ausreichend begründet anzusehen. Die Beschwerde zeigt schließlich auch keine Gründe auf, wonach das Ermessen durch die belangte Behörde nicht in gesetzmäßiger Weise ausgeübt worden wäre.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 20. August 2013
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