VwGH 2013/21/0246

VwGH2013/21/024625.4.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. Sporrer und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, in der Revisionssache des J B in W, vertreten durch Mag. Marina Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch und Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 18. November 2013, Zl. UVS-FRG/63/8622/2013-14, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art131 Abs3 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
B-VG Art151 Abs51 Z10;
B-VG Art151 Abs51 Z11;
Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012 Art1 Z61;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs1;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5;
VwGG §26 Abs1 Z1;
VwGG §79 Abs11;
VwRallg;
B-VG Art131 Abs3 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
B-VG Art151 Abs51 Z10;
B-VG Art151 Abs51 Z11;
Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012 Art1 Z61;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs1;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5;
VwGG §26 Abs1 Z1;
VwGG §79 Abs11;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 18. November 2013 erließ der Unabhängige Verwaltungssenat Wien gegen den Revisionswerber, einen kroatischen Staatsangehörigen, gemäß § 67 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (idF des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011) ein mit drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.

Im vorliegenden Fall lief die in § 26 Abs. 1 Z 1 VwGG (idF vor dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013) normierte sechswöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den genannten Bescheid mit Ende des 31. Dezember 2013 noch; bereits davor (Postaufgabe am 20. Dezember 2013) wurde Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben. Für diese Konstellation ordnet § 4 Abs. 1 zweiter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) an, dass die Beschwerde nunmehr als rechtzeitig erhobene Revision gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG gelte.

Eine solche Revision ist, wenn sie sich (wie hier) gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates (UVS) richtet, gemäß dem zweiten Satz des § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG jedoch unzulässig, falls die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG (idF der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) nicht vorliegen. Nach der zuletzt genannten Bestimmung ist eine Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

§ 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG erfasst unterschiedslos alle "Übergangsfälle" iSd § 4 Abs. 1 VwGbk-ÜG, in denen die Beschwerdefrist mit Ablauf des 31. Dezember 2013 noch lief, und damit - entgegen der vom Revisionswerber im Schriftsatz vom 27. Jänner 2014 vertretenen Auffassung - auch die Fälle des zweiten Satzes dieser Bestimmung; nur so ist die dort vorgenommene gesetzliche Fiktion, dass die vor dem 31. Dezember 2013 eingebrachte Beschwerde als rechtzeitig erhobene Revision gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG gelte, sinnvoll. Dem Gesetzgeber kann nämlich nicht eine in sich widersprüchliche Anordnung unterstellt werden, dass eine "vorgezogene" Beschwerde als Revision iSd genannten, seit 1. Jänner 2014 geltenden Verfassungsbestimmung anzusehen sei, jedoch die in deren Abs. 4 normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht gelten sollen, sondern darauf die mit Ablauf des 31. Dezember 2013 außer Kraft getretenen Bestimmungen über die Möglichkeit der Ablehnung der Behandlung von Beschwerden weiter anzuwenden seien. Dieses Ergebnis unterstellt der Revisionswerber aber bei seinen Ausführungen, dass im vorliegenden Fall das "Ablehnungsmodell" zur Anwendung zu kommen habe.

Vielmehr verfolgte der Gesetzgeber offenbar das Ziel, dass die bisherigen Regelungen betreffend die Ablehnung der Behandlung von Beschwerden nur in echten "Altfällen", in denen die Beschwerdefrist vor dem 31. Dezember 2013 endete und daher bis dahin auch eine Beschwerde einzubringen war, weiter angewendet werden. In allen "Übergangsfällen" soll aber schon das neue Regime iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG (Zulässigkeit von Revisionen nur bei Vorliegen der dort normierten Voraussetzungen) gelten, und zwar auch dann, wenn noch vor dem 31. Dezember 2013 eine Beschwerde erhoben wurde, obwohl im Hinblick auf die zu diesem Zeitpunkt noch offene Frist gemäß § 4 Abs. 1 erster Satz VwGbk-ÜG bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Revision iSd Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG hätte erhoben werden können. Mit anderen Worten: Es soll verhindert werden, dass durch eine "vorgezogene" Beschwerde die Geltung des Zulässigkeitsregimes umgangen wird. Die verfassungsrechtliche Grundlage für die dargestellten Regelungen des VwGbk-ÜG bildet Art. 151 Abs. 51 Z 11 B-VG.

Die vom Revisionswerber ins Treffen geführte Z 10 des Art. 151 Abs. 51 B-VG, wonach in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren Art. 131 Abs. 3 B-VG idF des Art. 1 Z 61 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 51/2012 - diese Bestimmung normiert die Möglichkeit des Verwaltungsgerichtshofes, die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid (u.a.) eines unabhängigen Verwaltungssenates unter bestimmten Voraussetzungen abzulehnen - weiter anzuwenden sei, ist dagegen so zu verstehen, dass sie sich nur auf "Altfälle" bezieht, in denen die Beschwerdefrist des § 26 Abs. 1 VwGG bereits vor dem 1. Jänner 2014 abgelaufen war. Damit im Einklang normiert der letzte Satz des § 79 Abs. 11 VwGG, dass in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen des VwGG nur weiter anzuwenden sind, soweit durch das VwGbk-ÜG nicht anderes bestimmt ist. Das ist aber - wie oben dargelegt - in Bezug auf den vorliegenden "Übergangsfall" mit den Regelungen des § 4 Abs. 1 zweiter Satz iVm Abs. 5 VwGbk-ÜG geschehen, sodass die genannten Bestimmungen des VwGbk-ÜG für die Beurteilung der Zulässigkeit der gegenständlichen Revision maßgeblich sind.

Im demnach auch im vorliegenden Fall anzuwendenden dritten Satz des § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG wird ergänzend bestimmt, dass eine "Übergangsrevision" bzw. die als solche Revision geltende Beschwerde auch "gesondert die Gründe zu enthalten (hat), warum die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen". Da dies vorliegend nicht der Fall war, wurde dem Revisionswerber mit Berichterverfügung vom 7. Jänner 2014 - anders als er im Schriftsatz vom 27. Jänner 2014 meint: zu Recht - ein entsprechender Verbesserungsauftrag erteilt. Aber auch unter Einbeziehung des hierauf ergangenen Vorbringens des Revisionswerbers in diesem Schriftsatz wurden von ihm keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Bei seinen diesbezüglichen Ausführungen, mit denen ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet wird, lässt der Revisionswerber nämlich zunächst außer Acht, dass sich die ins Treffen geführten Judikate des Verwaltungsgerichtshofes in erster Linie auf Rückkehrentscheidungen (Ausweisungen) beziehen und sich die dort getroffenen Aussagen nicht ohne Weiteres auf ein gegen einen Straftäter erlassenes Aufenthaltsverbot (Einreiseverbot) übertragen lassen. Vielmehr hält sich die von der belangten Behörde nach mündlicher Verhandlung vorgenommene einzelfallbezogene Beurteilung, dass der Revisionswerber und seine Familienangehörigen eine durch das bekämpfte Aufenthaltsverbot bewirkte (vorübergehende) Trennung und die damit verbundenen Auswirkungen auf die finanziellen Verhältnisse und die persönlichen Beziehungen im öffentlichen Interesse hinzunehmen haben, vor dem Hintergrund der einschlägig rückfälligen Gewaltdelinquenz des Revisionswerbers, der zuletzt auch äußerst brutal vorgegangen war, im Rahmen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Von einer - vom Revisionswerber (zutreffend) für jedenfalls revisibel gehaltenen - "offenkundig falschen" Entscheidung im Einzelfall kann hier nicht die Rede sein.

Die genannten Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegen somit im vorliegenden Fall nicht vor. Die Revision kann daher - in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG mit Beschluss zurückgewiesen werden, wobei die Parteien aufgrund der genannten Bestimmung in Verbindung mit § 58 Abs. 1 VwGG (idF vor dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013) den Verfahrensaufwand vor dem Verwaltungsgerichtshof selbst zu tragen haben.

Von der in der Revision beantragten Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte in diesem Fall gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG (in der genannten Fassung) abgesehen werden.

Wien, am 25. April 2014

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