Normen
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
MRKZP 07te Art4;
StGB §168;
VStG §45 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
MRKZP 07te Art4;
StGB §168;
VStG §45 Abs1 Z1;
Spruch:
1. Der Bescheid vom 14. Februar 2013, Zl. VwSen- 301158/18/MB/ER/WU (hg. Zl. 2013/17/0210), wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
2. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 14. Februar 2013, Zl. VwSen-301182/15/MB/ER/WU (hg. Zl. 2013/17/0211), wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1. Mit den Straferkenntnissen der Bundpolizeidirektion Linz vom 30. Dezember 2012 und vom 18. Jänner 2013 wurde der Mitbeteiligte jeweils als gemäß § 9 VStG verantwortliches, zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer näher genannten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 und 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von EUR 9.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Tage) und EUR 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage) wegen des Betriebes von Glücksspielgeräten verhängt.
Mit den beiden angefochtenen Bescheiden vom 14. Februar 2013 gab die belangte Behörde den Berufungen des Mitbeteiligten gegen die Straferkenntnisse jeweils Folge, hob diese auf und stellte die Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein.
In der Begründung führte die belangte Behörde jeweils aus, dass auf Grund der teilweisen Ausgestaltung der gegenständlichen Geräte mit "Automatik-Start-Tasten" und bei sämtlichen Geräten vorliegenden außergewöhnlich günstigen Relation zwischen Einzeleinsatz und höchstmöglichem Gewinn bereits der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB in Verbindung mit § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vorliege. Beim Einsatz von Glücksspielgeräten mit "Automatik-Start-Tasten" würden Serienspiele geradezu provoziert. In Hinblick auf die im vorliegenden Fall jeweils gegebene gerichtlicher Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts könne im Ergebnis jedenfalls keine strafbare Verwaltungsübertretung mehr vorliegen.
In der Begründung des zur Zl. VwSen-301182/15/MB/ER/WU (hg. Zl. 2013/17/0211) ergangenen Bescheides stellte die belangte Behörde zudem fest, dass sich aus der Anzeige der Finanzpolizei eindeutig eine Maximaleinsatzmöglichkeit von mehr als EUR 10,-- (genauer: EUR 10,50) ergebe und insofern Scheinkonkurrenz auf Grund ausdrücklicher Subsidiarität gemäß § 52 Abs. 2 GSpG gegeben sei.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen. Der Mitbeteiligte hat sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht geäußert.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Beschwerdefälle in dem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 13. Juni 2013, B 422/2013, ausgesprochen, dass bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG darauf abzustellen sei, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, dabei Einsätze von höchstens EUR 10,-- oder mehr als EUR 10,-- ermögliche. Es komme also nicht darauf an, ob der jeweilige Spieler solche Einsätze tatsächlich leiste, sondern ob eine Glückspielveranstaltung mit einem Einsatz von über EUR 10,-- pro Spiel ermöglicht werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dieser Auffassung im Erkenntnis vom 23. Juli 2013, Zl. 2012/17/0249, angeschlossen. Er ist insoweit auch von der im hg. Erkenntnis vom 15. März 2013, Zlen. 2012/17/0365 und 0366, in Fortführung seiner Rechtsprechung zur Subsidiarität der Straftatbestände des § 52 Abs. 1 GSpG gegenüber der Strafbarkeit nach § 168 StGB geäußerten Rechtsauffassung abgegangen, wonach der Fortsetzung des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens hinsichtlich jener Spiele, bei denen mit einem Einsatz von bis zu EUR 10,-- gespielt worden sei, Art. 4 7. ZPEMRK nicht entgegen stehe.
Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. Juni 2013, B 422/2013, auch ausgesprochen hat, ergibt sich aus der verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können, um beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GspG besteht.
2.2. Ausgehend von der im Bescheid vom 14. Februar 2013, Zl. VwSen-301182/15/MB/ER/WU (hg. Zl. 2013/17/0211), getroffenen Feststellung, wonach auf dem betreffenden Glücksspielgerät Spiele mit Einsätzen von über EUR 10,-- möglich gewesen seien, ist daher im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung zur Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestandes nach § 52 Abs. 1 GSpG für diesen Beschwerdefall davon auszugehen, dass keine verfolgbare Verwaltungsübertretung vorliegt. Für die Verwaltungsstrafbehörde bleibt hier kein Raum für eine weitere Verfolgung wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG.
Die belangte Behörde hat auf Grund des vorliegenden Sachverhalts somit zu Recht der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge gegeben und die Einstellung des gegen sie geführten Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.
Die Amtsbeschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid vom 14. Februar 2013, Zl. VwSen-301182/15/MB/ER/WU (hg. Zl. 2013/17/0211), war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.3. Im angefochtenen Bescheid vom 14. Februar 2013, Zl. VwSen-301158/18/MB/ER/WU (hg. Zl. 2013/17/0210), fehlt hingegen eine solche Feststellung; die belangte Behörde hat hier nicht dargelegt, ob eines der auf den konkreten Glücksspielgeräten installierten Programme Spiele mit einem Einsatz von über EUR 10,--
ermöglichte.
Darüber hinaus sind die Ausführungen zu möglichen Serienspielen mangelhaft. So begründet die belangte Behörde die Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB lediglich damit, dass die gegenständlichen Geräte teilweise mit "Automatik-Start-Tasten" versehen seien und bei sämtlichen Geräten eine außergewöhnlich günstige Relation zwischen Einzeleinsatz und höchstmöglichem Gewinn vorläge. Die von der belangten Behörde dazu getroffenen Sachverhaltsannahmen erweisen sich jedoch als nicht ausreichend, um beurteilen zu können, ob im vorliegenden Fall eine Strafbarkeit nach § 168 StGB vorliegen kann.
Dazu wäre neben einer genauen Beschreibung der Funktionsweise der "Automatik-Start-Taste" insbesondere festzustellen gewesen, ob die Rahmenbedingungen einen Spieler dazu verleiten, dass die Summe der von ihm im Verlaufe einer ganzen Spielveranstaltung eingesetzten Vermögenswerte nicht mehr gering ist bzw. ob Spieler vorsätzlich zu "Serienspielen" veranlasst werden sollten (vgl. etwa die Urteile des OGH vom 14. Dezember 1982, 9 Os 137, 138/82, vom 20. April 1983, 11 Os 39, 40/83 und vom 3. Oktober 2002, 12 Os 49, 50/02). Ebenso fehlen konkrete Sachverhaltsfeststellungen, die die von der belangten Behörde ins Treffen geführte "außergewöhnlich günstige Relation zwischen Einzeleinsatz und höchstmöglichem Gewinn" belegen.
Auf Grundlage der im vorliegenden Fall getroffenen Feststellungen kann sohin die Frage der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GspG und nach § 168 StGB nicht geklärt werden. Dadurch ist die Entscheidung der belangten Behörde, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, mit Rechtswidrigkeit behaftet.
Unterlässt die belangte Behörde ausgehend von einer sich als unzutreffend erweisenden Rechtsmeinung relevante Tatsachenfeststellungen, so liegt ein sekundärer Verfahrensmangel vor.
Der erstangefochtene Bescheid vom 14. Februar 2013, Zl. VwSen- 301158/18/MB/ER/WU (hg. Zl. 2013/17/0210), war aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 7. Oktober 2013
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