VwGH 2013/15/0276

VwGH2013/15/027625.5.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Dr. Köller, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Beschwerde des Ing. J W in S, vertreten durch Dr. Christoph Rogler, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Stelzhamerstraße 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenats, Außenstelle Linz, vom 23. September 2013, Zl. RV/1131-L/07, betreffend Einkommensteuer 2002, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §19;
EStG 1988 §4 Abs3;
VwRallg;
EStG 1988 §19;
EStG 1988 §4 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. Er ermittelt seine Einkünfte nach § 4 Abs. 3 EStG 1988. Die am 31. Jänner 1999 abgeschlossene Vereinbarung zwischen ihm (GF) und der Gesellschaft (GESMBH) lautet wie folgt:

"1) Der GF ist alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der GESMBH. Er ist aufgrund seines beherrschenden Einflusses auf gesellschaftsrechtlicher Ebene niemandem gegenüber weisungsgebunden.

2) Der GF kann kraft seiner Beteiligung an der GESMBH die Beschlußfassung in der Generalversammlung in Bezug auf die Weisungsrechte gemäß § 20 Abs. 1 GmbHG verhindern. Ein Dienstverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG kommt daher nicht in Betracht.

3) Der GF ist wesentlich (zu 100 %) an der GESMBH beteiligt. Der GF steht in der Betätigung seines geschäftlichen Willens nicht unter der Leitung der GESMBH und schuldet dieser auch nicht seine Arbeitskraft. Ebenso ist der GF im geschäftlichen Organismus der GESMBH gegenüber nicht verpflichtet, deren Weisungen zu folgen.

4) Dem GF obliegt die Leitung und Überwachung des Unternehmens im Ganzen. Er hat insbesondere für die wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Belange der GESMBH in bestmöglicher Weise Sorge zu tragen.

In diesem Zusammenhang ist die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

5) Der GF hat die von einem ordentlichen Geschäftsführer zu erwartende Arbeitskraft sowie seine Kenntnisse und Erfahrungen der GESMBH zur Verfügung zu stellen.

Diesbezüglich ist der GF an keine feste Dienstzeit und Dienstort gebunden. Er ist in der Einteilung und der Organisation der ihm obliegenden Tätigkeiten frei. Er hat aber seine Tätigkeit für die Gesellschaft so einzurichten, dass er die von ihm übernommenen Pflichten mit dem bedungenen Sorgfaltsgrad erfüllen kann.

6) Der GF ist somit selbständig und eigenverantwortlich tätig, sodaß kein Dienstverhältnis vorliegen kann. Der Gf hat seine Vergütungen selbst zu versteuern. Klargestellt wird noch, daß dadurch keinerlei Ansprüche auf Sonderzahlungen und sonstiger dienstnehmerrechtlicher Ansprüche (Bsp. Abfertigung etc.) gegeben sind.

Im Falle der Abwesenheit wegen längerer Krankheit (über 1 Monat) ist entweder eine geeignete Vertretung zu nennen oder umgehend ein weiterer GF bestellen zu lassen.

7) Dem GF gebührt ein erfolgsabhängiges Honorar in Höhe von 15 % des Rohertrages, der sich wie folgt ermittelt:

monatlicher Nettoumsatz

- monatlicher Wareneinsatz

---------------------------------

Rohertrag

Lediglich aufgrund der Tatsache, die betriebliche Organisation zunächst erst aufgebaut werden muß, wird vereinbart, daß der GF im Zeitraum Jänner - März 2000 ein monatliches Honorar von S 15.000,-- erhält. Ab April 2000 wird jedenfalls erfolgsabhängig ausbezahlt.

Ergänzend wird festgehalten, daß dem GF - vorbehaltlich des wirtschaftlichen Geschäftsverlaufes - eine Pensionszusage in Aussicht gestellt wird. Diesbezüglich wird bis zum 31. Dezember 2001 ein entsprechender Beschluß gefaßt werden.

Der Ordnung halber wird noch darauf hingewiesen, daß mit der Geschäftsführervergütung auch sämtliche Ausgaben mit Ausnahme von Dienstreisen, bei denen die einfache Fahrtstrecke mehr als 100 km beträgt, abgegolten sind. Für derartige Dienstreisen steht es dem Geschäftsführer frei, diesbezüglich das amtliche Kilometergeld sowie den jeweiligen Diätenaufwand zu verrechnen.

8) Die GESMBH ist berechtigt, je nach Geschäftsverlauf und jedenfalls bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, die zu leistenden Vergütungen anzupassen.

9) Der Vertrag kann beiderseits, um einen reibungslosen Übergang zu ermöglichen, unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist schriftlich aufgekündigt werden.

10) Abänderungen zu den Punkten 1) bis 9) können nur im Einvernehmen durchgeführt werden."

2 Am 16. Dezember 2002 schloss der Beschwerdeführer nach den Feststellungen der belangten Behörde folgende Geschäftsführervereinbarung mit der Gesellschaft ab:

"Bezugnehmend auf den Vertrag vom 31.1.1999 wird hinsichtlich der Geschäftsführerbezüge abweichend zu Punkt 7. und bezugnehmend auf Punkt 8. der genannten Vereinbarung einvernehmlich folgende Regelung getroffen:

Da absehbar ist, dass das Unternehmen auch im Jahre 2002 keinen Gewinn erzielen wird können, wodurch die wirtschaftliche Lage sich entgegen der Ausgangsvereinbarung verschlechtert, wird rückwirkend ab Jänner 2002 die Geschäftsführervergütung auf 5 % des Rohertrages gekürzt.

Die bereits verrechneten Vergütungen sind entsprechend neu zu ermitteln und die überhöhte Verrechnung ist vom Geschäftsführer an die Gesellschaft zurückzuzahlen.

Die Kürzung des Geschäftsführerhonorars auf 5 % des Rohertrages gilt jedenfalls bis Ende 2003. Ab 2004 wird über die Höhe der Geschäftsführervergütung eine neue Vereinbarung getroffen, wobei bereits jetzt vom Geschäftsführer zugesichert wird, dass, sollte kein wirtschaftlicher Gewinn bis Ende 2003 erzielt werden können, er für jedenfalls 1 Jahr die Geschäftsführung unentgeltlich ausüben wird.

Sollte hingegen bis Ende 2003 durch Gewinne der Verlustvortrag beseitigt werden können, verpflichtet sich die GESMBH zur Nachzahlung der Geschäftsführervergütung in Höhe von 5 % des Rohertrages."

3 Im Jahr 2002 erhielt der Beschwerdeführer nach den Feststellungen der belangten Behörde von der Gesellschaft folgende Geschäftsführerbezüge von insgesamt 83.744,13 EUR:

Buchungsdatum

Geschäftsführerbezüge

Betrag

 

2001

 

07.01.2002

Erfolgshonorar KW 39-52/2001 - 2. Anzahlung

11.991,02 EUR

05.02.2002

Erfolgshonorar KW 39-48/2001 - Rest

1.215,55 EUR

12.03.2002

Erfolgshonorar KW 49-52/2001 - Rest

3.801,30 EUR

  

17.007,86 EUR

 

2002

 

26.03.2002

Vorschuss Geschäftsführer - aconto

10.000,00 EUR

04.06.2002

Erfolgshonorar KW 1-10/2002 - Rest

3.145,67 EUR

02.07.2002

Erfolgshonorar KW 11-15/2002

14.543,60 EUR

03.07.2002

Erfolgshonorar KW 16-20/2002

11.790,30 EUR

26.08.2002

Erfolgshonorar KW 21- 25/2002

10.472,20 EUR

24.09.2002

Erfolgshonorar KW 26-30/2002

8.778,70 EUR

05.11.2002

Erfolgshonorar KW 31-35/2002

3.526,80 EUR

04.12.2002

Erfolgshonorar KW 36- 40/2002

4.479,00 EUR

  

66.736,27 EUR

   

Die entsprechend der Vereinbarung vom 16. Dezember 2002 zu hoch ausbezahlte Geschäftsführervergütung wurde auf dem Verrechnungskonto mittels einer Umbuchung zum 31. Dezember 2002 (Verrechnungskonto Gesellschafter an Geschäftsführerbezüge) storniert.

4 Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers betreffend vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr strittiger Punkte Folge, die einkommensteuerliche Erfassung der beschwerdegegenständlichen Geschäftsführervergütungen durch das Finanzamt ließ sie jedoch unverändert und berücksichtigte damit auch die der Gesellschaft durch Umbuchung zum 31. Dezember 2002 wieder rückgeführten Vergütungen als steuerpflichtig. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Geschäftsführerbezüge seien dem Beschwerdeführer laut der festgestellten Aufstellung zugeflossen, indem sie entweder seinem Verrechnungskonto gutgeschrieben oder ihm ausbezahlt worden seien. Dies sei durch die vorgelegten Belege und Buchhaltungsunterlagen erwiesen. Strittig sei lediglich die Höhe der letztendlich zu versteuernden Einkünfte aus der Geschäftsführertätigkeit. Nach Ansicht des Beschwerdeführers seien die entsprechend der Vereinbarung vom 16. Dezember 2002 zu viel erhaltenen und der Gesellschaft durch Umbuchung zum 31. Dezember 2002 wieder rückgeführten Vergütungen als nicht zugeflossen zu betrachten bzw. gehe der Beschwerdeführer von einem Abfluss dieser Beträge aus. Abgeflossen ("geleistet" im Sinne des § 19 Abs. 2 S 1 EStG 1988) sei eine Ausgabe, sobald der geleistete Betrag aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen ausgeschieden sei und dieser die wirtschaftliche Verfügungsmacht verloren habe. Dies gelte auch bei Vorliegen von Regressansprüchen. Es komme nicht darauf an, welches Kalenderjahr die Ausgaben wirtschaftlich betreffen. Die rückwirkende Buchung auf einem Verrechnungskonto führe zu keinem Abfluss für vergangene Jahre. Dies bedeute im gegenständlichen Fall, dass der einmal erfolgte Zufluss der Geschäftsführerbezüge durch die am 31. Dezember 2002 erfolgte Umbuchung nicht mehr rückgängig gemacht werden könne, selbst dann nicht, wenn schon im Zeitpunkt des Zuflusses feststehen sollte, dass die Einnahme in späteren Kalenderjahren ganz oder teilweise zurückzuzahlen sei. Es liege demnach kein Abfluss der entsprechend der Vereinbarung vom 16. Dezember 2002 zu hoch ausbezahlten Geschäftsführervergütungen vor, sodass der gesamte Betrag laut festgestellter Aufstellung als zugeflossen gelte.

5 Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Der Beschwerdeführer ermittelte seine Einkünfte als Gesellschafter-Geschäftsführer gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988. Bei der Ermittlung des Gewinnes durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 kommt es grundsätzlich auf den Zu- und Abfluss an. Nach § 19 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (vgl. VwGH vom 19. März 2013, 2010/15/0070).

8 Der Beschwerdeführer beruft sich in seiner Beschwerde auf die Vereinbarung vom 31. Jänner 1999 und meint, die Stornierungen zugeflossener Geschäftsführervergütungen auf seinem Verrechnungskonto gingen auf die dortige Anpassungsklausel in Punkt 8. zurück und basierten daher nicht auf einer rückwirkenden Vereinbarung. Die erfolgte Rückverrechnung der im Jahr 2002 bereits erhaltenen Geschäftsführervergütungen habe - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - durch eine entsprechende Belastung am Verrechnungskonto des Beschwerdeführers auch zu einem steuerlich beachtlichen Abfluss im Sinn des § 19 EStG 1988 im Jahr 2002 geführt.

9 Mit dieser Argumentation übersieht der Beschwerdeführer, dass die zitierte Vereinbarung vom 31. Jänner 1999, die im Übrigen auch die Geschäftsführervergütungen als monatliche Zahlungen festlegt (siehe Punkt 7.), lediglich erlaubt, "die zu leistenden Vergütungen anzupassen" (Punkt 8.) und damit zukunftsbezogene Anpassungen künftiger Geschäftsführervergütungen anspricht. Auch nähere Festlegungen über die Art der Anpassungen sind in der Vereinbarung vom 31. Jänner 1999 noch nicht getroffen, sodass eine steuerlich beachtliche Kürzung der Geschäftsführerbezüge des Beschwerdeführers lediglich auf die Vereinbarung vom 16. Dezember 2002 gestützt werden kann.

10 Im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung ist allerdings darauf hinzuweisen, dass rückwirkende Rechtsgeschäfte ungeachtet ihrer zivil-(unternehmens-) rechtlichen Zulässigkeit für den Bereich des Steuerrechts grundsätzlich nicht anzuerkennen sind (vgl. VwGH vom 25. Jänner 1995, 93/15/0027). Die Vereinbarung vom 16. Dezember 2002 konnte daher den bis dahin laufend entstandenen und zugeflossenen Geschäftsführervergütungen, denen auch die laufend vom Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Gesellschaft erbrachten Dienstleistungen gegenüber standen, nicht für zurückliegende Zeiträume den Charakter von Geschäftsführervergütungen nehmen.

11 Aus einer dennoch erfolgten Rückzahlung eines Teils der erhaltenen Vergütungen durch entsprechende Belastung am Verrechnungskonto ist daher für die Beschwerde nichts zu gewinnen, weil diese zu Einlagen in die GmbH führt. Auf die von der Beschwerde aufgeworfene Frage der richtigen Beurteilung des Abflusszeitpunkts der "Rückzahlung" der Geschäftsführervergütung des Beschwerdeführers kommt es somit nicht an.

12 Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

13 Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

14 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 25. Mai 2016

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