VwGH 2013/15/0120

VwGH2013/15/012010.2.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Tanzer, über die Beschwerde der Wohnungseigentumsgemeinschaft G, vertreten durch die Schachner & Partner Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & Co KG in 8010 Graz, Rechbauerstraße 31, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 3. Jänner 2013, Zl. RV/0375-G/12, betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 2009 und 2010, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1994 §1;
UStG 1994 §10 Abs2 Z4 litd;
UStG 1994 §2;
UStG 1994 §4 Abs1;
WEG 2002 §20;
WEG 2002 §31;
UStG 1994 §1;
UStG 1994 §10 Abs2 Z4 litd;
UStG 1994 §2;
UStG 1994 §4 Abs1;
WEG 2002 §20;
WEG 2002 §31;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich Folgendes:

Die beschwerdeführende Wohnungseigentümergemeinschaft führte in den Jahren 2009 und 2010 eine thermische Sanierung der Fassade unter Inanspruchnahme einer Förderung (Annuitätenzuschuss von 30% für ein 14 Jahre laufendes Darlehen) durch. Die Zinsen für eine Zwischenfinanzierung in Höhe von 2.551,36 EUR (2009) und 11.087,38 EUR (2010) wurden den einzelnen Wohnungseigentümern in der jeweiligen Jahresabrechnung umsatzsteuerfrei weiterverrechnet.

Im Zuge einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Ansicht, dass die weiterverrechneten Zinsen mangels unmittelbarer Rechtsbeziehungen zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern und dem Darlehensgeber (Kreditinstitut) keine durchlaufenden Posten darstellten. Wohnungseigentumsgemeinschaften erbrächten bei der Verwaltung der Anlage eine eigenständige und einheitliche Leistung gegenüber den Wohnungseigentümern. Würden Sanierungsarbeiten fremdfinanziert und die damit in Zusammenhang stehenden Kosten an die Wohnungseigentümer weiterverrechnet, seien diese Kosten Teil der einheitlichen Leistung der Wohnungseigentumsgemeinschaft. Diese einheitliche Leistung unterliege dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 10 Abs. 2 Z 4 lit. d UStG 1994.

Das Finanzamt nahm die Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer 2009 und 2010 wieder auf und erließ geänderte Sachbescheide, in denen die Zinsen dem ermäßigten Steuersatz unterworfen wurden.

In ihrer gegen die Wiederaufnahmebescheide gerichteten Berufung wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass die Darlehensabwicklung bis in das Jahr 2011 hineingereicht hätte, sodass die zwischenzeitlich angefallenen Sanierungsaufwendungen von der Beschwerdeführerin über eine Zwischenfinanzierung durch das vorhandene Instandhaltungsgirokonto habe finanziert werden müssen.

In rechtlicher Hinsicht stellte die Beschwerdeführerin klar, dass sie die Umsatzsteuerfreiheit der weiterverrechneten Zinsen von vornherein nicht mit der Bestimmung des § 4 Abs. 3 UStG 1994 (durchlaufende Posten) begründet, sondern den Rechtsstandpunkt vertreten habe, dass die aus der Zwischenfinanzierung stammenden Zinsen gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a UStG 1994 umsatzsteuerfrei seien.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z 3 WEG 2002 zähle die Aufnahme eines Darlehens (einer Zwischenfinanzierung) zur Deckung der durch die Rücklage nicht gedeckten Kosten zur ordentlichen Verwaltung, weshalb die Hausverwaltung berufen gewesen sei, im Einvernehmen mit dem Bankhaus eine entsprechende Zwischenfinanzierung anzubieten. Solcherart habe die Beschwerdeführerin über die Hausverwaltung im Rahmen der Darlehensaufnahme eine eigenständige Leistung erbracht, welche nach § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a UStG 1994 umsatzsteuerfrei sei.

Da die wärmedämmende Fassadeninstandsetzung bereits im Jahr 2008 festgelegt worden sei, sei jedenfalls von einem selbständigen Kreditgeschäft im Rahmen der Kreditgewährung für die einzelnen Wohnungseigentümer auszugehen. Die Gewährung eines Zwischenkredites über das Girokonto der Beschwerdeführerin sei völlig unabhängig davon zu sehen, welche Beträge letztlich gegenüber dem Land bzw. den Wohnungseigentümern aus der Sanierungsmaßnahme abgerechnet worden seien. Die gegenständlichen Zinsen seien auch nicht in die Endabrechnung über die angefallenen Sanierungsmaßnahmen eingeflossen. Es habe daher im Sinne der Rz. 754 der Umsatzsteuerrichtlinien 2000 eine klare Trennung zwischen den angefallenen Aufwendungen der Sanierungsmaßnahmen und den Kreditzinsen gegeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Der Leistungsaustausch bezüglich der Duldung der Kapitalnutzung habe zwischen dem Bankinstitut und der Wohnungseigentumsgemeinschaft als Darlehensnehmerin stattgefunden. Aus den aktenkundigen Kontoauszügen gehe hervor, dass der Wohnungseigentumsgemeinschaft die dafür angefallenen Zinsen angelastet worden seien. Der Weiterverrechnung der Finanzierungskosten für die Sanierungsarbeiten an die einzelnen Wohnungseigentümer liege keine Kreditgewährung der Wohnungseigentumsgemeinschaft an die einzelnen Wohnungseigentümer zu Grunde, sondern die im § 32 Abs. 1 WEG 2002, BGBl. I Nr. 70/2002, begründete Verpflichtung der einzelnen Wohnungseigentümer zur Tragung der Aufwendungen für die Liegenschaft. Die einzelnen Miteigentümer hätten nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile nicht nur die anteiligen Kosten für die Fassadensanierung, sondern auch die infolge der Kreditfinanzierung zwangsläufig erwachsenen und mit der Fassadensanierung untrennbar verbundenen Finanzierungskosten zu tragen. Da die Fassade unter die im gemeinsamen Eigentum stehenden Teile und Anlagen einer Liegenschaft zu subsumieren sei, sei die zu ihrer Erhaltung von der Wohnungseigentumsgemeinschaft besorgte Leistung der Fassadensanierung gemäß § 10 Abs. 2 Z 4 lit. d UStG 1994 mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern.

Somit erweise sich der vom Finanzamt herangezogene Wiederaufnahmegrund als tauglich, zu anders lautenden Umsatzsteuerbescheiden zu führen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Durchführung der Fassadensanierung und die mit der Zwischenfinanzierung erfolgte Kreditgewährung seien zwei getrennte Rechtsakte, die keinesfalls in einem so engen Zusammenhang stünden, dass sie sich als einheitliche Leistung darstellten. Bei der Kreditgewährung handle es sich um einen Tatbestand, der dem § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a UStG 1994 zu subsumieren sei. Tatsache sei, dass die Wohnungseigentümer nicht nur die Kosten für die Kreditnutzung (Zinsen) an die Beschwerdeführerin zu bezahlen hätten, sondern auch das Kapital zurückzuzahlen hätten. Des Weiteren sei zum gegebenen Sachverhalt hinzuzufügen, dass die Zwischenfinanzierung nicht die gesamten Aufwendungen für die Fassadensanierung, sondern nur jenen Teil umfasst habe, der nicht durch die Erhaltungsrücklage gedeckt gewesen sei. Wäre die Erhaltungsrücklage höher gewesen, hätte sich das Thema der Zwischenfinanzierung gar nicht gestellt. Darüber hinaus sei die Zwischenfinanzierung als vorbereitender Schritt für die nachfolgende Beantragung der Landesförderung erfolgt. Es stünde jedem Wohnungseigentümer frei, für die Finanzierung Eigenkapital zu nehmen, selbst Fremdmittel aufzunehmen oder über die Hausverwaltung unter Zwischenschaltung der Wohnungseigentumsgemeinschaft die Kreditfinanzierung zu veranlassen. Auch dürfe keinesfalls übersehen werden, dass die Leistung aus der Kreditgewährung gesondert in Rechnung gestellt werde.

Nach ständiger Rechtsprechung kommt Wohnungseigentümergemeinschaften Unternehmereigenschaft zu, weil sie einerseits im eigenen Namen nach außen auftreten, Leistungen in Auftrag geben und bezahlen und andererseits dadurch nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig werden, dass sie von den einzelnen Mit- und Wohnungseigentümern den auf sie entfallenden Anteil an den Kosten erheben (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Mai 2003, 99/15/0238, vom 4. Februar 2009, 2007/15/0116, und vom 24. Februar 2011, 2007/15/0129, sowie mit weiteren Nachweisen das Erkenntnis vom 24. März 2015, 2012/15/0042).

Nach ebenso herrschender Auffassung erbringen Wohnungseigentümergemeinschaften bei der Verwaltung der Anlage eine eigenständige und einheitliche Leistung an die Wohnungseigentümer. Die steuerlichen Folgen richten sich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Gesamtleistung (vgl. Pernegger in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 10 Rz. 235, Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 10 Abs. 2 Z 4 Anm. 69; Berger/Wakounig in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON2, § 10 Rz. 67/1 und 70; sowie zum Grundsatz der Unteilbarkeit der Leistung, Ruppe/Achatz, UStG4, § 1 Tz. 31ff).

Besteht die Gesamtleistung, wie im Falle von Wohnungseigentümergemeinschaften, in der Erhaltung und Verwaltung des im gemeinsamen Eigentum stehenden und Wohnzwecken dienenden Gebäudes, unterliegt die Leistung nach § 10 Abs. 2 Z 4 lit. d UStG 1994 insgesamt dem ermäßigten Steuersatz. Die umsatzsteuerliche Qualifikation der einzelnen Kostenkomponenten, die in die Leistung der Wohnungseigentümergemeinschaft einfließen, ist dabei unmaßgeblich. Dies bedeutet, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 24. Februar 2011, 2007/15/0129, ausgeführt hat, dass auch Vorleistungen, die nicht mit Umsatzsteuer belastet waren, wie beispielsweise Grundsteuer oder Aufwendungen für einen nichtselbständig beschäftigten Hausbesorger, bei der Weiterverrechnung an die Wohnungseigentümer der Umsatzsteuer zu unterziehen sind.

Gemäß § 4 Abs. 1 UStG 1994 ist Entgelt alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Das Entgelt ist nicht um Aufwendungen des Unternehmers zu kürzen. Die Bemessungsgrundlage bildet vielmehr das ungekürzte Entgelt, weshalb auch weiterverrechnete Aufwendungen wie Porti, Grundsteuer oder Personalaufwand nicht aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden sind, mag das Entgelt auch nur aus weiterverrechneten Aufwendungen bestehen (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 4 Tz. 17 und 22; sowie Kanduth-Kristen in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON2, § 4 Rz. 18).

Dies gilt auch für Zinsen, die der Wohnungseigentümergemeinschaft deshalb angelastet werden, weil laufende Verwaltungsaufwendungen oder wie im Beschwerdefall Sanierungsaufwendungen nicht (zur Gänze) mit Eigenmitteln der Wohnungseigentümer (laufenden Vorauszahlungen, Rücklage nach § 31 WEG 2002) bestritten werden (können). Anders als die Beschwerdeführerin meint, ist in der bloßen Weiterverrechnung der Zinsen für die Fremdfinanzierung der Fassadensanierung keine steuerfreie Kreditgewährung der Miteigentümergemeinschaft an ihre Miteigentümer zu erblicken. Von einer selbständigen Finanzierungsleistung könnte nur dann gesprochen werden, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst einzelnen Wohnungseigentümern hinsichtlich der von ihnen zu leistenden anteiligen Beiträge Zahlungserleichterungen einräumt. Eine solche, der außerordentlichen Verwaltung zuzurechnende Maßnahme (vgl. Feil/Marent/Preisl, WEG 2002, § 20 Tz. 22), liegt im Beschwerdefall nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde nicht vor. Beschließt die Wohnungseigentümergemeinschaft die Durchführung bestimmter Sanierungsarbeiten unter Inanspruchnahme von Fremdkapital, fließen die Zinsen - wie oben ausgeführt - als Teil der Erhaltungsaufwendungen der Wohnungseigentümergemeinschaft in die Bemessungsgrundlage für den ermäßigten Steuersatz ein.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 10. Februar 2016

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