Normen
LiebhabereiV 1993 §1 Abs1;
LiebhabereiV 1993 §2 Abs1;
LiebhabereiV 1993 §1 Abs1;
LiebhabereiV 1993 §2 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Einkommensteuer 2001 bis 2008 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Beschwerdeführer erwarb im September 2001 die Gewerbeberechtigung für die "Herstellung und Vervielfältigung von Tonaufnahmen auf Tonträgern jeder Art" und erklärte in den Jahren 2001 bis 2008 Einkünfte aus der Tätigkeit als Musikproduzent wie folgt:
Jahr | Betriebseinnahmen | Betriebsausgaben | Verlust |
2001 | 14.730,34 | 14.730,34 | |
2002 | 25.340,15 | 25.340,15 | |
2003 | 27.095,85 | 27.095,85 | |
2004 | 26.881,49 | 26.881,49 | |
2005 | 20.881,18 | 20.881,18 | |
2006 | 225,00 | 11.761,05 | 11.536,05 |
2007 | 7.180,35 | 7.180,35 | |
2008 | 400,00 | 1.507,05 | 1.107,05 |
Gesamt: | 625,00 | 135.377,46 | 134.752,46 |
Für die Jahre 2001 bis 2007 ergingen gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufige Einkommensteuerbescheide, in denen die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Musikproduzent als Einkunftsquelle behandelt wurde.
2 Anlässlich einer im Oktober 2002 durchgeführten Umsatzsteuernachschau gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er voraussichtlich erst 2003 Umsätze erzielen werde. Er studiere in Hamburg Pharmazie und werde das Studium voraussichtlich im Frühling 2004 abschließen.
3 Mit Fragenvorhalt vom 22. Februar 2007 hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer vor, dass er aus der Tätigkeit als Musikproduzent bis 2005 keine Einnahmen und bis zuletzt nur Verluste erzielt habe. Gleichzeitig forderte es ihn zu einer Stellungnahme bzw. zur Vorlage einer Prognoserechnung auf, ob und ab welchen Zeitpunkt ein Gesamtüberschuss erzielbar sei.
4 Der Beschwerdeführer führte in der Vorhaltsbeantwortung aus, dass die Einnahmen eines Musikproduzenten schwer abschätzbar seien. Diese hingen ausschließlich vom Erfolg der jeweiligen Musikstücke ab. Komme es zu einem durchgreifenden Erfolg eines Musikstückes könnten jährlich bis zu 400.000 EUR erzielt werden. Weiters führte er aus, seine Tätigkeit habe mit der Komposition eines Liedes begonnen. Damit habe er gute Verbindungen aufgebaut, aber noch keine Einnahmen realisiert. In der Folge habe er mehrere Projekte mit Peter S durchgeführt. Die vereinbarten Honorare von rund 25.000 EUR seien jedoch trotz Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht einbringlich gewesen. Zum Schutz vor derartigen "Betrügern" habe er ein Seminar an der Europäischen Business Akademie und eine 10 monatige Ausbildung zum Musikkaufmann absolviert. In diesen Jahren habe der Beschwerdeführer insgesamt zehn neue Lieder produzierte, die noch nicht unter Vertrag seien. Das aufwendigste Projekt sei jenes mit Velina O, die in S ein großer Kinderstar gewesen sei und nach wie vor eine hohe Medienpräsenz habe. Gemeinsam mit einem der erfolgreichsten Produzenten Europas produziere er mit ihr derzeit vier Lieder. Beim Arabella Musikverlag habe der Beschwerdeführer ein Lied unter Vertrag bekommen. Zuletzt sei ein Weihnachtssong bei Sony Österreich veröffentlicht worden. Die Verträge mit dem Arabella Musikverlag, Sony Österreich und Velina O lägen in Kopie bei. Vertragspartner seien der Beschwerdeführer und Armin M, die sich die Tantiemen teilten (je 50 %).
Abgesehen von den in der Vorhaltsbeantwortung angeführten Verträgen legte der Beschwerdeführer eine Prognoserechnung für den Zeitraum 2006 bis 2010 wie folgt vor:
Jahr | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 |
Einnahmen | 0,00 | 7.000,00 | 30.000,00 | 100.000,00 | 200.000,00 |
Ausgaben | 11.141,00 | 11.141,00 | 13.744,00 | 13.844,00 | 13.944,00 |
Gewinn/Verlust | -11.141,00 | -4.444,00 | 16.256,00 | 86.156,00 | 186.056,00 |
5 In einem weiteren Schriftsatz vom 26. Jänner 2010 hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer vor, dass er entgegen seiner Prognose im Jahre 2008 kaum Umsätze erzielt habe. Gleichzeitig forderte es ihn auf, die Umsätze des Kalenderjahres 2009 bekanntzugeben und zu belegen.
6 Der Beschwerdeführer gab im Rahmen der Vorhaltsbeantwortung bekannt, dass die Einnahmen aus der Musikproduktion im Jahr 2009 2.032,81 EUR betragen hätten. Da der Kredit zur Anschaffung der Musikanlage getilgt und die Anlage fast vollständig abgeschrieben sei, sei 2009 mit einem Gewinn zu rechnen.
7 Am 26. Februar 2011 ergingen u.a. endgültige Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2007 und der Einkommensteuerbescheid 2008, in welchen die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Musikproduzent als Liebhaberei gewertet wurde. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, die Erzielung steuerlicher Verluste von 134.752,46 EUR in einem Zeitraum von acht Jahren bei Umsätzen von lediglich 625 EUR und die betraglich stets über den Umsätzen liegende AfA sprächen gegen die Annahme einer Einkunftsquelle. Dass 2009 mit einem Gewinn zu rechnen sei, weil der Kredit zur Anschaffung der Musikanlage getilgt und die Anlage fast vollständig abgeschrieben sei, stelle keine ausreichend konkretisierte Grundlage für eine Gewinnerzielungsabsicht iSd § 1 Abs. 1 der Liebhabereiverordnung (im Folgenden: LVO) dar. Der Investitionsstillstand sei kein Indiz für die Erhöhung der bisher erzielten, äußerst geringen Umsätze bzw. keine Maßnahme zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation. Die seit 2001 ausgeübte Tätigkeit der Herstellung und Vervielfältigung von Tonaufnahmen auf Tonträgern jeder Art sei daher als Betätigung gemäß § 1 Abs. 2 LVO zu qualifizieren.
8 Der Beschwerdeführer berief u.a. gegen die Einkommensteuerbescheide vom 26. Februar 2011 und brachte in der Berufung erneut vor, dass die Einnahmen eines Musikproduzenten schwer abzuschätzen und ausschließlich vom Erfolg der Musiktitel abhängig seien. Beim durchgreifenden Erfolg eines Musiktitels seien Erlöse bis zu 100.000 EUR erzielbar. Der Gewinnprognose sei die Annahme zugrunde gelegen, dass die bei der "Major Company Sony" untergebrachten Musikstücke Erfolg hätten. Die Verträge mit dem Arabella Musikverlag und Sony Österreich bestünden weiterhin. Allein diese Tatsache spreche klar für eine Gewinnerzielungsabsicht. Der Beschwerdeführer habe zu Beginn seiner Tätigkeit in eine qualitativ hochwertige Musikanlage investiert, weshalb nur geringe Investitionen getätigt werden müssten, um die Anlage am neuesten Stand zu halten. Ein Investitionsstillstand liege nicht vor. Um Miete zu sparen und trotzdem auf branchenüblichem Niveau weiterarbeiten zu können, habe der Beschwerdeführer sein komplettes "Equipment" in das Studio eines bekannten Musikproduzenten verlagert. Auf das Ausbleiben der Einnahmen habe er neben diesen und weiteren Sparmaßnahmen mit nachhaltigen Änderungen in der Ausrichtung der Geschäftstätigkeit reagiert. Er habe neue Bereiche erschlossen und sich dem Markt angepasst. Als Beispiel seien die Bereiche volkstümliche Musik, deutsche Popmusik, Auftragsarbeiten für Künstler, Handyklingeltöne und Telefonschleifen für Firmenkunden genannt. Durch die Erweiterung des Geschäftsfeldes sei 2009 ein positives Ergebnis erwirtschaftet worden. 2010 sei ein Titel zum "Grand Prix der Volksmusik" eingereicht worden. Für einen Betrieb sei eine Telefonschleife erstellt worden und weitere Betriebe befänden sich in "Akquise". Zurzeit stehe der Beschwerdeführer in Verhandlungen, um den österreichweiten Exklusivvertrieb von speziellen Musiklautsprechern für Studios zu bekommen.
Derart hohe Ausgaben und Anstrengungen zu unternehmen, das unternehmerische Risiko zu tragen, dafür 130.000 EUR aus dem Gewinn einer anderen Geschäftstätigkeit zu nehmen, um Geräte zu kaufen, das Studium zu unterbrechen, um eine Ausbildung zum Musikkaufmann zu machen, neun Jahre parallel zum Studium und später zum Beruf für die Musikfirma zu arbeiten, widerspreche dem Vorwurf der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht.
9 Das Finanzamt legte die Berufung der belangten Behörde zur Entscheidung vor, die den Beschwerdeführer mit Vorhalt vom 13. Februar 2012 aufforderte, eine Liste aller im Streitzeitraum durchgeführten Produktionen vorzulegen und bekanntzugeben, wie viel Zeit er im Streitzeitraum für die Tätigkeit als Musikproduzent bzw. für andere berufliche oder sonstige Tätigkeiten (Studium) aufgewendet habe. Weiters wurde der Beschwerdeführer ersucht bekanntzugeben, in welches Studio er sein "Equipment" verlagert habe und wieso dafür keine Miete zu bezahlen sei.
10 In Beantwortung des Fragenvorhalts legte der Beschwerdeführer eine Liste mit über 40 Produktionen vor und führte aus, er habe der Tätigkeit als Musikproduzent sein Hauptaugenmerk gewidmet und im Zuge der Realisation von Projekten weit über das gewöhnliche Zeitausmaß hinaus gearbeitet. Er habe sich bewusst für ein Studium in Hamburg entschieden, weil zu Studienbeginn 1998/99 alle relevanten Musikfirmen und Verlage dort ansässig gewesen seien. Bedingt durch die Doppelarbeit Musik/Studium habe er das Studium erst 2009 abgeschlossen. Seine Betriebsausstattung werde vorübergehend im Studio von KW unentgeltlich verwahrt und für eigene Produktionen genutzt. Erst kürzlich seien eine Telefonschleife für eine Apotheke sowie zwei Lieder produziert worden.
11 Im Rahmen eines Erörterungsgespräches vor der belangten Behörde legte der Beschwerdeführer eine weitere Prognose vor, in der für die Jahre 2011 und 2012 Gewinne von 2.966,67 EUR (2011) und 6.066,67 EUR (2012) ausgewiesen werden. Für die Jahre 2013 bis 2015 werden Gewinne von 7.200 EUR (2013), 8.100 EUR (2014) und 9.000 EUR (2015) prognostiziert.
Zudem wurde die Sach- und Rechtslage erörtert und in Bezug auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers Folgendes protokolliert:
"Zu Beginn der Tätigkeit war der (Beschwerdeführer) Student und hat nach Anschaffung der Studioausrüstung einen Kurs für Musikmanagement (10 Monate) gemacht. Bei den Produktionen mit (Peter S) bestand, nach Angaben des (Beschwerdeführers), ein mündlicher Vertrag über Einnahmen von ca. 30.000 EUR, die jedoch mangels Nachweisbarkeit nicht einbringlich waren. Diese Einnahmen wurden auch durch einen Rechtsanwalt im Namen des Partners des (Beschwerdeführers) geltend gemacht, waren jedoch nicht einbringlich. Über die folgenden Produktionen für (...) gab es keine vertraglichen Vereinbarungen über eine Bezahlung der Produktion durch die Künstler oder ein Label. Es wurden die fertigen Produktionen den Labels angeboten. Die Einnahmen sollten durch anteilige Tantiemen an den verkauften CD's herrühren. Die Produktionen erfolgten auf eigenes Risiko, was, nach Angaben des (Beschwerdeführers) branchenüblich ist."
12 Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung, soweit sie die Einkommensteuer 2001 bis 2008 betrifft, keine Folge. Sie vertrat den Standpunkt, dass die Tätigkeit eines Musikproduzenten und Einrichtung eines Musikstudios unter Einsatz von doch erheblichen finanziellen Mitteln keinen typischen Zusammenhang mit einer in der Lebensführung begründeten Neigung aufweise. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers sei daher unter § 1 Abs. 1 LVO zu subsumieren.
13 Da der Beschwerdeführer in den streitgegenständlichen Jahren nur Verluste erzielt habe, sei das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht anhand der in § 2 Abs. 1 LVO angeführten Kriterien (Ausmaß und Entwicklung der Verluste, Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen oder Überschüssen, Ursachen, auf Grund deren im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnissen kein Gewinn oder Überschuss erzielt werde, marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf die angebotenen Leistungen, marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf die Preisgestaltung sowie Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen) zu überprüfen.
14 Im Streitzeitraum habe der Beschwerdeführer Einnahmen in nur geringer Höhe erzielt. Die Verluste seien in erster Linie auf Abschreibungen und Kreditzinsen zurückzuführen. Der Kredit sei durch Mittel aus dem Privatbereich getilgt worden. Ausmaß und Entwicklung der Verluste sprächen für Liebhaberei.
15 Abgesehen davon, dass fraglich sei, ob die Tätigkeit, die der Beschwerdeführer im Streitzeitraum ausgeübt habe, mit der Tätigkeit ab 2009 ident sei, stehe dem Gewinn der Jahre 2009 (522,42 EUR) und 2010 (2.422,42 EUR) von insgesamt 2.944,84 EUR, ein zuvor realisierter Verlust von insgesamt 134.752,46 EUR gegenüber. Der 2009 und 2010 erzielte Gewinn betrage im Schnitt 1.472,42 EUR. Bis zur Egalisierung der Verluste bräuchte es daher 91 Jahre. Die beim Erörterungsgespräch vorgelegte Prognose sei nicht glaubhaft, weil nicht ersichtlich sei, warum sich die Einnahmen stabil jedes Jahr erhöhen und die Ausgaben nur mehr 10% der Einnahmen betragen sollten. Die Prognose decke sich nicht mit den bisher erzielten Ergebnissen und scheine wie die 2007 vorgelegte Prognose auf "Phantasiezahlen" zu beruhen. Auch das Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen spreche für Liebhaberei.
16 Die Tätigkeit als Musikproduzent sei vom Beschwerdeführer neben dem Studium und damit naturgemäß zeitlich eingeschränkt betrieben worden. Von den Künstlern oder Plattenfirmen sei kein Honorar zur Abdeckung der Produktionskosten verlangt und damit das Preispotential weitgehend nicht ausgenutzt worden. Die Ursachen, auf Grund deren im Gegensatz zu vergleichbaren Tätigkeiten kein Gewinn erzielt werde, sprächen daher für Liebhaberei.
17 Der Beschwerdeführer habe die Tätigkeit als Musikproduzent mit hohem finanziellem Einsatz begonnen, ohne auf wirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten Rücksicht zu nehmen und eine rationale Kosten-Nutzen Rechnung anzustellen oder eine rationale Risikoeinschätzung vorzunehmen. Zu Beginn der Tätigkeit habe er mit den produzierten Künstlern oder Auftraggebern der Produktionen keine schriftlichen Vereinbarungen über die gegenseitigen Rechte und Pflichten und insbesondere die Verteilung allenfalls erzielter Einnahmen aus dem Verkauf der Produktionen abgeschlossen. Auch die Plattenfirmen seien nicht dazu verpflichtet worden, die Produktionen des Beschwerdeführers zu veröffentlichen. Er sei daher faktisch kaum besser gestellt gewesen, wie jede andere Person, die einen "Demo-Song" an eine Plattenfirma schicke. Für die Musikproduktion kein Entgelt zu verlangen, sei völlig unüblich. Zumindest ein Beitrag zu den Fixkosten wäre zu erwarten. Die Kriterien des marktgerechten Verhaltens im Hinblick auf die angebotenen Leistungen und die Preisgestaltung spräche ebenfalls für Liebhaberei.
18 Der Beschwerdeführer habe ein Seminar an der Europäischen Business Akademie für Musik, Event und Medien sowie eine Ausbildung zum Musikkaufmann absolviert. Trotz dieser Ausbildung habe sich an seiner Tätigkeit nichts geändert. Er habe nach wie vor kein Entgelt verlangt und das Risiko der Musikproduktionen allein getragen. Dass die Einsparung der Miete eine Verbesserungsmaßnahme darstelle, werde eingeräumt. Bei der Aufbewahrung betrieblich genutzter Wirtschaftsgüter auf die Großzügigkeit eines Bekannten angewiesen zu sein, beeinträchtige aber den Eindruck eines professionellen, nach marktwirtschaftlichen Gegebenheiten ausgerichteten Produzenten- und Studiobetriebes erheblich. Auch dieser Umstand spreche für Liebhaberei.
19 Bei einer Tätigkeit nach § 1 Abs. 1 LVO lägen innerhalb der ersten drei Jahre ab Beginn der Betätigung, längstens jedoch innerhalb der ersten fünf Jahre ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen, jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum). Nach Ablauf dieses Zeitraumes sei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen, ob weiterhin vom Vorliegen einer Einkunftsquelle auszugehen sei. Ein Anlaufzeitraum dürfe nicht angenommen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalles damit zu rechnen sei, dass die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes beendet werde. Bis zur Egalisierung der in den Jahren 2001 bis 2008 erzielten Verluste von 134.752,46 EUR bräuchte es - wie bereits dargelegt - 91 Jahre. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass die Betätigung vor Erzielen eines Gesamtgewinnes beendet werde.
20 Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.
21 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
22 Die Betätigung des Beschwerdeführers als Musikproduzent beurteilte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid als Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 1 LVO 1993 idF BGBl. II Nr. 358/1997.
23 Bei Betätigungen im Sinn des § 1 Abs. 1 LVO ist das Vorliegen von Einkünften zu vermuten. Die Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn die Absicht einen Gesamtgewinn zu erzielen, nicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs. 1 LVO) nachvollziehbar ist.
24 Nach § 2 Abs. 2 LVO liegen innerhalb der ersten drei Kalenderjahre ab Beginn einer Betätigung (z.B. Eröffnung eines Betriebes) im Sinn des § 1 Abs. 1 LVO, längstens jedoch innerhalb der ersten fünf Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben) für diese Betätigung jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum). Ein Anlaufzeitraum darf nicht angenommen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls damit zu rechnen ist, dass die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) beendet wird.
25 Stellt sich bei einer Tätigkeit nach § 1 Abs. 1 LVO (mit Ausnahme der Vermietung) objektiv erst nach mehreren Jahren heraus, dass sie niemals erfolgbringend sein kann, kann sie dennoch bis zu diesem Zeitpunkt als Einkunftsquelle anzusehen sein. Erst wenn die Tätigkeit dann nicht eingestellt wird, ist sie für Zeiträume ab diesem Zeitpunkt als Liebhaberei zu qualifizieren (vgl. z.B. VwGH vom 2. März 2006, 2006/15/0018).
26 Ob in Bezug auf eine bestimmte Tätigkeit ein subjektives Ertragsstreben vorliegt oder nicht, ist durch eine Kriterienprüfung im Sinne des § 2 Abs. 1 LVO festzustellen. Die Beweiswürdigung ist insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also ob sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut im Sinne der Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen (vgl. Ritz, BAO5, § 167 Tz. 10, mit Hinweisen auf die hg. Judikatur).
27 Die belangte Behörde führte eine Kriterienprüfung durch und kam im Rahmen dieser Prüfung zur Überzeugung, dass der Beschwerdeführer von den Künstlern oder Plattenfirmen kein Honorar zur Abdeckung der Produktionskosten verlangt und damit das Preispotential weitgehend nicht ausgenutzt habe, weshalb die Ursachen, auf Grund deren im Gegensatz zu vergleichbaren Tätigkeiten kein Gewinn erzielt werde, für Liebhaberei sprächen. Auch die Kriterien des marktgerechten Verhaltens im Hinblick auf die angebotenen Leistungen und die Preisgestaltung sprächen für Liebhaberei, weil der Beschwerdeführer zu Beginn seiner Tätigkeit keine schriftlichen Vereinbarungen über die Verteilung der Einnahmen aus dem Verkauf der Produktionen abgeschlossen und die Plattenfirmen nicht dazu verpflichtet habe, seine Produktionen zu veröffentlichen. Er sei dadurch kaum besser gestellt gewesen als jede andere Person, die einen "Demo-Song" an eine Plattenfirma schicke. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen des Erörterungsgespräches, dass die Kosten der Produktionen durch anteilige Tantiemen gedeckt werden sollten und die von ihm gewählte Vorgangsweise branchenüblich sei, trat die Behörde nicht entgegen. Konkrete Feststellungen dahingehend, dass auf Gewinn ausgerichtete Betriebe vergleichbarer Größe anders agierten, traf die belangte Behörde ebenfalls nicht. Schon deshalb stellen die in Bezug auf das subjektive Ertragsstreben des Beschwerdeführers vorgenommenen Erwägungen nicht das Ergebnis einer schlüssigen Beweiswürdigung dar. Die belangte Behörde hat sich auch mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren, wonach er auf das Ausbleiben von Einnahmen mit Sparmaßnahmen und der nachhaltigen Änderung in der Ausrichtung der Geschäftstätigkeit reagiert und damit strukturverbessernde Maßnahmen gesetzt habe, nicht hinreichend auseinandergesetzt, obwohl den Bemühungen eines Abgabenpflichtigen zur Verbesserung der Ertragslage im Rahmen der Kriterienprüfung nach § 2 Abs. 1 LVO wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. z.B. VwGH vom 7. Oktober 2003, 99/15/0209, und vom 27. Mai 1999, 97/15/0113).
28 Die Argumentation der belangten Behörde, dass ein Anlaufzeitraum nach § 2 Abs. 2 LVO im Streitfall nicht angenommen werden dürfe, weil davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer seine Betätigung vor dem Anfallen eines Gesamtgewinns beenden werde, überzeugt ebenfalls nicht.
29 Dieser Argumentation liegt die Überlegung zugrunde, dass in den Jahren 2009 und 2010 ein durchschnittlicher Gewinn von 1.472,42 EUR erzielt worden sei und es 91 Jahre bis zur Egalisierung der im Streitzeitraum realisierten Verluste von insgesamt 134.752,46 EUR bräuchte. Da der Beschwerdeführer in den Jahren 2009 (522,42 EUR) und 2010 (2.422,42 EUR) steigende Gewinne erzielte, ist die von der belangten Behörde vorgenommen Durchschnittsbetrachtung und die darauf basierende Hochrechnung nicht nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr, als sich der Gewinn aus der verfahrensgegenständlichen Betätigung laut der beim Erörterungsgespräch vorgelegten Prognoserechnung, die laut Beschwerde im Wissen um die Zahlen 2011 und 2012 erstellt worden sei, in den Folgejahren weiter erhöhte.
30 Der angefochtene Bescheid erweist sich daher, soweit er die Einkommensteuer 2001 bis 2008 betrifft, als mit Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb er insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben war.
31 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
32 Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
33 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am 21. April 2016
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