Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §13 Abs3;
AVG §13 Abs7 idF 1998/I/158;
AVG §13 Abs7 idF 1998/I158;
AVG §13 Abs7;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §56;
AVG §63 Abs5 impl;
AVG §63 impl;
AVG §68 Abs1;
GSLG Tir §19 litb;
VwRallg;
ZPO §237 Abs3;
ZPO §237;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem angefochtenen Bescheid und der vorliegenden Beschwerde ergibt sich folgender übereinstimmender Sachverhalt (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2011, 2009/07/0140):
Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) vom 10. Juli 1981 wurde auf Grundlage eines Parteienübereinkommens rechtskräftig entschieden, dass der Beschwerdeführer der Agrargemeinschaft F. ein näher beschriebenes Bringungsrecht einräume und in welcher Weise die Aufteilung der Kosten zwischen der Agrargemeinschaft und dem Beschwerdeführer zu erfolgen habe. Die Bringungsrechtseinräumung sollte bis zu dem Zeitpunkt befristet sein, an welchem der Beschwerdeführer mit dem Bau seiner Jausenstation beginne; danach sei der Weg eventuell zu verlegen und über die Trassenführung und die Kostentragung für die Erhaltung neu zu verhandeln.
Der Beschwerdeführer beantragte mit Eingabe vom 17. August 2005 bei der AB, über die endgültige Bringungsrechtseinräumung im Zusammenhang mit der Agrargemeinschaft neu zu verhandeln und zu beschließen.
Nach mehreren Rechtsgängen setzte die AB mit Bescheid vom 8. August 2012 gemäß § 19 lit. b des Tiroler Güter- und Seilwegelandesgesetzes (GSLG) in Abänderung des im Jahre 1981 zugunsten der Agrargemeinschaft eingeräumten Bringungsrechtes die Kostentragung für die Erhaltung der Bringungsanlage neu fest; der Beschwerdeführer sollte 41,02 % und die Agrargemeinschaft 58,98 % der Kosten tragen.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 10. August 2012 zugestellt.
Mit Schreiben vom 20. August 2012 teilte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer der AB "binnen offener Frist mit, dass der verfahrenseinleitende Antrag vom 17. August 2005 hiermit zurückgezogen wird."
Mit Schreiben vom 11. September 2012 legte die AB den Akt der belangten Behörde mit der Bitte um Entscheidung über diese Eingabe vor. Dieser Akt wurde von der belangten Behörde an die Erstinstanz mit der Begründung rückgemittelt, dass das Schreiben des Beschwerdeführers vom 20. August 2012 nicht als Berufung, sondern als eine Zurückziehung des Antrags vom 17. August 2005 zu werten sei.
Mit Bescheid vom 24. Jänner 2013 wies die AB das Anbringen des Beschwerdeführers vom 20. August 2012 als unzulässig zurück, dies deshalb, weil die Zurückziehung des Antrages nach Bescheiderlassung erfolgt sei und eine Einstellung des Verfahrens daher nicht mehr in Betracht komme. Die Zurückziehung des Antrages sei auch nicht im Berufungsverfahren erfolgt, zumal keine Berufung eingebracht worden sei. Nur in dem Falle, in dem gegen den Bescheid eine Berufung eingebracht worden wäre, hätte der Antrag noch zurückgezogen werden können, was nach der Rechtsprechung die Behebung des angefochtenen Bescheides durch die Berufungsbehörde zur Folge hätte. Ein im Übrigen auch einer anderen Partei gegenüber bereits erlassener Bescheid könne nicht durch eine bloße Antragszurückziehung aus dem Rechtsbestand ausscheiden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er vorbrachte, jedes Verfahren ende erst mit dem Eintritt der Rechtskraft der erlassenen Entscheidung. Bis zum Eintritt der Rechtskraft entfalte diese Entscheidung keine Rechtswirkungen. Wenn der Gesetzgeber nun vorsehe, dass der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden könne, so sei damit klargestellt, dass eine Antragszurückziehung bis zum Eintritt der Rechtskraft zulässig sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab.
Sie begründete dies nach Wiedergabe des § 13 Abs. 1 und 7 AVG damit, dass die Zurückziehung eines Antrags eine empfangs-, aber nicht annahmebedürftige prozessuale Willenserklärung sei. Das Schreiben des Beschwerdeführers vom 20. August 2012 stelle zweifelsfrei eine ausdrückliche Willenserklärung dar und sei am 22. August 2012 beim Amt der Tiroler Landesregierung eingelangt. Die rechtzeitige Zurückziehung des Antrages bewirke das Erlöschen der Entscheidungspflicht, sodass über den Antrag bei sonstiger Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht mehr abgesprochen werden dürfe. Auch die Berufungsbehörde sei nicht mehr berechtigt, über den zurückgezogenen verfahrenseinleitenden Antrag in der Sache abzusprechen. Zu klären sei nun die Frage, was unter "in jeder Lage des Verfahrens" in § 13 Abs. 7 AVG zu verstehen sei, bis wann ein Antrag also zurückgezogen werden könne. Die Wirkung einer Zurückziehung hänge nicht davon ab, in welcher Instanz über den Antrag abgesprochen worden sei, sondern allein davon, ob noch ein Antrag unerledigt sei und daher zurückgezogen werden könne. Ab Erlassung eines Bescheides könne der verfahrenseinleitende Antrag nicht mehr zurückgenommen werden, eine entsprechende Erklärung gehe ins Leere. Werde aber die Unwiderrufbarkeit des Bescheides dadurch beseitigt, dass dagegen eine - zulässige und fristgerechte - Berufung erhoben werde, so seien sowohl der verfahrenseinleitende als auch der Berufungsantrag offen. Beide Anträge könnten bis zur Erlassung des Berufungsbescheides zurückgezogen werden. Im gegenständlichen Verfahren sei mit Bescheid vom 8. August 2012 gemäß § 19 lit. b GSLG über den Antrag des Beschwerdeführers entschieden und die Kostentragung für die Erhaltung der Bringungsanlage neu festgesetzt worden. Dieser Bescheid sei dem Beschwerdeführer und der Agrargemeinschaft am 10. August 2012 nachweislich zugestellt worden. Die Zurückziehung des Antrages sei am 22. August 2012, somit nach Bescheiderlassung, bei der Behörde eingelangt und es sei die Antragszurückziehung mangels Vorliegens einer Berufung auch nicht im Berufungsverfahren erfolgt, weshalb die Behörde erster Instanz dieses Anbringen zu Recht als unzulässig zurückgewiesen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Der Beschwerdeführer macht unter dem Aspekt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit geltend, dass nach § 13 Abs. 7 AVG Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden könnten. Unter Hinweis auf den Rechtssatz zu 2006/12/0127, wonach Antragszurückziehungen die Anhängigkeit eines Verwaltungsverfahrens über den Antrag voraussetzten, meint der Beschwerdeführer, wenn über einen Antrag bescheidmäßig abzusprechen sei, könne die Anhängigkeit des Verwaltungsverfahrens nicht vor Rechtskraft der Entscheidung enden. Dies widerspräche sonst dem Gesetzeswortlaut, wonach Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden könnten. Da der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung eine wesentliche Änderung des verfahrenseinleitenden Antrags als Zurückziehung des ursprünglichen Antrags ansehe, müsse dies umso mehr gelten, wenn der verfahrenseinleitende Antrag nicht nur geändert, sondern eben vor Rechtskraft der bescheidmäßigen Erledigung innerhalb offener Rechtsmittelfrist zurückgezogen werde. Es stellte einen Formalismus dar, würde man dem Antragsteller nur nach Einbringung einer Berufung die Möglichkeit geben, seinen Antrag nach Erlassung des Bescheides zurückzuziehen. Der Antragsteller wäre genötigt, eine - mangels Berufungsgrund unter Umständen sinnlose - Berufung einzubringen, weitere Kosten und Gebühren zu bezahlen, und behördlichen Rechtsschutz mit entsprechendem Behördenaufwand in Anspruch zu nehmen, nur um sein eigentliches Ziel, nämlich die Zurückziehung seines ursprünglichen Begehrens, erreichen zu können. Dass diesfalls die Kompetenz der angerufenen Rechtsmittelinstanz, sowohl über den ursprünglichen Antrag als auch über den Berufungsantrag zu entscheiden, nachträglich erlösche (VwGH 2008/05/0241), mache die Konstruktion umso absurder. Richtiger und dem Wortlaut des § 13 Abs. 7 AVG entsprechender sei daher, von der rechtzeitigen und zulässigen Antragszurückziehung des Beschwerdeführers auszugehen.
Unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verweist der Beschwerdeführer auf § 13 Abs. 2 (gemeint wohl: Abs. 3) AVG und meint, das Vorgehen der Behörde widerspreche dieser Bestimmung. Bei Zweifeln über den Inhalt eines Anbringens habe die Behörde den Gegenstand des Anbringens von Amts wegen - etwa durch Vernehmung des Beteiligten -
zu ermitteln. Inhaltliche Mängel eines Anbringens seien verbesserungsfähig. Obwohl die AB Zweifel am Inhalt des Anbringens des Beschwerdeführers gehabt habe, habe sie dies weder mit dem Beschwerdeführer erörtert, noch diesem Gelegenheit zur Verbesserung, etwa durch fristgerechte Einbringung einer Berufung, gegeben. Auch die belangte Behörde als Berufungsbehörde habe auf das Schreiben des Beschwerdeführers nicht mit einem Verbesserungsauftrag reagiert.
Der Verfahrensmangel sei für den Ausgang des Verfahrens aber relevant, da bei rechtzeitigem und gesetzmäßigem Auftrag der AB sowie der belangten Behörde an den Beschwerdeführer, den Mangel zu beheben, eine Verbesserung möglich gewesen wäre. Insbesondere hätte der Beschwerdeführer nach Einleitung des Berufungsverfahrens seinen Antrag zurückziehen können.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des § 13 Abs. 1 und 7 AVG haben folgenden Wortlaut:
"§ 13. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.
(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.
(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
(4) ...
(7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden."
Die Zurückziehung eines Anbringens stellt selbst ein Anbringen dar. Die Zurückziehung eines Antrags bedarf einer ausdrücklichen diesbezüglichen Willenserklärung gegenüber der Behörde. Weist ein Anbringen einen undeutlichen Inhalt auf, so hat die Behörde gemäß § 37 und § 39 Abs. 2 AVG durch Herbeiführung einer entsprechenden Erklärung den wahren Willen des Einschreiters festzustellen, diesen also zu einer Präzisierung aufzufordern bzw. zum Inhalt einzuvernehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. November 2007, 2006/12/0193, mwN).
Dem Anbringen vom 20. August 2012 ist allerdings klar der Wille des Antragstellers zu entnehmen, den verfahrenseinleitenden Antrag vom 17. August 2005 zurückzuziehen. Eine Bezugnahme auf den Bescheid der AB vom 8. August 2012 findet sich lediglich insofern, als die Antragszurückziehung "binnen offener Rechtsmittelfrist" erfolgte. Dieser Hinweis ist allerdings zu wenig deutlich, um Zweifel am Inhalt des Anbringens selbst zu hegen, zumal der Beschwerdeführer im Verfahren anwaltlich vertreten wurde und davon auszugehen ist, dass einem Anwalt der Unterschied zwischen der Zurückziehung eines Antrages und der Einbringung eines Rechtsmittels geläufig ist.
Auch den Ausführungen der vorliegenden Beschwerde, insbesondere dem Vorbringen in Bezug auf die angebliche Verletzung von Verfahrensvorschriften, ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer mit seiner Erklärung vom 20. Oktober 2012 tatsächlich allein den Zweck verfolgte, seinen verfahrensauslösenden Antrag vom 17. August 2005 zurückzuziehen. Weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, dass der Schriftsatz vom 20. August 2012 in Wahrheit als Rechtsmittel gegen den Bescheid der AB vom 8. August 2012 zu verstehen gewesen wäre. Für eine Umdeutung der Antragszurückziehung in eine Berufung bestand daher, auch angesichts des unmissverständlichen Wortlauts der Eingabe, kein Anlass.
Allerdings meint der Beschwerdeführer in der Beschwerde, die Behörde hätte ihn nach § 13 Abs. 2 (gemeint wohl: § 13 Abs. 3) AVG zur Verbesserung auffordern müssen, und zwar insofern, als er auf die Möglichkeit (Notwendigkeit) einer vorhergehenden fristgerechten Berufungseinbringung hätte hingewiesen werden müssen.
Damit verkennt der Beschwerdeführer aber den Inhalt des § 13 Abs. 3 AVG. Eine Verbesserung eines Antrags kommt nach dieser Bestimmung dann in Frage, wenn ein Anbringen einen Mangel aufweist, also von für die Partei erkennbaren Anforderungen des Materiengesetzes oder des AVG an ein vollständiges fehlerfreies Anbringen abweicht. Für die Zurückziehung des verfahrensauslösenden Antrages gibt es aber - über die ausdrückliche Willenserklärung hinausgehend - keine besonderen Anforderungen im Materiengesetz oder im AVG. Das Anbringen vom 20. August 2012 war daher keineswegs mangelhaft im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG, wurde doch darin der Wille des Antragstellers auf Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags eindeutig kundgetan. Für einen inhaltlichen Verbesserungsauftrag, bezogen auf die Eingabe vom 20. August 2012, bestand daher keine Veranlassung.
Sollte der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen aber die Bestimmung des § 13a AVG (Rechtsbelehrung) im Auge haben, so ist er darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung lediglich bei nicht anwaltlich vertretenen Parteien Anwendung findet. Der Beschwerdeführer war aber anwaltlich vertreten.
Die AB konnte daher ohne Rechtsirrtum davon ausgehen, dass der im Schriftsatz vom 20. August 2012 zum Ausdruck gebrachte Wille des Beschwerdeführers allein in der Zurückziehung des verfahrensauslösenden Antrags bestand.
§ 13 Abs. 7 AVG enthält (seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) die ausdrückliche Vorschrift, dass ein Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden kann.
Der Gesetzgeber wollte § 13 Abs. 7 AVG nach dem Vorbild des § 237 ZPO einführen (so die RV 1167 BlgNR, XX. GP, 26). Zu dieser Bestimmung entspricht es einhelliger Ansicht, dass die Rechtsfolgen des § 237 Abs. 3 ZPO (insbesondere also, dass die Klage als nicht angebracht anzusehen ist) automatisch mit dem Zugang der Erklärung des Klägers an das Gericht eintreten, sodass einem die Prozessbeendigung aussprechenden Beschluss nur deklarative Bedeutung zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2005, 2002/12/0294, mwN).
Auch nach der Rechtsprechung vor Inkrafttreten des § 13 Abs. 7 AVG bewirkte eine Antragsrückziehung das Ende des Verfahrens, ohne dass es einer behördlichen Entscheidung bedurfte (vgl. dazu die die damalige Judikatur berücksichtigenden Ausführungen von Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens6, Anm. 25 zu § 13 AVG; sowie das hg. Erkenntnis vom 29. März 2001, Zl. 2000/20/0473, mit weiterem Nachweis der Vorjudikatur).
Die Zurückziehung eines Antrages zieht daher - wenn sie dem Vorbild des § 237 ZPO vergleichbare Rechtswirkungen habe sollte - keinen weiteren, über die formlose Einstellung des Verfahrens hinausgehenden Akt der Behörde nach sich. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn die Behörde, die in der Sache zu entscheiden hat, über den verfahrensauslösenden Antrag noch keinen Bescheid erlassen hat.
Ist ein Bescheid erlassen, wurde er also einer der Verfahrensparteien gegenüber rechtswirksam zugestellt, treten aber bereits Bescheidwirkungen ein, die nur durch die rechtzeitige Erhebung eines zulässigen Rechtsmittels wieder beseitigt werden können. Ist dies nicht der Fall, erhebt also keine der Verfahrensparteien ein Rechtsmittel, so werden diese Bescheidwirkungen nicht sistiert und eine Antragsrückziehung nach Erlassung eines Bescheides erweist sich als unzulässig.
Wenn der Beschwerdeführer wiederholt meint, mit der Erlassung des Bescheides seien noch keine Rechtswirkungen eingetreten, so übersieht er die bereits mit der Bescheiderlassung verbundenen sogenannten materiellen Rechtskraftwirkungen.
Bei den Rechtskraftwirkungen von Bescheiden wird zwischen der formellen und der materiellen Rechtskraft unterschieden. Versteht man unter formeller Rechtskraft, dass ein Bescheid durch die Parteien nicht mehr mit ordentlichen Rechtsmitteln angefochten werden kann, so bezieht sich der Begriff der materiellen Rechtskraft auf die mit dem Bescheid verbundene Bindungswirkung für die Behörden und für die Parteien. Mit der materiellen Rechtskraft wird die Unabänderlichkeit (Unwiderrufbarkeit) des Bescheides verbunden; der Bescheid kann demnach von der Behörde von Amts wegen nicht mehr abgeändert oder aufgehoben werden, soweit es nicht eine Ermächtigung zur Abänderung oder Aufhebung eines Bescheides gibt. Die Unabänderlichkeit tritt aber schon mit Erlassung des Bescheides - vor der formellen Rechtskraft - ein; der noch nicht formell rechtskräftigte Bescheid darf nur auf Grund eines ordentlichen Rechtsmittels einer Partei abgeändert oder aufgehoben werden. Ab Eintritt der formellen Rechtskraft darf ein Bescheid nur aufgehoben oder abgeändert werden, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist (vgl. dazu Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, Seite 234).
Mit der Erlassung des Bescheides vom 8. August 2012 durch Zustellung an den Beschwerdeführer bzw. die Agrargemeinschaft traten daher bereits die genannten Rechtswirkungen ein; insbesondere konnte die belangte Behörde (als Rechtsmittelbehörde) den Bescheid der AB vom 8. August 2012 nach dessen Erlassung weder abändern noch aufheben. Eine solche Befugnis kam ihr auch nach Zurückziehung des verfahrensauslösenden Antrags mangels Vorliegens eines Rechtmittels gegen den Erstbescheid nicht zu.
Entscheidend für die Zulässigkeit der Zurückziehung ist allein, ob ein Antrag noch unerledigt ist und daher zurückgezogen werden kann. Mit der Erlassung eines Bescheides und den damit sofort einhergehenden Rechtswirkungen ist der Antrag als erledigt anzusehen. Nur dann, wenn die materielle Rechtskraft des Bescheides dadurch beseitigt wird, dass dagegen eine - zulässige und fristgerechte - Berufung erhoben wird, ist sowohl der verfahrenseinleitende Antrag als auch der Berufungsantrag offen. Beide Anträge können dann auch bis zur Erlassung des Berufungsbescheides zurückgezogen werden (vgl. dazu Hengstschläger-Leeb, AVG Rz 42 zu § 13).
Daraus folgt, dass - wie die einschreitenden Behörden zutreffend festhielten - die Zurückziehung des verfahrensauslösenden Antrages nach Erlassung des Bescheides der AB zu spät erfolgte und keine Rechtswirkungen mehr nach sich zog.
Die im Instanzenzug erfolgte Zurückweisung des Anbringens des Beschwerdeführers vom 20. August 2012 verletzte ihn daher nicht in Rechten.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorlag, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 25. Juli 2013
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