VwGH 2013/04/0134

VwGH2013/04/013424.11.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser und Dr. Mayr sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des S C in C, vertreten durch Dr. Lucas Lorenz und Mag. Sebastian Strobl, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Adamgasse 9a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 3. September 2012, Zl. Gew-50007-12/1-2012, betreffend Zurückweisung einer Gewerbeanmeldung, zu Recht erkannt:

Normen

Buchmacher TotalisateurG Tir 2002;
B-VG Art10 Abs1 Z8;
B-VG Art15 Abs1;
B-VG Art15 Abs3;
B-VG Art83 Abs2;
GewO 1994 §1 Abs1;
GewO 1994 §2 Abs1 Z22;
GewO 1994 §5;
StGG Art6;
VwRallg;
Buchmacher TotalisateurG Tir 2002;
B-VG Art10 Abs1 Z8;
B-VG Art15 Abs1;
B-VG Art15 Abs3;
B-VG Art83 Abs2;
GewO 1994 §1 Abs1;
GewO 1994 §2 Abs1 Z22;
GewO 1994 §5;
StGG Art6;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund die Aufwendungen in Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

2.1. Der Beschwerdeführer meldete am 9. Jänner 2012 bei der Bezirkshauptmannschaft K gemäß § 339 GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 85/2012, ein freies Gewerbe mit dem Wortlaut "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" für einen Standort in K an. Diese Gewerbeanmeldung wurde mangels Zuständigkeit der angerufenen Behörde als unzulässig zurückgewiesen.

2.2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab und führte begründend aus, gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 GewO 1994 seien die Bestimmungen der Gewerbeordnung auf die Vermittlung und den Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen (Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher) nicht anzuwenden. Die vorliegende Gewerbeanmeldung der "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" sei als Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher zu verstehen. Der Tatbestand des § 2 Abs. 1 Z 22 GewO 1994 sei nicht restriktiv auszulegen. Es bestehe ein zwingender rechtlicher Zusammenhang zwischen den Regelungstatbeständen der Vermittlung von Wetten und der von Wettkunden, weshalb auch letzterer nicht der Bundeskompetenz unterliege. Im Übrigen bestehe eine Nähe zu den öffentlichen Schaustellungen und Belustigungen aller Art gemäß Art. 15 Abs. 3 B-VG, deren Regelung in die Landeskompetenz falle. Im Ergebnis unterliege die angemeldete Tätigkeit nicht der Bundeskompetenz, sondern vielmehr der Kompetenz der Länder, weshalb die gegenständliche Gewerbeanmeldung nicht in die Zuständigkeit der angerufenen Gewerbebehörde falle.

3. Mit Erkenntnis vom 2. Oktober 2013, B 1316/2012, wies der Verfassungsgerichtshof die zunächst an ihn gerichtete Beschwerde ab und trat diese unter einem gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof ab. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof zusammengefasst aus, gegen die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z 22 GewO 1994, welche die Vermittlung und den Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen (Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher) vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausnehme, bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Diese einfachgesetzliche Ausnahmebestimmung entspreche vielmehr - so bereits das Erkenntnis VfSlg. 1477/1932 - der Verfassungsrechtslage, weil die Regelung der Tätigkeit der "Buchmacher und Totalisateure" nicht unter den Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG "Gewerbe und Industrie" falle, sondern gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG in der Zuständigkeit der Länder verbleibe. Die Vermittlung von Wettkunden sei im Rahmen eines einheitlichen Lebenssachverhaltes der Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher vorgeschaltet und in diesem Sinne untrennbar mit einer Veranstaltung im Sinne der von der Gewerbeordnung ausgenommenen Unternehmungen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen aller Art im Sinne des Art. 15 Abs. 3 B-VG verbunden. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher und Wettbüros sei dem Kompetenztatbestand der "öffentlichen Agentien und Privatgeschäftsvermittlung" zuzuordnen, sei zu entgegnen, dass die Vermittlungstätigkeit per se kein systematisch entscheidendes Abgrenzungskriterium zu anderen Kompetenztatbeständen darstelle. Ungeachtet des Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG sei es nicht zwingend, Regelungen über die selbständige Tätigkeit der Vermittlung von Privatgeschäften kompetenzrechtlich anders einzuordnen als das betreffende Hauptgeschäft.

Die belangte Behörde habe daher zu Recht ihre Unzuständigkeit für die Gewerbeanmeldung des freien Gewerbes "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" erklärt. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG sei daher nicht verletzt worden. Ebenso wenig liege eine Verletzung des Rechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung nach Art. 6 StGG vor, weil der Beschwerdeführer die angestrebte Tätigkeit zwar nicht im Rahmen des freien Gewerbes nach den Regeln der GewO 1994 erbringen könne, es ihm jedoch offen stehe, seine Tätigkeit im Rahmen landesgesetzlicher Vorschriften auszuüben. Der Zugang zur Tätigkeit werde dem Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht verwehrt. Selbst bei Annahme der Anwendbarkeit von Art. 15 und Art. 16 der Grundrechtecharta komme die behauptete Verletzung mangels Eingriff in eines dieser Rechte nicht in Betracht.

4. Mit der über Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

5. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5.1. Die einschlägigen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 85/2012, lauten wie folgt:

"I. Hauptstück

Allgemeine Bestimmungen

Geltungsbereich

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

(...)

§ 2. (1) Dieses Bundesgesetz ist - unbeschadet weiterer ausdrücklich angeordneter Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - auf die in den nachfolgenden Bestimmungen angeführten Tätigkeiten nicht anzuwenden:

(1. - 21. ...)

22. die Vermittlung und den Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen (Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher);

(...)

2. Einteilung der Gewerbe

§ 5. (1) Soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, dürfen Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der bei einzelnen Gewerben vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.

(2) Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 1, die nicht als reglementierte Gewerbe (§ 94) oder Teilgewerbe (§ 31) ausdrücklich angeführt sind, sind freie Gewerbe. Unbeschadet allfälliger Ausübungsvorschriften ist für diese kein Befähigungsnachweis zu erbringen."

5.2. Insofern die Beschwerde vorbringt, die Ansicht, die Gewerbebehörden hätten mangels Anwendbarkeit der GewO 1994 und aus kompetenzrechtlichen Gründen die Gewerbeanmeldung zu Recht zurückgewiesen, stehe mit der Kompetenzverteilung des B-VG nicht im Einklang, insbesondere sei das vom Beschwerdeführer angemeldete Gewerbe der "Privatgeschäftsvermittlung" zuzuordnen und es bestehe kein zwingender Zusammenhang zwischen Vermittlungs- und Haupttätigkeit, ist sie auf die - unter Punkt 2. zusammengefasst wiedergegebene - Begründung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 2. Oktober 2013, B 1316/2012, zu verweisen.

Der von der Beschwerde ferner vorgebrachten Rechtsansicht, § 2 Abs. 1 Z 22 GewO 1994 erfasse ausschließlich die Wettvermittlung nach dem "Totalisatorprinzip", nicht jedoch die Wettkundenvermittlung, weil eine gegenteilige Auslegung dem Wortlaut der genannten Bestimmung widerspreche, steht - ausgehend von der vom Verfassungsgerichtshof im bereits oben zitierten Erkenntnis (siehe dort insbesondere Rz 3.5.) vorgenommenen kompetenzrechtlichen Zuordnung des Tatbestandes "Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher und Totalisateure" zur Zuständigkeit der Länder gemäß Art. 15 Abs. 3 B-VG sowie der zwischen der Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher und der Vermittlung von Wettkunden an diese bestehenden untrennbaren Verbindung - schon die gebotene verfassungskonforme Interpretation des Ausnahmetatbestandes entgegen. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Bestimmungen des Tiroler Landesgesetzes über die Tätigkeit der Buchmacher und Totalisateure, LGBl. Nr. 58/2002, i.d.g.F. zu verweisen.

5.3. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 24. November 2014

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