European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:2013040118.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Die Beschwerdeführerin - eine registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung - betreibt in T seit 1998 eine Biomasse-Heizungsanlage.
Mit Schriftsatz vom 24. April 2012 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Feststellung, dass der Betrieb dieser Anlage nicht unter die Bestimmungen der Gewerbeordnung falle. Alle Mitglieder der Genossenschaft seien Landwirte und würden die gegenständliche Anlage im Rahmen eines Nebengewerbes betreiben, sodass die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 4 Z 9 GewO 1994 zum Tragen komme.
2. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten (im Folgenden: belangte Behörde) wurde gemäß § 348 Abs. 1 letzter Satz GewO 1994 festgestellt, dass auf den Betrieb der Biomasse-Heizungsanlage durch die Beschwerdeführerin die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 anzuwenden sind.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin betreibe selbst keine Land- und Forstwirtschaft. Die land- und forstwirtschaftlichen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften fielen grundsätzlich unter die Bestimmungen der Gewerbeordnung. Gemäß § 2 Abs. 4 GewO 1994 seien die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen. Dabei stelle der innige Zusammenhang mit der Landwirtschaft das Zentralkriterium bei den Nebengewerben dar. Demnach sei der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung und Lieferung von Wärme aus Biomasse mit einer Brennstoffwärmeleistung bis einschließlich 4 MW durch natürliche Personen, Gesellschaften bürgerlichen Rechts oder land- und forstwirtschaftliche Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften - unter bestimmten weiteren Voraussetzungen - dann ausgenommen, wenn sie in Zusammenhang mit einer Land- und Forstwirtschaft stünden. Das Argument, dass ein "Hauptbetrieb" vorhanden sei, sofern ein Mitglied einen solchen führe, finde keine rechtliche Deckung, da es sich bei der Genossenschaft um ein eigenständiges Rechtsgebilde handle. Die "Eigenschaften" der Mitglieder, hier die "Führung" eines land- oder forstwirtschaftlichen Hauptbetriebes, würden nicht automatisch auf die Genossenschaft übertragen.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
4.1. § 348 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) idF BGBl. I Nr. 85/2013 lautet:
"f) Feststellungsverfahren der Oberbehörde über die Anwendbarkeit der gewerberechtlichen Vorschriften und über den aufrechten Bestand von Gewerbeberechtigungen
§ 348. (1) Wird eine Gewerbeanmeldung erstattet oder um die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage angesucht oder bei der Behörde die Feststellung beantragt, ob die Genehmigungspflicht einer Anlage im Sinne des § 74 gegeben ist, bestehen aber Zweifel, ob auf die betreffende Tätigkeit die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden sind, so hat die Behörde über diese Frage zu entscheiden. Dies gilt auch für den Fall, wenn in einem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 366 Zweifel bestehen, ob auf die betreffende Tätigkeit die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anwendbar sind.
(...)
(4) Die Behörde hat von Amts wegen oder auf Antrag einer Person, die ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat, mit Bescheid festzustellen, ob eine Gewerbeberechtigung aufrecht ist und verneinendenfalls, in welchem Zeitpunkt sie geendet hat."
4.2. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden sind die Verwaltungsbehörden berechtigt, aus einem im privaten oder im öffentlichen Interesse begründeten Anlass auch ohne ausdrückliche Ermächtigung Recht(sverhältnisse) bescheidförmig festzustellen, sofern dadurch nicht den im einzelnen Fall maßgeblichen Rechtsvorschriften widersprochen würde, also die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. September 2010, 2008/04/0165, mit Verweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 73 ff). Liegt demnach eine lex specialis vor, ist nach dieser alleine die Zulässigkeit des Feststellungsantrages zu beurteilen. Im Beschwerdefall ist dies § 348 GewO 1994.
Gemäß § 348 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine Gewerbeanmeldung erstattet oder um die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage angesucht oder bei der Behörde die Feststellung beantragt wird, ob die Genehmigungspflicht einer Anlage i.S.d. § 74 gegeben ist, aber Zweifel bestehen, ob auf die betreffende Tätigkeit die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden sind, über diese Frage zu entscheiden. Mangels einer im Gesetz vorgesehenen Antragslegitimation beteiligter Personen ist das Verfahren nach § 348 Abs. 1 GewO 1994 nicht auf Antrag, sondern unter den hier normierten Voraussetzungen von Amts wegen durchzuführen (vgl. das bereits oben zitierte hg. Erkenntnis 2008/04/0165, mwN).
4.2.1. Ein Rechtsanspruch auf bescheidmäßige Feststellung, dass die von ihr ausgeübte Tätigkeit nicht den Bestimmungen der Gewerbeordnung unterliege, kommt der Beschwerdeführerin im Sinne der obigen Rechtsausführungen nicht zu. Die Unzulässigkeit des Antrages wäre durch die Berufungsbehörde wahrzunehmen gewesen. Indem die belangte Behörde dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet.
An diesem Ergebnis ändert der Hinweis auf das Vorliegen einer "Gewerbeanmeldung" im erstinstanzlichen Bescheid nichts. Dem in § 339 Abs. 2 GewO 1994 betreffend den Inhalt der Gewerbeanmeldung normierten Erfordernis der genauen Bezeichnung des Gewerbes wird (nämlich nur) dann entsprochen, wenn die gewählte Bezeichnung die Art der beabsichtigten Gewerbeausübung eindeutig erkennen und keinen Zweifel über den damit umschriebenen Gegenstand aufkommen lässt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2014, 2013/04/0078, mwN). Wie dem Verwaltungsakt zu entnehmen ist, lag der Ergänzung des Antrages auf "Feststellung der Nichtanwendbarkeit der gewerberechtlichen Vorschriften (§ 348 der GewO)" vom 3. Juli 2012 ein undatiertes Schreiben bei, in welchem ausschließlich ein Standort (Millstätterstr. 8, 9521 Treffen) der Beschwerdeführerin angeführt ist, ohne einen Hinweis darauf zu enthalten, welches Gewerbe die Beschwerdeführerin anzumelden wünscht. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage kann dieses, den Antrag auf Feststellung der Nichtanwendbarkeit der gewerberechtlichen Bestimmungen ergänzende Schreiben nicht als Grundlage eines Gewerbeanmeldungsverfahrens angesehen werden.
4.3. Im Übrigen ist zum Inhalt einer Feststellung nach § 348 GewO 1994 auf das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2015, 2013/04/0113, zu verweisen.
Der angefochtene Bescheid war daher - ohne, dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden braucht - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
4.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 14. Oktober 2015
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