VwGH 2013/03/0073

VwGH2013/03/007326.6.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der B H in R, vertreten durch Stolz & Schartner Rechtsanwälte Gesellschaft m.b.H. in 5550 Radstadt, Schernbergstraße 19, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Salzburg vom 22. April 2013, Zl A3/26805/7/2012, betreffend Erlassung eines Waffenverbots, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13a;
AVG §45 Abs3;
StPO §90g;
WaffG 1996 §12 Abs1;
AVG §13a;
AVG §45 Abs3;
StPO §90g;
WaffG 1996 §12 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde über die Beschwerdeführerin gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) ein Waffenverbot verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei mit Abschlussbericht der Polizeiinspektion R bei der Staatsanwaltschaft Salzburg wegen des Verdachtes der gefährlichen Drohung angezeigt worden. Dem sei ein schon seit Jahren andauernder Familien- und Nachbarschaftsstreit zugrunde gelegen, der am 17. August 2012 eskaliert sei und in dessen Folge die Beschwerdeführerin am 19. August 2012 H H mit den Worten "wenn L dies nicht zurückzieht, dann passiert heute Mord und Totschlag" mehrmals gefährlich bedroht habe. Von der Beschwerdeführerin sei dies weder in der Beschuldigtenvernehmung des Strafgerichtes noch im Zuge des Parteiengehörs zum Waffenverbot bestritten worden. Erst in der - von der unvertretenen Beschwerdeführerin eingebrachten - Berufung und ihrer Ergänzung an die belangte Behörde habe die Beschwerdeführerin sich dahingehend geäußert, dass es sich bei diesem Vorwurf um Verleumdungen der Geschwister H handle, da sie nicht aggressiv sei und lediglich den Streit schlichten habe wollen. Sie habe H H lediglich darum ersucht, dass diese auf ihren Bruder einwirke, damit er die Anzeige zurückziehe, damit nicht noch Schlimmeres passiere. Diese Darstellung stehe im Widerspruch zu den Protokollen zweier - näher bezeichneter - Zeugenaussagen. Beide Zeuginnen hätten (mit fast identem Wortlaut) zu Protokoll gebracht, dass die Beschwerdeführerin H H mit den Worten "Wenn er (gemeint L) dies nicht zurückzieht, dann passiert heute Mord und Totschlag" gefährlich bedroht habe. Die belangte Behörde gehe aufgrund dieser Zeugenaussagen davon aus, dass die gefährliche Drohung stattgefunden habe. Dies werde auch dadurch erhärtet, dass die Staatsanwaltschaft erst nach erfolgreichem Tatausgleich nach § 204 Abs 1 StPO im Jänner 2013 "vom Verfahren zurückgetreten" sei und eine Einstellung gemäß den §§ 190 bis 192 StPO verfügt habe. Nach dieser Gesetzesstelle könne von der Verfolgung einer Straftat zurückgetreten werden, wenn durch die Tat Rechtsgüter einer Person unmittelbar beeinträchtigt sein könnten und der Beschuldigte bereit sei, für die Tat einzustehen und sich mit deren Ursachen auseinanderzusetzen. Damit werde klargestellt, dass der Tatbestand der gefährlichen Drohung gegeben gewesen sei und es sich bei den in der Berufung angeführten Verleumdungen und der angeblichen Streitschlichtung offensichtlich um Schutzbehauptungen der Beschwerdeführerin handle. Dass die erstinstanzliche Behörde dieses Verhalten als Tatsache gewertet habe, die die Annahme rechtfertige, dass von Waffen ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte, könne von der belangten Behörde nachvollzogen werden. Schließlich sei bei der Beschwerdeführerin selbst nach einer zweitägigen "Abkühlphase" noch ein so hohes "emotionelles Aggressionspotential" vorhanden gewesen, dass massive Drohungen ausgesprochen worden seien. Hinzu komme, dass dieser Familienstreit schon seit geraumer Zeit schwele und es immer wieder zu einer Eskalation komme. Es sei den Streitenden bisher nicht gelungen, den Konflikt gütlich zu lösen. Da somit auch in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem Ausbruch neuerlicher Streitigkeiten zu rechnen sei, nach wie vor ein großes Aggressionspotential vorhanden sei und die Beschwerdeführerin im Besitz von Waffen gewesen sei, sei es aus Präventionsgründen dringend geboten, einer eventuellen missbräuchlichen Verwendung von Waffen vorzubeugen und ein Waffenverbot zu erlassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

1. Gemäß § 12 Abs 1 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der in § 12 Abs 1 WaffG bezeichneten Art; dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte. Hierbei ist nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt lediglich voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen zu befürchten ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde nach § 12 Abs 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass ein bisher untadeliges Vorleben dem entgegenstünde. Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (vgl zur ständigen Rechtsprechung etwa VwGH vom 20. Juni 2012, 2011/03/0235 und 2012/03/0064, mwN).

2. Die Beschwerde macht geltend, es sei von der belangten Behörde weder erhoben worden, ob im Sachverhalt Neuerungen eingetreten seien noch sei der mittlerweile anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin die Gelegenheit gegeben worden, ergänzendes Vorbringen zu erstatten. Deshalb übersehe die belangte Behörde, dass das Strafverfahren gegen die Beschwerdeführerin eingestellt worden sei.

Dem ist zu erwidern, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ohnedies auf die Einstellung des Strafverfahrens gegen die Beschwerdeführerin Bezug genommen hat. Dass sie - ungeachtet des Rücktritts von der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft - in eigener, nicht als unschlüssig zu erkennender Beweiswürdigung zu der Feststellung gelangte, dass die umstrittenen Drohungen durch die Beschwerdeführerin stattgefunden haben, ist mangels Bindung an die strafgerichtliche Entscheidung im waffenrechtlichen Verfahren nicht zu beanstanden (vgl zur mangelnden Bindung der Waffenbehörde an die Einstellung eines Strafverfahrens nach Durchführung eines außergerichtlichen Tatausgleiches etwa VwGH vom 25. Februar 2009, 2008/03/0064).

3. Die Beschwerde rügt weiters, die Beschwerdeführerin sei nicht einvernommen worden bzw sei ihr keine Möglichkeit gegeben worden, sich zu dem Beweisergebnis zu äußern und - näher angeführte - Beweisanträge zu stellen. In diesem Fall wäre nämlich hervorgekommen, dass keine Drohungen anzunehmen gewesen wären.

Mit diesem Vorbringen legt die Beschwerde keinen relevanten Verfahrensmangel dar. Zum einen begründet es keinen Verfahrensmangel, wenn die belangte Behörde der Beschwerdeführerin zu ihrer eigenen Berufung kein weiteres Parteiengehör eingeräumt und sie nicht aufgefordert hat, unterlassene Beweisanträge (auf Parteienvernehmung oder Zeugeneinvernahme) nachzuholen. Insbesondere geht die in § 13a AVG vorgesehene Manuduktionspflicht nicht soweit, die Partei in materiell-rechtlicher Hinsicht zu beraten oder zur Erhebung bestimmter Behauptungen bzw zur Stellung bestimmter Beweisanträge anzuleiten (vgl etwa VwGH vom 9. November 2011, 2010/06/0029, mwN). Zum anderen ist unter Berücksichtigung des angefochtenen Bescheides und des dagegen ins Treffen geführten Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde - von der Erstbehörde abweichende und von der Beschwerdeführerin bestrittene - Tatsachenfeststellungen getroffen hätte, ohne der Beschwerdeführerin dazu Parteiengehör einzuräumen.

4. Auch die Behauptung der Beschwerde, die Beurteilung der belangten Behörde weiche von jener der Erstbehörde deutlich ab, weil letztere ihre Entscheidung auf das "Aggressionspotenzial" der Beschwerdeführerin gestützt und den Tatbestand der gefährlichen Drohung dabei "nur am Rande erwähnt" habe, während dieser Tat von der belangten Behörde tragende Bedeutung beigemessen werde, vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Die belangte Behörde hat in ihrer Entscheidung ausdrücklich die erstinstanzliche Beurteilung, wonach (vor allem) die gegenständliche Tat ein hohes Aggressionspotential der Beschwerdeführerin zeige, bestätigt. Sie hat überdies auf den - von der Beschwerde nicht bestrittenen - Umstand verwiesen, dass der dieser Tat zugrunde liegende Familienstreit schon seit geraumer Zeit schwele, es immer wieder zur Eskalation komme und gütliche Lösungen bislang nicht gefunden worden seien, in ihre Betrachtung einbezogen. Ausgehend davon kann es nicht als fehlerhaft erkannt werden, wenn die belangte Behörde (wie schon die Behörde erster Instanz) zu dem Ergebnis gelangte, es lägen konkrete Umstände vor, die die Besorgnis erweckten, dass die Beschwerdeführerin von Waffen gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauch machen könnte.

5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. Juni 2013

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