Normen
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
FrPolG 2005 §76;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
FrPolG 2005 §83;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
FrPolG 2005 §76;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
FrPolG 2005 §83;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste am 11. Dezember 2006 aus Schweden kommend nach Österreich ein.
Er beantragte während einer ersten Anhaltung in Schubhaft am 20. Februar 2010 die Gewährung von internationalem Schutz. Der Antrag wurde mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesasylamtes vom 9. Juli 2010 vollinhaltlich abgewiesen; unter einem wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen. Bereits davor war gegen den Beschwerdeführer wegen Ausübung einer nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht erlaubten Beschäftigung mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 22. Februar 2010 ein rechtskräftiges, mit fünf Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen worden.
Nachdem der Beschwerdeführer am 2. November 2011 bei einer fremdenrechtlichen Kontrolle in Wien aufgegriffen und festgenommen worden war, verhängte die Bundespolizeidirektion Wien über ihn mit Bescheid 3. November 2011 gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG die Schubhaft zur Sicherung seiner Abschiebung. Auf Grund dieser Anordnung wurde der Beschwerdeführer bis 23. Februar 2012 in Schubhaft angehalten.
Mit am 16. Jänner 2012 (durch mündliche Verkündung in der an diesem Tag abgehaltenen Verhandlung) erlassenem Bescheid wies der Unabhängige Verwaltungssenat Wien eine gegen die Festnahme, den genannten Schubhaftbescheid sowie die Anhaltung in Schubhaft gerichtete, am 9. Jänner 2012 eingelangte Beschwerde gemäß § 83 FPG ab. Zugleich wurde gemäß § 83 Abs. 4 FPG festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen.
Am 3. Februar 2012 erhob der Beschwerdeführer mit der Behauptung, die "weitere Anhaltung" sei rechtswidrig, eine zweite Schubhaftbeschwerde. In der Begründung vertrat der Beschwerdeführer den Standpunkt, die Dauer der Schubhaft sei vor dem Hintergrund, dass kein Heimreisezertifikat vorliege, keines in Aussicht gestellt worden und ein solches für Indien generell sehr schwer zu bekommen sei, "zumindest mittlerweile" unverhältnismäßig. Da in absehbarer Zeit kein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer erlangt werden könne, habe die Schubhaft "derzeit" nur noch den gesetzlich verpönten Zweck einer Beugehaft.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 8. Februar 2012 wies der Unabhängige Verwaltungssenat Wien diese Schubhaftbeschwerde wegen entschiedener Sache zurück. Das gründete er im Wesentlichen darauf, dass im Verhältnis zur Beurteilung mit der Entscheidung vom 16. Jänner 2012 in den tatsächlichen Umständen keine maßgebliche Änderung eingetreten sei. Mit dem genannten Bescheid habe der Unabhängige Verwaltungssenat Wien auch ausgesprochen, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft "im Grunde des § 80 Abs. 2 und Abs. 5 FPG im Entscheidungszeitpunkt Deckung findet". Da dies weiterhin gelte, liege demnach Identität der Sache vor und die gegenständliche "Beschwerde hinsichtlich der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft" sei wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückzuwiesen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der oben wiedergegebene Inhalt der gegenständlichen Schubhaftbeschwerde lässt sich dahin verstehen, dass sie sich der Sache nach nur gegen die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft, also ab Erhebung der Beschwerde am 3. Februar 2012, richtet. Davon scheint auch der belangte unabhängige Verwaltungssenat ausgegangen zu sein. Er ist jedoch bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Administrativbeschwerde von der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum FPG abgewichen:
Zur mehrmaligen Erhebung von Schubhaftbeschwerden nach § 83 FPG hat der Verwaltungsgerichtshof nämlich unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 2001, B 515/00 u.a., VfSlg. 16.079, ausgesprochen, dass nur dann von entschiedener Sache ausgegangen werden könne, wenn sich die spätere Beschwerde auf einen Zeitraum beziehe, über den bereits durch einen Bescheid abgesprochen wurde (siehe aus der ständigen Rechtsprechung zuletzt etwa das Erkenntnis vom 24. Jänner 2013, Zl. 2012/21/0183, mwN).
Das trifft hier nicht zu, weil mit der (zweiten) Schubhaftbeschwerde vom 3. Februar 2012 nur die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft bekämpft wurde. Hinsichtlich dieses Zeitraumes, der von dem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. Jänner 2012 noch nicht erfasst wurde (und werden konnte), liegt keine entschiedene Sache vor.
In diesem Zusammenhang wurde im Übrigen bereits klargestellt, dass der - (nur) einen neuen Titelbescheid darstellende - Ausspruch des unabhängigen Verwaltungssenates nach § 83 Abs. 4 FPG, dass "zum Zeitpunkt seiner Entscheidung" die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, im Verhältnis zu einer sich auf den danach liegenden Zeitraum beziehenden Schubhaftbeschwerde nicht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache begründet (siehe auch dazu das schon genannte Erkenntnis vom 24. Jänner 2013, Zl. 2012/21/0183, mwN).
Da die belangte Behörde ungeachtet dessen eine inhaltliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ab 3. Februar 2012 verweigerte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am 2. August 2013
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