VwGH 2012/18/0182

VwGH2012/18/018222.1.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie die Hofräte Mag. Feiel und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des AS in W, vertreten durch Mag. Hubert Wagner LLM, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Wattmanngasse 8/5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 20. November 2009, Zl. E1/444.076/2009, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
MRK Art3;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
MRK Art3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Angola, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 17. Juli 2002 unrechtmäßig in Österreich eingereist. Am selben Tag habe er einen Asylantrag gestellt, der letztlich am 31. Jänner 2007 vom unabhängigen Bundesasylsenat rechtskräftig abgewiesen worden sei. Die Behandlung einer dagegen gerichteten Beschwerde habe der Verfassungsgerichtshof abgelehnt. Der Verwaltungsgerichtshof habe einer bei ihm erhobenen Beschwerde zwar vorerst die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Jedoch habe er die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde schließlich mit Beschluss vom 10. Juni 2009 ebenfalls abgelehnt.

Am 14. Juli 2009 habe der Beschwerdeführer beim Landeshauptmann von Wien einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels eingebracht. Das dort anhängige Verfahren habe jedoch keine Auswirkungen auf das gegenständliche Ausweisungsverfahren.

Der Beschwerdeführer, der unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sei, habe zu keiner Zeit über einen Aufenthaltstitel verfügt. Er sei auch nach Abschluss der die Abweisung seines Asylbegehrens betreffenden höchstgerichtlichen Verfahren im Bundesgebiet geblieben. Er halte sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FPG lägen vor. Der Beschwerdeführer könne daher ausgewiesen werden.

Zur Beurteilung nach § 66 FPG führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer verfüge über keine familiären Bindungen im Bundesgebiet. Er halte sich allerdings seit mehr als sieben Jahren hier auf. Es sei daher davon auszugehen, dass mit der Ausweisung ein Eingriff in sein Privatleben verbunden sei. Ungeachtet dessen sei die gegenständliche fremdenpolizeiliche Maßnahme für das Erreichen von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, hier konkret zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, dringend geboten.

Bei der Bewertung des bisherigen inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers sei zu berücksichtigen, dass eine daraus ableitbare Integration auf Grund des Umstandes, dass sich sein Asylbegehren als unberechtigt erwiesen habe, erheblich beeinträchtigt werde. Der Beschwerdeführer bringe vor, in Österreich als Künstler und "Augustinverkäufer" tätig zu sein. Dazu sei allerdings anzumerken, dass er über keine "Arbeitsgenehmigung" verfüge und den "Beschäftigungen" nicht als Arbeitnehmer nachgehe. Die siebenjährige Abwesenheit von seinem Heimatland könne nicht dazu führen, dass er dort sämtliche Kontakte verloren hätte. Im Asylverfahren sei geklärt worden, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland nicht verfolgt werde. Vor diesem Hintergrund hätten die privaten Interessen des Beschwerdeführers gegenüber den hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens in den Hintergrund zu treten. Die Auswirkungen der Ausweisung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der gegenständlichen Maßnahme.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese mit Beschluss vom 27. April 2010, B 1498/09-9, abgelehnt und unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - im Verfahren ergänzte - Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (20. November 2009) nach den Bestimmungen des FPG in der Fassung des BGBl. I Nr. 29/2009 richtet.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Richtigkeit der Ausführungen der belangten Behörde, aus denen sich ergibt, dass er sich im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Die behördliche Beurteilung der belangten Behörde, im vorliegenden Fall sei der die Ausweisung ermöglichende Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt, begegnet vor dem Hintergrund der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellungen keinen Bedenken.

Die Beschwerde wendet sich gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung nach § 66 FPG. Dazu verweist der Beschwerdeführer auf seinen bereits seit dem Jahr 2002 währenden Aufenthalt in Österreich sowie seine Tätigkeit als Künstler. Er trete in Bands als Trommler auf und gebe Trommel- und Tanzunterricht. Weiters sei er auch "Augustinverkäufer". Er habe auch viele internationale und österreichische Freunde und sei unbescholten.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die belangte Behörde hat im Wesentlichen ohnehin die in der Beschwerde vorgetragenen integrationsbegründenden Umstände ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt und in die Interessenabwägung einbezogen. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde aus diesen Umständen aber nicht ableiten müssen, dass seine Ausweisung aus Österreich unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK unzulässig sei. Die geltend gemachten - nur das Privat- und nicht auch das Familienleben des Beschwerdeführers betreffenden - Umstände stellen sich nämlich auch in Verbindung mit der Aufenthaltsdauer (bis zum maßgeblichen Bescheiderlassungszeitpunkt) nicht als so außergewöhnlich dar, dass unter dem genannten Gesichtspunkt von einer Ausweisung hätte Abstand genommen und akzeptiert werden müssen, dass der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten letztlich versucht, in Bezug auf seinen Aufenthalt in Österreich vollendete Tatsachen zu schaffen. Bei der Bewertung des privaten Interesses des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich war im Sinn des § 66 Abs. 2 Z 8 FPG vor allem auch zu berücksichtigen, dass er auf der Grundlage der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung, die ihm während des Asylverfahrens zugekommen war, nicht damit rechnen durfte, dauernd in Österreich bleiben zu können.

Ausgehend davon wurde das Gewicht der vom Beschwerdeführer erlangten Integration zutreffend als gemindert angesehen. Es ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde das Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich nicht höher einschätzte, als das gegenläufige, der Aufrechterhaltung des - hoch zu bewertenden - geordneten Fremdenwesens dienende öffentliche Interesse an der Beendigung des - jedenfalls seit Abschluss des das Asylverfahren betreffenden Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof - unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers. Ein die Unzulässigkeit der Ausweisung bewirkendes, direkt aus Art. 8 EMRK abzuleitendes Aufenthaltsrecht musste dem Beschwerdeführer nicht zugestanden werden.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stand der Ausweisung auch nicht entgegen, dass er einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen gestellt hat (vgl. betreffend die hier in Rede stehenden, sich auf Art. 8 EMRK beziehenden Aufenthaltstitel etwa das hg. Erkenntnis vom 30. April 2010, Zl. 2010/18/0111, mwN).

Soweit der Beschwerdeführer schließlich noch darauf hinweist, dass er in seinem Heimatland bedroht sei und dort keine Existenzgrundlage mehr habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Fragen einer allfälligen Verfolgung im Heimatland sowie einer allfällig dort gegebenen Bedrohung im Sinn des Art. 3 EMRK nicht im Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung zu klären sind. Dafür stehen eigene - vom Beschwerdeführer auch angestrengte - Verfahren zur Verfügung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. April 2011, Zl. 2011/18/0072, mwN). Daran ändert auch die Auffassung des Beschwerdeführers, im Asylverfahren sei nichts geklärt worden, nichts.

Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 22. Jänner 2013

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