VwGH 2012/17/0531

VwGH2012/17/053127.2.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, Hofrat Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der B Ltd. in M, vertreten durch Dr. Michaela Iro, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Invalidenstraße 13/1/5/15, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenats im Land Niederösterreich vom 2. Oktober 2012, Senat-MB-12-0048 und Senat-MB-12-0050, betreffend Maßnahmenbeschwerden im Zusammenhang mit Beschlagnahmen nach dem GSpG, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art129a Abs1 Z2;
GSpG 1989 §53 Abs2;
GSpG 1989 §53 Abs3;
VStG §39 Abs2;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
GSpG 1989 §53 Abs2;
GSpG 1989 §53 Abs3;
VStG §39 Abs2;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.652,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde zwei Maßnahmenbeschwerden gemäß § 67a Z 2 AVG "gemäß § 67c Abs. 3 AVG" als unzulässig zurück.

Die Maßnahmenbeschwerden richteten sich jeweils gegen Beschlagnahmen von Glücksspielgeräten gemäß § 53 Abs. 2 GSpG durch Organe zweier Finanzämter. In der Beschwerde wurde jeweils die Unzuständigkeit der einschreitenden Organe und das Fehlen der Voraussetzungen für die Beschlagnahme gemäß § 53 Abs. 2 GSpG geltend gemacht.

1.2. Begründend führte die belangte Behörde in beiden angefochtenen Bescheiden übereinstimmend aus, dass das Einschreiten der Organe bei der vorgenommenen Kontrolle sowie der Beschlagnahme des jeweiligen Geräts keinen Akt der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dargestellt habe. Da somit keine Ausübung einer unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt im Sinne des § 67a Abs. 1 Z 2 AVG bzw. Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG vorgelegen sei, sei die belangte Behörde zur Behandlung der Beschwerde unzuständig, sodass mit Zurückweisung der Beschwerden vorzugehen gewesen sei.

1.3. Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

1.4. Die belangte Behörde hat die Akten zu den Zlen. Senat-MB- 12-0048 und Senat-MB-12-0050 vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2013, Zl. 2012/17/0432 mwN) ausgesprochen hat, liegt bei einer vorläufigen Beschlagnahme, solange die Behörde die Beschlagnahme weder durch Bescheid bestätigt noch die beschlagnahmten Gegenstände tatsächlich zurückgestellt hat, eine die gesamte Dauer der Beschlagnahme umfassende Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor.

Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit er nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde oder wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu überprüfen.

2.2. Wie sich aus der im Vorstehenden zitierten hg. Rechtsprechung ergibt, setzt die selbständige Anfechtung einer vorläufigen Beschlagnahme gemäß § 53 Abs. 2 GSpG durch Organe der Finanzaufsicht voraus, dass noch kein die Beschlagnahme anordnender Bescheid der Behörde gemäß § 53 Abs. 3 GSpG ergangen ist.

Daraus folgt umgekehrt, dass eine Zurückweisung einer Maßnahmenbeschwerde gegen die Beschlagnahme durch Organe der Finanzaufsicht nach § 53 Abs. 2 GSpG ohne Feststellung, ob ein nachfolgender Bescheid der Verwaltungsbehörde die selbständige Anfechtbarkeit der Akte der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt beseitigt hat, rechtswidrig ist.

2.3. Da die belangte Behörde auf dem Boden ihrer verfehlten Rechtsauffassung keinerlei Feststellungen darüber getroffen hat, ob ein Bescheid gemäß § 53 Abs. 3 GSpG hinsichtlich der mit Maßnahmenbeschwerde bekämpften Akte der Organe der Finanzaufsicht ergangen war oder nicht, erweisen sich die Bescheide als inhaltlich rechtswidrig.

2.4. Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen bzw. die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bzw. der Gegenschrift der belangten Behörde einzugehen war.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 27. Februar 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte