Normen
B-VG Art15a;
Mindestsicherung Vereinbarung Art15a B-VG 2010 Art2 Abs4;
Mindestsicherung Vereinbarung Art15a B-VG 2010;
MSG NÖ 2010 §21 Abs1;
MSG NÖ 2010 §43 Abs1;
MSG NÖ 2010 §43 Abs2;
SHG NÖ 2000;
VwRallg;
B-VG Art15a;
Mindestsicherung Vereinbarung Art15a B-VG 2010 Art2 Abs4;
Mindestsicherung Vereinbarung Art15a B-VG 2010;
MSG NÖ 2010 §21 Abs1;
MSG NÖ 2010 §43 Abs1;
MSG NÖ 2010 §43 Abs2;
SHG NÖ 2000;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. Februar 2012 wurde der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung vom 1. Juli bis 30. September 2011 mit monatlich EUR 553,52 und vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2011 mit EUR 704,42 festgesetzt.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei alleinstehend, weshalb für sie gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 der Niederösterreichischen Mindestsicherungsverordnung - NÖ MSV im Jahr 2011 der Mindeststandard für Alleinstehende in der Höhe von monatlich EUR 752,94 anzuwenden sei. Dieser beinhalte gemäß § 1 Abs. 2 NÖ MSV einen Betrag in der Höhe von EUR 188,23 zur Deckung des Wohnbedarfes; der restliche Betrag in der Höhe von EUR 564,71 diene zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes.
Die Beschwerdeführerin habe für die von ihr bewohnte Wohnung monatlich EUR 173,71 an Miete und Betriebskosten zu bezahlen und erhalte einen Wohnzuschuss in der Höhe von EUR 34,-- monatlich. Die Abweichung zu den im Antrag der Beschwerdeführerin angegebenen EUR 195,55 ergebe sich daraus, dass gemäß § 10 Abs. 1 des Niederösterreichischen Mindestsicherungsgesetzes - NÖ MSG Heizkosten (EUR 14,78) sowie Kosten für Warmwasser (EUR 7,06) nicht in den Wohnbedarf mit einzuberechnen seien, sondern vom Betrag zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes abgedeckt seien.
Es ergebe sich somit (durch Abzug von EUR 14,78, EUR 7,06 und EUR 34,--) ein Betrag zur Deckung des Wohnbedarfes in der Höhe von EUR 139,71. Insgesamt ergebe sich somit für die Beschwerdeführerin ein Mindeststandard in der Höhe von EUR 704,42 (EUR 564,71 zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes und EUR 139,71 zur Deckung des Wohnbedarfes).
Am 27. Juni 2011 habe die Beschwerdeführerin eine geringfügige Beschäftigung im Hotel S. angenommen, der sie bis zum 30. September 2011 nachgegangen sei. Sie habe so im Juli, August und September 2011 jeweils EUR 150,90 verdient. Dieser Betrag sei gemäß § 6 Abs. 1 NÖ MSG bei der Berechnung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zu berücksichtigen und daher von EUR 704,42 abzuziehen. Es ergebe sich daher für die Monate Juli, August und September 2011 ein Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in der Höhe von EUR 553,52 und für die Monate Oktober, November und Dezember 2011 in der Höhe von EUR 704,42.
Soweit die Beschwerdeführerin vorbringe, dass in ihrem Fall das Verschlechterungsverbot des § 43 Abs. 2 NÖ MSG zur Anwendung komme, sei dazu auszuführen, dass die Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 16. September 2010 erstmals Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung - und zwar unter Anwendung des Verschlechterungsverbotes - erhalten habe. Das Verschlechterungsverbot finde jedoch gemäß § 43 Abs. 2 iVm § 43 Abs. 1 NÖ MSG nur solange Anwendung, als sich nicht der der Leistung zugrunde liegende Sachverhalt ändere. Durch die Annahme der geringfügigen Beschäftigung im Hotel S. habe sich der für den Leistungsanspruch der Beschwerdeführerin maßgebliche Sachverhalt jedoch geändert.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des Niederösterreichischen Mindestsicherungsgesetzes - NÖ MSG idF LGBl. 9205-1 lauten wie folgt:
"§ 6
Einsatz der eigenen Mittel
(1) Die Bemessung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nach dem 3. Abschnitt hat unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der Hilfe suchenden Person zu erfolgen.
(2) Als Einkommen gelten alle Einkünfte, die der Hilfe suchenden Person tatsächlich zufließen.
(…)
3. Abschnitt
Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung
§ 9 Allgemeines
(1) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung umfasst folgende Leistungen:
- 1. Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes,
- 2. Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfes,
(…)
§ 10
Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfes
(1) Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes umfassen den Aufwand für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und Strom sowie andere persönliche Bedürfnisse wie die angemessene soziale und kulturelle Teilhabe.
(…)
(3) Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfes umfassen den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und wohnbezogene Abgaben.
§ 11
Mindeststandards
(1) Die Landesregierung hat nach Maßgabe des Art. 10 Abs. 2 und 3 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung, LGBl. 9204-0, durch Verordnung die Höhe der Mindeststandards zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes für folgende hilfsbedürftige Personen zu regeln:
1. für alleinstehende und alleinerziehende Personen, (…)
(3) Mindeststandards zur Sicherung des notwendigen Lebensunterhaltes nach Abs. 1 beinhalten grundsätzlich einen Geldbetrag zur Deckung des Wohnbedarfes im Ausmaß von 25% bzw. bei hilfsbedürftigen Personen, die eine Eigentumswohnung oder ein Eigenheim bewohnen, einen Geldbetrag im Ausmaß von 12,5%. Besteht kein oder ein geringerer Aufwand zur Deckung des Wohnbedarfes oder ist dieser Aufwand anderweitig gedeckt, sind die jeweiligen Mindeststandards um diese Anteile entsprechend zu reduzieren, höchstens jedoch um 25% bzw. 12,5%.
(…)
§ 21
Neubemessung und Einstellung von
Leistungen
(1) Die Leistung ist von Amts wegen mit schriftlichem Bescheid neu zu bemessen, wenn Änderungen der Voraussetzungen eintreten; fallen Voraussetzungen weg, ist die Leistung mit schriftlichem Bescheid einzustellen.
(…)
§ 43
Übergangsbestimmungen
(1) Die Bezirksverwaltungsbehörden haben eine Neubemessung aller Dauerleistungen, die mit Bescheid nach dem NÖ Sozialhilfegesetz, LGBl. 9200, gewährt wurden, von Amts wegen mit Bescheid durchzuführen. Diese Bescheide sind innerhalb von vier Monaten nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes zu erlassen und angemessen, maximal jedoch mit 12 Monaten zu befristen. (…) In diesen Bescheiden ist die ab In-Kraft-Treten dieses Gesetzes zustehende Höhe der Geldleistung festzusetzen sowie gegebenenfalls über den Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung durch Übernahme der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung abzusprechen. Die Umstellung der Fälligkeit laufender Geldleistungen (§ 9 Abs. 2) ist sozial verträglich zu gestalten.
(2) Ergibt sich auf Grund der Neubemessung, dass ein niedrigerer haushaltsbezogener Anspruch auf Geldleistung mit dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes gebühren würde, so ist die bisherige nach den Ansätzen der NÖ Richtsatzverordnung, LGBl. 9200/1-10, gebührende Geldleistung solange weiter zu gewähren, bis der Anspruch auf die haushaltsbezogene Geldleistung nach diesem Gesetz gleich hoch ist wie die bisherige Geldleistung.
(…)
§ 44
In-Kraft-Treten
(1) Dieses Gesetz tritt am 1. September 2010 in Kraft. (…)"
Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen der Niederösterreichischen Mindeststandardverordnung - NÖ MSV idF LGBl. 9205/1-1 lauten wie folgt:
"§ 1
Geldleistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfes
(1) Der Mindeststandard an monatlichen Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes beträgt:
1. für Alleinstehende oder Alleinerziehende 752,94 Euro; (…)
(2) Die Mindeststandards nach Abs. 1 beinhalten einen Geldbetrag zur Deckung des Wohnbedarfes im Ausmaß von 25% bzw. bei hilfsbedürftigen Personen, die eine Eigentumswohnung oder ein Eigenheim bewohnen, einen Geldbetrag im Ausmaß von 12,5%."
2. Die Beschwerde bringt im Wesentlichen vor, dem Gesetzeswortlaut sei nicht zu entnehmen, dass die Aufnahme einer Beschäftigung den Verlust der Anwendung von § 43 Abs. 2 NÖ MSG nach sich ziehen würde. Vielmehr seien die bisherigen nach den Ansätzen der NÖ Richtsatzverordnung, LGBl. 9200/1-10, gebührenden Geldleistungen solange weiter zu gewähren, bis der Anspruch auf die haushaltsbezogene Geldleistung nach diesem Gesetz gleich hoch sei wie die bisherige Geldleistung. Der Beschwerdeführerin seien daher die bisherigen Geldleistungen im Ausmaß von monatlich EUR 779,55 solange weiter zu gewähren, bis ihr Anspruch auf Grundlage des neuen NÖ MSG gleich hoch sei.
3. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
3.1. Wie sich schon aus dem Wortlaut des § 43 Abs. 2 NÖ MSG ergibt, stellt diese Bestimmung auf die nach dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes gemäß § 43 Abs. 1 NÖ MSG binnen vier Monaten vorzunehmende Neubemessung aller nach dem NÖ Sozialhilfegesetz gewährten Dauerleistungen ab; die Bestimmung sollte somit eine Verschlechterung des haushaltsbezogenen Leistungsniveaus bei der Umstellung auf die neue Rechtslage verhindern (vgl. etwa auch die Erläuterungen zu der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung, 677 BlgNR XXIV. GP, S. 8).
Durch das in § 43 Abs. 2 NÖ MSG in dieser Hinsicht statuierte Verschlechterungsverbot wurde Art. 2 Abs. 4 dritter Satz der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung, BGBl. I Nr. 96/2010, - in unbedenklicher Weise - umgesetzt.
3.2. Nach den - insofern nicht bestrittenen - Feststellungen des angefochtenen Bescheides wurden der Beschwerdeführerin mit Bescheid von 16. September 2010 - somit nach In-Kraft-Treten des NÖ MSG - erstmals (und zwar unter Anwendung des Verschlechterungsverbotes) Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zugesprochen.
Das auf die Umstellung gewährter Dauerleistungen vom NÖ Sozialhilfegesetz auf das NÖ MSG bezogene Verschlechterungsverbot steht allerdings - wie die belangte Behörde zutreffend ausführt - einer Anpassung der Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung für den Fall geänderter Voraussetzungen, zu welcher die Behörde durch § 21 Abs. 1 NÖ MSG auch verpflichtet ist, wie im vorliegenden Fall nicht entgegen.
Soweit die Beschwerde ausführt, die Beschwerdeführerin habe laut Bescheid vom 16. September 2010 zuletzt monatliche Geldleistungen von EUR 779,55 erhalten, ergibt sich aus den unbekämpften Feststellungen des erstbehördlichen Bescheides vom 22. August 2011, dass dieser Betrag lediglich einen durch Umlegung verschiedener gewährter Sonderzahlungen errechneten Durchschnitt darstellte.
4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 24. Juli 2013
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)