VwGH 2012/08/0029

VwGH2012/08/002914.3.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde der E Ges.m.b.H. in S, vertreten durch Dr. Johann Eder, Dr. Stefan Knaus und Dr. Cornelia Mazzucco, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Giselakai 45, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 15. Dezember 2011, Zl. 20305-V/14649/8-2011, betreffend Beitragszuschlag nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse in 5020 Salzburg, Engelbert-Weiß Weg 10), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §111;
ASVG §112;
ASVG §113 Abs1;
ASVG §113;
ASVG §111;
ASVG §112;
ASVG §113 Abs1;
ASVG §113;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag von EUR 400,-- vorgeschrieben.

Die beschwerdeführende Partei betreibe das Pizza-Lokal T. im Einkaufszentrum E. in Salzburg, in welchem am 10. Jänner 2011 eine Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Salzburg-Stadt stattgefunden habe. Um ca. 19:30 Uhr sei N.M. im Lokalbereich bei der entgeltlichen Verrichtung von Reinigungsarbeiten in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt iSd § 4 Abs. 2 ASVG für die beschwerdeführende Partei angetroffen worden, ohne zur Sozialversicherung gemeldet zu sein. Es gelte das Anspruchslohnprinzip.

Dem Einspruchsvorbringen der beschwerdeführenden Partei, dass N.M. von einer geringfügig beschäftigten Dienstnehmerin der beschwerdeführenden Partei krankheitsbedingt als deren Vertreterin bestellt worden sei und die Reinigungstätigkeiten ohne ihr Wissen verrichtet habe, sei nicht zu folgen, weil es in ihrer "Kontrollsphäre" gelegen sei zu prüfen, welche Personen wann und wo für sie tatsächlich versicherungspflichtig tätig sind. Eine vermeintliche Unkenntnis von der Tätigkeit der N.M. sei daher nicht geeignet, eine andere Entscheidung herbeizuführen. Auch ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis unterliege der Meldepflicht. Die Tatbestandsmerkmale des § 113 Abs. 2 ASVG (erstmalige verspätete Anmeldung und vergleichsweise unbedeutende Folgen) seien erfüllt. Der Beitragszuschlag sei mit EUR 400,-- zu bemessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber oder deren gemäß § 35 Abs. 3 ASVG Bevollmächtigte jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist. Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung gemäß § 33 Abs. 1a ASVG so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar 1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und 2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung). Gemäß § 33 Abs. 2 ASVG gilt Abs. 1 (u.a.) auch für die gemäß § 7 Z 3 lit. b ASVG nur in der Unfallversicherung Pflichtversicherten.

Nach § 113 Abs. 1 ASVG kann ein Beitragszuschlag vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung setzt sich der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf EUR 500,-- je nicht vor Arbeitsantritt angemeldete Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf EUR 800,--. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf EUR 400,-- herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

2. Die beschwerdeführende Partei bringt vor, zu einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis gehöre die Willensübereinstimmung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, das abhängige Dienste entgeltlich geleistet und diese entgegengenommen würden. Zu keinem Zeitpunkt habe der Wille der beschwerdeführenden Partei bestanden, dass N.M. für sie tätig werden sollte. Diese sei eine betriebsfremde Person gewesen, die unaufgefordert und unbemerkt einmalig Tätigkeiten ausgeführt habe. Es habe auch kein Entgeltanspruch gegenüber der beschwerdeführenden Partei bestanden. N.M. sei im Rahmen eines Freundschaftsdienstes für die krankheitsbedingt abwesende Angestellte der beschwerdeführenden Partei tätig geworden und habe sich keinerlei Entgelt erhofft. Es stelle eine Überspannung der Sorgfaltspflichten dar, wenn die beschwerdeführende Partei auf Grund ihrer Kontrollpflicht von der Tätigkeit der N.M. hätte wissen müssen. Eine generelle Verpflichtung zur ständigen Personenkontrolle in allen Bereichen eines Unternehmens sei "schlichtweg überschießend".

3. Mit diesem Vorbringen zeigt die beschwerdeführende Partei keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Will der Dienstgeber verhindern, dass Beschäftigungsverhältnisse durch die Aufnahme einer Beschäftigung in seinem Betrieb ohne seine Zustimmung bzw. ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung begonnen werden, so muss er ein wirksames Kontrollsystem errichten bzw. entsprechende Weisungen erteilen und deren Befolgung sicherstellen. Für die mangelnde Effektivität seines Kontrollsystems hat der Dienstgeber unabhängig von seinem Verschulden einzustehen. Das Fehlen der subjektiven Vorwerfbarkeit des Meldeverstoßes schließt die Verhängung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 ASVG (auch in der Fassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2007 - SRÄG 2007, BGBl. I Nr. 31/2007) nicht aus, denn dieser ist nicht als Verwaltungsstrafe, sondern als eine (neben der Bestrafung nach den §§ 111, 112 ASVG ermöglichte) wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes in der Verwaltung sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 2014, Zl. 2013/08/0281, mwN).

Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, N.M. habe einer geringfügig Beschäftigten einen Freundschaftsdienst erweisen wollen, sei im Übrigen auf die Unerheblichkeit gefälligkeitshalber geförderter Interessen Dritter bzw. "indirekter Freundschaftsdienste" verwiesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2012, Zl. 2012/08/0165, mwN).

4. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 14. März 2014

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